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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 17.10.2002
Aktenzeichen: 4 U 99/02
Rechtsgebiete: VOB/B, EGBGB, EGZPO, BGB, ZPO


Vorschriften:

VOB/B § 16 Nr. 3 Abs. 1
VOB/B § 17 Nr. 2
VOB/B § 2 Ziffer 8 Abs. 2 Satz 2
EGBGB § 1 Abs. 1 Satz 2
EGZPO § 26 Nr. 5 2. Fall
BGB § 284 Abs. 3
BGB § 288
BGB § 291
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 128 Abs. 2
ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Dem Werkunternehmer obliegt es als Nebenpflicht des Werkvertrages, das Eigentum des Auftraggebers vor Schaden zu bewahren und alle zumutbaren Verkehrungen zum Schutz des Eigentums des Auftraggebers vor Beschädigung und Zerstörung zu treffen. Er hat daher schon in seinem Angebot die geeigneten Sicherungsmaßnahmen einzukalkulieren und diese - wenn sie sich dem Angebot nicht als gesonderte Position entnehmen lassen - gegebenenfalls unentgeltlich zu erbringen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 99/02 OLG Naumburg

verkündet am: 17. Oktober 2002

In dem Rechtsstreit

wegen Werklohns

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Klußmann, den Richter am Oberlandesgericht Feldmann und den Richter am Landgericht Paterok auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15.03.2002 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug und die Beschwer der Klägerin betragen 6.793,11 Euro.

Die Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000 Euro nicht.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten restlichen Werklohn.

Nach einer von der Beklagten durchgeführten öffentlichen Ausschreibung sanierte die Klägerin aufgrund des Auftrages der Beklagten vom 15.09.1999 in einem von der Beklagten in M. betriebenen mehrstöckigen Studentenwohnheim die Balkone. Grundlage des Auftrags war das vom Ingenieurbüro der Beklagten aufgestellte Leistungsverzeichnis, das die Klägerin am 05.08.1999 mit ihren Angeboten und Preisen versehen hatte. Die Werkleistungen der Klägerin wurden von der Beklagten am 07.12.1999 abgenommen. Die Klägerin stellte der Beklagten ihre Arbeiten mit den Abschlagsrechnungen vom 15.11.1999, 25.11.1999 und 29.11.1999 sowie mit der Schlußrechnung vom 07.12.1999 mit insgesamt 335.747,-- DM in Rechnung. Nach mehreren Teilzahlungen der Beklagten, davon zwei Zahlungen auf die Schlußrechnung, ergibt sich aus der Schlußrechnung noch ein offener Betrag von 51.664,22 DM, den die Klägerin mit der vorliegenden Klage begehrt. Dieser Betrag betrifft aus der Schlußrechnung die Positionen für Abbrucharbeiten an den alten Balkonbrüstungen (Positionen 2.1 und 2.2 des Leistungsverzeichnisses), Kosten für das Sichern der Balkontüren während der Arbeiten, Betonsanierungen an den Unterseiten der Balkone wegen Abplatzungen, Arbeiten an den Schottwänden sowie einen von der Beklagten vorgenommenen Gewährleistungseinbehalt in Höhe von 5 % der Bruttosumme der Rechnungen.

Die Klägerin hat behauptet,

daß die Positionen 2.1 und 2.2 des Leistungsverzeichnisses kumulativ zu verstehen seien und sie auch so kalkuliert habe. Über diese Vorgehensweise sei in einer Absprache zwischen den Parteien Einigkeit erzielt worden. Über die zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen an den Balkontüren, die vor allem wegen der im Haus wohnenden Kinder erforderlich gewesen seien, habe sie sich mit Vertretern der Beklagten auf der Baustelle geeinigt. Die in ihren Rechnungen angesetzten Positionen für die Betonsanierung der Unterseiten der Balkone und die Schottwände seien nach Aufmaß und dem tatsächlichen Anfall der Arbeiten berechnet worden. Einen Gewährleistungseinbehalt hätten die Parteien nicht vereinbart, dies folge eindeutig aus den schriftlichen Verträgen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten,

daß die von ihr an den Balkontüren vorgenommene Baustellensicherung nicht als übliche Nebenpflicht nach der DIN 18 299 unentgeltlich erbracht werden müsse. Für einen Gewährleistungseinbehalt hätte es einer speziellen vertraglichen Regelung bedurft, die hier nicht vorliege. Weder aus der Einbeziehung der VOB/B, noch aus ihrem Schreiben vom 01.03.2000, mit dem sie um Einzahlung des Sicherheitseinbehalts auf ein gemeinsames Sperrkonto gebeten habe, könne auf eine derartige individuelle Abrede geschlossen werden.

Nachdem während des Prozesses die zweijährige Gewährleistungsfrist abgelaufen war, hat die Beklagte den zur Sicherung ihrer Gewährleistungsrechte einbehaltenen Betrag an die Klägerin gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 36.712,49 DM nebst 7,5 % Zinsen p.a. aus 51.664,22 DM seit dem 18.01.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet,

daß die Klägerin nur mit der Position 2.2 des Leistungsverzeichnisses beauftragt worden sei. Schon aus dem Leistungsverzeichnis sei klar ersichtlich, daß die Positionen 2.1 und 2.2 alternativ angeboten worden seien. Es habe hierüber auch keine klärenden Absprachen zwischen den Parteien gegeben, vielmehr habe das als Baubetreuer der Beklagten fungierende Ingenieurbüro B. der diesbezüglichen Auffassung der Klägerin mit Schreiben vom 01.10.1999 ausdrücklich widersprochen. Die von der Klägerin für die Sanierung der Unterseiten der Balkone wegen der Abplatzungen und der Schottwände angesetzten Mengen seien überhöht. Die Klägerin habe nur 1,14 qm Unterseiten und nur 149,43 qm Schottwände saniert.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten,

daß die von der Klägerin an den Balkontüren vorgenommenen Sicherungsmaßnahmen eine ihr nicht gesondert zu vergütende Nebenpflicht seien. Die Klägerin habe sich vor Baubeginn über die örtlichen Verhältnisse Kenntnis verschaffen und ihre Sicherungsmaßnahmen auch darauf einrichten müssen, daß das Gebäude während der Bauarbeiten bewohnt gewesen sei. Die Verpflichtung der Klägerin zu Sicherungsmaßnahmen folge aus Punkt 4.1.4 der DIN 18 299. Die Berechtigung der Beklagten zum Gewährleistungseinbehalt folge aus § 17 Nr. 2 VOB/B. Zudem hätten die Parteien diesen Einbehalt auch individuell vereinbart, was schon aus den Unterlagen über die öffentliche Ausschreibung der Beklagten folge. Auch habe die Klägerin den Sicherungseinbehalt zumindest konkludent dadurch akzeptiert, daß sie dem jeweiligen Einbehalt bei den Abschlagszahlungen nicht widersprochen habe und in ihrem Schreiben vom 01.03.2000 selbst von der Berechtigung des Sicherungseinbehalts ausgegangen sei.

Das Landgericht hat Beweis durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. Bt. über das Ausmaß der Betonsanierung und der die Schottwände betreffenden Arbeiten erhoben und der Klage alsdann in Höhe von 11.677,09 Euro stattgegeben. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen.

Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, daß der Klägerin für die Abbrucharbeiten an den Balkonbrüstungen (Position 2.1 und 2.2 des Leistungsverzeichnisses) insgesamt 22.417,70 DM brutto zustünden. Die Auslegung des Leistungsverzeichnisses, des Auftrages und der zwischen den Parteien gewechselten Schreiben ergebe, daß die Beklagte auch die Position 2.1 konkludent an die Klägerin vergeben habe. Die Positionen 2.1 und 2.2 seien nicht alternativ zu verstehen, weil an anderen Stellen des Leistungsverzeichnisses alternative Angebote - anders als hier - ausdrücklich als solche kenntlich gemacht worden seien. Bei den von der Klägerin geltend gemachten Beträgen für die Betonsanierung und die Schottwände sei von den Feststellungen des Sachverständigen auszugehen und das von ihm ermittelte Aufmaß zugrunde zu legen. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Vergütungsanspruches sei die Klage abzuweisen. Die von der Klägerin vorgenommenen Balkonsicherungen seien von ihr als vertragliche Nebenpflicht unentgeltlich geschuldet. Da die Klägerin durch den Abriß der Balkonbrüstungen eine Gefahrenquelle eröffnet habe, sei sie auch verpflichtet, dafür zu sorgen, daß aus dieser Gefahrensituation kein Schaden entstehe. Zinsen stünden der Klägerin erst ab Rechtshängigkeit zu, da sie einen früheren Verzugseintritt nicht dargelegt habe. Die Beklagte habe die Kosten des erledigten Teils des Rechtsstreits zu tragen, da sich die Parteien ausweislich der abgeschlossenen Verträge nicht über einen Gewährleistungseinbehalt geeinigt hätten und die Beklagte daher zu einem Einbehalt nicht berechtigt gewesen sei.

Den Tatbestandsberichtigungs- und -ergänzungsantrag der Klägerin vom 29.04.2002 hat die Kammer - im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung - durch Beschluß vom 20.06.2002 zurückgewiesen.

Gegen dieses ihr am 18.04.2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 17.05.2002 beim Oberlandesgericht eingegangene Berufung der Klägerin, die sie mit dem am 02.07.2002 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat, nachdem ihr auf ihren am 17.06.2002 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz die Berufungsbegründungsfrist bis zu diesem Tage verlängert worden war.

Die Klägerin wendet sich lediglich gegen die Klageabweisung hinsichtlich der für die Sicherungsmaßnahmen an den Balkonen berechneten Vergütung und behauptet hierzu,

daß ihr Geschäftsführer die Mitarbeiter des Ingenieurbüros B. schon bei der Anlaufberatung vor Ort eindringlich darauf hingewiesen habe, daß bei einer Entfernung der alten Balkonbrüstungen erhebliche Gefahren für die Bewohner des Hauses drohten. Daher müsse die Baustelle abgesichert werden, was die Beklagte noch nicht berücksichtigt habe. Etwaige Absicherungsmaßnahmen würden zusätzliche Kosten verursachen. Die Sicherungsmaßnahmen seien umso dringlicher gewesen, als bei einer Ortsbegehung festgestellt worden sei, daß in dem zu sanierenden Gebäude viele junge Familien mit Kindern lebten. Die Beklagte sei mit den Sicherungsvorschlägen der Klägerin einverstanden gewesen.

Die Klägerin meint,

sie habe der Rechtsansicht der Beklagten, die Schutzpflichten oblägen der Klägerin nach Punkt 4.1.4. der DIN 18 299, mit ihrem Schreiben vom 29.09.1999 widersprochen und gleichzeitig ihr Angebot für die Sicherungsmaßnahmen unterbreitet, das die Beklagte konkludent angenommen habe. Da der Beklagten die Durchführung der Arbeiten auch bekannt gewesen sei, könne die Klägerin auch nach § 2 Ziffer 8 Absatz 2 Satz 2 VOB/B die angemessene und ortsübliche Vergütung verlangen. Die von der Beklagten selbst gestellten Gerüstaufbauten seien die nach Punkt 4.1.4. der DIN 18 299 vorzunehmenden Sicherheitsmaßnahmen gewesen, da diese Vorschrift nur die Arbeiter auf der Baustelle, nicht aber unbeteiligte Dritte schütze.

Die Klägerin beantragt,

das am 15.03.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Halle teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 6.793,11 Euro nebst 7,5 % Zinsen hieraus seit dem 18.01.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte behauptet,

daß das von ihr mit der Baubetreuung beauftragte Ingenieurbüro mit Schreiben vom 28.09.1999 dem Vergütungsanspruch der Klägerin für die Sicherungsmaßnahmen widersprochen habe. Zudem sei die Klägerin schon bei der Ortsbegehung, bei der die notwendigen Sicherungsmaßnahmen besprochen worden seien, mit ihrem Vergütungsbegehren abschlägig beschieden worden.

Die Beklagte meint,

daß es sich bei den von der Klägerin abgerechneten Sicherungsmaßnahmen um Nebenpflichten handele, die nach Punkt 4.1.4. der DIN 18 299 unentgeltlich zu erbringen seien. Diese Vorschrift gelte gleichermaßen für die auf der Baustelle Beschäftigten und Dritte. Die Klägerin hätte diese Kosten in ihrem Angebot einkalkulieren müssen, da sie sich ausweislich Ziffer 1.1 der Projekt-Vorbemerkung über die baulichen Gegebenheiten genauestens zu informieren hatte. Zudem sei die Rechtsansicht des Landgerichts zutreffend, daß die Klägerin die Gefahrenquellen beseitigen müsse, die sie durch ihre Arbeiten geschaffen habe.

II.

1. Die Berufung ist gemäß § 511 der Zivilprozeßordnung in ihrer seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung statthaft, die hier anzuwenden ist, weil die Kammer im schriftlichen Verfahren nach § 128 Absatz 2 ZPO entschieden hat und der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden konnten, nach dem 31.12.2001, nämlich am 11.03.2002 lag, § 26 Nr. 5, 2. Fall EGZPO. Die Berufung ist auch zulässig; sie ist fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 513, 517, 519, 520 ZPO.

2. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf eine Vergütung der Positionen 12 bis 14 ihrer Schlußrechnung vom 07.12.1999 für die Sicherungsmaßnahmen an den Balkontüren in Höhe von 6.793,11 Euro (= 13.286,18 DM) brutto zu. Die in diesen Positionen von der Klägerin abgerechneten Sicherungsmaßnahmen sind von ihr als Nebenpflicht des zwischen den Parteien abgeschlossenen VOB-Bauvertrages unentgeltlich zu erbringen.

Dem Werkunternehmer obliegt es als Nebenpflicht des Werkvertrages, das Eigentum des Auftraggebers vor Schaden zu bewahren und alle zumutbaren Vorkehrungen zum Schutz des Eigentums des Auftraggebers vor Beschädigungen und Zerstörung zu treffen (BGH, NJW 1983, 113 m. w. N.; BGH, VersR 1973, 1069; BGH, VersR 1966, 1154; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 975; OLG Frankfurt, NJW 1989, 233; Soergel, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 4, Schuldrecht, Besonderer Teil II (§§ 607 - 704), 3. Aufl., 1997, § 631, Rdnrn. 138 und 146; Teichmann, in: Soergel, BGB, Bd. 4/1, Schuldrecht III/1 (§§ 516 - 651), Stand: Frühjahr 1997, § 631, Rdnr. 19). Diese Nebenpflicht des Unternehmers besteht allgemein darin, die Verletzung von Rechtsgütern des Bauherrn zu verhindern (Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 9. Aufl., 1999, Rdnr. 1771), was sich als besondere Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben darstellt (Werner/Pastor, a.a.O., Rdnr. 1772).

Daneben haftet der Unternehmer für Schäden, die daraus resultieren, daß er durch seine Arbeiten eine Gefahrenquelle geschaffen hat (vgl. dazu: BGH, VersR 1973, 1069 [1070]; Werner/ Pastor, a.a.O., Rdnr. 1844). Diese Verkehrssicherungspflicht an der Baustelle trifft denjenigen, der die Baustelle "beherrscht", also Gefahren erkennen und abwenden kann (OLG Celle, BauR 1992, 251 [252]; OLG Düsseldorf, VersR 1987, 414; Werner/Pastor, a.a.O., Rdnr. 1845), wobei dies nach Baubeginn in der Regel der Unternehmer ist (Werner/Pastor, a.a.O., Rdnr. 1846). Hieraus folgt im Umkehrschluß eine Pflicht des Unternehmers, drohende Schäden schon im Vorfeld durch geeignete Sicherungsmaßnahmen abzuwenden.

Nach diesem Maßstab traf die Klägerin die Verpflichtung, schon in ihrem Angebot die geeigneten Sicherungsmaßnahmen einzukalkulieren und diese - wenn sie sich dem Angebot nicht als gesonderte Position entnehmen ließen - gegebenenfalls unentgeltlich zu erbringen.

Die Klägerin hatte nach dem Leistungsverzeichnis Abbrucharbeiten an den alten Balkonbrüstungen und anschließend die Errichtung neuer Balkonbrüstungen zu erbringen. Nach dem Leistungsverzeichnis sollte die Klägerin diese Arbeiten durchgehend und allein vom Abbruch bis zur endgültigen Neuherstellung durchführen. Es ist offensichtlich, daß mit dem Leistungsverzeichnis die zu erbringenden Arbeiten abschließend beschrieben waren. Die Klägerin hatte sich nach Punkt 1.1 Absatz 4 der "Projekt-Vorbemerkungen" genauestens über die baulichen Gegebenheiten zu informieren. Nachforderungen aus Unkenntnis der örtlichen Gegebenheiten sollten grundsätzlich nicht anerkannt werden. Damit mußte der Klägerin bekannt sein, daß das Studentenwohnheim der Beklagten während der Baumaßnahme bewohnt war. Bei bewohnten Häusern sind aber immer die Balkontüren zu sichern, wenn die Balkonbrüstung entfernt wird. Es kommt nicht darauf an, ob in diesem Haus Kinder und gegebenenfalls in welcher Anzahl wohnen. Immer müssen die Balkontüren während der Arbeiten verschlossen sein, um eine Schädigung der Bewohner sicher auszuschließen. Dies ist eine Nebenpflicht der die Balkone sanierenden Firma, die sich gerade bei dem hier zu sanierenden Hochhaus von selbst versteht und näherer Erwähnung nicht bedarf.

Die Beklagte konnte daher davon ausgehen, daß diese Sicherungsmaßnahme ebenso wie das Einrichten der Baustelle, das im Leistungsverzeichnis ebenfalls nicht eigens erwähnt, aber gleichwohl notwendig und bisweilen als eigener Abrechnungsposten aufgeführt ist, im Angebot der Klägerin enthalten war. Daß diese Sicherungsmaßnahme in dem von der Klägerin erbrachten Umfang notwendig war, ist zwischen den Parteien ohnehin unstreitig.

Zudem ergab sich die Notwendigkeit der Sicherungsmaßnahmen von vorneherein aus den örtlichen Gegebenheiten, über die sich die Klägerin zu informieren hatte. Die Notwendigkeit dieser Maßnahmen hat sich nicht etwa erst während der Bauarbeiten aufgrund geänderter Umstände ergeben. Auch dies zeigt, daß die Klägerin die Sicherungsmaßnahmen in ihrem Angebot zu kalkulieren, und - wenn sie diese in der Rechnung nicht gesondert aufführte - unentgeltlich zu erbringen hatte.

Für dieses Ergebnis spricht auch die folgende Kontrollüberlegung: Die Beklagte hatte eine öffentliche Ausschreibung durchgeführt, um für die von ihr geplante Baumaßnahme den günstigsten Bieter zu ermitteln. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß zur ordnungsgemäßen Durchführung dieser Arbeiten die von der Klägerin - auch in der abgerechneten Höhe unstreitigen - Sicherungsmaßnahmen gehören. Jeder Bieter hatte diese Sicherungsmaßnahmen daher in seinem Angebot von vorneherein zu berücksichtigen. Könnte die Klägerin ihr ursprüngliches Angebot, mit dem sie andere Bieter unterboten hatte, nun um diesen von vornherein notwendigen Posten erhöhen, so hätte sie die Ausschreibung mit unredlichen Mitteln gewonnen, weil sich nicht ausschließen läßt, daß andere Bieter dem Angebot der Klägerin nur deswegen unterlegen sind, weil sie - redlicherweise - von vorneherein die notwendigen Sicherungsmaßnahmen in ihren Preisen berücksichtigt hatten.

Auch aus diesem Grunde muß sich die Klägerin - abgesehen von den Nachträgen, deren Notwendigkeit sich erst im Verlaufe der Arbeiten ergab - an ihrem ursprünglich kalkulierten Preis festhalten lassen.

3. Den Beweisantritten der Klägerin ist nicht nachzugehen.

Es ist zwischen den Parteien unstreitig, daß vor und während der von der Klägerin an dem Hochhaus durchgeführten Balkonarbeiten über die Notwendigkeit der Sicherungsmaßnahmen Gespräche stattgefunden haben. Ebenso ist unstreitig, daß beide Parteien übereinstimmend die dann von der Klägerin durchgeführten Sicherungsmaßnahmen für notwendig erachteten und das Ingenieurbüro der Beklagten die Klägerin mit der Durchführung dieser Arbeiten beauftragte. Es ist sogar unstreitig, daß die Klägerin dabei die Auffassung vertreten hat, für diese Sicherungsmaßnahmen eine zusätzliche Vergütung verlangen zu können. Ebenso unstreitig ist jedoch, daß die Beklagte dieser Ansicht widersprach. Daraus folgt aber, daß die Parteien nicht vereinbart haben, daß die Klägerin diese Sicherungsmaßnahmen zusätzlich vergütet erhalten soll. Dieser unstreitige Sachverhalt folgt auch aus den Schreiben der Klägerin vom 29.09.1999 und des von der Beklagten beauftragten Ingenieurbüros B. vom 28.09.1999. Bei dieser Sachlage ist nicht über Tatsachen Beweis zu erheben, da diese unstreitig sind, sondern über die Rechtsfrage zu entscheiden, ob es sich bei den Sicherungsmaßnahmen um eine kostenlos zu erbringende Nebenpflicht handelt.

4. Die geltend gemachten Zinsen stehen der Klägerin - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - gemäß §§ 288, 291 BGB erst ab Rechtshängigkeit am 15.08.2000 zu. Zwar ist die mit der Schlußrechnung geltend gemachte Summe gemäß § 16 Nr. 3 Absatz 1 VOB/B zwei Monate nach Zugang der Schlußrechnung beim Auftraggeber fällig, doch begründet die Fälligkeit allein noch keinen Verzug, der - jedenfalls nach der hier gemäß Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 2 EGBGB auf diesen Rechtsstreit anzuwendenden alten Fassung des § 284 Abs. 3 BGB (Rechnung vor dem 1. Mai 2000) - erst durch Mahnung des Gläubigers eintritt, zu der hier jeder Vortrag fehlt.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Wertfestsetzung richtet sich nach den §§ 2, 3 ZPO; 26 Nr. 8 EGZPO; 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GKG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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