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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 27.08.2009
Aktenzeichen: 4 UF 24/08
Rechtsgebiete: RVO, ZPO, BGB, StVollzG


Vorschriften:

RVO § 2
ZPO § 511 Abs. 1
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 513 Abs. 1, Fall 1
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
BGB § 1601
BGB § 1602 Abs. 1
BGB § 1603 Abs. 1
BGB § 1603 Abs. 2 Satz 1
StVollzG § 51
Wer in Strafhaft einsitzt kann sich grundsätzlich auf seine Leistungsunfähigkeit berufen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG Im Namen des Volkes URTEIL

4 UF 24/08 OLG Naumburg

verkündet am: 27.08.2009

In der Familiensache

hat der 4. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, den Richter am Oberlandesgericht Rüge und die Richterin am Oberlandesgericht Tauscher auf die mündliche Verhandlung vom 12. August 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Wernigerode vom 20. Februar 2008, Az.: 11 F 18/08 UK, abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Kläger sind die minderjährigen Kinder des Beklagten und leben bei der - von ihm inzwischen geschiedenen - Kindesmutter. Der Beklagte sitzt seit 1. Dezember 2006 wegen - teils schweren - sexuellen Missbrauchs der minderjährigen Halbschwester der Kläger in Haft; er wurde durch Urteil des Amtsgerichts Wernigerode vom 30. Mai 2007 zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt, deren Rest er noch verbüßt.

Nach dem - nicht substantiiert bestrittenen - Tatsachenvortrag der Kläger erzielte der Beklagte vor seiner Inhaftierung als angestellter Elektroniker ein monatliches Nettoeinkommen von 1.700,-- €; im Strafurteil des Amtsgerichts Wernigerode vom 30. Mai 2007 heißt es indes, das vor seiner Inhaftierung vom Beklagten zuletzt erzielte monatliche Nettoeinkommen habe 1.100,-- € betragen.

Die Kläger begehren den Regel- bzw. Mindestunterhalt und machen geltend, wegen seiner sexuellen Verfehlungen gegenüber ihrer Halbschwester habe der Beklagte seine gegenwärtige Leistungsunfähigkeit selbst verschuldet und könne sich nicht darauf berufen.

Das Amtsgericht - Familiengericht - hat mit Urteil vom 20. Februar 2008 den Beklagten für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2007 zur Zahlung des 100 %igen Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe nach § 2 der Regelbetrags-Verordnung und für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008 zur Zahlung des Mindestunterhalts, jeweils abzüglich des Kindergeldes, verurteilt.

Bei dieser Bewertung hat das Amtsgericht dem Beklagten ein fiktives Einkommen in Höhe von 1.400,-- € einschließlich 200,-- € aus einem Nebenverdienst zugerechnet. Die Berufung auf Leistungsunfähigkeit sei ihm unterhaltsrechtlich verwehrt, weil er mit seiner Straftat gegenüber der Halbschwester der Kläger auch deren seelisches Befinden verletzt, ihr Vertrauen in ihn zerstört und sich selbst als Vertrauens- und Autoritätsperson disqualifiziert habe. Zur Bekräftigung seiner Rechtsansicht hat das Amtsgericht ein Urteil des OLG Stuttgart vom 9. Dezember 1999 (16 UF 193/99, FamRZ 2000, 1247 f.) herangezogen.

Mit seiner Berufung beanstandet der Beklagte das angefochtene Urteil als rechtlich fehlerhaft und begehrt weiterhin wegen Leistungsunfähigkeit die Abweisung der Klage. Die Berufung auf seine Leistungsunfähigkeit sei ihm nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht nach Treu und Glauben verwehrt, weil seine Straftat keinen unmittelbaren Unterhaltsbezug hätte.

Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil und bitten um Zurückweisung der Berufung.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien verweist der Senat auf die zur Akte gewechselten Schriftsätze der Parteien.

II.

Die gemäß § 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst formell zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegte und begründete Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Die Kläger haben gegen den Beklagten nach den §§ 1601, 1602 Abs. 1 und 1603 Abs. 1 BGB keinen Unterhaltsanspruch, weil er mit dem in der Strafhaft erzielten Einkommen nicht leistungsfähig ist. Ihm ist auch nicht verwehrt, sich auf seine Leistungsunfähigkeit zu berufen. Die gegenteilige Entscheidung des Amtsgerichts ist von Rechtsfehlern beeinflusst und hat deshalb keinen Bestand, § 513 Abs. 1, Fall 1 ZPO.

1. Das Amtsgericht hat dem Beklagten unter Hinweis auf das Urteil des OLG Stuttgart vom 9. Dezember 1999 (16 UF 193/99, FamRZ 2000, 1247 f.) die Berufung auf seine unstreitige Leistungsunfähigkeit verwehrt, weil ihn aus dem seiner Inhaftierung zugrunde liegenden sexuellen Missbrauch nicht nur ein strafrechtlicher, sondern auch ein unterhaltsrechtlicher Vorwurf treffe. Bei dem Opfer habe es sich nämlich um die Halbschwester der Kläger gehandelt, die mit ihnen im selben Haushalt lebte. Mit seiner innerfamiliären Straftat habe der Beklagte auch die Kläger in ihrer Seele und ihrem familiären Gefüge verletzt, ihr Vertrauen in ihn völlig zerstört und sich selbst als Vertrauens- und Autoritätsperson disqualifiziert. Die Kläger hätten in ihrer Halbschwester täglich vor Augen, was der Beklagte angerichtet habe.

2. Diese Erwägungen begegnen den von der Berufungsbegründung aufgezeigten rechtlichen Bedenken, § 513 Abs. 1, Fall 1 ZPO.

a) Zunächst hat das Amtsgericht außer Betracht gelassen, dass das von ihm zur Bekräftigung seiner Rechtsansicht herangezogene Urteil des OLG Stuttgart nicht bestehen geblieben, sondern vom Bundesgerichtshof durch Urteil vom 20. Februar 2002 (XII ZR 104/00, NJW 2002, 1799 f.) aufgehoben worden ist. Das scheint allerdings auch Diederichsen (in: Palandt, BGB, 67. Aufl., § 1603 Rdnr. 52) übersehen zu haben.

b) Im Streitfall ist der Beklagte nach § 1603 Abs. 1 BGB nicht verpflichtet, den Klägern Unterhalt zu leisten, weil er während der Verbüßung seiner Strafhaft - wenn überhaupt - nur ein geringes Einkommen erzielt und deshalb nicht leistungsfähig ist.

aa) Nach § 1603 Abs. 1 BGB besteht bei Leistungsunfähigkeit des Unterhaltspflichtigen kein Unterhaltsanspruch gegen ihn. Von diesem Grundsatz macht das Gesetz keine ausdrückliche Ausnahme. Deshalb ist Leistungsunfähigkeit nach der gesetzlichen Regelung auch dann zu beachten, wenn sie auf einem Verschulden des Unterhaltsverpflichteten beruht (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 1982 - IV b 704/80, NJW 1982, 2491, 2492). Eine Ausnahme von der Regel, dass Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf Verschulden von der Unterhaltspflicht befreit, ergibt sich indes bereits daraus, dass ein Unterhaltsschuldner, insbesondere gegenüber minderjährigen Kindern gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB, seine Arbeitsfähigkeit so gut wie möglich einsetzen und sich Einkünfte anrechnen lassen muss, die er zwar nicht erzielt hat, bei gutem Willen aber durch zumutbare Erwerbstätigkeit hätte erzielen können. Sie ist deshalb gerechtfertigt, weil die mangelnde Leistungsfähigkeit in einem solchen Fall auf einem Fehlverhalten des Verpflichteten beruht, das sich gerade auf seine Unterhaltspflicht bezieht. Bei anderer Beurteilung würde sich aus der Verletzung einer unterhaltsrechtlich begründeten Obliegenheit die unterhaltsrechtliche Leistungsfreiheit ergeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann jedoch ein selbstverschuldeter, aber doch ungewollter Arbeitsplatzverlust unterhaltsrechtlich nicht den Fällen freiwilliger Aufgabe einer versicherungspflichtigen Tätigkeit gleichgestellt werden (vgl. BGH, a.a.O.).

bb) Entgegen der Meinung des Amtsgerichts kann sich der Beklagte nach § 1603 Abs. 1 BGB auf seine fehlende Leistungsfähigkeit berufen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verstößt die Berufung des Unterhaltsverpflichteten auf seine Leistungsunfähigkeit nur dann gegen Treu und Glauben, wenn das für den Verlust des Arbeitsplatzes ursächliche Verhalten des Unterhaltspflichtigen sich gerade als eine Verletzung seiner Unterhaltspflicht darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2002, a.a.O., m.w.N.). Für den erforderlichen unterhaltsrechtlichen Bezug, insbesondere einer Straftat, reicht es deshalb nicht aus, dass sie für den Arbeitsplatzverlust kausal geworden ist. Auch genügt nicht, dass sich der Arbeitsplatzverlust auf den Lebensstandard nicht nur des Täters, sondern auch seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen auswirkt. Erforderlich ist vielmehr, dass die Strafhaft auf einem Fehlverhalten beruht, das sich gerade auf seine Unterhaltspflicht bezieht. Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn der Unterhaltsschuldner sich gerade deshalb in Strafhaft befindet, weil er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Berechtigten verletzt hat, oder wenn gerade die bestrafte vorsätzliche Tat dazu geführt hat, dass der Unterhaltsberechtigte - etwa durch Schädigung seines Vermögens, durch eine Körperverletzung oder durch die Tötung eines vorrangig Unterhaltspflichtigen - (vermehrt) unterhaltsbedürftig geworden ist (vgl. BGH, a.a.O., 1800 m.w.N.; OLG Hamm, Urteil vom 14. Januar 2004 - 11 UF 89/03, NJOZ 2004, 1565, 1566; vgl. ferner Dose, in: Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Auflage 2008, § 1 Rdnr. 516).

cc) Fehlt es an einem solchen objektiven Unterhaltsbezug der der Strafhaft zugrunde liegenden Tat, kann sich das Fehlverhalten des Täters zwar - auch - als eine Verletzung seiner Unterhaltspflicht darstellen. Hierzu bedarf es jedoch einer auf den Einzelfall bezogenen Wertung dahin, ob die der Tat zugrunde liegenden Vorstellungen und Antriebe des Täters sich gerade auch auf die Verminderung seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit als Folge seines strafbaren Verhaltens erstreckt haben. Dabei bietet die bloße Vorhersehbarkeit des Arbeitsverlustes für sich genommen keinen geeigneten Anknüpfungspunkt, um den unterhaltsrechtlichen Bezug einer vom Unterhaltsschuldner begangenen Straftat zu begründen (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2000 - XII ZR 79/98, NJW 2000, 2351, 2352; OLG Schleswig, Urteil vom 27. Februar 2006 - 13 UF 5/05, MDR 2006, 1117 f.).

dd) Dahinstehen kann für die Berufungsentscheidung, ob einem wegen sexuellen Missbrauchs eines seiner Kinder zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilten Vater dem sexuell missbrauchten Kind gegenüber die Berufung auf seine Leistungsunfähigkeit versagt ist, weil es sich um eine schwere Verfehlung gegen die Gesundheit des Kindes handelt (so OLG Koblenz, Urteil vom 3. Februar 1997 - 13 UF 1021/96, NJW 1997, 1588; ferner Reinken, in: Bamberger/Roth, BGB, Beck'scher Online-Kommentar, Stand 01.05.2009, § 1603 Rdnr. 21). Denn um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht. Nach herrschender Meinung ist die solcherart verursachte Leistungsunfähigkeit den anderen Geschwisterkindern gegenüber beachtlich (vgl. OLG Koblenz, a.a.O.; Reinken, a.a.O., m.w.N.).

ee) Dem Unterhaltsschuldner ist die Berufung auf die eigene Leistungsunfähigkeit allerdings dann versagt, wenn er seine Leistungsunfähigkeit durch unterhaltsbezogene Mutwilligkeit herbeigeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2002, a.a.O.). Bei Leichtfertigkeit, die gewöhnlich bewusste Fahrlässigkeit sein wird, ergibt sich das Erfordernis, dass der Unterhaltsschuldner die Möglichkeit des Eintritts der Leistungsunfähigkeit als Folge seines Verhaltens erkennt und im Bewusstsein dieser Möglichkeit, wenn auch im Vertrauen auf den Nichteintritt jener Folge handelt, wobei er sich unter grober Missachtung dessen, was jedem einleuchten muss, oder in Verantwortungslosigkeit und Rücksichtslosigkeit gegen den Unterhaltsgläubiger über die erkannte Möglichkeit nachteiliger Folgen für seine Leistungsfähigkeit hinwegsetzt (vgl. BGH, a.a.O.).

ff) Ein objektiver Unterhaltsbezug der dem Beklagten zur Last gelegten Straftat liegt indes nicht vor. Die für die Annahme solcher Mutwilligkeit erforderliche innere Einstellung beim Beklagten ist im Streitfall nicht durch Tatsachenfeststellungen des Amtsgerichts untersetzt und kann auch nicht als selbstverständlich unterstellt werden. Der Täter einer Sexualstraftat macht sich nämlich regelmäßig keine Vorstellungen darüber, dass er auf Grund seiner Tat seinen Arbeitsplatz verlieren und als Folge dessen auch seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit einbüßen wird. Das gilt namentlich dort, wo Sexualdelikte des Vaters gegenüber seinen minderjährigen Kindern in Rede stehen. Gerade in diesem familiären Bereich wird, sofern überhaupt Überlegungen angestellt werden, damit gerechnet, dass die Taten nicht entdeckt oder jedenfalls nicht zur Anzeige gebracht werden. Der Umstand, dass sich letztlich jeder Straftäter der Gefahr der Entdeckung, der Bestrafung und des Arbeitsplatzverlusts bewusst sein müsste, reicht für den Unterhaltsbezug der Straftat nicht aus (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.).

gg) Für den Streitfall bedeutet das Folgendes: Die zur Strafhaft führende Straftat des Beklagten ist nicht schon deshalb geeignet, ihm die Berufung auf seine haftbedingte Leistungsunfähigkeit zu versagen, weil sich die Straftat gegen die Halbschwester der Kläger gerichtet hat. Dazu bedarf es vielmehr besonderer Umstände, die das strafbare Verhalten - zumindest auch - als eine Verletzung der dem Beklagten obliegenden Unterhaltspflicht erscheinen lassen. Der Unterhaltsschuldner soll zwar aus seiner Straftat keine Vorteile ziehen. Das ist aber auch nicht der Fall, wenn das Unterhaltsrecht bei der Prüfung der - für eine Unterhaltspflicht notwendigen - Leistungsfähigkeit des Beklagten von dessen tatsächlicher wirtschaftlicher Situation ausgeht. Die vom Bundesgerichtshof bei unmittelbarem Unterhaltsbezug der Straftat gebilligte Zurechnung fiktiven Einkommens bei Strafhaft des Unterhaltsschuldners findet ihren Grund in der Überlegung, dass niemand allein dadurch von seiner Unterhaltsschuld freikommen soll, dass er gerade diese Unterhaltspflicht verletzt. Eine - darüber hinausgehende - Zurechnung fiktiven Einkommens auch bei nicht unterhaltsbezogenem Fehlverhalten des Unterhaltsschuldners, mag es auch gegen den an sich Unterhaltsberechtigten oder ihm nahe stehende Personen gerichtet sein, führt zu einer - im Falle der Strafhaft sogar erneuten - Sanktionierung dieses Verhaltens und gehört nicht zu den Aufgaben des Unterhaltsrechts (vgl. BGH, a.a.O.). Ein hiernach erforderlicher Unterhaltsbezug der der Strafhaft des Beklagten zugrunde liegenden Straftat lässt sich den vom Amtsgericht festgestellten Umständen nicht entnehmen.

c) Die dem Beklagten in der Strafhaft zukommenden Einkünfte - zu deren Höhe das Amtsgericht keine genaue Feststellungen getroffen hat - kommen unterhaltsrechtlich nicht in Betracht. Diese regelmäßig äußerst geringen Bezüge stehen dem Beklagten nämlich bereits insoweit nicht zur Verfügung, als es sich um Überbrückungsgeld nach § 51 StVollzG handelt, welches anteilig vom Arbeitsentgelt angespart wird und den Unterhaltsbedarf des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten in den ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll. Über dieses Geld kann der Beklagte bis zu seiner Entlassung auch nicht frei verfügen. Das im Übrigen an ihn zur Auszahlung kommende Hausgeld (§§ 47, 22 StVollzG) ist seinem notwendigen Selbstbehalt zuzurechnen, weil es dazu dient, seine notwendigen Ausgaben des täglichen Lebens, soweit sie nicht durch die Haftanstalt gedeckt werden, zu bestreiten (vgl. BGH, a.a.O.; OLG Koblenz, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.).

3. Nach seiner Haftentlassung ist dem Beklagten zur Arbeitsplatzsuche eine angemessene Orientierungs- und Bewerbungsphase zuzugestehen, nach deren Ablauf er sich nicht mehr ohne Weiteres auf seine Leistungsunfähigkeit wird berufen können (vgl. OLG Hamm, a.a.O.). Die Dauer dieser Phase bemisst der Senat für den Regelfall ohne Hinzutritt besonderer Umstände auf zwei bis maximal drei Monate.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 in Verb. mit § 100 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach den §§ 70 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 713 ZPO und § 26 Nr. 9 EGZPO.

IV.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nicht ersichtlich. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im konkreten Fall eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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