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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 20.02.2002
Aktenzeichen: 5 U 153/01
Rechtsgebiete: BGB, InsO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 378
BGB § 873
BGB § 925
BGB § 362 Abs. 1
BGB § 433 Abs. 1
BGB § 873 Abs. 2
InsO § 103
InsO § 139
InsO § 103 Abs. 1
InsO § 106 Abs. 1
InsO § 129 Abs. 1
InsO § 130 Abs. 1
InsO § 139 Abs. 2
ZPO § 3
ZPO § 711
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
Ob Erfüllung im Sinne des § 103 Abs. 1 InsO eingetreten ist, ist am Erfüllungsbegriff des § 362 Abs. 1 BGB zu messen. Es kommt daher auf den Eintritt des Leistungserfolges, nicht aber auf die Vornahme von Leistungshandlungen an (Kübler/Prütting-Tintelnot, InsO, Rn. 32 zu § 103; RGZ 85, 402, 404; BGHZ 87, 156, 162). Grundsätzlich muss der Gläubiger den Leistungsgegenstand zur freien Verfügung erhalten (BGH NJW 1996, 1207; ZIP 1998, 2090, 2091). Gesetzliche Erfüllungssurrogate, etwa die Hinterlegung nach § 378 BGB, stehen der Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB gleich. Bei der Einzahlung des Kaufpreises auf ein Notaranderkonto handelt es sich indes nicht um eine Hinterlegung im Sinne des § 378 BGB.

Erfüllung kann ferner durch Leistung an einen Dritten eintreten, wenn der Schuldner den Gläubiger ermächtigt hat, die Leistung an den Dritten zu bewirken und der Dritte befugt ist, diese in Empfang zu nehmen (§§ 362 Abs. 2, 185 BGB). Die Ermächtigung muss sich dann aber auf eine Leistung an den Dritten zum Zwecke der Erfüllung beziehen. Die Zahlung des Kaufpreises auf ein Notaranderkonto führt daher grundsätzlich nicht zur Erfüllung, denn sie soll nur Sicherungszwecken dienen (BGHZ 87, 156, 162 ff.; BGH NJW 1998, 2134, 2135). Die "Hinterlegung" des Kaufpreises beim Notar hat daher nur dann Erfüllungswirkung, wenn die Parteien dies ausnahmsweise vereinbarten (BGHZ 87, 156, 162; BGH NJW 1998, 2134, 2135; NJW 1994, 1403, 1404).


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 153/01 OLG Naumburg

verkündet am: 20. Februar 2002

In dem Rechtsstreit

...

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Braun, der Richterin am Oberlandesgericht Marx-Leitenberger und des Richters am Landgericht Lentner auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 04. Oktober 2001 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 289.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Parteien dürfen die Sicherheitsleistung auch durch unbefristete, unbedingte und unwiderrufliche Bürgschaften einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 266.395,34 Euro.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Durchführung des zwischen der "S. " Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH in W. (nachfolgend: Insolvenzschuldnerin) und der Beklagten geschlossenen Kaufvertrages vom 28. April 1999 (UR.-Nr. 176/1999 des Notars M. H. in B. ) über im Grundbuch von W. , Blatt 513 und 767 eingetragene Grundstücke.

Die seit dem 15. Februar 1999 als Eigentümerin des fraglichen Grundstückes in das Grundbuch eingetragene Beklagte verkaufte die Flächen zunächst am 26. September 1998 zu einem Preis von 560.000,00 DM an die T. GmbH (UR.-Nr. 250/1998 des Notars H. in B. ). Die Kaufvertragsparteien vereinbarten die Hinterlegung des Kaufpreises auf einem Notaranderkonto, wobei der Notar angewiesen wurde, diesen an die Beklagte auszuzahlen, wenn die ranggerechte Eintragung der Vormerkung zu Gunsten der Erwerberin beantragt und gewährleistet ist und die erforderlichen behördlichen und sonstigen Genehmigungen vorliegen. Etwaige Hinterlegungszinsen sollten der Beklagten zustehen. Dem Abschluss des Kaufvertrages zwischen der Beklagten und der T. GmbH war eine Versteigerung vorangegangen. Auf den Inhalt des mit dem Versteigerungsprotokoll verbundenen notariellen Kaufvertrages vom 26. September 1998 wird Bezug genommen (Bl. 52 ff. d. A.). Der Kaufpreis in Höhe von 560.000,00 DM wurde durch die das Vorhaben finanzierende X. Bank e. G. mit Sitz in F. auf ein Notaranderkonto des Notars H. in B. gezahlt.

Mit notariellem Vertrag vom 28. April 1999 (UR.-Nr. 176/1999 des Notars H. in B. ) vereinbarten die Beklagte und die T. GmbH die Aufhebung des Vertrags vom 26. September 1998, während die Beklagte und die Insolvenzschuldnerin einen neuen Kaufvertrag schlossen, der inhaltlich dem Vertrag vom 26. September 1998 entspricht und die Auflassung erklärten. Der sodann auf das Notaranderkonto gezahlte Kaufpreis sollte jetzt als von der Insolvenzschuldnerin hinterlegt gelten und in Abweichung von der am 26. September 1998 getroffenen Regelung sofort an die Beklagte auszuzahlen sein, "sobald die Genehmigungserklärungen vorliegen". Auf den näheren Inhalt der notariellen Urkunde vom 28. April 1999 wird Bezug genommen (Bl. 8 ff. d. A.).

Die Beklagte, die sowohl am 26. September 1998 als auch am 28. April 1999 von vollmachtlosen Vertretern vertreten worden war, erklärte am 21. Juni 2000 die Genehmigung der in der Urkunde vom 28. April 1999 abgegebenen Erklärungen. Auf den Inhalt der Genehmigungserklärung wird Bezug genommen (Bl. 13 d. A.). Die Grundstücksverkehrsgenehmigung wurde am 12. Juli 1999 erteilt.

Die Beklagte übergab das fragliche Grundstück an die Insolvenzschuldnerin. Die Beklagte ist bislang nicht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Auch zur Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu ihren Gunsten kam es nicht.

Ein erster Antrag vom 25. April 2000 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 29. Mai 2000 (Geschäftsnummer 59 IN 411/00) als unbegründet zurückgewiesen. Ein weiterer Antrag vom 02. August 2000 führte zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 21. September 2000 (Geschäftsnummer 59 IN 777/00) wurde der Kläger zum Verwalter bestellt.

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2000, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 33 d. A.), lehnte der Kläger die Erfüllung des Grundstückskaufvertrages mit der Begründung ab, der Vertrag sei weder von der Insolvenzschuldnerin noch von der Beklagten vollständig erfüllt worden. Zugleich forderte er die Beklagte auf, den Kaufpreisbetrag auf sein Anderkonto zu überweisen. Mit Schreiben vom 02. November 2000, auf dessen Inhalt verwiesen wird (Bl. 36 d. A.), lehnte die Beklagte die Zahlung an den Kläger ab.

Für die den Kaufpreis finanzierende X. Bank e. G. war am 15. Februar 1999 zu Lasten des fraglichen Grundstücks eine brieflose Grundschuld in Höhe von 2.660.000,00 DM in das Grundbuch eingetragen worden. Sie stimmte am 05. April 2001 schriftlich der Auszahlung des um die Kosten gekürzten Kaufpreises an den Kläger Zug um Zug gegen Bewilligung der Löschung der Grundschuld zu. Auf den Inhalt des Schreibens der X. Bank vom 05. April 2001 wird Bezug genommen (Bl. 38 d. A.).

Am 14. Februar 2001 wies das fragliche Notaranderkonto ein Guthaben in Höhe von 521.024,00 DM auf.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Grundstückskaufvertrag vom 28. April 1999 sei von keiner der Vertragsparteien erfüllt worden. Er habe deshalb mit Schreiben vom 14. Oktober 2000 wirksam die Nichterfüllung des Vertrages nach § 103 Abs. 1 InsO gewählt.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat der Kläger in einem nachgelassenen Schriftsatz vom 27. August 2001, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 83 bis 87 d. A.), hilfsweise die Anfechtung sowohl des Antrages auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung als auch des Grundstückskaufvertrages vom 28. April 1999 erklärt. Er hat hierzu vorgetragen, die Gläubigergemeinschaft würde durch die angefochtenen Rechtshandlungen benachteiligt, weil bei Vollzug des Kaufvertrages der Kaufpreis von 560.000,00 DM abfließen würde, obwohl der Zeitwert des Grundstückes diesen Betrag bei weitem nicht erreiche und der Masse daher kein gleichwertiger Vermögensgegenstand zufließe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Auszahlung des gesamten restlichen Kaufpreises aus dem Kaufvertrag vom 28. April 1999 (UR.-Nr. 176/1999 des Notars M. H. in B. ), der zu dieser Urkunde auf einem Notaranderkonto des Notars H. in B. hinterlegt ist, Zug um Zug gegen Bewilligung der Löschung der Grundschuld von 2.660.000,00 DM für die X. Bank e. G. mit Sitz in F. , eingetragen im Grundbuch von W. , Blatt 767, 3. Abteilung, Nr. 1, an den Kläger zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat die Beklagte beantragt,

den Kläger zu verurteilen, der Auszahlung des Kaufpreises einschließlich Zinsen aus dem Kaufvertrag vom 28. April 1999 UR.-Nr. 176/1999 des Notars M. H. in B. , der zu dieser Urkunde auf einem Notaranderkonto des Notars H. in B. hinterlegt ist, an die Beklagte zuzustimmen.

Sie hat die Auffassung vertreten, jedenfalls die Insolvenzschuldnerin habe den Kaufvertrag zu dem Zeitpunkt vollständig erfüllt, zu dem die Voraussetzungen für die Auskehrung des Kaufpreises durch den Notar gegeben waren. Gründe, die den Kläger zur Anfechtung des Antrages auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung oder des gesamten Grundstücksgeschäftes berechtigten, lägen nicht vor.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Zur Begründung ist ausgeführt, die Insolvenzschuldnerin habe den Kaufvertrag vom 28. April 1999 vollständig erfüllt, weshalb der Kläger zur Ausübung des Wahlrechtes nach § 103 InsO nicht mehr berechtigt sei. Nach dem Willen der Kaufvertragsparteien habe die Kaufpreispflicht erfüllt sein sollen, sobald der Kaufpreis zur Auszahlung an die Beklagte reif war. Die Parteien hätten in Ziff. 6 des Vertrages vom 28. April 1999 die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten der Insolvenzschuldnerin beantragt und diese auch gewährleistet. Auch die zur Wirksamkeit des Vertrages erforderliche Genehmigung der Beklagten sei am 21. Juni 2000 erteilt worden. Mit der Erklärung der Auflassung, der Beantragung der Umschreibung im Grundbuch sowie der Beantragung der Eintragung einer Eigentumsübertragungsvormerkung und der Hinterlegung des Kaufpreises auf ein Notaranderkonto habe die Insolvenzschuldnerin alles für die Erfüllung der Kaufpreiszahlungspflicht Erforderliche getan.

Die vom Kläger erklärte Anfechtung des Antrags auf Eintragung der Auflassungsvormerkung und des Grundstückskaufvertrages sei bei der Entscheidung nicht zu berücksichtigen gewesen, weil der dem Kläger in der mündlichen Verhandlung gewährte Schriftsatznachlass, der lediglich zur Erwiderung auf den in der mündlichen Verhandlung überreichten Schriftsatz der Beklagten vom 20. August 2001 erteilt worden sei, nicht das Vorbringen neuer Angriffsmittel des Klägers wie die Anfechtung erlaubte.

Gegen dieses am 04. Oktober 2001 verkündete und ihm am 17. Oktober 2001 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am Montag, dem 19. November 2001 beim Oberlandesgericht Naumburg eingegangenen und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründeten Berufung.

Er wiederholt und vertieft seinen Vortrag aus erster Instanz und wendet sich insbesondere gegen die Auffassung des Landgerichts, mit Eintritt der Auszahlungsreife des beim Notar hinterlegten Kaufpreises sei der fragliche Grundstückskaufvertrag seitens der Insolvenzschuldnerin erfüllt worden. Hierfür sei vielmehr - so meint der Kläger - die Auszahlung des Kaufpreises an die Beklagte erforderlich gewesen. Auf Seiten der Beklagten hätte die Erfüllung des Grundstückskaufvertrages die Eintragung der Insolvenzschuldnerin in das Grundbuch erfordert. Darüber hinaus habe er den fraglichen Kaufvertrag wirksam angefochten. Das Landgericht habe die Anfechtung berücksichtigen müssen, weil sie eine Reaktion auf einen in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis gewesen sei, wonach der Kläger mit seinem Klagebegehren allenfalls im Wege der Anfechtung durchdringen könne. Das Landgericht habe ihm ausreichend Gelegenheit geben müssen, seinen Vortrag um die Anfechtung zu erweitern und zu ergänzen. Er nimmt auch bezüglich der Anfechtung Bezug auf seinen Vortrag erster Instanz, wonach zur maßgeblichen Zeit der Genehmigung des Grundstückskaufvertrages die Insolvenzschuldnerin bereits zahlungsunfähig gewesen und darüber hinaus am 25. April 2000 ein erster Antrag auf Durchführung des Insolvenzverfahrens gestellt worden sei, der nach § 139 InsO zu berücksichtigen sei.

Der Kläger beantragt,

das am 04. Oktober 2001 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Auszahlung des gesamten restlichen Kaufpreises aus dem Kaufvertrag vom 28. April 1999 (UR.-Nr. 176/1999 des Notars M. H. , B. ) der zu dieser Urkunde auf einem Notaranderkonto des Notars H. hinterlegt ist, Zug um Zug gegen Bewilligung der Löschung der Grundschuld von DM 2.660.000,00 für die X. Bank e. G. mit Sitz in F. eingetragen im Grundbuch von W. , Blatt 767, 3. Abteilung, Nr. 1 an den Kläger zu erteilen;

2. die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus erster Instanz.

Sie ist der Auffassung, der zunächst abgeschlossene Kaufvertrag vom 26. September 1998 sei bereits von Käuferseite erfüllt gewesen, als der Vertrag vom 28. April 1999 geschlossen wurde. Dies wirke auch für letzteren Vertrag. Die Kaufvertragsparteien die Erfüllungswirkung bereits mit Zahlung auf das Notaranderkonto eintreten lassen wollten. Die beiderseitigen Erfüllungshandlungen seien abgeschlossen gewesen. Es dürfe nicht zu ihren Lasten gehen, dass der Notar die Auszahlung des Kaufpreises gleichwohl noch nicht vorgenommen habe.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zur Auskehrung des bei dem Notar hinterlegten Kaufpreisbetrages.

Er ist nicht berechtigt, gem. § 103 Abs. 1 InsO die Nichterfüllung des Grundstückskaufvertrages vom 28. April 1999 zu wählen.

§ 103 InsO räumt dem Insolvenzverwalter nur solange ein Wahlrecht ein, als der fragliche Vertrag weder vom Insolvenzschuldner noch vom anderen Vertragsteil erfüllt ist. Der Grundstückskaufvertrag vom 28. April 1999 ist zwar nicht von der Beklagten, wohl aber von der Insolvenzschuldnerin bereits vollständig erfüllt worden.

Der Verkäufer eines Grundstückes hat seine Pflicht aus § 433 Abs. 1 BGB zur Übereignung der Kaufsache erst dann erfüllt, wenn der Eigentumsübergang nach Maßgabe der §§ 873, 925 BGB stattgefunden hat, also erst nach Auflassung und Eintragung des Käufers im Grundbuch (BGHZ 58, 246; RGZ 113, 403, 405). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

Die Regelung des § 106 Abs. 1 InsO, die im Fall der Sicherung des Eigentumsübertragungsanspruches an einem Grundstück durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung derjenigen des § 103 InsO in der Regel vorgeht (Hess, InsO, Rn. 67 zu § 103), greift hier nicht ein, weil die Vormerkung nicht in das Grundbuch eingetragen wurde.

Wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat, wurde die Kaufpreisschuld jedoch mit Eintritt der Auszahlungsreife des hinterlegten Kaufpreises an die Beklagte erfüllt.

Ob Erfüllung im Sinne des § 103 Abs. 1 InsO eingetreten ist, ist am Erfüllungsbegriff des § 362 Abs. 1 BGB zu messen. Es kommt daher auf den Eintritt des Leistungserfolges, nicht aber auf die Vornahme von Leistungshandlungen an (Kübler/Prütting-Tintelnot, InsO, Rn. 32 zu § 103; RGZ 85, 402, 404; BGHZ 87, 156, 162). Grundsätzlich muss der Gläubiger den Leistungsgegenstand zur freien Verfügung erhalten (BGH NJW 1996, 1207; ZIP 1998, 2090, 2091). Gesetzliche Erfüllungssurrogate, etwa die Hinterlegung nach § 378 BGB, stehen der Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB gleich. Bei der Einzahlung des Kaufpreises auf ein Notaranderkonto handelt es sich indes nicht um eine Hinterlegung im Sinne des § 378 BGB.

Erfüllung kann ferner durch Leistung an einen Dritten eintreten, wenn der Schuldner den Gläubiger ermächtigt hat, die Leistung an den Dritten zu bewirken und der Dritte befugt ist, diese in Empfang zu nehmen (§§ 362 Abs. 2, 185 BGB). Die Ermächtigung muss sich dann aber auf eine Leistung an den Dritten zum Zwecke der Erfüllung beziehen. Die Zahlung des Kaufpreises auf ein Notaranderkonto führt daher grundsätzlich nicht zur Erfüllung, denn sie soll nur Sicherungszwecken dienen (BGHZ 87, 156, 162 ff.; BGH NJW 1998, 2134, 2135). Die "Hinterlegung" des Kaufpreises beim Notar hat daher nur dann Erfüllungswirkung, wenn die Parteien dies ausnahmsweise vereinbarten (BGHZ 87, 156, 162; BGH NJW 1998, 2134, 2135; NJW 1994, 1403, 1404). Eine derartige Abrede ist hier weder ausreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch die von der Beklagten hevorgehobenen Umstände der Vertragsabwicklung lassen nicht auf Willen der Vertragsparteien schließen, die Erfüllung der Kaufpreisschuld bereits mit Zahlung auf das Notaranderkonto anzunehmen. Es ging vielmehr erkennbar zunächst ausschließlich um die Sicherung bis zum Eintritt der im Vertrag vorgesehenen Voraussetzung, nämlich der Erteilung der erforderlichen Genehmigungen.

Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob die Kaufpreisschuld regelmäßig als erfüllt anzusehen ist, sobald im Fall einer "Hinterlegung" des Kaufpreises beim Notar das Sicherungsinteresse des Käufers erloschen ist und "alleinige Rechtszuständigkeit" des Verkäufers bezüglich der Hinterlegungssumme besteht, also Auszahlungsreife eingetreten ist (hierzu BGH NJW 1994, 1403, 1404). Die Auslegung der zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten getroffenen Vereinbarungen ergibt jedenfalls, dass hier die Erfüllung für den Zeitpunkt vereinbart wurde, in dem die vertraglichen Voraussetzungen für eine Auszahlung des restlichen Kaufpreises an die Beklagte gegeben waren. Dabei sind neben der Ermittlung des Wortsinnes des Vertrages außerhalb der Erklärung liegende Umstände in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Dies gilt vor allem für den mit dem Rechtsgeschäft verfolgten Zweck und die Interessenlage der Parteien (BGH NJW 1994, 1602, 1603, 1604 m. w. N.).

Schon aus der Änderung der Auszahlungsvoraussetzungen im Vertrag vom 28. April 1999 gegenüber dem ansonsten übernommenen Inhalt des Vertrages vom 26. September 1998 spricht der deutliche Wille der Parteien, die Auszahlung des Kaufpreises durch den Notar und damit die Erfüllung des Kaufvertrages seitens der Insolvenzschuldnerin auf den Zeitpunkt vorzuverlegen, zu dem Grundstücksverkehrsgenehmigung vorlag und die Beklagte als Verkäuferin durch Erteilung der Genehmigung des durch einen vollmachtlosen Vertreter abgeschlossenen Kaufvertrages zum Ausdruck brachte, sich von diesem nicht mehr lösen zu wollen. Dass die Insolvenzschuldnerin für sich kein weiteres Schutzinteresse sah, kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dass sie ausweislich der notariellen Urkunde vom 28. April 1999 im Hinblick auf die Bonität der Beklagten und auf deren Zusicherung, im Fall des Scheiterns der Eigentumsübertragung den Kaufpreis nebst marktüblicher Zinsen zurückzuerstatten auch nach dem Hinweis des Notars auf die mit der beabsichtigten Regelung verbundenen Risiken an der Beschleunigung der Auszahlung festhielt. Die Kaufvertragsparteien haben zudem nachdrücklich auf eine insgesamt zügige Abwicklung des Kaufvertrages hingewirkt, was darauf hindeutet, dass ihnen an einer möglichst frühzeitigen Erfüllung ihrer gegenseitigen Pflichten gelegen war. So erklärten sie bereits zur Urkunde vom 28. April 1999 die Auflassung, bewilligten die Eintragung einer Eigentumsübertragungsvormerkung zu Gunsten der Insolvenzschuldnerin und wiesen den Notar an, die Eintragung zu beantragen. Die T. GmbH erteilte die Bewilligung zur Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Vormerkung, während die Beklagte gleichzeitig deren Löschung beantragte. Darüber hinaus hatte die Insolvenzschuldnerin bereits den Besitz an dem Grundstück übernommen und der Beklagten eventuelle Hinterlegungszinsen auf den Kaufpreis zugestanden.

In dieser Situation musste beiden Kaufvertragsparteien auch daran gelegen sein, ein mögliches Scheitern des Kaufvertrages durch eventuelle Insolvenz einer der Kaufvertragsparteien entgegenzuwirken. Davor konnten sie sich im Hinblick auf § 103 InsO nur schützen, in dem sie den Erfüllungszeitpunkt jedenfalls für eine der beiden im Synallagma stehenden Vertragsleistungen möglichst frühzeitig herbeiführten.

Auch die Abnahmeverpflichtung der Insolvenzschuldnerin (§ 433 Abs. 2 BGB) ist erfüllt, denn sie übernahm den Besitz an dem Grundstück. Zudem gab sie alle zum Erwerb des Eigentums nötigen Erklärungen in notariell beurkundeter Form und damit gemäß § 873 Abs. 2 BGB bindend ab.

Der Kläger hat weder die Beantragung der Eintragung der Eigentumsvormerkung noch den Grundstückskaufvertrag wirksam angefochten.

Ungeachtet der Frage, inwieweit die Beantragung der Eintragung der Auflassungsvormerkung isoliert angefochten werden könnte, wurde die Anfechtung nur für den Fall erklärt, dass diese Rechtshandlung zur Bindung des Klägers an den Kaufvertrag geführt haben sollte. Das ist indes, wie aus obigen Ausführungen ersichtlich, nicht der Fall.

Im Hinblick auf die Anfechtung des Kaufvertrages bestehen bereits erhebliche Bedenken gegen die Annahme einer objektiven Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO. Eine objektive Gläubigerbenachteiligung ist nur anzunehmen, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Gläubiger ohne die anfechtbare Rechtshandlung günstiger gestaltet hätten. Daran bestehen durchgreifende Zweifel. Der streitige Vertrag bewirkte keine Minderung des Aktivvermögens der Insolvenzschuldnerin. Der Kaufpreis wurde vielmehr schon zur Bezahlung des Kaufpreises aus dem Vertrag vom 26. September 1998 von der X. Bank e. G. finanziert und unmittelbar auf das Notaranderkonto gezahlt. Die Insolvenzschuldnerin selbst erbrachte weder Zahlungen auf den Kaufpreis noch hatte sie einen Anspruch auf Valutierung des zur Begleichung der Kaufpreisschuld verwendeten Darlehens. Der Kaufpreis wurde erst durch die Regelung in Ziff. III. des Vertrages vom 28. April 1999 als von der Insolvenzschuldnerin hinterlegt angesehen. Dass der auf das Anderkonto geflossene Darlehensbetrag in anderer Weise zum Nutzen des Geschäftsbetriebes der Insolvenzschuldnerin oder zur Befriedigung ihrer anderen Gläubiger hätte Verwendung finden können (hierzu BGH ZIP 1990, 459, 460), ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Letztlich kommt es auf die Frage der Gläubigerbenachteiligung aber nicht an. Die Anfechtung scheitert jedenfalls an der fehlenden Darlegung der weiteren Anfechtungsvoraussetzungen. In Betracht kommt lediglich eine Anfechtung nach § 130 InsO, weil die Beklagte mit der Zahlung des Kaufpreises das erlangt hat, was sie aus dem Kaufvertrag vom 28. April 1999 beanspruchen konnte und somit eine kongruente Deckung erlangt hat. Die Anfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO erfordert jedoch in jedem Fall die Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit oder vom Eröffnungsantrag, wenn ein solcher gestellt wurde. Dass die Beklagte solche Kenntnis bis zur Genehmigung des Grundstückskaufvertrages vom 28. April 1999 am 21. Juni 2000 erlangt hatte, wurde auch auf Hinweis des Senats weder vorgetragen noch ist sie sonst ersichtlich.

Schließlich sei angemerkt, dass der am 25. April 2000 gestellte Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin (59 IN 411/00 Amtsgericht Halle-Saalkreis) bei der Berechnung der Fristen nicht gemäß § 139 Abs. 2 InsO berücksichtigt werden kann. Dieser Antrag wurde rechtskräftig abgewiesen, weil die Insolvenzschuldnerin ihre Verpflichtungen gegenüber der Antragstellerin erfüllt hatte. Ein rechtskräftig abgewiesener Antrag wird aber bei der Berechnung der Fristen nur dann berücksichtigt, wenn er mangels Masse abgewiesen worden ist (§ 139 Abs. 2 InsO).

Der Senat hat keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO). Der Bundesgerichtshof hat sich zu der im vorliegenden Fall entscheidungserheblichen Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen im Fall der "Hinterlegung" des Kaufpreises auf einem Notaranderkonto vor Auszahlung des Kaufpreises an den Gläubiger Erfüllung eintreten kann, bereits geäußert (BGH NJW 1994, 1403, 1405).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 3, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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