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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 17.12.2004
Aktenzeichen: 6 U 50/04
Rechtsgebiete: AVB, ZPO, AGBG, BGB


Vorschriften:

AVB § 5 (3) S. 2
AVB § 5 (3) S. 3 a)
AVB § 5 (4)
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 S. 1 Ziff. 3
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1
AGBG § 11 Nr. 7
BGB § 249 Abs. 2 S. 1
BGB § 254 Abs. 2 S. 2
BGB § 278
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1 n.F.
Schuldet ein Architekt nach dem Vertrag "die beratende und prüfende Ausführung der im Gutachten aufgeführten Sanierungsleistungen" sowie "einen Abschlussbericht zur erfolgten Prüfung der fachgerechten Ausführung der Sanierungsarbeiten", so beinhaltet dies - unabhängig von der Höhe der vereinbarten Vergütung - eine angemessene und regelmäßige Bauüberwachung. Der Architekt darf sich nicht auf Stichproben beschränken, sondern muss sich durch häufige Kontrollen vergewissern, ob die sich aus dem Gutachten ergebenden Anweisungen sachgerecht befolgt werden. Dies gilt insbesondere für typische Gefahrenquellen, wozu der echte Hausschwamm zu zählen ist.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 50/04 OLG Naumburg

verkündet am: 17.12.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht v. Harbou sowie die Richter am Oberlandesgericht Rüge und Dr. Otparlik auf die mündliche Verhandlung vom 08.12.2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.03.2004 verkündete Grund- und Teilurteil des Landgerichts Halle - 4 O 159/00 - wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 54 % und die Beklagte 46 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die andere Seite zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat die Beklagte auf 828.782,63 Euro Schadensersatz wegen mangelhafter Überwachung von Sanierungsleistungen und auf Auskunftserteilung über die Versicherung des Schadens in Anspruch genommen.

Nach § 1 des Vertrages vom 30.11.1995 sollte die Klägerin für die Beklagte ein Gutachten zur Sanierung eines Wohngebäudes in H. erarbeiten. Darin heißt es: "Durch Einwirkung des echten Hausschwammes und sonstiger Fäulniserreger sind die Holzbalkendecken sehr stark geschädigt" (Bl. 34 Anlagenband); die entsprechenden Einzelheiten finden sich in einem als Anlage beigefügten holztechnischen Untersuchungsbericht (Bl. 60 ff Anlagenband).

Ferner übernahm die Klägerin nach § 3 (1) des Vertrages vom 30.11.1995 i.V.m. Anlage 3 die "beratende und prüfende Ausführung der im Gutachten aufgeführten Sanierungsleistungen" (Bl. 12, 28 Anlagenband), welche u.a. die Beseitigung des Fäulnisbefalls der Holzbalkendecken umfassten (Bl. 27 Anlagenband). Zudem sollte die Beklagte einen "Abschlussbericht zur erfolgten Prüfung der fachgerechten Ausführung der Sanierungsleistungen" vorlegen (Bl. 28 Anlagenband). Dessen Zusammenfassung lautet wie folgt: "Die Dachstuhl- und Deckensanierung ist in einer guten Qualität ausgeführt. Die Tragfähigkeit des Gebäudes ist dadurch im vollen Umfang wiederhergestellt" (Bl. 104 Anlagenband). Später stellte sich heraus, dass die Holzdecken in allen Wohnungen vom Hausschwamm befallen waren.

Außerdem übertrug die Beklagte der Klägerin in § 3 (2) Ziff 1 "folgende zusätzliche Leistungen ... nach Aufforderung durch den AG baubegleitende Betreuung gemäß HOAI Teil II, Leistungsphase 8 für Leistungen, die nicht Bestandteil des Sanierungsgutachtens sind zum Mitarbeiterstundensatz von 120,00 DM/Std. (netto) zum Nachweis" (Bl. 12 Anlagenband).

In § 5 (3) S. 3 a) der AVB der Klägerin heißt es: "Der Auftragnehmer haftet ... bei Sachschäden ... für Honorarsummen bis 0,1 Mio DM ... bis zur Höhe von 0,25 Mio DM". § 5 (4) der AVB lautet: "Wird der Auftragnehmer für einen Schaden in Anspruch genommen, für den auch ein Dritter einzustehen hat, so haftet er auch im Außenverhältnis nur in dem Umfang, in dem er im Verhältnis zu dem Dritten haftbar ist" (Bl. 8 Anlagenband).

Nach § 5 (3) S. 2 der AVB der Klägerin sollte der Auftragnehmer auf Verlangen des Auftraggebers den Nachweis über den Abschluss einer Haftpflichtversicherung vorlegen.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte habe - hinsichtlich der vertraglich vereinbarten Leistungen - nach § 3 (2) Ziff. 1 des Vertrages eine Bauüberwachung nach der HOAI, Leistungsphase 8, geschuldet und dabei ihre Pflichten grob fahrlässig verletzt. Dass die Leistung zu einem vergleichsweise geringen Preis angeboten worden sei, habe auf einer Mischkalkulation der Beklagten beruht, die von der Klägerin eine ganze Reihe von Aufträgen erhalten habe. Dem von der Klägerin mit der Bauleitung beauftragten Ingenieur könne mangels entsprechender Spezialkenntnisse kein Verschulden angelastet werden.

Die Beklagte hat vorgetragen, die Klägerin sei, nachdem sie das Gebäude in Wohnungseigentum aufgeteilt habe, nicht mehr aktivlegitimiert. Die in § 3 (2) Ziff. 1 des Vertrages genannte Bauüberwachung nach der HOAI, Leistungsphase 8, betreffe nur zusätzliche, von der Klägerin nicht abgerufene Leistungen. Der Beklagten habe angesichts des geringen Honorars i.H.v. 2.000.- DM lediglich eine "gewisse baubegleitende Betreuung" bzw. eine "punktuelle und stichprobenartige Überprüfung" oblegen. Für die Bauüberwachung nach der HOAI, Leistungsphase 8, sei hingegen nicht sie, sondern der von der Klägerin beauftragte Bauingenieur zuständig gewesen, auf dessen Aussagen sie sich verlassen habe, nachdem die Holzbalkendecken bereits geschlossen gewesen seien. Die Haftung sei gem. § 5 (3) S. 3 a) bzw. (4) ihrer AVB begrenzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Mit am 18.03.2004 verkündeten Grund- und Teilurteil hat das Landgericht die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Soweit der Rechtsstreit ihm entscheidungsreif erschien, hat es der Klage i.H.v. 378.192,72 Euro stattgegeben und sie i.H.v. 157.051,50 Euro abgewiesen. Zudem hat es die Beklagte zur Auskunftserteilung über die Versicherung des Schadens verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe als "Sonderfachmann" grob gegen ihre vertragliche Überwachungspflicht verstoßen und einen unzutreffenden Abschlussbericht verfasst. Der von der Klägerin beauftragte Bauingenieur hafte allenfalls als Gesamtschuldner. Die in den AVB der Klägerin enthaltene Haftungsbegrenzung sei unwirksam. Die Kosten der Schwammsanierung im engeren Sinne (157.051,50 Euro) könne die Klägerin nicht beanspruchen, da sie diese bei ordnungsgemäßer Sanierung hätte sowieso aufbringen müssen. Der Auskunftsanspruch ergebe sich aus § 5 (3) S. 2 der AVB der Klägerin. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin hat ihre Berufung mit Schriftsatz vom 18.06.2004 zurückgenommen (Bl. 4 V). Die Beklagte regt mit ihrer Berufung "als vorgezogenes Fazit" an, die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. Sie will im Ergebnis nach wie vor eine vollständige Klageabweisung hinsichtlich der Zahlungsansprüche erreichen. Die Beklagte greift ihre Verurteilung nicht an, soweit sie verurteilt worden ist, den Abschluss von Haftpflichtversicherungsverträgen nachzuweisen. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, sie habe die abgerechneten Mengen und Massen seit jeher bestritten, wobei sie zu den vom Landgericht ausgeurteilten Positionen teilweise erstmals in zweiter Instanz konkret Stellung nimmt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und verteidigt unter Hinweis auf § 531 Abs. 2 ZPO das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Ausführungen des Landgerichts sind zutreffend. Ergänzend ist lediglich auf Folgendes hinzuweisen:

1. Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

a) Die Aktivlegitimation der Klägerin ergibt sich aus dem Vertrag; eine Abtretung der Gewährleistungsansprüche an die Erwerber der Eigentumswohnungen ist nicht ersichtlich. Selbst wenn dies der Fall wäre, hätten die Erwerber die Gewährleistungsansprüche nicht zurückübertragen müssen; vielmehr hätte es genügt, wenn sie die Klägerin zur Geltendmachung der Mängelansprüche und notfalls zu deren gerichtlichen Durchsetzung im eigenen Namen ermächtigt hätten. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie sich nach Eintritt des Schadensfalles mit den Erwerbern in Verbindung gesetzt und diesen signalisiert hat, "in Erfüllung ihrer Gewährleistungsverpflichtungen selbstverständlich für die erforderliche Nachbesserung einzustehen und diese auch durchführen" zu wollen (Bl. 106 V). Bei dieser Sachlage wäre von einer konkludenten Ermächtigung der Klägerin zur Geltendmachung etwaiger bereits an die Erwerber abgetretenen Gewährleistungsansprüche auszugehen. Diese hätte auch ihren guten Sinn, da damit die Erwerber wesentlich besser gestellt würden: Zum einen wäre ihnen die Last abgenommen, welche die Verfolgung von Mängelansprüchen mit sich bringt. Zum anderen wären sie, weil sie Inhaber der Mängelansprüche bleiben würden, gesichert, wenn die Klägerin - etwa infolge Konkurses wegen Nichterfüllung der Schadensersatzverpflichtungen der Beklagten - nicht mehr in der Lage wäre, gegen die Beklagte vorzugehen; dies könnten sie dann immer noch selbst tun. Entgegen der Auffassung der Beklagten spielt es auch keine entscheidende Rolle, dass die Klägerin die Mängel auf eigene Kosten beseitigt und infolgedessen von ihr selbst gemachte Aufwendungen eingeklagt hat. Letztlich sind das mittelbare Aufwendungen der Erwerber. Der Anspruch auf Ersatz solcher Kosten wäre bei einem Handeln der Klägerin in gewillkürter Prozessstandschaft aus den den Erwerbern verbliebenen Gewährleistungsansprüchen herzuleiten; die Klägerin wäre auch in diesem Fall nicht gehindert, Leistung an sich zu verlangen (vgl. BGH, Urt. v. 23.02.1978, VII ZR 11/76, zitiert nach juris).

b) Die Beklagte hat die Arbeiten zur Beseitigung des Schwammbefalls nicht hinreichend überwacht. Sie schuldete - unabhängig von der Höhe der vereinbarten Vergütung - die "beratende und prüfende Ausführung der im Gutachten aufgeführten Sanierungsleistungen" sowie "einen Abschlussbericht zur erfolgten Prüfung der fachgerechten Ausführung der Sanierungsleistungen". Dies beinhaltete eine regelmäßige und angemessene Bauüberwachung. Die Beklagte durfte sich daher nicht auf Stichproben beschränken, sondern hatte sich durch häufige Kontrollen zu vergewissern, ob die sich aus ihrem Gutachten ergebenden Anweisungen auch sachgerecht befolgt wurden. Soweit typische Gefahrenquellen bestanden, von deren Beseitigung das Gelingen des ganzen Werks abhing, musste die Beklagte den entsprechenden Bauabschnitt persönlich oder durch einen erprobten sachkundigen Erfüllungsgehilfen unmittelbar überwachen oder sie musste sich sofort nach Durchführung der Arbeiten von deren Ordnungsmäßigkeit überzeugen (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rn. 1506 m.w.N.). Der echte Hausschwamm ist bekanntermaßen der gefährlichste und zugleich der am schwierigsten zu bekämpfende Zerstörer des in Gebäuden verbauten Holzes. Hausschwamm tritt vorwiegend in Altbauten und bei deren Umbau auf, wenn bei nicht sorgfältig oder sachverständig ausgeführten Baumaßnahmen lebende wie auch nicht zu alte, sich in Trockenstarre befindliche Mycelreste erneut auswachsen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 1240). Die Beklagte hatte es vertraglich übernommen, dieser schweren Gefahr geeignet zu begegnen. Das Ausmaß und der Umfang der später festgestellten Ausführungsfehler lässt nur den Schluss zu, dass im vorliegenden Fall keine oder eine unzureichende Bauüberwachung stattgefunden hat, obwohl die Bekämpfung von Hausschwamm eine intensive Objektüberwachung verlangt hätte. Dementsprechend räumt die Beklagte letztlich selbst ein, sich im Wesentlichen auf die Aussagen Dritter verlassen zu haben. Die Beklagte hätte die Unzulänglichkeiten der Ausführungen ohne weiteres erkennen können, wobei sie sich von den aus der typischen Gefahrenquelle einer unzureichenden Überwachungstätigkeit resultierenden Mängeln entlasten müsste (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 30.11.1999 - 17 U 270/93 -; zitiert nach juris). Durch den Hinweis, die Holzbalkendecken seien bereits verschlossen gewesen, als sie diese habe kontrollieren wollen, ist ihr dies nicht gelungen; vielmehr war es gerade ihre Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass ein derartiges Versäumnis unterbleibt.

c) Die in § 5 (3) S. 3 a) der AVB enthaltene Haftungshöchstbegrenzung ist nach § 11 Nr. 7 AGBG unwirksam; sie scheitert zum einen am groben Verschulden der Klägerin bei der Erfüllung ihrer Kardinalpflicht zur Bauüberwachung und zum anderen daran, dass die Höchstsumme dem möglichen Durchschnittsschaden nicht angenähert ist (vgl. Münchener Kommentar-Basedow, BGB, 4. Aufl., § 11 Nr. 7 AGBG, Rn. 28-30). Die in § 5 (4) der AVB enthaltene Quotenhaftungsklausel verstößt gegen den wesentlichen Grundgedanken der gesamtschuldnerischen Haftung und ist daher ebenfalls nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG bzw. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F. unwirksam (F. Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Architektenvertrag, Rn. 362).

2. Das Landgericht hat auch die Schadenshöhe zutreffend ermittelt:

a) Insoweit können folgende von der Beklagten zu mehreren Schadenspositionen vorgebrachten Einwände sogleich vor die Klammer gezogen und als unberechtigt zurückgewiesen werden:

aa) Die vom Landgericht unter Ziff. 2 a-f des Urteils abgehandelten Positionen sind unabhängig vom Zustand vor der Zweitsanierung; die Beklagte kann daher nicht Vorlage der Unterlagen betreffend die Erstsanierung verlangen.

bb) Ferner muss die Beklagte der Klägerin auch den von den beauftragten Drittfirmen möglicherweise durch unwirtschaftliche oder unsachgemäße Maßnahmen verursachten Mehraufwand gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ersetzen. Dies beruht darauf, dass der erforderliche Herstellungsaufwand auch von den in der Regel begrenzten Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten mitbestimmt wird und der von ihm eingeschaltete Unternehmer hinsichtlich der Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 2 S. 2 BGB nicht sein Erfüllungsgehilfe i.S.d. § 278 BGB ist (vgl. BGHZ 63, 182, 184 ff). Etwas anderes gilt nur im Falle besonders grober Fehlleistungen des mit der Schadensbeseitigung beauftragten Unternehmens, weil dann der adäquate Ursachenzusammenhang unterbrochen sein kann (vgl. Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., § 254, Rn. 67; Vorbem v § 249, Rn. 73). Dies ist vorliegend nicht ersichtlich.

cc) Die Beklagte kann sich nicht auf fehlende Schlussrechnungen berufen. Schlussrechnungen können auch aus mehreren Einzelrechnungen bestehen, wenn wie hier erkennbar sämtliche Leistungen abgerechnet sind und weitere zusammengefasste Rechnungen daher nur eine Förmlichkeit wären (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 13. Aufl., B § 16 Nr. 3, Rn. 97).

b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe und Berücksichtigung der Tatsache, dass die Beklagte, soweit sie zur Schadenshöhe erstmals in zweiter Instanz substantiiert vorträgt, damit nach § 531 Abs. 2 S. 1 Ziff. 3 ZPO ausgeschlossen ist, ergibt sich zu den einzelnen Positionen Folgendes:

aa) Die Kosten für erste Sicherungsmaßnahmen und Rückbauarbeiten einschließlich Architektenleistung (Bl. 13 f LGU) sind ersatzfähig.

Ob die Rechnungen der Architekten L. , Ds. , H. = Anlagen K 14a und b der HOAI entsprechen und die darin aufgeführten Beträge angemessen sind, ist im Hinblick auf die obigen Ausführungen zur Erforderlichkeit der Schadensbehebung belanglos. Die Behauptung der Beklagten, die Anlage K 14 a sei nicht vollständig und die Anlage K 14 b doppelt bezahlt worden, ist unzutreffend. Nach Ziff. 3.7 des Vertrages vom 20.10.2000 = K 55 belaufen sich die ersten 3 Zahlungsraten auf 9.000.- DM für Angebotseinholung/Baubeginn und jeweils 6.960.- DM für LP 8 Juli/August bzw. Sept. 2000 (Bl. 272 Anlagenband). Auf die Abschlagsrechnung vom 03.07.2000 = K 14a über 9.000.- DM (Bl. 172 Anlagenband) wurden am 17.08.2000 4.500.- DM und am 18.07.2000 weitere 4.500.- DM gezahlt (Bl. 173 Anlagenband, 129 V). Auf die 2. Abschlagsrechnung vom 23.08.2000 = K 14 b über 6.960.- DM (Bl. 174 Anlagenband) wurden am 06.09.2000 6.960.- DM gezahlt (Bl. 175 Anlagenband). Die 3. Abschlagsrechnung vom 02.10.2000 liegt zwar nicht vor; am 18.10.2000 wurden hierauf jedoch 6.960.- DM gezahlt (Bl. 176 Anlagenband).

Ob und in welchem Umfang die Beauftragung des Ingenieurs G. (Anlage K 15) und des Sachverständigen Me. (Anlage K 16) zwingend erforderlich war, ist unerheblich (siehe oben). Dasselbe gilt hinsichtlich der Frage, ob die in der Anlage K 18 ausgewiesene Einschaltung von 3 Facharbeitern sowie die in der Anlage K 19 abgerechnete Schmutzentfernung durch den Malermeister K. erforderlich war (siehe oben). Dazu, dass die Klägerin die Erstattung der in den Anlagen K 15-19 genannten Beträge verlangen kann, obwohl die Rechnungen nicht auf sie ausgestellt sind, wird auf die zutreffenden Ausführungen auf Seite 15 erster Absatz des landgerichtlichen Urteils verwiesen (Bl. 143 IV). Die Überweisung zur Anlage K 16 ist leserlich (Bl. 183 Anlagenband).

Die Einwände der Beklagten zu den Rechnungen der I. GmbH= Anlagen K 20-23 (Bl. 188 ff Anlagenband) sind ohne jede Substanz (vgl. Bl. 75 V).

bb) Die Aufwendungen für die Entmietung und die übernommenen Mietausfälle (K 26-45, 67-76) sind in vollem Umfang ersatzfähig. Hinsichtlich der Erstattung der Mietausfälle der Erwerber der Eigentumswohnungen bedarf dies keiner weiteren Vertiefung. Sofern sich die Klägerin direkt mit den Mietern auseinandergesetzt und Umzugskosten sowie Abfindungen für den schnellen Auszug gezahlt hat, handelt es sich letztlich um mittelbare Aufwendungen der Erwerber. Sich insoweit in Kenntnis der Rechtslage im Mietrecht auf den Standpunkt zu stellen, die Mieter hätten bei unterstellter Einsturzgefahr auch durch behördliche Verfügung zur kurzfristigen Aufgabe des angemieteten Wohnraums gezwungen werden können (Bl. 75 f V), ist völlig unangebracht. Vielmehr hat die Klägerin durch ihr entgegenkommendes Verhalten zur Minderung eines Schadens beigetragen, der bei Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten durch die Mieter bedeutend höher ausgefallen wäre. Die in K 39 geltend gemachten Maklerkosten sind adäquat verursacht und nicht zuletzt auch im Hinblick auf die von der Klägerin geschilderten Schwierigkeiten bei der Beschaffung einer angemessenen Ersatzwohnung (Bl. 120 V) erstattungsfähig.

cc) Die Kosten weiterer Rückbaumaßnahmen sind ersatzfähig. Soweit die Beklagte die fehlende Prüfbarkeit der Anlagen K 46 und 47 einwendet, übersieht sie wiederum, dass sie für alle noch adäquat kausal durch ihre Pflichtverletzung verursachten Schäden haftet; im Übrigen kommt es allein darauf an, ob die Rechnungen für die Klägerin prüfbar waren. Dementsprechend ist es auch hinsichtlich der weiteren Rechnungen des Planungsbüros L. für die ausgeübte Bauleitung bis zur Fertigstellung unerheblich, ob der zu Grunde liegende Vertrag der HOAI entsprach. Der Vortrag der Beklagten, dass es sich insoweit um Sowiesokosten handele, ist genauso wenig nachvollziehbar, wie der von der Beklagten immer wieder erfolglos bemühte Vergleich zur Erstsanierung (siehe oben). Die Kosten des Überprüfens gem. den Rechnungen der Fa. De. u.a. (K 57 a und b) waren erforderlich, zumal sich auch die Beklagte bei der Erstsanierung hierfür hat Statikerleistungen bezahlen lassen (vgl. Anlage 2, Seite 4 "a" zum Vertrag vom 30.11.1995 = Bl. 13 Anlagenband). Inwieweit hinsichtlich der bei der Zweitsanierung anstelle der Holzdecken eingebrachten Betondecken Sowiesokosten entstanden sind, berührt nicht unmittelbar die vorherige Arbeit des Statikers; es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Planung von Betondecken mehr Aufwand erfordert als die Planung von Holzdecken. Die Heranziehung eines Prüfstatikers gem. den Rechnungen der Fa. S. (K 58 a und b) war ebenfalls erforderlich. Die Anlage K 58 enthält nicht nur den Überweisungsträger, sondern auch die zu Grunde liegende Rechnung (Bl. 283 f Anlagenband); auch insoweit sind bereits bei der Erstsanierung Kosten angefallen, sodass es sich auch hier nicht um Sowiesokosten handelt. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Rechnung des Bauordnungsamtes der Stadt H. (K 59).

dd) Hinsichtlich der Honorarrechnungen des Sachverständigen R. Mr. (K 64 a-e) kommt es nicht darauf an, ob sich die Parteien auf diesen Sachverständigen geeinigt haben, sondern nur darauf, dass die von ihm durchgeführte holztechnische Untersuchung erforderlich war. Nach dem mit der Beklagten erlebten Fiasko war die Klägerin berechtigt, einen hochqualifizierten auswärtigen Fachmann ihres Vertrauens hinzuzuziehen, sodass auch die Fahrtkosten ersatzfähig sind. Die Ersatzfähigkeit der Rechnung des Tischlermeisters Sk. (K 65) wird von der Beklagten nicht infrage gestellt. Auch hinsichtlich der Prämienrechnung der K. Versicherung (K 66) handelt es sich nicht um Sowiesokosten, da bereits bei der Erstsanierung eine Bauwesenversicherung notwendig war.

ee) Die Kosten der Anzeigenschaltung u.ä. zwecks Neuvermietung sind erstattungsfähig. Die Anlage K 77 weist keine Lücken auf. K 77 a betrifft ausdrücklich die St. straße (Bl. 537 Anlagenband). Dass die Zuordnung der in den Anlagen K 77 b-d aufgeklebten Anzeigen unzutreffend ist, weil in der Rechnungsrubrik "Stichwort" nicht die St. straße ausgewiesen ist, stellt eine Behauptung ins Blaue hinein dar. Dass hinsichtlich der Anlage 77 e möglicherweise der MZ ein Fehler unterlaufen ist, weil sie vier Anzeigen geschaltet hat, obwohl nur zwei bezahlt worden waren, entlastet die Beklagte nicht, zumal diese auch nur auf Ausgleich der zwei bezahlten Anzeigen in Anspruch genommen wird. Die rechtlichen Ausführungen der Beklagten zu den Anlagen K 77 t-w sind unzutreffend. Zwar kann nach ständiger Rechtsprechung eine zwischen dem Makler und dem Vertragsgegner seines Auftraggebers bestehende Verflechtung den Provisionsanspruch des Maklers ausschließen, weil in diesen Fällen eine sachgemäße Wahrnehmung der Interessen des Auftraggebers grundsätzlich nicht gewährleistet ist. Ein solcher Interessenkonflikt besteht jedoch nicht, wenn der Makler mit seiner Auftraggeberin wirtschaftlich verflochten ist und daher mehr als jeder andere beauftragte Makler daran interessiert sein muss, die Interessen seiner Auftraggeberin wahrzunehmen. Es besteht daher kein Anlass, dem Makler in einem solchen Fall den Provisionsanspruch zu versagen (vgl. BGH, WM 1976, 1334). Vielmehr stellt sich allein die Frage, ob die in den Anlagen K 77 t-w aufgeführten Kosten noch adäquat kausal auf den Fehler der Beklagten zurückzuführen sind, was der Senat uneingeschränkt bejaht.

ff) Die Ausführungen des Landgerichts zum Vorliegen eines Anerkenntnisses i.H.v. 194.444,34 Euro (Bl. 17 f LGU) sind nicht zu beanstanden. Auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 30.08.2002 führt die Beklagte nach eingehender Prüfung der Anlagen K 60 a-q, K 61, K 63 b-h, K 65 und K 66 aus, dass sich "wenn überhaupt - und bestrittenermaßen - ... der Schaden unter Zugrundelegung der richtigen Mengen und der ortsüblichen und angemessenen Preise auf 194.444,34 Euro" belaufe (Bl. 232 II). Darin hat das Landgericht zu Recht ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zur Schadenshöhe gesehen (vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 23.02.2000 - 2 U 295/99 -, zitiert nach juris); den insoweit bestrittenen Haftungsgrund hat der Senat nunmehr endgültig geklärt (siehe oben).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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