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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 04.02.2009
Aktenzeichen: 6 Wx 8/08
Rechtsgebiete: KostO, GO LSA


Vorschriften:

KostO § 144 Abs. 1 Satz 1
GO LSA § 116 Abs. 2
GO LSA § 116 Abs. 3
1. Ein wirtschaftliches Unternehmen, das eine Stadt und eine Gemeinde als Gesellschafter in der Rechtsform einer GmbH betreiben (hier ein Zoologischer Garten), genießt beim Notar keine Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO.

2. Die früher in § 116 Abs. 3 GO LSA (GVBl. 1993, 568) als nichtwirtschaftliche Unternehmungen definierten Einrichtungen von Gemeinden genießen nach Art. 2 des Gesetzes über das kommunale Unternehmensrecht vom 3.4.2001 (GVBl. S. 136) und der Neufassung des § 116 Abs. 2 und 3 GO LSA und nach der abermaligen Neufassung des § 116 GO LSA durch das 3. Änderungsgesetz vom 7.11.2007 (GVBl. S. 352) nicht mehr die Gebührenermäßigung, weil sie jetzt als wirtschaftliche Unternehmen im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO einzuordnen sind.

3. Für die Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 KostO kommt es nicht darauf an, ob das Unternehmen vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt ist.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

6 Wx 8/08 OLG Naumburg

In der Notarkostenbeschwerdesache

betreffend die Kostenrechnung des Notars ... Nr. 1931/2006-2 vom 18.12.2006

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht v. Harbou, den Richter am Amtsgericht Scholz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Otparlik am 04.02.2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 27.11.2008 wird der Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 17.11.2008 - 3 T 200/07 (175) - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 14.03.2007 gegen die Kostenrechnung des Beteiligten zu 1) Nr. 1931/2006-2 vom 18.12.2006 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidungen des Landgerichts und des Senats ergehen gerichtsgebührenfrei. Die gerichtlichen Auslagen des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht trägt die Beteiligte zu 2). Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird für beide Instanzen auf 17.783,15 Euro festgesetzt.

Gründe:

1. Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 156 Abs. 2 S. 2 und S. 3 KostO).

Hinsichtlich der Frage, ob die Beteiligte zu 2) überhaupt Kostenschuldnerin ist, ergeben sich insoweit keine Probleme. Hinsichtlich der weiteren Frage, ob hier die Gebührenermäßigung nach § 144 KostO eingreift, scheitert die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde nicht etwa daran, dass die landgerichtliche Entscheidung hierauf nicht gem. § 156 Abs. 2 S. 3 KostO beruht (vgl. hierzu Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., KostO, § 156, Rn. 63; Rohs / Wedewer, KostO, § 156, Rn. 65; Zöller / Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 546, Rn. 7). Die Ausführungen des Landgerichts zum Eingreifen des § 144 KostO stellen nämlich kein bloßes obiter dictum im Sinne von Empfehlungen für das weitere Verfahren, sondern bindende Richtlinien für den Notar dar (vgl. Rohs/Wedewer, a.a.O., Rn. 48). Bei dieser Sachlage bejaht der Senat ein Beruhen der Entscheidung (auch) auf den Ausführungen des Landgerichts zur Gebührenermäßigung. Allein diese Sichtweise erscheint auch praktikabel, denn ansonsten müsste der Senat trotz Entscheidungsreife die landgerichtliche Entscheidung aufheben und die Sache mit entsprechenden bindenden Anweisungen dorthin zurücksenden, was einen überflüssigen Umweg darstellen würde.

2. Die weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

a) Der Beteiligte zu 1) beschwert sich zu Recht darüber, dass das Landgericht die Beteiligte zu 2) nicht als Kostenschuldnerin angesehen hat.

Wird gegen die Kostenberechnung des Notars Beschwerde eingelegt (§ 156 Abs. 1 S. 1 KostO), so bestimmt allein der Beschwerdeführer durch seine Beanstandungen den Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung (vgl. OLG Stuttgart, JurBüro 2007, 599, 600; Korintenberg, Lappe, Bengel, Reimann, KostO, 17. Aufl., § 156, Rn. 58; Rohs / Wedewer, KostO, § 156, Rn. 38; jeweils m.w.N.). Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 14.03.2007 (Bl. 1 d.A.) zielte aber ausschließlich auf die Erlangung einer Kostenermäßigung nach § 144 KostO ab, sodass die Frage, ob die Beteiligte zu 2) überhaupt Kostenschuldnerin ist, nicht mehr zu überprüfen, sondern als feststehend zu Grunde zu legen ist.

b) Die weitere Beschwerde ist auch insoweit begründet, als sich der Beteiligte zu 1) gegen die Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 KostO wendet, denn die Beteiligte zu 2) ist ein wirtschaftliches Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift.

Der Begriff des wirtschaftlichen Unternehmens i.S.d. § 144 Abs. 1 Nr. 2 KostO wird allgemein in Anlehnung an die entsprechende Begriffsbildung des Kommunalrechts ausgelegt (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschl. v. 23.01.1996, 3Z BR 290/95, Rn. 11; OLG Hamm, Beschl. v. 21.09.1998, 15 W 245/98, Rn. 12; OLG Dresden, Beschl. v. 01.07.1998, 15 W 1695/97, Rn. 19; jeweils zitiert nach juris). Gem. § 116 Abs. 3 S. 1 GO LSA a.F. waren Unternehmen und Einrichtungen, zu deren Betrieb die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist, Einrichtungen des Unterrichts-, Erziehungs- und Bildungswesens, der Kultur, des Sports, der Erholung, der Gesundheits-, Kranken- und Wohlfahrtspflege sowie solche ähnlicher Art und Hilfsbetriebe, die ausschließlich zur Deckung des Eigenbedarfs der Gemeinde dienen, nicht als wirtschaftliche Unternehmen im Sinne des Kommunalrechts anzusehen. Bei der Beteiligten zu 2) handelt es sich um eine Bildungs- und Erholungseinrichtung i.S.d. § 116 Abs. 3 GO a.F., womit nach früherem Recht die Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 KostO eingegriffen hätte. Durch Artikel 2 des Gesetzes über das kommunale Unternehmensrecht vom 03.04.2001 (GVBl. S. 136) wurde § 116 Abs. 3 GO LSA a.F. jedoch neu gefasst. Durch das 3. Änderungsgesetz vom 07.11.2007 (GVBl. S. 352) sind die Absätze 2 und 3 des § 116 GO LSA abermals neu gefasst und die Vorschrift insgesamt umgestaltet worden. § 116 Abs. 1 GO LSA n.F. geht demnach davon aus, dass es sich auch bei den früher von § 116 Abs. 3 GO a.F. erfassten Unternehmen und Einrichtungen um wirtschaftliche Unternehmungen handelt, sodass insoweit generell keine Gebührenermäßigung nach § 144 KostO mehr besteht (in diesem Sinne die Gebührenfreiheit nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG bereits verneint OLG Naumburg, Beschl. v. 22.01.2001, 13 W 235/01, Rn. 6, zitiert nach juris).

Darüber hinaus überwiegen wie bei einem Abwasserzweckverband, dessen Charakter als wirtschaftliches Unternehmen sich zudem direkt aus § 116 Abs. 2 S. 1 GO n.F. ergibt, auch bei der Beteiligten zu 2) betriebswirtschaftliche Gründe des Geschäfts die Belange der Daseinsvorsorge. Geht es weder um die konkrete Umsetzung des aus Art. 20 Abs. 1 und 28 Abs. 1 GG abzuleitenden Sozialstaatsprinzips noch um staatliche Für- und Vorsorge im Sinne reiner Gemeinnützigkeit, sondern um die Erreichung ökonomischer oder finanzieller Ziele mit Mitteln, wie sie auch in marktwirtschaftlichen Betrieben allgemein gebräuchlich sind, handelt es sich kostenrechtlich um wirtschaftliche Unternehmen (vgl. Senat, Beschl. v. 16.02.2007, 6 Wx 7/06, Rn. 30, zitiert nach juris). Es kommt nicht darauf an, ob solche Unternehmen vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt sind.

III.

Die Gerichtsgebührenfreiheit ergibt sich für das Beschwerdeverfahren aus § 156 Abs. 5 S. 1 KostO und für das Verfahren der weiteren Beschwerde aus §§ 156 Abs. 5 S. 2, 131 Abs. 1 S. 2 KostO.

Die gerichtlichen Auslagen für das Verfahren vor dem Oberlandesgericht werden gem. § 156 Abs. 5 S. 3 KostO der Beteiligten zu 2) auferlegt, weil die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) begründet war.

Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten nach §§ 156 Abs. 4 S. 4 KostO, 13 a Abs. 1 FGG findet hier weder im Beschwerdeverfahren, noch im Verfahren der weiteren Beschwerde statt, weil der Beteiligte zu 1) keine außergerichtlichen Kosten hat.

Der Beschwerdewert wurde gem. § 30 KostO festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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