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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 16.05.2002
Aktenzeichen: 7 U 50/01
Rechtsgebiete: HOAI, BGB, ZPO, GKG


Vorschriften:

HOAI § 4
HOAI § 15
HOAI § 4 Abs. 2
HOAI § 4 Abs. 1
BGB § 286
BGB § 326
BGB § 166 Abs. 1
BGB § 284 Abs. 1 S. 2
BGB § 288 Abs. 1 a.F.
BGB § 631 Abs. 1 2. Alt.
ZPO § 3
ZPO § 711 n.F.
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 543 Abs. 2 S. 1 n.F.
GKG 19 Abs. 3
Die Parteien eines Architektenvertrages können einen Vergleich, mit dem die Mindestsätze der HOAI unterschritten werden, erst nach vollständiger Beendigung der Tätigkeit des Architekten wirksam schließen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 50/01 OLG Naumburg

verkündet am: 16.05.2002

In dem Rechtsstreit

wegen Architektenhonorares

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 07. Mai 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Zettel, des Richters am Oberlandesgericht Corcilius und der Richterin am Amtsgericht Rubner

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 02. Mai 2001 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichtes Magdeburg wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 23.600,00 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

und beschlossen:

IV. Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung auch in Form einer schriftlichen, selbstschuldnerischen, unbedingten und unbefristeten Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu erbringen.

V. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 33.724,99 Euro ( 67.960,34 DM ) festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Vergütung des Klägers als Architekt für ein Bauvorhaben der Beklagten.

Die Parteien dieses Rechtsstreites schlossen am 05. Mai 1994 einen Architektenvertrag über den Neubau eines Praxis- und Wohngebäudes in Sch. . Sie vereinbarten den Mittelsatz der Honorarzone III und regelten die Leistungsphase 9 des § 15 HOAI ( Objektbetreuung und Dokumentation ) durch eine Zusatzvereinbarung ( Bl. I/6 - 10 d.A. ). Der Kläger hat mit Schreiben vom 18. November 2000 Schlußrechnung gelegt ( Bl. I/11 - 23 d.A. ). Die Bauabnahme fand am 26. November 1997 statt ( Bl. I/79 d.A. ).

Nachdem es zwischen den Parteien zu Differenzen gekommen war, vereinbarten sie in den Kanzleiräumen des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am 15. Februar 1998 mündlich, daß die Beklagte zur Abgeltung der Honorarforderungen des Klägers aus dem Architektenvertrag noch 10.000,00 DM bezahlen solle. Die Abrede bestätigten sich die Parteien in ihren Schreiben vom 04. März 1998 ( Bl. I/42 d.A. ) und vom 09. März 1998 ( Bl. I/43 d.A. ). Der Kläger stornierte aufgrund dieser Abrede die 6. Abschlagsrechnung über 27.000,00 DM und die pauschalierte Honorarschlußrechnung über 18.000,00 DM mit Schreiben vom 09. März 1998 ( Bl. I/44 und I/45 d.A. ). Er legte dann gemäß der mündlich getroffenen Vereinbarung mit Schreiben vom 09. März 1998 eine pauschalierte Honorarschlußrechnung über 10.000,00 DM ( Bl. I/46 d.A. ). Mit der Vereinbarung einer Bezahlung von nur noch 10.000,00 DM unterschritten die Parteien die Mindestsätze der HOAI. Die Beklagte zahlte den Vergleichsbetrag zunächst nicht. Es kam zu Schriftverkehr über Mängel bei der Be- und Entlüftung des Wasseraufbereitungsraumes und in bezug auf die Feuchtraumtür. Der Kläger legte dann mit Schreiben vom 16. Juni 1999 eine Honorarschlußrechnung über 48.721,93 DM ( Bl. I/51 d.A. ). Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers äußerte im weiteren Schriftverkehr die Rechtsmeinung, daß der Vergleichsvertrag formunwirksam sei, setzte der Beklagten dennoch im Schreiben vom 20. Juni 2000 eine Frist zur Zahlung der 10.000,00 DM bis zum 26. Juni 2000. Für den Fall des nicht rechtzeitigen Einganges kündigte er an, daß er von der Vereinbarung zurücktreten werde ( Bl. I/65f d.A. ). Mit Schreiben vom 26. Juni 2000 ( Bl. I/67 d.A. ) bat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten noch um etwas Geduld, weil zunächst geprüft werden solle, ob dem Begehren des Klägers die Einrede der Verjährung entgegengesetzt werden könne. Zwischen den Parteien befindet es sich im Streit, ob dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten sodann der Rücktritt vom Vergleichsvertrag mit Schreiben vom 27. Juni 2000 zugegangen ist ( Bl. I/29 d.A. ). Mit Schreiben vom 30. Juni 2000 teilte der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten mit, daß die 10.000,00 DM am 29. Juni 2000 zur Überweisung gebracht worden seien ( Bl. I/56 d.A. ). Der Betrag wurde am 03. Juli 2000 auf einem Konto des Klägers gutgeschrieben. Der Kläger geht nunmehr aus seiner Schlußrechnung vom 18. November 2000 ( Bl. I/11 - 23 d.A. ) vor, in der die Zahlung der 10.000,00 DM berücksichtigt worden ist.

Der Kläger hat behauptet, daß er die ihm obliegenden Leistungen vollständig und mangelfrei erbracht habe. Bei den Vergleichsgesprächen am 28. Februar 1998 sei es unklar gewesen, wer, der Kläger oder der Lüftungsfachplaner, die Mängel am Gewerk Entlüftung Technikraum und an der Abschlußtür zum Raum Physiotherapiebecken zu verantworten habe. Mit Telefax vom 27. Juni 2000 ( Bl. I/29 d.A. ), welches dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten auch zugegangen sei, habe er den Rücktritt vom Vergleichsvertrag erklärt.

Der Kläger hat gemeint, daß die mündlich getroffene Vereinbarung vom 15. Februar 1998 formunwirksam sei. Die Reduzierung des Architektenhonorares durch den Vergleichsvertrag unterschreite die Mindestsätze der HOAI, was nur in Schriftform und nur unter bestimmten Voraussetzungen, die hier nicht vorlägen, vereinbart werden könne. Ansonsten sei ein Vergleichsvertrag erst nach Abschluß der Architektenleistungen möglich. Der Abschluß liege hier aber nicht vor, weil der Kläger noch bis Sommer 1999 mit der Leistungsphase 8 betraut gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 34.825,80 DM nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, daß mit dem Abschluß des Vergleichsvertrages auch die teilweise mangelhafte Leistungserbringung habe abgegolten werden sollen. Mündlicher Bestandteil sei gewesen, daß der Kläger die Beseitigung der Mängel Feuchtraumtür und Be- und Entlüftung habe betreuen, die jeweiligen Kosten aufschlüsseln und in der Form differenziert an die Verantwortlichen weitergeben sollen. Zunächst habe sie, die Beklagte, von einem Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln an der Be- und Entlüftung des Wasseraufbereitungsraumes und des Baderaumes Gebrauch gemacht. Die im Abnahmeprotokoll aufgezählten Mängel seien im Zeitpunkt der letzten Bestätigung des Vergleichsvertrages am 09. März 1998 bereits beseitigt gewesen.

Die Beklagte hat gemeint, daß der Vergleich zwischen den Parteien erst nach der Beendigung der vertraglichen Leistungen geschlossen worden sei. Der Kläger habe nur die Bauüberwachung geschuldet, nicht mehr aber die Objektbetreuung. Damit sei die Überwachung der Beseitigung von Mängeln innerhalb der Gewährleistungsfrist nicht mehr Vertragsinhalt gewesen. Darüber hinaus greife hier auch die Bindungswirkung der Schlußrechnung des Klägers vom 09. März 1998 ein ( Bl. I/46 d.A. ).

Die 10. Zivilkammer des Landgerichtes Magdeburg hat die Beklagte durch das am 02. Mai 2001 verkündete Urteil unter Klagabweisung im übrigen zur Zahlung von 34.825,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01. Februar 2001 verurteilt und zur Begründung der Entscheidung ausgeführt, daß der Kläger unabhängig von der Frage, ob der Vergleichsvertrag formwirksam zustandegekommen sei, jedenfalls wirksam gemäß § 326 BGB von dem Vertrag zurückgetreten sei. Die Beklagte sei mit der Zahlung in Verzug geraten, denn ihr habe ein Zurückbehaltungsrecht nicht zugestanden. Soweit sie behaupte, daß mündlich die Beseitigung der Mängel an der Be- und Entlüftung und an der Feuchtraumtür vereinbart gewesen sei, sei ihr Vortrag widersprüchlich. Es komme hinzu, daß es bereits zweifelhaft sei, ob der Kläger für die behaupteten Mängel einzustehen habe. Mit dem Zugang der Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung im Schreiben vom 20. Juni 2000 habe sich das Schuldverhältnis mit Ablauf der Frist durch Rücktritt automatisch umgewandelt. Auch nach dem Rücktritt stehe der Beklagten kein Zurückbehaltungsrecht mehr zu, denn sämtliche Mängel seien nach dem Vortrag der Beklagten beseitigt worden. Schließlich greife auch die Hilfsaufrechnung nicht, denn insoweit bleibe der Vortrag der Beklagten unsubstantiiert.

Gegen dieses der Beklagten am 28. Mai 2001 zugestellte Urteil hat sie am 26. Juni 2001 das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und dieses durch einen am 27. August 2001 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Frist bis zu diesem Tage verlängert worden war.

Die Beklagte nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug und behauptet weiter, daß sie sich zu keinem Zeitpunkt in Verzug befunden habe. Der Vergleichsbetrag von 10.000,00 DM habe erst nach dem Einbau einer Feuchtraumtür, der mangelfreien Montage der Be- und Entlüftung des Betriebsraumes und der Beseitigung des Schwarzschimmels im Eckbereich des Behandlungsraumes bezahlt werden sollen. Das sei mündlich zwischen dem Kläger und dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten Rechtsanwalt S. vereinbart worden. Der Kläger habe den Vorschlag gemacht, ihr, der Beklagten, bei der Mängelbeseitigung noch beizustehen. In rechtlicher Hinsicht habe er nach Abschluß des Vergleichsvertrages keine Leistungen mehr aus der Leistungsphase 8 erbringen müssen. Die dann noch von dem Kläger erbrachten Leistungen gehörten nur der Leistungsphase 9 an, die aus dem ursprünglichen Architektenvertrag herausgenommen worden sei. Die Mängel seien bis zur Zahlung am 03. Juli 2000 nicht endgültig beseitigt worden.

Die Planungen des Klägers seien zum Teil mangelhaft gewesen. Obwohl im Schwimmbadraum eine Temperatur von 32° C herrsche und in den angrenzenden Räumen eine Temperatur von 22° C bis 24° C, habe der Kläger nur eine einfache Glaspendeltür bzw. nicht feuchtraumgeeignete Türen vorgesehen. Durch den ungehinderten Austausch der unterschiedlich warmen Luftmassen sei es zu einem Schwarzschimmelbefall im Eckbereich des Gymnastikraumes gekommen. Deswegen sei der Mietzins im Zeitraum von November 1998 bis April 2000 in Höhe von 4.262,40 DM gemindert worden. Der Einbau der Feuchtraumtür habe 3.430,12 DM gekostet. Hiermit rechne die Beklagte hilfsweise auf. Sie habe die Be- und Entlüftung des Betriebsraumes ausführen lassen. Die nachträgliche Planung habe 1.461,15 DM gekostet. Es komme zu Chlorgeruch in der Arztpraxis im ersten Stockwerk, weil die Entlüftung des Schwimmbades mit den Toilettenräumen der Arztpraxis verbunden worden sei. Hier treffe den Kläger ein Planungsverschulden. In den Praxisräumen müßten fünf Türen aus Gründen der Geräuschimmissionen ausgewechselt werden, wofür Kosten in Höhe von 4.500,00 DM anfallen würden. Ohne einen ersichtlichen Grund habe der Kläger die Abwasser- und Wasserleitung auf dem Nachbargrundstück B. 01 errichten lassen. Deswegen habe sie, die Beklagte, mit der Stadt Sch. einen Vertrag über die Bestellung einer Grunddienstbarkeit abschließen müssen. Hierfür seien Kosten in Höhe von 2.120,50 DM angefallen. Ferner seien die Entwässerung der Balkone mangelhaft geplant und der Trauf- und Ortgang nicht oder mangelhaft imprägniert worden.

Schließlich müsse der Kläger auch eine Baukostenüberschreitung verantworten. Die Beklagte habe mehrfach darauf hingewiesen, daß die Baukosten eine Million DM nicht überschreiten dürften. Er habe teilweise Leistungen aus den Leistungsphasen 6 und 7 nicht erbracht. Sie, die Beklagte, habe den Generalunternehmer beschafft.

Die Beklagte meint, daß sich der Kläger nicht auf die Schutzwirkung des § 4 HOAI berufen könne, weil der wesentliche Teil der ihm obliegenden Leistungen bei Vergleichsvertragsschluß bereits erbracht gewesen sei.

Die Beklagte beantragt,

das am 02. Mai 2001 verkündete Urteil des Landgerichtes Magdeburg abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil, nimmt auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug und behauptet weiter, daß eine Haftung für die von der Beklagten behaupteten Mängel schon von vornherein nicht in Betracht komme. Bei der Planung der Physiotherapieräume sei er davon ausgegangen, daß die Patienten vom Empfang durch eine Schleuse in den Duschraum und den Schwimmbadraum gingen. Tatsächlich seien die Patienten auf Anweisung des Praxispersonales durch die direkte Zugangstür in den Baderaum gegangen, die nur bei Rollstuhlfahrern habe geöffnet werden sollen. Es seien dann die Innentür ausgetauscht sowie Raumtrockner aufgestellt worden. Für die fehlende Be- und Entlüftung des Wasseraufbereitungsraumes sei er nicht verantwortlich, denn die Beklagte habe insoweit das Fachplanungsbüro Heizung - Lüftung - Sanitär A. betraut. Auch der bestrittene Chlorgeruch falle in den Aufgabenbereich des Fachplaners. Hinsichtlich des Schallschutzes habe er die einschlägigen DIN - Normen eingehalten. Die Beklagte habe sich mit der Planung für die Errichtung der Abwasser- und Wasserleitung auf dem Nachbargrundstück einverstanden erklärt. Dafür sei auch das Fachplanungsbüro zuständig gewesen. Abgesehen davon, daß eine Bausummengarantie nicht vereinbart gewesen sei, hätten sich die Kostensteigerungen aus nachträglichen Planungsänderungen ergeben.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird im einzelnen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, der gerichtlichen Sitzungsniederschriften und des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung gegen das am 02. Mai 2001 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichtes Magdeburg ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden ( §§ 511, 511a, 516, 518, 519 ZPO a.F. ).

Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.

II.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 34.825,80 DM gemäß § 631 Abs. 1 2. Alt. BGB nebst Zinsen zu.

1.) Der von den Parteien geschlossene Vergleichsvertrag vom 15. Februar 1998 ist unwirksam. Der Senat läßt es daher an dieser Stelle offen, ob in dem Schreiben vom 20. Juni 2000 bereits ein aufschiebend bedingter wirksam erklärter Rücktritt für den Fall der Fristversäumung vorliegt. Der Kläger hat in dem Schreiben lediglich angekündigt, nach der Fristversäumung von dem Vergleichsvertrag zurücktreten zu wollen.

a) Es befindet sich zwischen den Parteien nicht im Streit und ergibt sich zudem zwanglos aus dem Umstand, daß sich der Kläger eines weiteren Honoraranspruches berühmt, daß die Parteien mit dem Abschluß des Vergleichsvertrages die Mindestsätze der HOAI unterschritten haben. Das Unterschreiten der Mindestsätze bedarf nach § 4 Abs. 2 HOAI neben der Schriftform auch eines besonderen rechtfertigenden Grundes. Die Vereinbarung selbst kann nach § 4 Abs. 1 HOAI nur bei Abschluß des Architektenvertrages getroffen werden. Die Beklagte hat einen Ausnahmefall im Sinne von § 4 Abs. 2 HOAI nicht dargelegt. Es liegt nach der Aktenlage auch eher fern, daß ein solcher besteht ( vergl. die Beispiele in Locher / Koeble / Frik - Koeble, HOAI, 7. Auflage, § 4 RdNr. 87 ). Die Unterschreitung ist ferner nicht bei Abschluß des Architektenvertrages im Mai 1994 vereinbart worden, sondern erst im Februar 1998. Schließlich fehlt es an der erforderlichen Schriftform. Nach diesen Grundsätzen allein ist der Vergleichsvertrag unwirksam.

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und der weit überwiegenden Auffassung der Instanzgerichte und der Literatur, der sich der erkennende Senat nach eigener Prüfung anschließt, ist eine Änderung der Honorarvereinbarung, die nicht auf einer Änderung der Leistungspflichten des Architekten beruht, ohne Berücksichtigung der Restriktionen des § 4 HOAI nach der vollständigen Erbringung der Leistungen möglich. Der Sinn und Zweck der Bestimmung des § 4 HOAI liegt darin, Unklarheiten und Streit über die Höhe des Honorares zu vermeiden ( BGH NJW-RR 1986, 18; BGH NJW-RR 1987, 13 unter Hinweis auf den Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens; BGH NJW-RR 1987, 1374; OLG Düsseldorf BauR 2002, 499 [ 500 mwN zum Meinungsstand in Fußnoten 5 und 6 ]; OLG Oldenburg BauR 2002, 332; Hesse / Korbion / Mantscheff / Vygen - Vygen, HOAI, 5. Auflage, § 4 RdNr. 123; Locher / Koeble / Frik - Koeble, HOAI, 7. Aufl. § 4 RdNr. 46ff ). Selbst wenn der in der Literatur kritisierte Begriff "Beendigung der Tätigkeit" in der Weise weit verstanden wird, daß hierfür die Kündigung oder die einverständliche Aufhebung des Architektenvertrages mit ex nunc Wirkung genügt, fehlt es an dem Merkmal der Beendigung. Die Parteien haben nämlich entgegen dem mißverständlichen Wortlaut in Ziffer 12 des Architektenvertrages ( Bl. I/9 d.A. ) nicht die Leistungsphase 9 aus dem Vertrag herausgenommen, sondern in Wirklichkeit in der Zusatzvereinbarung zum Architektenvertrag ( Bl. I/10 d.A. ) nur modifiziert, indem die Überwachung der Mängelbeseitigung nach einem Stundenhonorar vergütet werden sollte. Da der Kläger nach dem Vortrag der Beklagten gerade diese Leistungen noch in bezug auf die Problematiken Feuchtraumtür und Be- und Entlüftung erbringen sollte, war der Architektenvertrag noch nicht beendet. Ein Unterschreiten der Mindestsätze der HOAI war damit im Februar / März 1998 von Rechts wegen nicht möglich. Da der Vergleichsvertrag somit unwirksam war, kann der Kläger grundsätzlich sein Honorar auf der Basis der Honorarzone III bei einem Mittelsatz abrechnen. Auf die Wirksamkeit des Rücktrittes vom Vergleichsvertrag kommt es daher hier nicht an. Der Höhe nach befindet sich der geltend gemachte Honoraranspruch nicht im Streit der Parteien.

2.) Dem Anspruch des Klägers steht der Grundsatz von Treu und Glauben nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist ein Architekt zwar an seine Schlußrechnung, mit der er die Mindestsätze unterschreitet, gebunden, wenn er mit der Schlußrechnung einen Vertrauenstatbestand begründet und der Auftraggeber sich im berechtigten Vertrauen auf die Endgültigkeit der Schlußrechnung in schutzwürdiger Weise eingerichtet hat. Diese Grundsätze sind auf eine Honorarvereinbarung übertragbar, die deshalb unwirksam ist, weil die Mindestsätze in nicht zulässiger Weise unterschritten worden sind ( BGHZ 136, 1 [ 9 ]; KG OLGRp. 2001, 210; KG OLGRp. 2002, 111 ). Ob die Beklagte eigene Kenntnis oder ihr gemäß § 166 Abs. 1 BGB zugerechnete Kenntnis des Rechtsanwaltes S. von der Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI mit dem Vergleichsschluß hatte, was dem Entstehen eines Vertrauenstatbestandes entgegenstünde, läßt sich dem Akteninhalt nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen. Dennoch konnte bei der Beklagten das erforderliche schutzwürdige Vertrauen nicht entstehen, weil die deutliche Herabsetzung des Honoraranspruches von 45.000,00 DM aus den beiden Rechnungen vom 09. März 1998 ( Bl. I/44f d.A. ) auf 10.000,00 DM im Gegenzug eine zeitnahe Erfüllung der Forderung voraussetzte. Dies hat der Kläger auch in seiner geänderten Honorarschlußrechnung ( Bl. 46 d.A. ) deutlich erklärt, indem er um Zahlung innerhalb von sieben Tagen bat. Kam dem aber die Beklagte willentlich nicht nach, konnte bei ihr nur auf der Grundlage der Schlußrechnung kein berechtigtes Vertrauen entstehen.

3.) Der Beklagten stehen aufrechenbare Gegenansprüche gegen den Kläger nicht zu.

a) Unabhängig davon, ob der Kläger für den Einbau der ungeeigneten Feuchtraumtür haftet, hat die Beklagte den ihr entstandenen Schaden der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt. Zum einen sind nämlich nicht die Kosten für den Einbau einer mangelfreien Feuchtraumtür in Höhe von 3.430,12 DM von Bedeutung, weil diese Kosten bei einer mangelfreien Planung sowieso entstanden wären. Von Bedeutung sind nur die Kosten der ursprünglichen Tür abzüglich des Wertes, der der Beklagten nach dem Austausch erstattet worden ist. Soweit sie ferner 4.262,40 DM als Schadensersatz für den entgangenen Mietzins geltend macht, ist ihr entgegenzuhalten, daß sie die Mängelbeseitigung jedenfalls nicht von November 1998 bis April 2000 hinauszögern durfte.

b) Soweit die Beklagte für die Neuplanung einer Be- und Entlüftung und deren Einbau 1.461,15 DM verlangt, bleibt offen, wer hier was ausgeführt hat. Es sind von der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten auch keine Beweismittel angeboten worden.

c) Einem Vorschußanspruch in Höhe von 4.500,00 DM für den Einbau von fünf neuen Türen steht bereits entgegen, daß der Kläger nicht in Verzug gesetzt worden ist. Er behauptet zudem, daß die einschlägigen DIN - Normen beachtet worden seien, worauf die Beklagte dann nicht weiter eingegangen ist.

d) Gänzlich offen bleibt die Position in Höhe von 2.120,50 DM mit der Begründung, sie, die Beklagte, habe sich von der Stadt Sch. eine Grunddienstbarkeit einräumen lassen müssen. Warum die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung über das Nachbargrundstück erfolgt, erschließt sich aus dem Akteninhalt nicht.

e) Eine Haftung des Klägers wegen der Verfärbung von Holzteilen im Dachbereich ist nicht erkennbar.

f) Ebenso offen bleibt, warum und in welcher Höhe der Kläger für eine Baukostenüberschreitung haften soll. Unbekannt geblieben ist bereits, wieviel von der Beklagten für das Bauprojekt aufgewandt worden ist. Der Kläger geht in seiner Schlußrechnung nur von anrechenbaren Kosten ( Kostenfeststellung für die Leistungsphasen 5 bis 8 ) in Höhe von 1.010.784,32 DM aus.

g) Schließlich sind von dem Kläger die erforderlichen Teile der Leistungsphasen 6 und 7 erbracht worden, was von der Beklagten nicht in Abrede gestellt worden ist, zumal das Haus fertig gestellt und in Benutzung genommen worden ist. Die Beklagte kann das Honorar des Klägers nicht um 15.360,37 DM brutto ( 9.458,36 DM netto der Leistungsphase 6 und 3.783,34 DM netto der Leistungsphase 7 ) kürzen.

4.) Die Verurteilung zur Zahlung von Zinsen beruht auf §§ 284 Abs. 1 S. 2, 286, 288 Abs. 1 BGB a.F. Die Klage ist der Beklagten am 31. Januar 2001 zugestellt worden.

Danach ist wie erfolgt über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichtes Magdeburg zu entscheiden.

III.

1.) Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreites beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2.) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO n.F.

3.) Die Festsetzung des Gebührenstreitwertes beruht auf §§ 3 ZPO und 19 Abs. 3 GKG. Die Gegenforderungen der Beklagten sind der Hauptforderung hilfsweise entgegengehalten worden. Die Positionen II.3. lit. e und f hat der Senat mangels weiterer Anhaltspunkte jeweils mit einem Erinnerungswert von 1.000,00 DM berücksichtigt.

4.) Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Weder haben die hier entschiedenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Fortbildung des Rechtes oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ( § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO n.F. ).

Ende der Entscheidung

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