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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 27.05.2002
Aktenzeichen: 7 Wx 01/02
Rechtsgebiete: GmbHG, InsO, BGB, FGG, KostO


Vorschriften:

GmbHG § 73
GmbHG § 73 Abs. 1
GmbHG § 74
GmbHG § 74 Abs. 1 S. 1
GmbHG § 60 Abs. 1 Ziffer 5
GmbHG § 60 Abs. 1 Ziffer 7
GmbHG § 65 Abs. 1 S. 2
GmbHG § 65 Abs. 2
GmbHG § 30 Abs. 2 S. 2
InsO § 26
BGB § 181
FGG § 27
FGG § 29 Abs. 1
FGG § 29 Abs. 1 S. 3
FGG § 129 Satz 1
FGG § 141 a
FGG § 12
KostO § 131 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1
Von der Einhaltung des Sperrjahres gemäß § 73 GmbHG vor der Eintragung der Beendigung der GmbH in das Handelsregister kann abgesehen werden, wenn kein verteilungsfähiges Vermögen der Gesellschaft mehr vorhanden ist.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

7 Wx 01/02 OLG Naumburg

In der Handelsregistersache

wegen Eintragung der Beendigung der GmbH in das Handelsregister

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Naumburg unter Mitwirkung des Richters am Oberlandesgericht Corcilius und der Richterinnen am Amtsgericht Dr. Sabrotzky und Rubner am

27. Mai 2002

beschlossen:

Tenor:

I. Die weitere Beschwerde des Anmelders vom 20. Februar 2002 gegen den Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Halle vom 14. Februar 2002 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Gesellschaft ist am 02. November 1994 in das bei dem Amtsgericht Halle - Saalkreis - Registerabteilung - geführte Handelsregister eingetragen worden. Nach § 18 der Satzung erfolgen die Bekanntmachungen der Gesellschaft im Bundesanzeiger.

Der Antrag der Gesellschaft auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen ist durch Beschluss des Amtsgerichtes Halle - Saalkreis - Insolvenzabteilung - vom 07. Juni 2000 ( Az. 59 IN 426/00 ) mangels Masse gemäß § 26 InsO abgewiesen worden ( Bl. 59 Sonderband ). Die Gesellschafter bestellten den Anmelder durch Beschluss vom 23. Juni 2000 ( Bl. 65 Sonderband ) zum alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Liquidator. Er meldete mit notariell beglaubigtem Schreiben vom 13. September 2001 ( UR-Nr. 1459/01 des Notars Sch. [ Bl. 72 - 77 Hauptband ] ) zur Eintragung in das Handelsregister an, dass die Liquidation der Gesellschaft beendet und die Firma erloschen sei. Der Anmeldung legte er Kopien der drei Aufforderungen an die Gläubiger vor, sich bei der Gesellschaft zu melden. Die Aufrufe sind allein in der in Halle/S. erscheinenden MITTELDEUTSCHEN ZEITUNG veröffentlicht worden.

Das Amtsgericht Halle - Saalkreis - Registerabteilung - wies im Schreiben vom 24. September 2001 ( Bl. 80 Hauptband ) darauf hin, dass der dreimalige Gläubigeraufruf nach § 18 der Satzung im Bundesanzeiger bekannt gemacht werden müsse. Erst von diesem Zeitpunkt an beginne das Sperrjahr gemäß § 73 GmbHG an zu laufen. Es regte daher eine Antragsrücknahme an.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Anmelders bat daraufhin um eine großzügige Fristverlängerung. Eine weitere Äußerung erfolgte nicht.

Das Amtsgericht Halle - Saalkreis - Registerabteilung - wies den Antrag des Anmelders vom 13. September 2001 durch Beschluss vom 16. Oktober 2001 ( Bl. 82 Hauptband ) unter Bezugnahme auf die im Schreiben vom 24. September 2001 dargelegten Gründe zurück.

Der Anmelder legte hiergegen Beschwerde vom 21. November 2001 ( Bl. 85 Hauptband ) ein und führte aus, dass dem Eintragungshindernis durch eine Zwischenverfügung ohne weiteres hätte abgeholfen werden können. Der Gläubigeraufruf sei nunmehr im Bundesanzeiger vom 27. Oktober 2001, 30. Oktober 2001 und 31. Oktober 2001 veröffentlicht worden.

Der Beschwerde hat das Amtsgericht Halle - Saalkreis - Registerabteilung - durch Beschluss vom 30. November 2001 ( Bl. 92 - 94 Hauptband ) nicht abgeholfen und im wesentlichen zur Begründung ausgeführt, dass die Registeranmeldung verfrüht gewesen sei, also zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, als der Sachverhalt noch nicht anmeldereif gewesen sei. Eine Registeranmeldung müsse aber so gehalten sein, dass die Eintragung sofort vorgenommen werden könne, so dass nur Tatsachen angemeldet werden dürften, die bereits eingetreten seien. Die notarielle Praxis gehe regelmäßig davon aus, dass die Beendigung der Gesellschaft auch vor Ablauf des Sperrjahres eingetragen werden könne, wenn eine Verteilung von Vermögen an die Gesellschafter nicht mehr in Betracht komme.

Die Beschwerde des Anmelders hat die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Halle durch Beschluss vom 14. Februar 2002 zurückgewiesen und zur Begründung der Entscheidung ausgeführt, dass es auf das Sperrjahr nur dann nicht ankomme, wenn das Vermögen der Gesellschaft durch Befriedigung von Gläubigern völlig aufgebraucht sei und eine Verteilung an die Gläubiger nicht mehr in Betracht komme. Aus dem Vortrag des Anmelders sei jedoch schon im Ansatz nicht feststellbar, wie die konkrete Vermögenslage der betroffenen Liquidationsgesellschaft sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde des Anmelders vom 20. Februar 2002, mit der er einen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs einwendet. Hätte ihn das Landgericht darauf hingewiesen, dass die Frage, in welchem Umfang noch verteilungsfähiges Vermögen der Gesellschaft vorhanden sei, von Bedeutung sei, so hätte er vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die Gesellschaft kein Vermögen mehr besitze.

II.

Die von dem Anmelder eingelegte weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29 Abs. 1 FGG statthaft und in der rechten Form und fristgerecht eingelegt worden. Der Notar Sch. hat die Eintragung der Beendigung der Gesellschaft bei dem Amtsgericht Halle - Saalkreis durch seinen Antragsschriftsatz vom 18. September 2001 betrieben ( Bl. 72 Hauptband ). Er gilt gemäß § 129 Satz 1, 29 Abs. 1 S. 3 FGG als ermächtigt und befugt, die weitere Beschwerde einzulegen.

Die Beschwerdebefugnis des Anmelders folgt bereits aus der Zurückweisung seiner Erstbeschwerde, weil der Einleger der Erstbeschwerde die Entscheidung der Vorinstanz durch das Rechtsbeschwerdegericht prüfen lassen können muss ( BGHZ 31, 92 [ 95 ]; BayObLG NJW-RR 1988, 873 ).

III.

Die weitere Beschwerde bleibt aber ohne Erfolg.

1.) Die Erstbeschwerde des Anmelders gegen den Beschluss des Amtsgerichtes Halle - Saalkreis - Registergericht - vom 16. Oktober 2001 war zulässig, was zu prüfen dem beschließenden Senat von Amts wegen obliegt ( BGH NJW 1982, 224 [ 226 ]; BayObLG GmbHR 2000, 493; OLG Hamm OLGZ 1990, 401 [ 405 ]; KG OLGZ 1991, 1 [ 2 ]; Senat GmbHR 2001, 569; Keidel / Kuntze / Winkler - Kahl, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Teil A, 14. Auflage, § 27 RdNr. 15 ).

2.) Die Voraussetzungen für die Eintragung einer Vollbeendigung der Gesellschaft sind von dem Anmelder nicht dargetan worden.

a) Mit der Rechtskraft des Beschlusses des Amtsgerichtes Halle - Saalkreis - Insolvenzabteilung - vom 07. Juni 2000, durch den der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist, wandelte sich die Gesellschaft gemäß § 60 Abs. 1 Ziffer 5 GmbHG ipso iure von einer werbenden in eine Liquidationsgesellschaft um. Die Eintragung der Auflösung der GmbH in das Handelsregister am 14. November 2000 war nur deklaratorischer Natur. Einer Anmeldung zum Handelsregister durch den Liquidator bedurfte es gemäß § 65 Abs. 1 S. 2 GmbHG nicht.

b) Von der Auflösung der Gesellschaft, die nur in das Liquidationsstadium führt, ist die in § 74 GmbHG geregelte Beendigung, also die Beseitigung der GmbH und deren Erlöschen als juristische Person, zu unterscheiden. Die Beendigung der Liquidation liegt regelmäßig dann vor, wenn das Sperrjahr gemäß § 73 GmbHG abgelaufen ist, kein verteilbares Vermögen mehr vorhanden ist und sonstige Liquidationsmaßnahmen nicht mehr zu erledigen sind. Die Beendigung ist von den Liquidatoren in einer zur Vertretung berechtigenden Anzahl in öffentlich beglaubigter Form gemäß § 74 Abs. 1 S. 1 GmbHG zum Handelsregister anzumelden. Das Registergericht trägt sodann in das Handelsregister ein, dass die Liquidation beendet ist und die GmbH und ihre Firma erloschen sind ( vergl. KG DR 1941, 2130 mit Anm. von Groschuff; Hachenburg - Hohner, GmbHG, 8. Auflage, § 74 RdNr. 19; Scholz - Karsten Schmidt, GmbHG, 8. Auflage, § 74 RdNr. 4ff; Baumbach / Hueck - Schulze - Osterloh, GmbHG, 17. Auflage, § 74 RdNr. 2; Lutter / Hommelhoff, GmbHG, 15. Auflage, § 74 RdNr. 2ff; ). Davon zu unterscheiden ist das hier nicht vorliegende amtswegige Verfahren gemäß § 60 Abs. 1 Ziffer 7 GmbHG in Verbindung mit § 141a FGG ( vergl. ergänzend Uhlenbruck ZIP 1996, 1641 [ 1645f ] ).

aa) Zu Recht haben das Amtsgericht Halle - Saalkreis und ihm folgend das Landgericht Halle ausgeführt, dass nicht alle der genannten Voraussetzungen vorliegen. Das Sperrjahr gemäß § 73 Abs. 1 GmbHG begann mit dem Erscheinen der dritten Aufforderung des Liquidators an die Gläubiger der Gesellschaft, sich bei der Gesellschaft zu melden ( § 65 Abs. 2 GmbHG ). Der dreimalige Aufruf ist gemäß §§ 73 Abs. 1, 65 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 2 GmbHG in Verbindung mit § 18 der Satzung der Gesellschaft im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Dort wurde der dritte Aufruf im Bundesanzeiger vom 31. Oktober 2001 veröffentlicht ( S. 22.691 ). Die Veröffentlichungen in der MITTELDEUTSCHEN ZEITUNG vom 10. Januar, 31. Januar und 21. Februar 2001 sind ohne Belang. Das Sperrjahr ist damit noch nicht abgelaufen.

bb) Der für die Eintragung der Beendigung an sich erforderliche Ablauf des Sperrjahres ist nach weit überwiegender Auffassung dann nicht erforderlich, wenn kein verteilungsfähiges Vermögen der Gesellschaft mehr vorhanden ist. Der Sinn des § 73 GmbHG als einer zentralen Gläubigerschutzvorschrift ist nach dieser Auffassung bei Vermögenslosigkeit entfallen ( KG DR 1941, 2130 [ 2131 ] mit Anm. von Groschuff; Hachenburg - Hohner, GmbHG, 8. Auflage, § 73 RdNr. 7; Baumbach / Hueck - Schulze - Osterloh, GmbHG, 17. Auflage, § 74 RdNr. 2; Scholz - Karsten Schmidt, GmbHG, 8. Auflage, § 74 RdNr. 1; Rowedder - Rasner, GmbHG, 3. Auflage, § 73 RdNr. 2; a.A. Meyer - Landrut / Miller / Niehus - Meyer - Landrut, GmbHG, 1. Auflage, § 73 RdNr. 2 ). Der beschließende Senat kann es offen lassen, welcher Ansicht nach seiner Auffassung zu folgen sein wird. Selbst wenn der weit überwiegenden Auffassung gefolgt wird, haben nämlich nach dem streng formalen Registerrecht die Liquidatoren in einer zur Vertretung berechtigenden Anzahl in öffentlich beglaubigter Form zu versichern, dass verteilbares Vermögen nicht mehr vorhanden ist, gegebenenfalls mit einer kurzen Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse. Das Registergericht ist erst nach Eingang einer solchen Erklärung zur Entscheidung verpflichtet, ob es im Rahmen des § 12 FGG eine weitere Prüfung anstellen will. Zu einer solchen Versicherung des Anmelders mit der entsprechenden Haftungsgefahr hat er sich bislang nicht durchringen können oder wollen.

cc) Entgegen der Auffassung des Anmelders ist ein Verstoß des Landgerichtes Halle gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht erkennbar. Der Verfahrensbevollmächtigte des Anmelders hat in der Erwiderung vom 01. Februar 2002 ( Bl. 96f Hauptband ) auf den Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichtes Halle - Saalkreis vom 30. November 2001 zutreffend und unter Hinweis auf die Leitentscheidung des Kammergerichtes selbst ausgeführt, dass von dem Sperrjahr nur abgesehen werden könne, wenn das Vermögen der Gesellschaft aufgebraucht sei ( Bl. 97 Hauptband ), so dass ihm die Rechtslage bekannt war.

Danach ist wie erfolgt über die weitere Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluss des Landgerichtes Halle zu entscheiden.

IV.

Eine ausdrückliche Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Pflicht zur Tragung der Gerichtskosten unmittelbar aus § 131 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 KostO ergibt ( vergl. ergänzend Korintenberg / Lappe / Bengel / Reimann - Lappe, Kostenordnung, 14. Auflage, § 131 RdNr. 33 ).

Ende der Entscheidung

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