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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 05.04.2001
Aktenzeichen: 8 UF 234/00
Rechtsgebiete: GKG, BGB, ZPO


Vorschriften:

GKG § 17 Abs. 1
BGB § 1629
BGB § 1629 Abs. 3
BGB § 1629 Abs. 1
BGB § 1629 Abs. 2 Satz 1
BGB § 1629 Abs. 2
BGB § 1629 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 543
ZPO § 713
Steht die elterliche Sorge beiden Eltern zu, kann das Kind bei einer Klage des Unterhaltspflichtigen nicht durch den betreuenden Elternteil vertreten werden, da § 1629 Abs. 2, 3 BGB nur die Geltendmachung des Unterhaltes, nicht aber die Abwehr von Herabsetzungsansprüchen umfasst.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG URTEIL

8 UF 234/00 OLG Naumburg 2 F 118/00 AG Sangerhausen

Verkündet am 05.04.2001

In der Familiensache

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici, den Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert und den Richter am Oberlandesgericht Bisping auf die mündliche Verhandlung vom 15.03.2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Amtsgerichts Sangerhausen vom 24.10.2000 wird abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger und Berufungsbeklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 17 Abs. 1 GKG auf 3.000.- DM festgesetzt.

Tatbestand:

Von der Abfassung eines Tatbestandes wurde gemäß § 543 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Der Kläger ist im Ergebnis durchaus in der Lage, den in den Urkunden des Jugendamtes S. titulierten Unterhaltsbetrag an die Beklagten zu zahlen.

Die Berufung ist zulässig, denn die Beklagten sind durch den Beschluss des Amtsgerichts Sangerhausen vom 24.11.00, mit dem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu deren Ergänzungspfleger zur Durchführung des Berufungsverfahren bestellt worden ist, nunmehr prozessführungsbefugt. Erst ab diesem Zeitpunkt waren sie ordnungsgemäß vertreten, eventuell vorhergehende Verfahrensfehler auf Grund nicht ordnungsgemäßer Vertretung der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren sind durch die Fortsetzung des Rechtsstreits durch die Beklagten und der hierin liegenden Genehmigung vorangehender Handlungen geheilt.

Die Notwendigkeit der Ergänzungspflegerbestellung ergibt sich aus dem Regelungsgehalt des § 1629 BGB. Anlässlich der Scheidung der Eltern der Beklagten ist keine Sorgerechtsentscheidung getroffen worden, beide Eltern üben demnach gemäß § 1629 Abs. 1 BGB das Sorgerecht über die Beklagten gemeinsam aus. Dies wiederum hat gemäß § 1629 Abs. 2, Satz 1 BGB zur Folge, dass die Beklagten in dem vorliegenden Rechtsstreit um eine Unterhaltsverpflichtung des Vaters nicht durch ihre Mutter vertreten werden können. Auch die Ausnahmeregelung zu § 1629 Abs. 2, Satz 1 BGB, § 1629 Abs. 2, Satz 2 BGB, greift hier nicht, da die Beklagten vorliegend nicht aktiv gegenüber dem Unterhaltsverpflichteten ihre Ansprüche durchzusetzen versuchen, sondern passiv sich einer Klage auf Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung gegenübersehen. § 1629 Abs. 2, Satz 2 BGB betrifft nach seinem eindeutigen Wortlaut lediglich den Aktivprozess, dass heißt nur die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen.

Die Berufung der Beklagten hat auch im Ergebnis Erfolg. Schon wenn man nur den Vortrag des Klägers und Berufungsbeklagten der Entscheidung zu Grunde legt, ist er in der Lage den bereits durch die Urkunden des Jugendamtes S. titulierten Unterhalt zu zahlen, eine Herabsetzung der Beträge ist nicht geboten. Hieran ändert auch die weitere Unterhaltsverpflichtung des Klägers für die im Jahre 1998 geborene Tochter S. nichts.

Nach den Leitlinien des Oberlandesgerichts Naumburg haben alle drei Kinder einen Gesamtunterhaltsbedarf in Höhe von 1.181.- DM. Der Kläger hat nach den vorgelegten Lohnbescheinigungen durchschnittlich ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.870.- DM. Der zur Erfüllung der Unterhaltsverpflichtungen hiervon zur Verfügung stehende Betrag ist zunächst durch Abzug des Selbstbehaltes zu ermitteln, wobei gemäß den Leitlinien des Oberlandesgerichts Naumburg nicht von dem Betrag von 1.370.- DM auszugehen ist. In dem Betrag von 1.370.- DM ist nämlich ein Mietkostenanteil von 500.- DM enthalten, der vorliegend nicht vollständig berücksichtigungsfähig ist. Aus den von dem Kläger dem Senat vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass er tatsächlich lediglich 200.- DM monatlich an Miete zu zahlen hat. Der Differenzbetrag von 300.- DM ist deshalb von dem Selbstbehalt abzuziehen. Dem Kläger stehen deshalb monatlich ca. 800.- DM zur Verfügung, um seine Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen. Da der Bedarf aller drei Kinder 1.181.- DM beträgt, dem Kläger aber nur maximal ca. 800.- DM zur Befriedigung aller Ansprüche zur Verfügung stehen, muss eine Mangelfallberechnung durchgeführt werden. Dies hat zunächst zur Folge, dass ein Abzug von Werbungskosten nur nach substantierter Darlegung der zur Einkommenserzielung notwendigen Aufwendungen in Betracht kommt. Hierzu hat aber der Kläger nichts vorgetragen, sodass hier ein entsprechender Abzug nicht zu erfolgen hat. Dem Kläger steht mithin ein Betrag von ca. 800.- DM monatlich zur Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtungen zur Verfügung. Ausgehend von einem Bedarf aller drei Kinder in Höhe von 1.181.- DM und einem daraus resultierenden Berechnungsfaktor von 0,677 ergibt sich für die 1998 geborene S. ein Unterhaltsbetrag von ca. 200.- DM monatlich. Es verbleiben dem Kläger mithin ca. 600.- DM monatlich, um die Verpflichtungen gegenüber den Beklagten zu erfüllen. Dieser Betrag reicht aus, denn nach den Urkunden des Jugendamtes S. muss der Kläger an die Beklagten einen Gesamtbetrag in Höhe von 584.- DM zahlen. Es sind mithin keine wesentlichen Gründe erkennbar, die eine Änderung der dort titulierten Unterhaltsverpflichtung rechtfertigen könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.



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