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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 14.05.2002
Aktenzeichen: 8 UF 66/02
Rechtsgebiete: VAHRG, FGG, GKG, BGB


Vorschriften:

VAHRG § 11
FGG § 53 b
GKG § 17 a
BGB § 1587 g
BGB § 1587 f
BGB § 1587 o Abs. 2
Schließen Ehegatten im Scheidungsverfahren den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich aus und vereinbaren statt dessen den schuldrechtlichen Ausgleich, ist der Scheidungsverbund mit der wirksamen Genehmigung abgeschlossen.

Im späteren Verfahren auf Durchführung des schuldrechtlichen Ausgleichs darf das Gericht nicht mehr von den Ausgleichsformen des öffentlich-rechtlichen Ausgleichs Gebrauch machen, sondern ist an die - genehmigte - Vereinbarung gebunden.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 UF 66/02 OLG Naumburg

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici sowie die Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert und Bisping

am 14. Mai 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf Grund des Rechtsmittels der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichtes Halberstadt vom 06.03.2002, Az.: 8 F 467/99, und das zu Grunde liegende Verfahren aufgehoben und zur erneuten Ermittlung und Entscheidung an das Amtsgericht Halberstadt zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens übertragen wird.

Wert: 500 EUR.

Gründe:

Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil des Amtsgerichtes Mühlheim an der Ruhr vom 11. November 1983 zum Az.: 20 F 105/83 geschieden. Seit dem 11. November 1983 ist das Urteil rechtskräftig. Am 07. November 1983, also vor dem Scheidungstermin, hatten die Parteien durch notarielle Urkunde des Notars B. in M. zur Urk.-Nr.: 952/1983 eine Vereinbarung über Scheidungsfolgen getroffen, insbesondere in Ziff. 1 den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ausgeschlossen und ausdrücklich Folgendes vereinbart: "Wir vereinbaren stattdessen den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich". Das Familiengericht Mühlheim hat im Scheidungstermin am 11. November 1983 ausweislich des vorgelegten Sitzungsprotokolls diese Vereinbarung der Parteien gemäß § 1587 o Abs. 2 BGB genehmigt und deshalb im Tenor dann auch den Satz aufgenommen, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet, der im Verhältnis zu der erfolgten Genehmigung ausschließlich dahingehend zu verstehen ist, dass ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 1999 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin (früheren Ehefrau) den Antrag beim Familiengericht in Halberstadt gestellt, den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich durchzuführen. In diesem Schriftsatz wurden schlüssig die Voraussetzungen für die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs dargestellt und insbesondere sowohl der Nachweis der Rechtskraft der Scheidung als auch der Genehmigung der Vereinbarung gemäß notarieller Urkunde geführt. Zutreffend hat das Familiengericht zunächst die Amtsermittlung eingeleitet und auch die Hinweise im Beschluss vom 18.10.2001 (Bl. 131, 132 d. A.) sind rechtlich zutreffend. Insbesondere die Ausführung des Familiengerichtes in diesem Hinweisbeschluss, dass dem Ausgleichsberechtigten in diesem Verfahren ein Anspruch auf eine Ausgleichsrente zusteht. Mit Verfügung vom 28.01.2002 (Leseabschrift Bl. 151, 152 d. A.) stellte das Familiengericht gegenüber den Beteiligten seine bisherigen Ermittlungen und Wertvorstellungen dar und verband diese Hinweise mit dem Hinweis, dass ein Ausgleich durch "analoges Splitting" durchzuführen sei. Auf Grund dieses Hinweises widersprach der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 20.02.2002 (Bl. 156, 157 d. A.) und wies nochmals ausdrücklich darauf hin, dass der schuldrechtliche Ausgleich in der Form durchzuführen ist, dass die Zahlung einer monatlichen Geldrente Gegenstand der Entscheidung ist. Mit Beschluss vom 06. März 2002 hat das Familiengericht einen Betrag von 311,35 DM vom Versicherungskonto des Antragsgegners auf das Rentenkonto der Antragstellerin übertragen mit der angegebenen Rechtsgrundlage nach § 1587 f BGB und einen weiteren Betrag von 46,96 DM durch "analoges Splitting" zum Ausgleich gebracht. Ebenfalls durch Gutschrift auf dem Rentenversicherungskonto der Antragstellerin.

Gegen diese Entscheidung hat sowohl die Bundesversicherungsanstalt als auch die Antragstellerin fristgerecht Rechtsmittel eingelegt (§ 621 e ZPO) und dies fristgemäß begründet. Beide Rechtsmittel rügen, dass nicht eine Ausgleichsrente (Zahlung) Gegenstand der Tenorierung und Entscheidung ist, sondern eine Übertragung auf das Rentenkonto der Ehefrau, praktisch also die Durchführung eines öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleiches erfolgt ist.

Die form- und fristgerechten Rechtsmittel sind auch begründet. Wenn - wie hier durch eine genehmigte Vereinbarung - der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich ausgeschlossen ist und stattdessen nur der schuldrechtliche Versorgungsausgleich durchzuführen ist, hat das Familiengericht nach Ermittlung der Werte und Bewertung aller Anrechte den Berechtigten eine Geldrente zuzusprechen, zu deren Zahlung der Ausgleichspflichtige unmittelbar durch Beschluss verurteilt wird. Ein Eingriff in ein Rentenversicherungskonto oder aber eine Belastung eines sonstigen öffentlich-rechtlichen Trägers einer Versorgung ist nicht zulässig. Diese Leistungsträger haben zwar dem Familiengericht gegenüber eine Auskunftsverpflichtung, die sich insbesondere auch aus § 11 VAHRG ergibt. Sie sind jedoch nur insoweit an dem Verfahren beteiligt, als sie zu solchen Auskünften vollständig und richtig verpflichtet sind, mangels Eingriff in ihre Rechte besteht jedoch keine Beteiligung i. S. v. § 53 b FGG. Wenn aber - wie hier - die Leistungsträger förmlich am Verfahren beteiligt wurden und auf Grund einer unzulässigen Tenorierung in ihre Rechte rechtsgestaltend eingegriffen wird, steht ihnen auch ein Rechtsmittel zu, mit dem sie das Ziel verfolgen, dass der Eingriff in ihrem Rechtsbereich aufgehoben wird.

Das Familiengericht wird bei seiner erneuten Ermittlung und Entscheidung zu beachten haben, dass die Versorgungsträger - öffentlich-rechtlich wie privatrechtlich - zur Auskunft verpflichtet sind, im Übrigen aber keine notwendigen Beteiligten des Verfahrens sind mit der Folge, dass die Verurteilung - Vergleich bei einem Unterhaltsprozess - ausschließlich zwischen den Parteien Wirkung zeitigt.

Das Familiengericht wird auch bei seiner zukünftigen Entscheidung zu beachten haben, dass die Tenorierung in dem angefochtenen Beschluss auf eine Währung lautet, die spätestens seit dem 01. Januar 2002 nicht mehr gültig ist. Der Senat nimmt im Übrigen ausdrücklich Bezug auf die Kommentierung zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auf die Ausführungen in "Versorgungsausgleich in der Rentenversicherung" der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, 6. Aufl., § 1587 g BGB, S. 282 - 288.

Gemäß § 17 a GKG war der Wert auf den Mindestwert für das Rechtsmittelverfahren festzusetzen und die Kostenentscheidung für das Rechtsmittelverfahren dem Familiengericht zu übertragen.

Ende der Entscheidung

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