Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 19.09.2001
Aktenzeichen: 8 WF 190/01
Rechtsgebiete: KindUG, BGB, ZPO


Vorschriften:

KindUG § 3
BGB § 1615 f
BGB § 1612
BGB § 1629
BGB §§ 1712 ff.
ZPO § 655
ZPO § 253 Abs. 1 Nr. 2
Die gesetzliche Vertretung eines Kindes ist zu prüfen und ggf. auf Unklarheiten hinzuweisen, damit der Mangel behoben wird. Lautet ein Alttitel sowohl auf Regelunterhalt als auch auf einen konkreten Betrag, ist dieser wegen der daraus resultierenden Widersprüchlichkeit nicht vollstreckbar. Eine Erhöhung oder Herabsetzung (inhaltliche Veränderung) des Alttitels ist unzulässig. Anzurechnendes Kindergeld ist mit dem aktuellen konkreten Betrag auszuweisen; eine abstrakte Anrechnungsformulierung ist unzulässig.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 WF 190/01 OLG Naumburg

In der Familiensache

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Halle-Saalkreis vom 18. April 2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Familiengericht zurückverwiesen.

Der Beschwerdewert beträgt DM 5.712,--.

Gründe:

Das statthafte Rechtsmittel (§ 652 ZPO) ist zulässig (§§ 569, 577 ZPO) und begründet, da das Verfahren der Rechtspflegerin an Mängeln leidet.

1. Die Rechtspflegerin hat nicht auf einen sachdienlichen Antrag hingewirkt (§ 139 Abs. 1 ZPO).

a) Aus dem schriftlichen Antrag geht nicht hervor, wer den Antrag gestellt hat. Darauf deutet lediglich das anliegende Mahnschreiben vom 30. November 2000 hin. Soweit das Stadtjugendamt H. Antragsteller ist, hat die Rechtspflegerin nicht geprüft, von wem das am 27. November 1988 geborene minderjährige Kind St. P. gesetzlich vertreten wird (§ 1629 BGB) und ob das Stadtjugendamt auf Antrag des Vertretungsberechtigten Beistand geworden und damit antragsberechtigt ist (§§ 1712 ff. BGB).

b) Außerdem ist der gestellte Antrag inhaltlich zu unbestimmt (§ 253 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).

Es ist ein Antrag auf Umschreibung eines Alttitels für die Zeit ab 01. Januar 2001 gestellt, und zwar nach Artikel 5 KindUG sowie nach Artikel 4 § 2 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts (Unterhaltstitelanpassungsgesetz) in Verbindung mit § 655 ZPO. Aus dem Alttitel vom 15. Februar 1996 (UR-Nr. 292/1996) ist nicht klar ersichtlich, ob - dynamischer - Kindesunterhalt nach § 1615 f BGB in Verbindung mit der einschlägigen Regelbedarf-Verordnung alten Rechts oder - statischer - Kindesunterhalt in DM-Beträgen nach § 1612 BGB tituliert worden ist, da der Alttitel einerseits auf Regelunterhalt, andererseits aber auf DM-Beträge lautet. Da der Alttitel keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, kommt nur eine Umschreibung des ursprünglichen Alttitels vom 15. Februar 1996 (UR-Nr. 291/1996) in Betracht, der nicht zu den Akten gereicht worden ist.

2. Der angefochtene Beschluss ist auch aus weiteren Gründen fehlerhaft:

Nach Art. 5 § 3 KindUG kann nur eine Umschreibung eines Alttitels in einen Vomhundertsatz nach § 1 (West) oder nach § 2 (Ost) der am 01. Juli 1998 in Kraft getretenen Regelbetrag-Verordnung erfolgen. Eine Erhöhung oder Herabsetzung des im Alttitel festgesetzten Kindesunterhalts durch das Gericht findet zum Stichtag nicht statt.

Außerdem Bedenken bestehen dagegen, ob der angefochtene Beschluss einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, da zwar tenoriert wurde, dass zurzeit kein Kindergeld anzurechnen ist, sich im Tenor aber zusätzlich die abstrakte Formulierung findet, nach der der hälftige Kindergeldanteil "in der Höhe, die der geschuldete Unterhalt 135 % des jeweiligen Regelbetrages unterschreitet", "nicht anrechenbar" ist. Eine abstrakte Kindergeldanrechnung im Beschlusstenor ist unzulässig. Anderenfalls wäre nämlich die Bestimmung zu § 655 ZPO obsolet, nach der eine nachträgliche Änderung des im Festsetzungsbeschluss nach Art. 5 § 3 KindUG tenorierten konkreten Kindergeldbetrags zulässig ist.

Ende der Entscheidung

Zurück