Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 14.11.2002
Aktenzeichen: 8 WF 211/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1361b Abs. 3
Nach dem Wortlaut des § 1361b Abs. 3 BGB kann zwar ein Vergütungsanspruch geltend gemacht werden, die Möglichkeit der Freistellung von Mietzinsansprüchen des Vermieters ist im Gesetz nicht vorgesehen. Da aber die Freistellung im Verhältnis zu einer Verpflichtung auf Zahlung einer Vergütung für die Wohnungsnutzung rechtlich als ein Minus zu werten ist, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Klage auf Freistellung im Innenverhältnis.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 WF 211/02 (PKH) OLG Naumburg

In der Familiensache

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts Halle/Saalkreis vom 12.09.2002 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 16.10.2002 abgeändert und der Beschwerdeführerin unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. aus H. für den hilfsweise gestellten Antrag aus der Klageschrift vom 15.07.2002 ratenfreie Prozesskostenhilfe gewährt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:

Der Senat ist gemäß § 119 Abs. 1, Zif 1 lit. b GVG zur Entscheidung über die zulässige sofortige Beschwerde berufen. Bezüglich des klägerischen Hauptantrages nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug. Der hilfsweise gestellte Freistellungsantrag der Klägerin hat entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO.

Da die Parteien getrennt leben ohne dass ein Scheidungsverfahren rechtshängig ist, kann gegenwärtig nicht von einem Scheitern der Ehe ausgegangen werden. Dies ergibt sich auch aus dem Vortrag der Klägerin, nach dem sie sich noch nicht zur Stellung eines Scheidungsantrages entschlossen hat. Der Anwendung gesellschaftsrechtlicher Vorschriften stehen vor diesem Hintergrund erhebliche Bedenken entgegen, wobei hier möglicherweise schon das Bestehen einer Gesellschaft zweifelhaft ist, weil die Parteien die Wohnung zur Verwirklichung des ehelichen Zusammenlebens gemietet haben und ein über diesen Umstand hinausgehender gemeinschaftlicher Zweck nicht erkennbar ist (vergl. insoweit BGH FamRZ 1983, 795-797). Diese Frage braucht hier aber nicht entschieden zu werden, denn die das eheliche Innenverhältnis betreffende Vorschrift des § 1361 b BGB kommt hier als Anspruchsgrundlage in Betracht. Danach kann für die Zeit des Getrenntlebens der Parteien eine vorläufige Nutzungsregelung bezüglich der Ehewohnung getroffen werden, wobei nach § 1361 b Absatz 3, Satz 2 BGB der weichende Ehegatte von dem die Wohnung Nutzenden die Zahlung einer Vergütung verlangen kann. Unabhängig davon, ob auf Grund dieser Bestimmung in das Rechtsverhältnis der Ehegatten und dem Vermieter nicht eingegriffen werden kann (so: OLG Zweibrücken FamRZ 90, 55; KG,NJW-RR 1993, 132, OLG Köln FamRZ 1994, 632), ist danach auf jeden Fall eine teilweise Regelung des Innenverhältnisses im Zusammenhang mit der Nutzung der Ehewohnung der Ehegatten möglich. Da es nach dem Wortlaut von § 1361 b Abs. 3 Satz 1 BGB für die Geltendmachung eines Vergütungsanspruchs nicht darauf ankommt, ob die Wohnung freiwillig überlassen worden ist, ist nicht entscheidungserheblich, dass zwischen den Parteien kein Streit über eigentliche Wohnungsnutzung besteht. Auch eine fehlende Scheidungsabsicht steht der Geltendmachung eines Anspruchs aus § 1361 b BGB nicht entgegen (Palandt, Brudermüller, 61. Auflage, § 1361 b BGB Rz. 4). Problematisch ist lediglich, dass nach dem Wortlaut von § 1361 b Abs. 3 BGB zwar die Klägerin u.U. einen Vergütungsanspruch gegen den Beklagten geltend machen könnte, die Möglichkeit der Freistellung von Mietzinsansprüchen des Vermieters durch den die Wohnung nutzenden Ehegatten dort aber nicht ausdrücklich erwähnt wird. Da aber eine Freistellung der Klägerin von Mietzinsansprüchen des Vermieters im Verhältnis zu einer Verpflichtung des Beklagten eine Vergütung für die Wohnungsnutzung an sie zu zahlen rechtlich ein Minus darstellt, letztlich im Ergebnis wirtschaftlich jedoch vergleichbar ist, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Erhebung einer Klage auf Freistellung. Der Bejahung eines Freistellungsanspruchs steht auch nicht die Entscheidung des OLG München entgegen in FamRZ 96,674 entgegen. Mit ihrem Hilfsantrag begehrt die Klägerin gerade keine Entscheidung, die den Mietvertrag der Parteien im Verhältnis zu Dritten betrifft. Hier ist lediglich das Innenverhältnis der Parteien betroffen, nach außen, d.h. gegenüber dem Vermieter, wird keine Verpflichtung der Klägerin aufgehoben oder abgeändert.

Da die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe gegeben sind, war die angefochtenen Entscheidung im tenorierten Umfang abzuändern.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück