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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 05.11.2001
Aktenzeichen: 8 WF 233/01
Rechtsgebiete: RegelbetragsVO, ZPO


Vorschriften:

RegelbetragsVO § 2
ZPO §§ 645 ff
ZPO § 655
ZPO § 93 d
ZPO § 645 Abs. 2
Wird vor Titulierung im vereinfachten Verfahren ein Unterhaltstitel - hier: Jugendamtsurkunde - geschaffen, ist eine Festsetzung im vereinfachten Verfahren nicht mehr zulässig. Auf die Richtigkeit der Unterhaltshöhe kommt es nicht an.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 WF 233/01 OLG Naumburg

In der Unterhaltssache

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici sowie die Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert und Bisping

am 05. November 2001

beschlossen:

Tenor:

Der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Eisleben vom 05.10.2001 wird aufgehoben und der Antrag auf Festsetzung von Unterhalt vom 09. April 2001 als unzulässig zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Gründe:

Am 09. April 2001 beantragte die am 27.09.1984 geborene Antragstellerin, vertreten durch ihre Mutter, die Festsetzung von Regelunterhalt für den Zeitraum ab 01.09.2000 in Höhe von 100 % des Regelbetrages der RegelbetragsVO. Am 09.08.2001, mithin vier Monate nach Antragstellung, ließ der Antragsgegner vor dem Jugendamt des Landkreises M. eine Urkunde über die Verpflichtung zum Regelbetrag errichten, in der er sich verpflichtete, an die Antragstellerin für die Zeit vom 01.05.2001 Unterhalt in Höhe von 100 % des jeweiligen Regelbetrages der jeweiligen gültigen Altersstufe nach § 2 RegelbetragsVO zu zahlen. Am 05.10.2001 hat dann das Amtsgericht einen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss erlassen, in dem der Antragsgegner verpflichtet worden ist, ab dem 01.10.2001 100 % des Regelbetrages gemäß § 2 der RegelbetragsVO der 3. Altersstufe ohne Anrechnung von Kindergeld zu zahlen. Gleichzeitig wurde für den Zeitraum vom 01.09.2000 bis 30.09.2001 ein Unterhaltsrückstand in Höhe von 5.571,00 DM festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, in der er zum einen die bereits eben erwähnte Urkunde als Hinderungsgrund für das vereinfachte Verfahren anführt und darüber hinaus die Kostentragung, die ihm mittels des angefochtenen Beschlusses auferlegt worden ist, ablehnt.

Die fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet. Gemäß § 645 Abs. 2 ZPO findet das vereinfachte Verfahren nicht statt, soweit über den Unterhaltsanspruch des Kindes ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Schuldtitel errichtet worden ist. Dieser Sachverhalt war zwar nicht bei Einleitung des vereinfachten Verfahrens gegeben, aber bereits vor Erlass des hier angefochtenen Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses. Unabhängig davon, dass das Amtsgericht bei seiner Beschlussfassung hiervon keine Kenntnis hatte, ist gleichwohl das ursprünglich zulässige vereinfachte Unterhaltsfestsetzungsverfahren durch die Errichtung der Unterhaltsurkunde unzulässig geworden. Sinn und Zweck des vereinfachten Verfahrens gemäß §§ 645 ff ZPO ist es, dem unterhaltsberechtigten Kind erstmalig in einem einfachen, formalen Verfahren einen Vollstreckungstitel zu verschaffen. Eine Änderung dieses Titels ist, mit Ausnahme der Anpassung der kindbezogenen Leistungen im Verfahren gemäß § 655 ZPO, nur im Klagewege möglich. Durch die Errichtung der Verpflichtungsurkunde ist bereits ein solcher Vollstreckungstitel vor Erlass des angefochtenen Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses geschaffen worden, der die Möglichkeit der erstmaligen Unterhaltstitulierung verbraucht hat, die Durchführung des vereinfachten Verfahrens ist mithin unstatthaft. Hieran ändert auch nichts, dass, anders als in der von dem Antragsgegner errichteten Urkunde, im hier anhängigen vereinfachten Verfahren Rückstände für den Zeitraum ab September 2000 beansprucht worden sind, während in der Urkunde lediglich der laufende Unterhalt ab 01.05.2001 festgesetzt wurde. Zwar können im vereinfachten Verfahren auch Unterhaltsrückstände geltend gemacht werden, dies aber nur in Kombination mit einer Beantragung auf Festsetzung zukünftigen Unterhalts. Die alleinige Festsetzung von Unterhaltsrückständen, um eine solche handelte es sich, ließe man das vereinfachte Verfahren für den hier noch nicht beschiedenen Zeitraum zu, hat dagegen nicht im vereinfachten Verfahren zu erfolgen, sondern muss im Klagewege geltend gemacht werden. Auch dies ergibt sich aus dem Zweck der Schaffung eines erstmaligen Unterhaltstitels, denn hierdurch soll primär der laufende Bedarf des Kindes gesichert werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 93 d ZPO. Unstreitig nämlich hat der Antragsgegner zur Einleitung des vereinfachten Verfahrens dadurch Anlass gegeben, dass er die ursprünglich getätigten Unterhaltszahlungen einstellte und somit die Antragstellerin zur Einleitung des Verfahrens veranlasste. Wenn schon die Nichterteilung von gebotenen Auskünften über die Einkommensverhältnisse ausreicht, selbst im Falle des Obsiegens in einem Klageverfahren, dem Unterhaltsschuldner die Verfahrenskosten aufzuerlegen, dann gilt dies erst recht für den Fall, dass er durch Einstellung von Unterhaltszahlungen auf Grund einer unstreitigen Unterhaltsverpflichtung Anlass zur Verfahrenseinleitung gegeben hat.

Ende der Entscheidung

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