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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 23.07.2002
Aktenzeichen: 9 U 67/02
Rechtsgebiete: EGZPO, SGB I, SGB, StPO, GmbHG, StGB, BGB, ZPO


Vorschriften:

EGZPO § 26 Nr. 8
SGB I § 21 Abs. 2
SGB § 168 Abs. 1
StPO § 153
GmbHG § 39
GmbHG § 39 Abs. 1
StGB § 266 a
StGB § 266 a Abs. 1
StGB § 14 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 623
BGB § 823 Abs. 2
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 313 a Abs. 1 S. 1
Die Nichtbestellung eines Notgeschäftsführers durch den Beklagten in seiner Eigenschaft als (Mit-)Gesellschafter der GmbH erfüllt nicht den Straftatbestand des § 266 a Abs.1 StGB. Bei § 266 a Abs.1 StGB handelt es sich um einen Sonderdelikt, welches nur durch einen Arbeitgeber begangen werden kann. Arbeitgeber war vorliegend die M. GmbH. Zwar wird durch die Vorschrift des § 14 Abs.1 Nr.1 StGB auch die Strafbarkeit eines vertretungsberechtigten Organs einer juristischen Person oder eines Mitglieds eines solchen Organs nach § 266 a Abs. 1 StGB begründet, sofern eine juristische Person Arbeitgeber ist. Jedoch macht sich aufgrund des strengen Analogieverbots im Strafrecht hiernach nur derjenige strafbar, der im Zeitpunkt der Tatbegehung vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person (hier: GmbH) ist. Diese Tatbestandsvoraussetzung trifft jedoch nur auf den Geschäftsführer einer GmbH (Schönke/Schröder/Lenckner/Perron, StGB, 26. Aufl., § 14 Rn. 16/17), nicht auf deren Gesellschafter zu. Nach § 35 Abs. 1 GmbH wird die Gesellschaft durch den oder die Geschäftsführer nach außen vertreten. Ein Gesellschafter ist hingegen auch dann nicht zur Vertretung der GmbH berechtigt, wenn der Geschäftsführer wirksam abberufen wurde oder sein Amt niedergelegt hat und kein neuer Geschäftsführer bestellt worden ist. In diesem Fall ist die Gesellschaft (nach außen hin) handlungsunfähig (vgl. OLG Koblenz a.a.O.). Insoweit kann die Nichtbestellung eines Notgeschäftsführers durch den Gesellschafter einer GmbH, auch wenn dies für den Gesellschafter erkennbar zwangsläufig dazu führt, dass die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung den Einzugsstellen vorenthalten werden, den Straftatbestand des § 266 a StGB nicht verwirklichen und somit keine Schadensersatzpflicht gemäß § 823 Abs.2 BGB auslösen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 67/02 OLG Naumburg

verkündet am: 23.07.2002

In dem Berufungsrechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Klier, des Richters am Oberlandesgericht Dr. Tiemann und des Richters am Landgericht zur Nieden auf die mündliche Verhandlung vom 23.07.2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 05.03.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg - Az. 10 O 3084/01 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Wert der Beschwer: unter 20.000,00 EUR

Gründe:

A.

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

B.

I. Die Berufung ist zulässig, bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Die Klägerin hat die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches gegen den Beklagten gemäß § 823 Abs.2 BGB i.V.m. §§ 266 a Abs.1 StGB, 21 Abs.2 SGB I, 168 Abs.1 SGB V, 28 h Abs.1, 28 d, 28 e SGB IV auch in der Berufungsinstanz nicht hinreichend dargelegt. Für die Voraussetzungen eines solchen Anspruches ist sie in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig, insbesondere dafür, dass der Beklagte den Straftatbestand des § 266 a Abs.1 StGB erfüllt hat. Die Klägerin hat jedoch weder in ausreichender Weise dargetan, dass der Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum Dezember 1996 bis Juli 1997 Geschäftsführer der M. GmbH war (1.), noch haftet der Beklagte aufgrund seiner (unstreitigen) Gesellschafterstellung in dem betreffenden Zeitraum auf Schadensersatz (2.).

1.a) Das Landgericht hat zunächst zutreffend ausgeführt (LGU S.5, Bl. 82), dass sich die Geschäftsführerstellung des Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum nicht zwangsläufig daraus ergibt, dass er in dem betreffenden Zeitraum als Geschäftsführer der GmbH im Handelsregister eingetragen war. Insbesondere dient die Publizität des Handelsregister lediglich dem Schutz Dritter im rechtsgeschäftlichen Verkehr. Insoweit wird auf die Ausführungen des Landgerichts verwiesen. Sofern der Geschäftsführer einer GmbH wirksam abberufen wird oder sein Amt niederlegt (dazu s.u. b)), hat die entsprechende Eintragung im Handelsregister gemäß § 39 GmbHG lediglich deklaratorische Wirkung (Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 38 Rn. 91).

Die Tatsache, dass der Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum als Geschäftsführer der M. GmbH im Handelsregister eingetragen war (vgl. Handelsregisterauszug Bl. 20), führt vorliegend lediglich dazu, dass der Beklagte seine Geschäftsführerstellung in dem betreffenden Zeitraum nicht mehr pauschal bestreiten kann, sondern darzulegen und ggf. durch vorhandene Unterlagen zu belegen hat, dass entgegen der Eintragung im Handelsregister seine Geschäftsführerstellung schon vor diesem Zeitraum endete. Da der Beklagte dem nachgekommen ist (s.u. b)), trifft die Beweislast ungeachtet der Handelsregistereintragung nach wie vor die Klägerin.

Auch die Tatsache, dass der Beklagte in dem Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 16.09.1997 (Az. 37 N 485/97, Bl. 74), mit dem das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der M. GmbH eröffnet wurde, als Geschäftsführer der GmbH benannt wird, hat entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Beweiswert. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, wie das Amtsgericht Magdeburg zu der Auffassung gelangt ist, der Beklagte sei zum Zeitpunkt der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens nach wie vor Geschäftsführer der GmbH. Es ist denkbar, dass das Amtsgericht insoweit lediglich die Angaben aus dem Handelsregister übernommen hat.

Aufgrund welcher konkreter Umstände der vom Amtsgericht eingesetzte Gesamtvollstreckungsverwalter Rechtsanwalt B. festgestellt haben soll, dass der Beklagte auch nach dem 23.10.1996 weiterhin Geschäftsführer der M. GmbH geblieben sei (Berufungsbegründung S. 8, Bl. 128), wird seitens der Klägerin nicht näher dargelegt. Eine Vernehmung des angebotenen Zeugen B. würde daher eine unzulässige Ausforschung des Sachverhalts darstellen.

Unerheblich ist, dass die Staatsanwaltschaft Magdeburg bei der Beantragung eines Strafbefehls gegen den Beklagten wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (§ 266 a StGB) und das Amtsgericht Magdeburg beim Erlass desselben im Verfahren (3 Cs) 564 Js 38629/97 von der Geschäftsführereigenschaft des Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum ausgingen. Auch insoweit ist kein Sachvortrag der Klägerin erfolgt, auf welchen Umständen diese Annahme jeweils beruhte. Zudem wurde das Strafverfahren gegen den Beklagten nach § 153 StPO eingestellt. Der Senat wäre hier nicht einmal an die Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafurteil gegen den Beklagten gebunden (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 14 EGZPO Rn. 2). Erst recht kann aus einer Verfahrenseinstellung wegen Geringfügigkeit nichts zu Lasten des Beklagten im Hinblick auf seine Geschäftsführerstellung hergeleitet werden.

b) Der Beklagte hat hinreichend dargelegt, dass er seinen Anstellungsvertrag als Geschäftsführer der GmbH zum 23.10.1996 gekündigt hat. Er hat hierzu ein Protokoll der Gesellschafterversammung der M. GmbH vom 22.10.1996 (Bl. 49) vorgelegt, in dem es heißt, dass der Beklagte "zum 23.10.1996 seine Geschäftsführertätigkeit gekündigt habe". Weiterhin heißt es in einem notariell beglaubigten Anmeldungsschreiben der M. GmbH vom 22.10.1996, gerichtet an das Handelsregister beim Amtsgericht Magdeburg (Bl. 50), dass der Beklagte als Geschäftsführer der GmbH "sein Amt mit Schreiben vom 23.09.1996 gekündigt habe". Konkrete Anhaltspunkte, dass es sich bei diesen seitens des Beklagten vorgelegten Unterlagen um Fälschungen handelt oder diese inhaltlich nicht den Tatsachen entsprechen, sind weder seitens der Klägerin vorgetragen noch sonst feststellbar. Selbst wenn aber eine Kündigung in schriftlicher Form gegenüber der GmbH nicht erfolgt sein sollte - der Beklagte hat lediglich eine an das Handelregister gerichtete schriftliche Kündigungserklärung vom 23.09.1996 vorgelegt (Bl. 60) -, wäre dies unschädlich, da das Schriftformerfordernis des § 623 BGB lediglich für Arbeitsverträge gilt. Hierunter fällt ein Geschäftsführeranstellungsvertrag nach allgemeiner Meinung nicht, bei einem solchen ist daher eine Kündigung formfrei möglich. Weiterhin wäre davon auszugehen, dass der Beklagte die GmbH über das vorbezeichnete Kündigungsschreiben informiert hat, da ansonsten der Inhalt des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 22.10.19996 nicht nachvollziehbar ist. Darin liegt zugleich auch ein Ausspruch der Kündigung gegenüber der GmbH.

Entgegen der Auffassung der Klägerin beinhaltet eine Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat (LGU S. 4, Bl. 81), regelmäßig eine Niederlegung des Amtes des Geschäftsführers und damit eine Beendigung der Organstellung (Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 38 Rn. 40 a.E.). Hierbei ist es nicht von Erheblichkeit, ob der Geschäftsführer gesellschaftsrechtliche Kenntnisse dahingehend hat, dass er sich der Differenzierung zwischen dem schuldrechtlichen Geschäftsführeranstellungsvertrag einerseits und der "abstrakten" Organstellung als Geschäftsführer andererseits bewusst ist. Denn im Regelfall ist davon auszugehen, dass ein Geschäftsführer, der seinen Anstellungsvertrag kündigt, kein Interesse daran hat, das Amt eines Geschäftsführers trotz der Kündigung weiterhin auszuüben und die Eintragung als Geschäftsführer im Handelsregister aufrechtzuerhalten. Für eine anderweitige Beurteilung des Sachverhalts bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Insbesondere hat die Gesellschafterversammlung die Kündigung des Beklagten zugleich als Amtsniederlegung verstanden, da ansonsten keine Veranlassung bestanden hätte, die "Kündigung des Geschäftsführeramtes" des Beklagten zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (Bl. 50). Denn eine solche Verpflichtung besteht nach § 39 Abs.1 GmbHG nur bei Wegfall der Organstellung als Geschäftsführer, nicht jedoch bei einer bloßen Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages.

Die Amtsniederlegung des Beklagten ist vorliegend wirksam.

Insbesondere ist sie ebenso wie die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages formfrei möglich (Scholz, a.a.O.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 38 Rn. 42). Nach wohl h.M. muss sie gegenüber allen Gesellschaftern oder der Gesellschafterversammlung erfolgen (Scholz, a.a.O., Lutter/Hommelhoff, a.a.O.). Vorliegend ist aufgrund des Inhalts des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 22.10.1996 (Bl. 49) davon auszugehen, dass der Beklagte, der selbst Gesellschafter der GmbH war, seinen Mitgesellschafter G. über die Kündigung und die darin enthaltene Amtsniederlegung (s.o.) in Kenntnis gesetzt hat, sodass etwa bestehende formelle Voraussetzungen einer wirksamen Amtsniederlegung eingehalten sind.

Für eine Rechtsmissbräuchlichkeit der Amtsniederlegung, die ausnahmsweise zu deren Unwirksamkeit führen kann, bestehen vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte. Eine rechtsmissbräuchliche Amtsniederlegung soll nach obergerichtlicher Rechtsprechung im Regelfall dann zu bejahen sein, wenn der alleinige Geschäftsführer einer GmbH, der gleichzeitig deren einziger Gesellschafter ist, sein Amt niederlegt, ohne gleichzeitig einen neuen Geschäftsführer zu bestellen (Baumbach/Hueck, a.a.O., Rn. 38 c mit Nachweisen). Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben, da der Beklagte nicht alleiniger Gesellschafter der M. GmbH war.

Hingegen führt nach der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung (BGH WM 1993, 548, 549; OLG Koblenz GmbHR 1995, 730, 731) der Umstand, dass die Amtsniederlegung "zur Unzeit" erfolgt, indem die GmbH durch eine sofortige oder kurzfristige Amtsniederlegung handlungsunfähig wird, nicht (mehr) zu deren Unwirksamkeit. In einem solchen Falle können der GmbH lediglich Schadensersatzansprüche gegenüber dem sein Amt niederlegenden Geschäftsführer erwachsen.

Somit ist durch die Amtsniederlegung des Beklagten seine Organstellung als Geschäftsführer am 23.10.1996 beendet worden. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung am 30.01.2002 geäußerten Rechtsauffassung des Landgerichts (vgl. Protokoll Bl. 54) bestanden ab diesem Zeitpunkt auch keine Kontroll- und Überwachungspflichten des Beklagten mehr, unabhängig von der Erteilung einer Prokura an H. Sch. seitens der Gesellschafterversammlung am 22.10.1996 (Bl. 49).

c) Dass der Beklagte nach dem 23.10.1996 noch als faktischer Geschäftsführer für die GmbH tätig geworden wäre, hat die Klägerin, worauf das Landgericht zutreffend hinweist (LGU S. 4, Bl. 81), nicht dargelegt. Insoweit ist der Einwand der Klägerin, es sei nicht nachvollziehbar, dass das Landgericht den gegenteiligen Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung als "bloßen Parteierklärungen" (Berufungsbegründung S. 2, Bl. 122) gefolgt sei, unerheblich. Die Darlegungslast für die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruches einschließlich der (faktischen) Geschäftsführerstellung des Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum obliegt, wie bereits ausgeführt, der Klägerin.

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt eine Schadensersatzverpflichtung des Beklagten wegen der nicht abgeführten Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung auch nicht daraus, dass der Beklagte es in seiner Eigenschaft als (Mit-)Gesellschafter der M. GmbH nach der Niederlegung seines Geschäftsführeramtes unterlassen hat, einen Notgeschäftsführer zu bestellen. Es kann dahinstehen, ob auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nach der Amtsniederlegung des Beklagten seitens der Gesellschafter-versammlung eine Prokura an H. Sch. erteilt wurde, aufgrund derer diese "generalhandlungsbevollmächtigt" wurde (Bl. 49), die Bestellung eines Notgeschäftsführers erforderlich wurde. Denn jedenfalls erfüllt die Nichtbestellung eines Notgeschäftsführers durch den Beklagten in seiner Eigenschaft als (Mit-)Gesellschafter der GmbH nicht den Straftatbestand des § 266 a Abs.1 StGB, was Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus unerlaubter Handlung wäre. Bei § 266 a Abs.1 StGB handelt es sich um einen Sonderdelikt, welches nur durch einen Arbeitgeber begangen werden kann. Arbeitgeber war vorliegend die M. GmbH. Zwar wird durch die Vorschrift des § 14 Abs.1 Nr.1 StGB auch die Strafbarkeit eines vertretungsberechtigten Organs einer juristischen Person oder eines Mitglieds eines solchen Organs nach § 266 a Abs.1 StGB begründet, sofern eine juristische Person Arbeitgeber ist. Jedoch macht sich aufgrund des strengen Analogieverbots im Strafrecht hiernach nur derjenige strafbar, der im Zeitpunkt der Tatbegehung vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person (hier: GmbH) ist. Diese Tatbestandsvoraussetzung trifft jedoch nur auf den Geschäftsführer einer GmbH (Schönke/Schröder/Lenckner/Perron, StGB, 26. Aufl., § 14 Rn. 16/17), nicht auf deren Gesellschafter zu. Nach § 35 Abs.1 GmbH wird die Gesellschaft durch den oder die Geschäftsführer nach außen vertreten. Ein Gesellschafter ist hingegen auch dann nicht zur Vertretung der GmbH berechtigt, wenn der Geschäftsführer wirksam abberufen wurde oder sein Amt niedergelegt hat und kein neuer Geschäftsführer bestellt worden ist. In diesem Fall ist die Gesellschaft (nach außen hin) handlungsunfähig (vgl. OLG Koblenz a.a.O.). Insoweit kann die Nichtbestellung eines Notgeschäftsführers durch den Gesellschafter einer GmbH, auch wenn dies für den Gesellschafter erkennbar zwangsläufig dazu führt, dass die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung den Einzugsstellen vorenthalten werden, den Straftatbestand des § 266 a StGB nicht verwirklichen und somit keine Schadensersatzpflicht gemäß § 823 Abs.2 BGB auslösen.

Entgegen der Meinung der Klägerin (S. 13 der Berufungsbegründung, Bl. 133) ist dies kein untragbares, sondern ein vom Gesetzgeber gemäß dem Inhalt des § 823 Abs.2 BGB beabsichtigtes Ergebnis.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.

III. Das Rechtsmittel der Revision gegen dieses Urteil ist nicht zuzulassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht erfordert (§ 543 Abs.2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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