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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 20.08.2002
Aktenzeichen: 9 U 86/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, ZVG


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 139
ZPO § 287
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
BGB § 181
BGB § 536 Abs. 1
BGB § 537 Abs. 1
BGB § 543 Abs. 2 S. 1
BGB § 543 Abs. 2 Nr. 3 lit. a
BGB § 546 Abs. 2
BGB § 554 Abs. 1 Nr. 1 a.F.
BGB § 566 c
BGB § 985
ZVG § 57 b
ZVG § 152 Abs. 2
Der Mieter kann sich gegenüber dem Zwangsverwalter nicht auf eine mit dem Vermieter im Mietvertrag getroffene Aufrechnungsvereinbarung berufen, die zum Anwendungsbereich von § 566 c BGB zu rechnen ist.

Dies ergibt sich aus § 57 b ZVG, der in diesem Zusammenhang auch auf den Zwangsverwalter anzuwenden ist. Zwar könnte der Wortlaut von § 152 Abs. 2 ZVG dafür sprechen, dass ein im Mietvertrag vereinbartes Rechtsgeschäft über den Mietzins gegen den Zwangsverwalter wirkt, weil der Zwangsverwalter den Inhalt des Mietvertrages grundsätzlich gegen sich gelten lassen muß. Die §§ 57 b ZVG, § 566 c BGB schützen jedoch den Erwerber und den Zwangsverwalter auch gegen eine schon im Mietvertrag enthaltene Vorausverfügung. Ist der Mietzins periodisch zu zahlen, so ist zu gewährleisten, dass auch der Zwangsverwalter den Mietzins für die Zeitspanne erhält, während der er die Vermieterpflichten zu erfüllen hat (OLG Rostock OLGR 2000, 214, 216).


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 86/02 OLG Naumburg

verkündet am: 20.08.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Klier, des Richters am Oberlandesgericht Dr. Tiemann und des Richters am Landgericht zur Nieden auf die mündliche Verhandlung vom 20.8.2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.3.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Halle (9 O 480/01) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die von ihnen genutzten Gewerbeflächen im Objekt P. -Straße 85, H. , 2. Etage, mit einer Gesamtfläche von ca. 124,00 qm zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 15.116,86 EUR (= 29.566,-- DM) nebst 5 % Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 5.12.2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten 89 % und der Kläger 11 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 25.000,-- EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 400,-- EUR abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Der Kläger ist seit dem 9.2.2000 Zwangsverwalter des Objekts P. -Straße 85 inH. . Die Beklagten nutzen in dem Objekt Räumlichkeiten. Ob sie dies auf vertraglicher Grundlage tun (und falls ja, auf welcher), ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger verlangt Zahlung restlichen Mietzinses (bzw. Nutzungsentschädigung) für die Zeit von April 2000 bis November 2001 sowie nach erfolgter Kündigung Räumung der von den Beklagten genutzten Räumlichkeiten.

Mit Datum vom 28.10.1996 schlossen die R. GmbH (als Vermieterin) und der Beklagte zu 1) einen Mietvertrag über die streitgegenständlichen Räumlichkeiten (Bl. 34 - 43 I). Der monatliche Mietzins betrug brutto (nach Erhöhung der Mehrwertsteuer) 1.856,-- DM. Ob dieser Vertrag von der Vermieterin wirksam gekündigt wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Die R. GmbH richtete an die Beklagte zu 2) mit Datum vom 14.8.1998 ein Schreiben, mit dem sie das Mietverhältnis zum 15.8. fristgemäß kündigte (Bl. 29 II). Der Beklagte zu 1) widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 19.8.1998 (Bl. 125 I ) insoweit, dass er diese erst zum 18.11.2000 für wirksam hielt.

In dem Schreiben heißt es abschließend:

Bis dahin verbleibt es bei der vereinbarten Miete zuzüglich Nebenkosten.

Unstreitig haben die Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum lediglich für den Monat April 2000 einen Betrag i.H.v. 1.290,-- DM gezahlt.

Mit Datum vom 29.6.1998 schloss (nach der Behauptung der Beklagten) P. Sch. (= Ehefrau des Beklagten zu 1)), vertreten durch die Beklagte zu 2) mit dem Beklagten zu 1) einen Mietvertrag über die streitgegenständlichen Räumlichkeiten (Bl. 79 - 83 I/Bl. 42 - 46 II). Nach § 4 Nr. 1 des Vertrages betrug der monatliche Mietzins 1.290,-- DM. Hinsichtlich der Vertretung durch die Beklagte zu 2) nehmen die Beklagten Bezug auf eine notarielle Vollmacht vom 21.8.1989 (Bl. 29 - 32 II), mit der P. Sch. den Beklagten zu 1) bevollmächtigt, sie in allen gesetzlich zulässigen Angelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Der Kläger bestreitet die Wirksamkeit dieses Vertrages. In erster Instanz hatten die Beklagten ein nicht unterzeichnetes Exemplar (Bl. 83 I) des genannten Mietvertrages zur Gerichtsakte gereicht. Nachdem das Landgericht (LGU S. 5 - Bl. 143 I -) im Urteil ausgeführt hatte, dass der Beklagte zu 1) sich nicht auf diesen Vertrag berufen könne, weil dieser keine Unterschriften trage, haben die Beklagten mit der Berufungsbegründung ein unterzeichnetes Exemplar zur Gerichtsakte gereicht (Bl. 46 II) und einen Verstoß des Landgerichts gemäß § 139 ZPO gerügt. Der Kläger bestreitet (u.a.), dass das nunmehr vorgelegte unterzeichnete Exemplar bereits bei Vertragsabschluss unterschrieben war (Bl. 58 II).

Der Kläger hat mit Schreiben vom 20.6.2000 gegenüber der Beklagten zu 2) (Bl. 26/27 I) und mit Schreiben vom 6.11.2001 gegenüber dem Beklagten zu 1) (Bl. 28/29) ein Mietverhältnis wegen Zahlungsverzuges fristlos gekündigt.

Die Beklagten berufen sich auf die Wirksamkeit des Vertrages vom 29.6.1998 und rügen Mängel am Mietobjekt. Sie beziehen sich in diesem Zusammenhang (u. a.) auf den Inhalt eines Schreibens vom 7.1.1998 (Bl. 71 - 74), in dem eine Mietminderung auf 1.290,-- DM angekündigt wird, sowie auf ein vom Beklagten zu 1) in Auftrag gegebenes Privatgutachten des Sachverständigen B. vom 2.3.2001 (Bl. 92 - 98 I). Der Kläger hat in erster Instanz eingewendet, dass behauptete Mängel nicht hinreichend substantiiert worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 140 - 142 I).

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Räumungsanspruch sei selbst dann nach wirksamer Kündigung wegen Zahlungsverzuges gegenüber dem Beklagten zu 1) begründet, wenn man von dem von den Beklagten behaupteten Mietzins von 1.290,-- DM ausgehen würde, da im streitgegenständlichen Gesamtzeitraum nur ein Betrag i. H. v. 1.290,-- DM gezahlt worden sei. Eine Mietminderung (um 100 %) sei nicht zu berücksichtigen, weil die Beklagten Mängel nicht hinreichend dargelegt hätten. Der Räumungsanspruch gegenüber der Beklagten zu 2) folge aus § 985 BGB, weil sie kein Recht zum Besitz habe. Der Zahlungsanspruch (Mietzins/Nutzungsentschädigung) folge aus dem Vertrag vom 28.10.1996. Auf den Mietvertrag vom 29.6.1998 könne sich der Beklagte zu 1) nicht berufen, weil er keine Unterschriften trage.

Gegen das am 28.3.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Halle (9 O 480/01) wenden sich die Beklagten mit der Berufung.

Sie rügen Verstöße gegen die richterliche Aufklärungspflicht hinsichtlich der Unterschriften unter dem Mietvertrag vom 29.6.1998 sowie hinsichtlich der Unsubstantiiertheit des Mängeleinwandes. Nach dem Vertrag vom 29.6.1998 habe der Beklagte zu 1) das Recht zur Untervermietung gehabt, sodass die Beklagte zu 2) über einen gültigen Mietvertrag verfüge. Nach § 21 des Mietvertrages könne er gegenüber dem Mietzinsanspruch mit Gegenforderungen aufrechnen. Hinsichtlich des Mängeleinwandes beruft er sich erneut auf das Privatgutachten des Sachverständigen B. . Insoweit haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 9.8.2002 ein weiteres Privatgutachten des Sachverständigen B. vom 8.8.2002 vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 5.6.2002 (Bl. 19 - 28 II) und den Schriftsatz vom 9.8.2002 (Bl. 72 - 79 II).

Die Beklagten beantragen,

das am 28.3.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Halle (9 O 480/01) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft seinen Vortrag aus erster Instanz.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungserwiderung vom 1.7.2002 (Bl. 56 - 61 II).

B.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat nur in geringem Umfang hinsichtlich des Zahlungsantrages Erfolg. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht beide Beklagten zur Räumung des Objekts (1.) verurteilt. Dem Kläger steht der restliche geltend gemachte Mietzins für die Zeit von April 2000 bis November 2001 insoweit nicht zu, als er Nebenkostenvorauszahlungen für Zeiträume verlangt, für die Abrechnungsreife eingetreten ist. Im übrigen ist die Zahlungsklage gegenüber beiden Beklagten begründet (2.)

1. Räumungsanspruch:

Der Räumungsanspruch ist selbst dann begründet, wenn man den Vortrag der Beklagten unterstellt, dass der Mietvertrag vom 28.10.1996 beendet wurde. Die Kündigung vom 6.11.2001 gegenüber dem Beklagten zu 1) ist wirksam (Bl. 28 I), weil sich der Beklagte zu 1) zu diesem Zeitpunkt mit mehr als 2 Monatsmieten im Verzug befand (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 lit. a BGB = § 554 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F.). Dabei kann (an dieser Stelle) dahinstehen, ob der Vertrag vom 28.10.1996 mit dem an die Beklagte zu 2) gerichteten Schreiben vom 14.8.1998 (Bl. 29 II) überhaupt wirksam gekündigt werden konnte. Selbst wenn mit dem Schreiben grundsätzlich eine wirksame Kündigung erklärt werden konnte, wäre das Mietverhältnis erst zum 18.11.2000 beendet worden. Dies ergibt sich aus dem von den Beklagten selbst vorgelegten Schreiben des Beklagten zu 1) vom 19.8.1998 (Bl. 125 I). In dem Schreiben stellt der Beklagte zu 1) selbst ausdrücklich fest, dass es bis dahin bei der vereinbarten Miete verbleibt. Der Beklagte zu 1) schuldete somit nach seinem eigenen Vortrag den vertraglich vereinbarten Mietzins für die Zeit von April bis zum 18.11.2000. Da in dieser Zeit nur ein Betrag i. H. v. 1.290,-- DM gezahlt wurde, befand sich der Beklagte zu 1) im Zeitpunkt der Kündigung nach seinem eigenen Vortrag mit rund 6 1/2 Monaten mit der Zahlung des Mietzinses im Verzug.

Der Beklagte zu 1) konnte den Mietzins nicht gemäß § 536 Abs. 1 BGB (= § 537 Abs. 1 BGB) mindern. Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass der Vortrag der Beklagten zu den behaupteten Mängeln nicht hinreichend substantiiert sei. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf das angefochtene Urteil (LGU S. 5/6 - Bl. 143/144 I -). Ob das Landgericht die Beklagten auf diesen Punkt hingewiesen hat, was die Beklagten in der Berufungsbegründung bestreiten (BB S. 3/4 - Bl. 21/22 II -), kann dahinstehen. Das Landgericht brauchte einen solchen Hinweis im Hinblick auf den Vortrag des Klägers (Schriftsatz vom 23.1.2002, S. 4 - Bl. 108 I) nicht zu erteilen. Ob auch dann ein Hinweis zu erteilen ist, wenn die Partei den Vortrag des Gegners ersichtlich mißverstanden hat (BGH NJW 2001, 2548, 2549), kann dahinstehen. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 23.1.2002 ausdrücklich die fehlende Substantiiertheit der behaupteten Mängel gerügt. Im folgenden Schriftsatz vom 14.2.2002 (S. 3 - Bl. 122 I -) setzen sich die Beklagten mit dem Vortrag des Klägers zu diesem Punkt auseinander. Die Beklagten haben das Problem mithin gesehen, daraus aber eine unzutreffende rechtliche Schlussfolgerung gezogen. Bei dieser prozessualen Situation war ein rechtlicher Hinweis des Landgerichts entbehrlich. Die Beklagten hätten zudem in der Berufungsbegründung Gelegenheit gehabt, ihren Vortrag zu Mängeln der Mietsache zu ergänzen. Dies ist indes nicht erfolgt. In der Berufungsbegründung (BB S. 8 - Bl. 26 II -) beziehen sich die Beklagten zur Begründung des Mängeleinwandes im wesentlichen auf das bereits in erster Instanz vorgelegte Privatgutachten des Sachverständigen B. . In diesem Gutachten werden an verschiedenen Gebäudeteilen Rißbildungen in Wänden festgestellt (Bl. 96/97 I). Ob dies zutrifft, kann im Ergebnis dahinstehen. Selbst wenn die dargelegten Rißbildungen existieren, könnten sie nach dem eigenen Vortrag der Beklagten erst nach dem 6.9.2000 entstanden sein (Bl. 66 a.E. I). Der Sachverständige M. hat bei der Ortsbesichtigung am 6.9.2000 Rißbildungen gerade nicht festgestellt. Die im Gutachten des Sachverständigen B. genannten Rißbildungen können einen Minderungsanspruch für die Zeit von April bis Anfang September 2000 somit ohnehin nicht begründen. Der Hinweis auf die Rißbildungen ist zudem kein zutreffender Anknüpfungspunkt für die Bemessung einer Mietminderung bei gewerblicher Miete. Ausgangspunkt der Bemessung einer Minderung ist der Umfang der Störung bzw. der Beeinträchtigung der gewerblichen Tätigkeit des Mieters durch die Mängel (z. B. Senat, Urteil vom 18.12.2001 - 9 U 202/01 -). Dass der Betrieb der Steuerberatungskanzlei durch die Rißbildungen in irgendeiner Weise betroffen war, tragen die Beklagten nicht vor. Ein zwingender Zusammenhang zwischen Rißbildungen im Mauerwerk eines Gebäudes und der Störung/Beeinträchtigung des Betriebs einer Kanzlei eines Freiberuflers, ist nicht erkennbar. Dieser Zusammenhang hätte von den Beklagten näher dargelegt werden müssen. Für die übrigen in erster Instanz (Bl. 65/66 I) gerügten Mängel (die die Berufung allerdings nicht wieder aufgreift):

- Abdichtung der Etagen

- Heizungsanlage

- Wasserversorgung

- Undichtigkeiten am Dach

- Nässeschäden

- Einbruchsschäden

gilt dies in gleicher Weise. Das Schreiben vom 7.1.1998 (Bl. 71 ff. I) ist zum hinreichenden Vortrag zu Mängeln schon deshalb ungeeignet, weil darin lediglich ein Zustand beschrieben wird, der mehr als 2 Jahre vor dem streitgegenständlichen Zeitraum liegt. Dem Landgericht (a. a. O.) ist somit darin zuzustimmen, dass die Beklagten nach Zeiträumen differenzierend zur Beeinträchtigung der betrieblichen Tätigkeit durch die behaupteten Mängel hätten vortragen müssen. Da eine solche Zuordnung nicht erfolgt ist, ergeben sich aus dem Sachvortrag der Beklagten auch keine hinreichenden Anknüpfungspunkte, die es dem Senat unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens aus § 287 ZPO ermöglichen würde, eine Minderungsquote zu schätzen.

Soweit im Schriftsatz vom 9.8.2002 (S. 6 - Bl. 77 II -) unter Bezugnahme auf das zweite Gutachten des Sachverständigen B. weitere Mängel behauptet werden, ist dieser neue Vortrag nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Es ist nicht ersichtlich, warum diese Mängel (nur die Mängel Nr. 11 und 14 betreffen Rißbildungen) nicht bereits in erster Instanz vorgetragen werden konnten. Die Beklagten tragen nicht vor, dass diese Mängel erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz entstanden sind. Die behaupteten Mängel konnten auch nicht allein durch einen Sachverständigen festgestellt werden. Die behaupteten Mängel wären bei einer bloßen Inaugenscheinnahme auch von einem Laien zu erkennen gewesen. Da Mängel nur ihrem äußeren Erscheinungsbild nach vorgetragen werden müssen, war das zweite Sachverständigengutachten nicht erforderlich, um die Mängel zuvor in den Prozeß einführen zu können. Es trifft auch nicht zu (Bl. 78 II), dass die nunmehr vom Sachverständigen B. aufgelisteten Mängel mit den Mängeln identisch sind, die der Sachverständige M. beschrieben hat (Bl. 89/90 I). Es handelt sich somit nicht um eine Wiederholung oder Ergänzung des erstinstanzlichen Vorbringens, sondern um neuen Sachvortrag in der Berufungsinstanz, der nur unter den Voraussetzungen von § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen wäre. Bei der behaupteten Flächenabweichung handelt es sich zudem weder um einen Mangel der Mietsache noch um eine fehlende zugesicherte Eigenschaft (OLG Dresden MDR 1998, 643; OLG Rostock MDR 1999, 219). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass durch eine Flächenabweichung der Betrieb der Steuerberatungskanzlei beeinträchtigt wird, noch, dass es für den Beklagten zu 1) bei Abschluss des Mietvertrages gerade auf die im Vertrag genannte Fläche ankam.

Die Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 lit. a BGB sind nicht deshalb entfallen, weil den Beklagten gegenüber der Mietzinsforderung ein Recht zur Aufrechnung mit Gegenansprüchen zustand (§ 543 Abs. 2 S. 3 BGB). An dieser Stelle kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Vertrag vom 29.6.1998 wirksam ist. Selbst wenn in § 21 des Vertrages ein Aufrechnungsrecht vereinbart wurde und wenn weiter unterstellt wird, dass die Beklagten die in der Berufungsbegründung behaupteten Aufwendungen (BB S. 7 - Bl. 25 II -) in Bezug auf das Gebäude gemacht haben, steht ihnen im Verhältnis zum Kläger ein Recht zur Aufrechnung nicht zu. Es handelt sich um einen Fall von § 566 c BGB (= § 574 BGB a. F.). Zu den dort genannten Rechtsgeschäften zählt auch eine Aufrechnungsvereinbarung zwischen dem Vermieter und dem Mieter (MK - Voelskow BGB, 3. Aufl., § 574, Rn. 2; Soergel - Heintzmann BGB, 12. Aufl., § 574, Rn. 3; Erman - Jendrek BGB, 9. Aufl., § 574, Rn. 3; Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, 7. Aufl., § 574, Rn. 2; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl., § 574, Rn. 1). Die Beklagten können sich auf die Regelung des § 21 des Mietver-trages gegenüber dem Kläger als Zwangsverwalter nicht berufen. Dies ergibt sich aus § 57 b ZVG, der in diesem Zusammenhang auch auf den Zwangsverwalter anzuwenden ist. Zwar könnte der Wortlaut von § 152 Abs. 2 ZVG dafür sprechen, dass ein im Mietvertrag vereinbartes Rechtsgeschäft über den Mietzins gegen den Zwangsverwalter wirkt, weil der Zwangsverwalter den Inhalt des Mietvertrages grundsätzlich gegen sich gelten lassen muß. Die §§ 57 b ZVG, § 566 c BGB schützen jedoch den Erwerber und den Zwangsverwalter auch gegen eine schon im Mietvertrag enthaltene Vorausverfügung. Ist der Mietzins periodisch zu zahlen, so ist zu gewährleisten, dass auch der Zwangsverwalter den Mietzins für die Zeitspanne erhält, während der er die Vermieterpflichten zu erfüllen hat (OLG Rostock OLGR 2000, 214, 216).

An dieser Stelle unterstellt, dass der Vertrag vom 29.6.1998 wirksam ist, schuldete der Beklagte zu 1) auch über den 18.11.2000 hinaus den vertraglich vereinbarten Mietzins, sodass er sich für den gesamten Zeitraum (abzüglich der Zahlung aus April 2000) mit der Zahlung im Verzug befunden hat. Die Voraussetzungen für die Kündigung durch den Kläger wegen Zahlungsverzuges liegen damit selbst dann vor, wenn man den Vortrag der Beklagten zur Wirksamkeit des Vertrages vom 29.6.1998 unterstellt.

Der Räumungsanspruch gegenüber der Beklagten zu 2) folgt aus § 985 BGB oder aus § 546 Abs. 2 BGB. Die Beklagte zu 2) ist weder Partei des Mietvertrages vom 28.10.1996 noch des Vertrages vom 29.6.1998. Woraus die Beklagten herleiten wollen, dass auch die Beklagte zu 2) über einen wirksamen Mietvertrag verfügte (BB S. 6 - Bl. 24 II -), ist nicht nachvollziehbar. Bereits an dieser Stelle ist festzuhalten, dass die Beklagten selbst nicht behaupten, dass zwischen dem Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) ein Untermietverhältnis begründet worden ist. Selbst wenn man den Hinweis (BB a.a.O.) auf § 12 des Vertrages vom 29.6.1998 als eine derartige Behauptung werten wollte, wäre der Vortrag zu den Umständen und Modalitäten eines Untermietvertrages unzureichend. Im Hinblick darauf, dass der Hauptmietvertrag vom Kläger wirksam gekündigt wurde, ist die Beklagte zu 2) aber auch bei an dieser Stelle unterstelltem Untermietverhältnis jedenfalls zur Räumung gemäß § 546 Abs. 2 BGB verpflichtet. Besteht kein Untermietverhältnis, folgt der Räumungsanspruch aus § 985 BGB. Die Beklagte zu 2) hat gegenüber dem Kläger kein Recht zum Besitz an dem Objekt.

Der Räumungsanspruch ist gegenüber beiden Beklagten im Ergebnis selbst dann begründet, wenn man die Wirksamkeit des Vertrages vom 29.6.1998 unterstellt und weiter unterstellt, dass zwischen den Beklagten ein Untermietverhältnis bestand. Diese Fragen sind nur in dem Zusammenhang von Interesse, ob der Beklagte zu 1) den vollen Mietzins gemäß dem Vertrag vom 28.10.1996 schuldet und weiter, ob daneben auch die Beklagte zu 2) Mietzins bzw. Nutzungsentschädigung schuldet.

2. Zahlungsanspruch:

Der Zahlungsanspruch ist gegenüber beiden Beklagten in dem im Tenor genannten Umfang begründet.

Der Vertrag vom 29.6.1998 ist unwirksam. Es ist bereits nicht schlüssig dargelegt, dass die Beklagte zu 2) Vertretungsmacht im Verhältnis zu P. Sch. hatte. In der Berufungsbegründung (BB S. 5 - Bl. 23 II) wird dazu auf die notarielle Vollmacht vom 21.8.1989 (Bl. 30/ 31 II) Bezug genommen. Der Kläger weist aber zutreffend darauf hin (BE S. 3 - Bl. 58 II -), dass sich die Vollmacht nicht auf die Beklagte zu 2), sondern auf den Beklagten zu 1) persönlich bezieht. Mit der notariellen Urkunde kann mithin eine Vollmacht der Beklagten zu 2) für den Abschluss eines Mietvertrages nicht dargetan werden. Als die Beklagte zu 2) den Mietvertrag vom 29.6.1998 abschloss, handelte sie somit als Vertreterin ohne Vertretungsmacht. Ob der Beklagte zu 1) in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Beklagten zu 2) von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit war, kann dahinstehen. Beim Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) handelt es sich um zwei rechtlich selbständige (natürliche/juristische) Personen. Die Beklagten konnten somit nur dann miteinander wirksam einen Vertrag schließen, wenn der Beklagte zu 1) im Hinblick auf die ihm von seiner Ehefrau erteilten Vollmacht seinerseits der Beklagten zu 2) die Vollmacht erteilt hätte, als Vertreterin der Vermieterin zu handeln. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass (die am Verfahren nicht beteiligte) P. Sch. den Vertrag genehmigt hat (§ 177 BGB). Der Vortrag im Schriftsatz vom 9.8.2002 zu den Vertretungsverhältnissen bei der Beklagten zu 2) ist zudem gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Noch in der Berufungsbegründung (S. 5/6 - Bl. 23/24 II) haben sich die Beklagten zur Begründung der Bevollmächtigung der Beklagten zu 2) allein auf die notarielle Urkunde vom 21.8.1989 (Bl. 30 II) bezogen, aus der sich eine Vollmacht der Beklagten zu 2) aber gerade nicht ergibt. Erst nachdem der Kläger diesen Gesichtspunkt in der Berufungserwiderung (S. 3 - Bl. 58 II -) ausdrücklich aufgegriffen hat, haben die Beklagten ihren Vortrag zu den Vertretungsverhältnissen bei der Beklagten zu 2) erneuert. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dies nicht bereits in erster Instanz erfolgen konnte.

Für die Berechnung des restlichen Mietzinses bzw. der Nutzungsentschädigung ist somit auf den Vertrag vom 28.10.1996 abzustellen. Geht man davon aus, dass dieser Vertrag jedenfalls zum 18.11.2000 endete, schuldete der Beklagte zu 1) für die Zeit danach den vertraglich vereinbarten Mietzins als Nutzungsentschädigung. Damit ergibt sich für den Zahlungsanspruch folgende Abrechnung (ausgehend von einem monatlichen Mietzins von 1.240,-- DM zzgl. 16 % MwSt = 1.438,40 DM; Nebenkostenvorauszahlung: 360,-- DM zzgl. MwSt. = 417,60 DM; insgesamt: 1.856,-- DM):

April bis Juni 2000:

Nach § 3 des Mietvertrages waren Nebenkostenvorauszahlungen zu leisten, die zur Jahresmitte abzurechnen waren. Hinsichtlich der Nebenkosten bis Juni 2000 ist nach Ablauf von mehr als 1 Jahr Abrechnungsreife eingetreten. Dass eine Abrechnung erfolgt ist, trägt der Kläger nicht vor. Die Vorauszahlungen können für den Zeitraum, für den Abrechnungsreife bestand, nicht mehr geltend gemacht werden.

3 x 1.438,40 DM 4.315,20 DM ./. Zahlung April 2000 1.290,-- DM Differenz 3.025,20 DM

Juli 2000 bis Juni 2001

Auch für diesen Zeitraum ist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Abrechnungsreife der Nebenkosten eingetreten.

12 x 1.438,40 DM 17.260,80 DM

Juli 2001 bis November 2001

Für diesen Zeitraum (der Gesamtabrechnungszeitraum endete erst am 30.6.2002) können die Nebenkostenvorauszahlungen noch gefordert werden.

5 x 1.856,-- DM 9.280,-- DM

Die Gesamtforderung des Klägers beträgt somit 29.566,-- DM (= 15.116,86 EUR). Hinsichtlich der Differenz zu dem vom Landgericht ausgeurteilten Betrag von 18.319,59 EUR ist die Berufung erfolgreich.

Neben dem Beklagten zu 1) schuldet auch die Beklagte zu 2) den genannten Betrag als Nutzungsentschädigung. Zwar hätte der Kläger gegen die Beklagte zu 2) dann keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung, wenn zwischen dem Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) ein Untermietverhältnis bestanden hätte (Palandt/Weidenkaff BGB, 61. Aufl. § 540, Rn. 17). Die Beklagten haben aber bereits nicht hinreichend dazu vorgetragen, dass überhaupt ein Untermietverhältnis begründet wurde. Da der Vertrag vom 29.6.1998 nicht wirksam ist, kann sich der Beklagte zu 1) hinsichtlich der Berechtigung zur Untervermietung auch nicht auf § 12 des Vertrages berufen. Nach § 8 Nr. 2 des Mietvertrages vom 28.10.1998 bedurfte die Untervermietung der Zustimmung der Vermieterin. Dass eine solche Zustimmung erklärt wurde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Da die Beklagte zu 2) das Mietobjekt ohne Rechtsgrund genutzt hat, schuldet sie neben dem Beklagten zu 1) den im Tenor genannten Betrag als Nutzungsentschädigung.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Zwar ist die Frage, ob der Zwangsverwalter eine Vereinbarung gemäß § 566 c BGB gegen sich gelten lassen muß oder nicht, bislang nicht höchstrichterlich geklärt. Die Frage ist für den vorliegenden Fall aber im Endergebnis nicht entscheidungserheblich. Da der Senat von der Unwirksamkeit des Vertrages vom 29.6.1998 ausgeht, könnten sich die Beklagten ohnehin nicht auf die Regelung aus § 21 des genannten Mietvertrages berufen.

Ende der Entscheidung

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