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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 30.01.2007
Aktenzeichen: 1 U 2691/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 852 a.F.
Bei einem komplexen Betrugssachverhalt (hier: Anlagebetrug unter Nutzung eines Firmengeflechts) ist es dem Geschädigten nicht zuzumuten, gestützt auf "erste Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft" oder die Kenntnis der Existenz von Haftbefehlen eine Schadensersatz- oder Feststellungsklage zu erheben. Die für den Beginn der Verjährungsfrist (hier: nach § 852 Abs. 1 aF BGB) erforderliche Kenntnis von Schaden und Schädiger liegt in einem solchen Fall erst bei Kenntnis des wesentlichen Ermittlungsergebnisses etwa durch Akteneinsicht in die Ermittlungsakten - vor.
Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

1 U 2691/05

Verkündet am 30. Januar 2007

In Sachen

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch die Richterin am Oberlandesgericht Reitzenstein als stellvertretende Vorsitzende und die Richter am Oberlandesgericht Hauck und Dr. Quentin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufungen des Klägers und des Beklagten zu 2) wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 16. November 2005 wie folgt geändert:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 15.364,21 EUR sowie Zinsen in Höhe von 4,6 Prozent seit dem 1. Januar 2001 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers in den Insolvenzverfahren gegen -1. ... (AG Darmstadt), 2. ... GmbH (AG Darmstadt) und 3. ... S. A..

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehenden Berufungen des Klägers und des Beklagten zu 2) werden zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/10 und die Beklagten als Gesamtschuldner 9/10.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A.

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen einer verlorenen Kapitalanlage in Anspruch.

I.

Am 2. Juli 1998 unterzeichnete der Kläger durch Vermittlung des Beraters ... einen "Anlageantrag/Verwaltungsantrag(tm) der ... S. A. (im folgenden "...") mit Sitz in ... . Die Anlagesumme betrug 30.000 DM bei einer prognostizierten Rendite von 8,25 Prozent p.a. zzgl. Jahresbonus von 1,75 Prozent (Anlage K 1).

Nach Aufforderung der ... vom 8. Juli 1998 (Anlage K 3) überwies der Kläger den Anlagebetrag auf das Konto Nummer des Beklagten ... bei der ... in ... (Anlage K 4). Das Konto, auf dem überwiegend Kundengelder eingingen, wurde vom Beklagten ... treuhänderisch für die ... verwaltet. Mit Schreiben der ... vom 22. Juli 1998 wurde dem Kläger die Kapitalanlage-Vertragsnummer ... zugeteilt. Die Schreiben der ... vom 8. und 22. Juli 1998 wurden von "President" ... unterzeichnet.

Zur Anlage des Geldes in der kam es nicht. Vielmehr wurde auch der vom Kläger einbezahlte Betrag zur Rückzahlung von Beteiligungen an Altanleger, zur Auszahlung von Renditen, für Provisionen und zur Begleichung sonstiger Kosten verwendet. Gleichwohl erhielt der Kläger als Renditen bezeichnete Zahlungen in Höhe von insgesamt 3.170,20 DM (= 1.620,90 EUR) ausgezahlt, letztmals gemäß Bescheinigung vom 7. Juni 2000.

Am 29. November 2000 kündigte der Kläger den Vertrag gegenüber dem Beklagten zu 1) (Anlage K 12). Eine Rückzahlung der angelegten Summe erfolgte nicht.

Die ... Gruppe hatte 1991 auf Initiative von ... ihre Geschäftstätigkeit mit Sitz in ... aufgenommen. Geschäftszweck war überwiegend die Akquirierung und Verwaltung privater Kapitalanlagen. Nachdem es im Sommer 1997 zu Beanstandungen durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen gekommen war, wurde im Juni 1998 die ... mit Sitz in ... gegründet. Präsident war ..., ... der Beklagte ... war ein weiteres Mitglied des dreiköpfigen Aufsichtsrates und zudem Portfoliomanager. Unternehmensgegenstand waren Vermögensanlage und Vermögensverwaltung. Die Anlage Strategie bestand in der Durchführung von Zinsdifferenzgeschäften.

Der Beklagte ... war seit 1997 Geschäftsführer der ... in ... (im folgenden "..."), über die ein wesentlicher Teil des Geldverkehrs der ... Gruppe abgewickelt wurde.

Am 12. Mai 2000 ergingen Haftbefehle gegen ... sowie gegen die beiden Beklagten. Am 28. März 2002 erhob die Staatsanwaltschaft Darmstadt Anklage (Anlage K 9) . Mit Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 3. Juni 2004 - Az.: 9 KLs 610 Js 3353/99 - wurden ... wegen Betrugs und Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren und 6 Monaten und der Beklagte ... wegen Betrugs und Beihilfe zur Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Jahren und 6 Monaten verurteilt (Anlage K 11). Die Revision des Beklagten ... blieb erfolglos. Der Beklagte ... war nach Geständnis in abgetrenntem Verfahren bereits mit Urteil vom 16. Dezember 2003 wegen Untreue und Beihilfe zum Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden (Anlage-K 10).

II.

Der Kläger behauptet, die Beklagten seien zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihn in betrügerischer Absicht zur Geldanlage veranlasst haben. Der Beklagte ... habe vorsätzlich an finanziellen Transaktionen mitgewirkt, bei denen die Anlagegelder unmittelbar zur Deckung von Verpflichtungen der ... Gruppe verwandt worden sind. Die Anlage sei deshalb bereits bei Einzahlung höchst gefährdet und kurze Zeit darauf verloren gewesen. Auch wenn der Beklagte ... nach dem Strafurteil von dem sog. Schneeballsystem nichts gewusst haben sollte, habe er doch vorsätzlich an einer Vermögensgefährdung mitgewirkt, weil er auf Schulungen und Tagungen die Anlage bei der ... Gruppe wider besseres Wissen als sicher dargestellt habe, insbesondere auch gegenüber dem Vermittler ... . Auf diese Weise instruiert, habe ... ihm wahrheitswidrig versprochen, sein Geld würde auf Einzelkonten angelegt, sei abgesichert und würde in "konservative" Anlagen investiert. Zur Untermauerung seines Sachvortrags beruft sich der Kläger auf die gegen die Beklagten ergangenen Strafurteile.

Neben dem investierten Betrag von 30.000 DM (= 15.338,76 EUR) verlangt der Kläger Zinsen von 10 Prozent bis zur Kündigung (= 1.397,53 EUR), eine Besprechungsgebühr in Höhe von 527,15 EUR für außergerichtliche anwaltliche Vertretung (Kündigung der Kapitalanlage, Fristsetzung, Ermittlungen über den Aufenthaltsort der Schädiger u.a.) sowie Gebühren in Höhe von insgesamt 1.108,21 EUR für die anwaltliche Vertretung in den Insolvenzverfahren ... Gruppe, ... und ... . Der Gesamtbetrag beläuft sich mithin auf 18.371,65 EUR.

Die Zustellung eine Mahnbescheides an den Beklagten ... erfolgte am 20. Oktober 2004. Dem Beklagten ... wurde die als Anspruchsbegründung bezeichnete Klage am 8. Dezember 2004 zugestellt.

III.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 18.371,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 10 Prozent aus 15.338,76 EUR ab dem 29.11.2000 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinsatz aus 1.635,36 EUR ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers aus dem Insolvenzverfahren gegen 1. ..., 2. ... GmbH und 3. ... S. A.

Die Beklagten haben beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte ... bestreitet, jemals mit Schädigungsvorsatz gehandelt zu haben. Über das Konto in ... habe er stets nur auf Anweisung aus ... und wegen entsprechender Hinweise ... zudem mit der Überzeugung verfügt, dass eine den eingezahlten Kundengeldern entsprechende Summe in der angelegt würde, weil die ... Gruppe dort jederzeit auf ein großes Vermögen habe zurückgreifen können. Auf diese Weise hätten kostenintensive Überweisungen in die und aus der vermieden werden können. Dass die ... mit Verlusten in Millionenhöhe belastet war, habe er nicht gewusst.

Der Beklagte ... hebt hervor, dass er das Geständnis im Strafverfahren aus prozesstaktischen Gründen abgegeben habe. Er sei zermürbt gewesen; sein ganzes Bestreben habe der Beendigung der Untersuchungshaft gegolten. Weiter bestreitet der Beklagte zu 2), die Risiken des Anlagekonzeptes der ... Gruppe bei Schulungen bewusst heruntergespielt zu haben.

Beide Beklagte wenden Verjährung ein. Wie sich aus der Kündigung vom 29. November 2000 und dem Antrag des damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten ... vom 16. August 2000 ergebe (vgl. nach Blatt 109 d.A.), habe der Kläger spätestens Ende November 2000 die zur Erhebung einer Feststellungsklage notwendige Kenntnis vom Schaden und den schädigenden Personen gehabt.

Wegen des weiteren Parteivortrags in erster Instanz wird auf das Urteil des Landgerichts Nürnberg-FÜrth vom 16. November 2005 Bezug genommen.

IV.

Das Landgericht hat die gegen den Beklagten ... gerichtete Klage abgewiesen, weil etwaige Ansprüche des Klägers verjährt seien. Der gegen den Beklagten ... gerichteten Klage hat es - mit Abstrichen bei Zinsen und Besprechungsgebühr - weitgehend stattgegeben. Der Beklagte ... wurde verurteilt, an den Kläger 16.472,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4,6 Prozent aus 15.364,21 EUR seit dem 1. Januar 2001 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.108,21 EUR seit dem 8. Dezember 2004 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers in den Insolvenzverfahren 1. ... (AG Darmstadt), 2. ... GmbH (AG Darmstadt) und 3. ... S.A..

Wegen der Einzelheiten der Begründung des Ersturteils wird- auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

V.

Gegen das - dem Klägervertreter am 22. November 2005 und dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) am 24. November 2005 zugestellte - Urteil haben der Kläger am 12. Dezember 2005 und der Beklagte zu 2) am 20. Dezember 2005 Berufung eingelegt, die vom Klägervertreter am 20. Januar 2006 und vom Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) am 4. Januar 2006 begründet wurde.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren:

Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 16.11.2005 den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an den Kläger 18.371,65 EUR nebst Zinsen in Höhe von 10 Prozent aus 15.338,75 EUR ab dem 29.11.2000 und 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB aus 1.635,36 EUR ab Rechtshängigkeit zu bezahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers in den Insolvenzverfahren gegen 1. ... (AG Darmstadt), 2. ... GmbH (AG Darmstadt) und 3. ... S.A.

Der Beklagte zu 1) beantragt:

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Beklagte zu 2) beantragt:

Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 16.11.2005, Az.: 10 11466/04, wird aufgehoben und die Klage gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen.

Der Kläger beantragt:

Die Berufung des Beklagten zu 2) wird zurückgewiesen.

Die Parteien wiederholen ihren Sachvortrag aus erster Instanz. Zur Untermauerung der Einrede der Verjährung berufen sich die Beklagten nunmehr auch auf eine Anfrage des früheren Klägervertreters vom 7. August 2000 an die Rechtsschutzversicherung (Anlage zum Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) vom 27. Dezember 2005) und meinen, dass bereits zu diesem Zeitpunkt Kenntnis des Klägers von den Schadensersatz begründenden Umständen und den schadensersatzpflichtigen Personen bestanden habe.

Der Kläger hält diesen Vortrag für verspätet. Zur Frage der Verjährung trägt er seinerseits vor, dass sein früherer Prozessbevollmächtigter erstmals am 30. Januar 2003 habe Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen können. Erst zu diesem Zeitpunkt habe Kenntnis bestanden.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründung des Klägervertreters vom 16. Januar 2006, die Berufungsbegründung des anwaltlichen Vertreters des Beklagten zu 2) vom 3. Januar 2006 sowie die weiteren Schriftsätze der Parteien einschließlich Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 31. Oktober 2006 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen ... und .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11. Dezember 2006 Bezug genommen. Auf die Vernehmung der ebenfalls zu diesem Termin geladenen Zeugin ... hat der Kläger verzichtet.

B.

Die Berufungen sind zulässig. Sie haben insoweit Erfolg, als die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger Schadensersatz in Höhe von 15.364,21 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4,6 Prozent seit dem 1. Januar 2001 zu bezahlen. Der Anspruch des Klägers ist nicht verjährt.

I.

Der Kläger hat gegen den Beklagten ... Anspruch auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung (§ S23 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 27 StGB).

1. Der Kläger hat durch zulässige Bezugnahme auf das Strafurteil des Landgerichts Darmstadt dargelegt, dass der Beklagte ... vorsätzlich an einem betrügerisch angelegten rollierenden Finanzierungssystem mitwirkte. Der Beklagte ... hat damit zu Lasten des Klägers den objektiven und subjektiven Tatbestand zumindest der Beihilfe zum Betrug erfüllt. Er hat im Bewusstsein, das Vermögen des Klägers zu gefährden, die Einlage des Klägers entgegengenommen, obwohl er wusste, dass das Geld nicht in der angelegt, sondern zur Tilgung offener Verpflichtungen verwendet werden würde.

a) Zum Tatkomplex des Betrugs stellt das Strafurteil fest, dass über das vom Beklagten J...treuhänderisch verwaltete Konto bei der ... in ... ein "Schneeballsystem" abgewickelt wurde. Von den dort seit Kontoeröffnung im Juli 1998 bis Mitte 2000 eingegangenen Geldern von Kapitalanlegern in Höhe von ca. 46,6 Millionen DM seien nur ca. 5 MMillionen DM zur Anlage in die ... weitergeleitet worden. Die überwiegende, nicht angelegte Summe sei für Rückzahlungen an Altanleger, Rendite- und Provisionszahlungen und zur Begleichung sonstiger Kosten verwendet worden. Insbesondere seien ca. 7,5 Millionen DM an den zur ... Unternehmensgruppe gehörenden und chronisch defizitär arbeitenden ..., der ein Wirtschaftsmagazin herausgab, geflossen. Ferner habe der Angeklagte ... 1,9 Millionen DM in bar abgehoben (Blatt 43/44 des Strafurteils). Der Angeklagte ... habe im Hinblick auf die Anlagegelder jederzeit einen Gefährdungsvorsatz gehabt, weil ihm als Finanzfachmann bekannt gewesen sei, dass das Bedienen fälliger Anlegeransprüche aus Neuanlagen über kurz oder lang zum Zusammenbruch des Finanzierungssystems führen müsse (Blatt 196 des Strafurteils).

b) Das Strafurteil ist eine zulässige Grundlage für die Überzeugungsbildung des Gerichts (§ 286 ZPO).

Zwar entfaltet ein strafgerichtliches Urteil keine Bindungswirkung im Zivilprozess (vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 1 EGZPO). Nimmt jedoch eine Partei zur Untermauerung ihrer Behauptung einer Straftat auf ein Strafurteil Bezug, so erfüllt sie damit ihre Substantiierungspflicht und es obliegt dem Gegner, den Vortrag zu entkräften. An die Substantiierungslast des Darlegungspflichtigen dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Er ist nicht verpflichtet, den streitigen Lebensvorgang in allen Einzelheiten darzustellen, sondern es genügt die Wiedergabe der Umstände, aus denen sich die gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Rechtsfolge ergeben. Vor allem dann, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des den behaupteten Anspruch begründenden Lebenssachverhaltes steht und keine Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen besitzt, trifft den über diese Kenntnis verfügenden Gegner der primär behauptungsbelasteten Partei eine sog. sekundäre Behauptungslast (vgl. BGH NJW 1995, 1025, 1026; Zöller/Greger, ZPO, 25. Auflage, § 138 Rn 8).

Hier hat der Kläger durch Bezugnahme auf das Strafurteil substantiiert ein betrügerisches Handeln des Beklagten ... auch zu seinem Schaden dargetan. Dabei ist es ausreichend, dass der Geschädigte die Straftat in den wesentlichen Grundzügen schildert und ergänzend auf die Ausführungen des Strafurteils Bezug nimmt. Der Kläger kann sich vorliegend auf das Strafurteil stützen, obwohl er nicht als Geschädigter aufgeführt ist, denn die von ihm dargelegte Straftat zu seinen Lasten entspricht dem im Strafurteil dargestellten Muster der "Schneeballfälle".

c) Die Tatsachenfeststellungen des Strafurteils hat der Beklagte ... nicht substantiiert entkräftet.

aa) Dass ein rollierendes Finanzierungssystem betrieben wurde, wird vom Beklagten ... nicht bestritten. Er stellt nicht in Abrede, dass die auf dem von ihm treuhänderisch zu verwaltenden Konto bei der ... in ... eingegangenen Anlagegelder zum allergrößten Teil nicht in die weitergeleitet wurden, um dort angelegt zu werden, sondern dazu dienten, Renditen und Provisionen auszuzahlen sowie sonstige Kosten zu decken.

Der Beklagte ... behauptet allerdings, gutgläubig gewesen zu sein. Er habe an ein großes Vermögen der ... Gruppe in der geglaubt, mit dem so erhebliche Gewinne erzielt wurden, dass daraus für jede nicht weitergeleitete Neuanlage ein Äquivalent zur Verfügung gestanden habe. Auf diese Weise sei ein kostenaufwändiges "Hin- und Her-Überweisend großer Geldbeträge (Renditeauszahlungen auf der einen Seite und neu anzulegender Kundengelder auf der anderen Seite) vermieden worden. Von einem Verlust der ... GmbH in Höhe von 30 Millionen DM Mitte 1998 habe er nichts gewusst.

Diese Einlassung widerspricht jeder Lebenserfahrung. Bereits die im Strafurteil genannten und vom Beklagten ... nicht in Abrede gestellten Summen sprechen dagegen, dass allein aus dem Vermögen der ... Gruppe in der Gewinne in einer der in ... eingezahlten Anlegergelder entsprechenden Höhe erzielt werden konnten. Um die in ... eingegangenen, aber nicht in die zur Anlage weitergeleiteten Kundengelder in Höhe von ca. 41,6 Millionen DM in der ... durch Vermögensrenditen "gegenzufinanzieren", hätte es selbst bei Annahme einer Rendite von 30 Prozent eines Vermögens in Höhe von ca. 135 Millionen DM bedurft. Bei Annahme einer Rendite von 10 Prozent wäre ein Vermögen der ... Gruppe von über 400 Millionen DM erforderlich gewesen. Anhaltspunkte für das Vorhandensein, geschweige denn über die Herkunft eines Anlagevermögens von einer solchen Größenordnung zeigt der Beklagte «... nicht im Ansatz auf. Insbesondere beruft er sich auf keinerlei Geschäftsunterlagen, die die Deckung nicht angelegter Einlagen durch Renditen aus dem Vermögen der ... Gruppe in der plausibel erscheinen lassen könnte.

Wenn der Beklagte ... versucht, sich als ahnungsloses "Werkzeug" darzustellen, das nur auf Geheiß des Mitverurteilten ... gehandelt habe, so entspricht dies nicht seinem Persönlichkeitsbild.

Bereits der berufliche Werdegang des Beklagten ... spricht gegen eine gänzlich untergeordnete Rolle im System der ... Unternehmensgruppe. Der Beklagte ... ist ein erfahrener Bankkaufmann. Nach Erlangen der Fachhochschulreife absolvierte er zunächst eine Lehre zum Bankkaufmann bei der Sparkasse .... Von 1977 bis 1990 war er für verschiedene internationale Banken (..., ..., ...) tätig. Anschließend arbeitete er freiberuflich für private Bankkunden, bis er 1997 ... kennen lernte und Geschäftsführer der ... wurde (vgl. Seite 6/7 des Strafurteils). Seiner Erfahrung entsprechend wurde der Beklagte ... von ... mit wichtigen Aufgaben betraut. So unterzeichnete er im Frühjahr 1998, als das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen im Rahmen seiner Ermittlungen gegen die ... Gruppe wegen des möglichen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften die Rückzahlung der bei der ... AG und der ... GmbH angelegten Gelder verlangte, einen auf den 2. August 1997 rückdatierten Treuhandvertrag mit der ... AG und einen auf den 5. November 1991 rückdatierten Treuhandvertrag mit der ... GmbH, in denen er nach dem Wortlaut der Verträge die treuhänderische Anlage von Kundengeldern übernahm. Die Verträge dienten C dazu, gegenüber dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Anlage und Rückzahlung von Kundengeldern plausibel zu machen (Blatt 34 - 38 des Strafurteils). Die Unterzeichnung dieser Verträge hat der Beklagte ... in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich eingeräumt.

Während die bei der ... AG eingezahlten Anlegergelder in Höhe von rund 6,5 Millionen DM an die Anleger zurück überwiesen wurden, wirkte der Beklagte ... maßgeblich bei der "Bar-Rückzahlung* der von den Anlegern der ... GmbH eingezahlten Gelder von insgesamt ca. 30 Millionen DM mit. Zu diesem Zweck suchte er Anleger in ganz Deutschland persönlich auf, erklärte ihnen, dass die ... Anlage aus formalen Gründen in ... nicht mehr durchgeführt werden könne, aber sehr wohl zu unveränderten Bedingungen in der Falls der Anleger es wünsche, könne er anstelle der Vertragsumschreibung auch sofort das Anlagegeld zurückerhalten; allerdings ginge, wenn es danach bei der ... wieder angelegt werden solle, eine Monatsrendite verloren. Auf diese Weise erreichte der Beklagte ... dass die allermeisten Anleger der ... GmbH auf eine Auszahlung verzichteten, aber dennoch Quittungen über die Rückzahlung ihrer Anlage nebst Renditen unterzeichneten. Die Bestätigungen dienten der ... GmbH zum Nachweis der vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen verlangten vollständigen Rückabwicklung der Kapitalanlagegeschäfte. Die maßgebliche Mitwirkung des Beklagten ... an diesen Manipulationen lässt keinen Zweifel an seinem dolosen Verhalten. Für seine Mitwirkung an der Umstellung der Anlagegelder erhielt er eine gesonderte Vergütung von 260.000,- Schweizer Franken (Strafurteil Blatt 52/54).

bb) Der Gefährdungsvorsatz des Beklagten ... wird auch nicht dadurch widerlegt, dass er nach seinen Angaben weder seiner damaligen Lebensgefährtin ... noch dem mit ihm befreundeten Ehepaar ... abgeraten habe, 50.000,- DM und 352.050,- DM bei der ... anzulegen.

Eine Vernehmung dieser Zeugen war nicht veranlasst; die behaupteten Tatsachen können als wahr unterstellt werden. Für das Verhalten des Beklagten ... gibt es vielfältige seine dolose Absicht nicht ausschließende Erklärungen. Sie reichen von der vorsorglichen Schaffung eines Alibis bis zur skrupellosen Umsetzung des betrügerischen Gesamtkonzeptes auch gegenüber nahe stehenden Personen.

cc) Die beantragte Vernehmung des Mitverurteilten G war nicht erforderlich, ebensowenig die beantragte Erholung eines psychologischen Gutachtens über die Persönlichkeit des Beklagten.

Dass der Beklagte ... nach einer Aussage von ... im Strafverfahren von einem Verlust der ... GmbH in Höhe von 30 Millionen DM Mitte 1998 nichts gewusst habe, kann als wahr unterstellt werden. Die Risiken des von der ... Gruppe betriebenen sog. Schneeballsystems waren unabhängig von einem Verlust der ... GmbH bereits Mitte 1998 für den Beklagten zu 1), als einem erfahrenen Finanzfachmann, eindeutig erkennbar.

Anhaltspunkte für krankhafte Störungen der Geistestätigkeit des Beklagten ... und eine hieraus resultierende Notwendigkeit der Zuziehung eines Sachverständigen sind nicht ersichtlich; auch fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte ... aufgrund einer psychischen Abnormität den schädigenden Charakter seines Handelns hätte nicht erkennen können. In der mündlichen Verhandlung vom 19. September 2006 zeigte sich der Beklagte ... als eine den gesamten Sachverhalt sicher beurteilende Prozesspartei.

dd) Die weiteren Einwände des Beklagten ... gegen die Feststellungen im Strafurteil - insbesondere zu seiner Stellung als Treuhänder der Anleger und zur Risikoträchtigkeit der von der ... Gruppe betriebenen Anlage - sind hier nicht entscheidungserheblich, weil Grund der Haftung nicht eine Täuschung über die Risiken der Anlage ist, sondern über den Umstand ihrer Einspeisung in ein rollierendes Finanzierungssystem.

2. Dem Kläger ist durch das Handeln des Beklagten zu 1) ein Schaden i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB entstanden; die Anlage ist unstreitig verloren.

II.

Auch der Beklagte ... haftet dem Kläger aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 27 StGB).

1. Der Beklagte ... hat Beihilfe zu dem von den Verantwortlichen der ... Gruppe begangenen Betrug dadurch geleistet, dass er auf Schulungsveranstaltungen für Anlagevermittler das Risiko der Anlage bei der ... herunterspielte.

a) Der Beklagte ... bestreitet nicht, dass er die hohen Risiken kannte, mit denen die ... Gruppe die eingeworbenen Gelder anzulegen versprach.

Die Risiken der Zinsdifferenzgeschäfte der ... Gruppe bestanden in einer Kreditaufnahme auf Rechnung des Anlegers bis zur dreifachen Höhe des Anlagebetrages in einer Fremdwährung mit günstigen Zinsen und einer Platzierung von Kredit- und Anlagesumme in Staatsanleihen eines Hochzinslandes; aus der Differenz zwischen niedrigen Kreditzinsen und hohen Zinsgewinnen der Staatsanleihen sollten neben den Vertriebs- und Verwaltungskosten der ... Gruppe die versprochenen Renditen an die Anleger bezahlt werden. Damit unterlagen die angelegten Gelder vielfältigen, nicht beherrschbaren Bonitäts-, Kurs-, Zinsänderungs- und Währungsänderungsrisiken. Die von den Mitverurteilten ... und ... ins Feld geführten Sicherungsmechanismen ("Stopp-Loss-Marken") waren nicht geeignet, das erhebliche Vermögensgefährdungsrisiko auszuschließen oder nennenswert zu minimieren.

Damit bestand beim Beklagten ... bezüglich der Vermögensgefährdung zumindest bedingter Vorsatz. Der Beklagte ist ausgebildeter Bankkaufmann und war seit 1972 für verschiedene Kreditinstitute in der ... und in anderen Ländern tätig. Deshalb liegt es fern, dass er die Risiken der propagierten Zinsdifferenzgeschäfte nicht in vollem Umfang beurteilen konnte.

b) Der Beklagte ... unterstützte die betrügerische Haupttat dadurch, dass er im Rahmen von Veranstaltungen für Anlagevermittler das Anlagerisiko wider besseres Wissen bagatellisierte.

Der Zeuge B hat in seiner Vernehmung vom 11. Dezember 2006 geschildert, dass der Beklagte ... auf sog. Jahresauftaktveranstaltungen auf das Emittenten- und Wechselkursrisiko der Anlage hingewiesen habe, gleichzeitig aber versicherte, dass diese Risiken bei richtiger Handhabung der Sicherungsmechanismen insbesondere der "Stopp-Loss-Order" beherrschbar seien; es sich mithin um eine sichere Anlage handele.

Der Zeuge ist glaubwürdig. Er machte seine Aussage ruhig, sachlich und ohne Be- und Entlastungseifer. Seine Angaben waren angesichts der inzwischen verstrichenen Zeit auch noch sehr detailgenau.

Es bedarf keiner näheren Darlegung, dass der Beklagte dabei in der Absicht handelte, die Akguirierung stark risikobehafteter Anlagen zu fördern. Vorsatz bezüglich der Beihilfehandlung liegt damit vor. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte ... das Geständnis im Strafverfahren des Landgerichts Darmstadt (9 KLs 610 Js 3853/99) nur - wie er behauptet - aus prozesstaktischen Gründen abgegeben hat.

2. Dem Kläger ist durch das Handeln des Beklagten F ein Schaden i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB entstanden. Die Anlage des Klägers ist verloren. Es kommt nicht darauf an, dass sich nicht das oben beschrieben Anlagerisiko verwirklichte, sondern das Geld in einem sog. Schneeballsystem verloren ging. Die hierin liegende Abweichung des vorgestellten und gebilligten Kausalverlaufs von dem dann tatsächlich eingetretenen Kausalverlauf ist für die Haftung des Beklagten ... unerheblich. Auch der Schutzzweck der verletzten Norm steht seiner Haftung nicht entgegen (BGH NJW 2005, 3137, 3138 m.w.N.). Ein Vermögens schaden ist einem betrügerischen Handeln auch dann zuzurechnen, wenn er durch ein "noch betrügerisches" Handeln von Mittätern eintritt; § 263 StGB dient uneingeschränkt dem Schutz fremden Vermögens.

III.

Der Anspruch des Klägers ist nicht verjährt. Die Verjährungsfrist von drei Jahren begann frühestens mit Einsicht in die Strafakten durch den damaligen Klägervertreter am 30. Januar 2003 und war weder bei Zustellung des Mahnbescheides am 20. Oktober 2004 noch bei Zustellung der "Anspruchsbegründung" am 8. Dezember 2004 abgelaufen.

1. Die Verjährung richtet sich gemäß Art. 229 § 6 EGBGB nach § 852 BGB a.P., weil die Verjährung nach altem Recht im Vergleich zur Neuregelung des Verjährungsrechts in §§ 195, 199 Abs. 1 BGB zu einem früheren Ablauf der Verjährungsfrist führt.

2. Die Verjährungsfrist des § 852 BGB a.P. beginnt mit der Kenntnis des Betroffenen von Schaden und Schädiger. Diese Kenntnis ist vorhanden, wenn dem Geschädigten bei einer Gesamtschau aller Umstände zuzumuten ist, aufgrund der ihm bekannten Tatsachen bei verständiger Würdigung eine von Erfolgsaussicht getragene Schadensersatzklage, zumindest als Feststellungsklage, gegen eine bestimmte Person zu erheben.

Den Kenntnisstand seiner Anwälte muss der Geschädigte nach den Grundsätzen der Zurechenbarkeit der Kenntnis eines Wissensvertreters gegen sich gelten lassen (BGH WM 1991, 2135, 2136).

3. Dem Kläger war jedenfalls nicht vor dem 30. Januar 2003, dem unstreitigen Zeitpunkt der erstmaligen Akteneinsicht seines damaligen anwaltlichen Vertreters, zumutbar, Klage zu erheben. Ein komplexer Betrugs Sachverhalt kann im Hinblick auf die Erfolgsaussichten einer Schadensersatzklage nur aufgrund der wesentlichen Ermittlungsergebnisse hinreichend sicher beurteilt werden. Dies sind insbesondere die Auswertung der Geldflüsse, die Aussagen von Zeugen und die Einlassung der Beschuldigten. Weder die Anfrage des damaligen Klägervertreters an die Rechtsschutzversicherung vom 7. August 2000, noch der Antrag des damaligen Prozessbevollmächtigten auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten im Namen eines anderen Geschädigten, noch die Kündigung vom 29. November 2000 belegen einen ausreichenden Kenntnisstand des Klägers.

Die Vorlage der Anfrage an die Rechtsschutzversicherung erst im Berufungsverfahren ist nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO verspätet. Sie stellt keinen neuen Sachvortrag, sondern lediglich die Ergänzung bereits in erster Instanz erfolgten Vorbringens zur Verjährung dar.

Aus allen drei Schreiben ergibt sich zwar die Kenntnis des damaligen anwaltlichen Vertreters des Klägers von der Person des Beklagten zu 1) als möglichem Schädiger, dem dringenden Tatverdacht eines Betruges und dem Erlass eines Haftbefehls. Das Schreiben zur Vorlage bei der Rechtsschutzversicherung vom 7. August 2000 belegt zudem eine Kenntnis vom Haftbefehl gegen den Beklagten .... Nähere Kenntnis des Tatgeschehens lässt sich den Schreiben indes nicht entnehmen.

Im Kündigungsschreiben vom 29. November 2000 wird von "vermuteten Straftaten im Zusammenhang mit der Geldanlage bei den Gesellschaften der ... und bei Banken in ..., in der ..., in ..., ..., etc." gesprochen.

Im Schreiben zur Vorlage bei der Rechtsschutzversicherung vom 7. August 2000 wird auf "erste Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft Darmstadt", nach denen Gelder der Anleger nicht in der zugesagten Anlageform plaziert oder die ausgezahlten Renditen und Boni sowie die Kapitalrückzahlungen von den Neuanlegern getätigt wurden, zurückgegriffen.

Es ist indes einem Geschädigten nicht zumutbar, auf "Vermutungen" oder "erste Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft" eine Schadensersatz - oder eine Feststellungsklage zu stützen. Vielmehr muss der Anspruchsteller zumindest in der Lage sein, die Umstände darzustellen, aus denen sich die gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Rechtsfolge ergeben.

Die zitierten Schreiben belegen nur die Kenntnis vom Verdacht eines Betruges oder einer Untreue, jedoch nicht die Kenntnis von der Beweislage. Diese stellte sich schwierig dar, weil sich die Beschuldigten ... und ... in einem über mehrere Länder - neben ..., der ... und ... auch ..., und ... erstreckenden Firmengeflecht der ... Gruppe betätigt haben. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof, a.a.O., entschiedenen Fall, ergab sich eine ausreichende Kenntnis des Klägervertreters auch nicht aus dem Inhalt des Haftbefehls. Der Beklagte zu 1) behauptet nicht, dass der Klägervertreter vor der Akteneinsicht im Januar 2003 mehr als nur die Existenz der Haftbefehle kannte. Die Verjährungsfrist konnte aber nur bei Kenntnis vom Inhalt der Haftbefehle in Gang gesetzt werden, vorausgesetzt er ist hinreichend präzise.

IV.

Der Kläger ist im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde (§ 249 BGB a.F.). Er hat mithin Anspruch auf Rückzahlung der Anlage von 30,000,- DM (= 15.338,76 EUR), muss sich jedoch im Wege des Vorteilsausgleichs ausgezahlte Renditen in Höhe von unstreitig 3.170,20 DM (= 1.620,90 EUR) anrechnen lassen.

Rechtsfehlerfrei und von der Berufung nicht substantiiert angegriffen hat das Landgericht die erzielbaren Anlagezinsen für den Zeitraum der Geldanlage bis zur Kündigung am 29, November 2000 gemäß § 252 BGB a.F., § 287 ZPO auf 1.646,35 EUR geschätzt. Es hat gestützt auf den Monatsbericht der Deutschen Bundesbank für Januar 2000 eine Umlaufrendite von 4,6 Prozent für festverzinsliche Wertpapiere im Juli 1998 zugrunde gelegt.

Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht weiter die Erstattungsfähigkeit der gemäß § 118 Abs. 2 S. 1 BRAGO in Höhe von 527,15 EUR geltend gemachten Besprechungsgebühr verneint. Die vorgetragene Erholung von Informationen durch Telefonate mit Anwaltschaft, Rechtsschutzversicherung u.a. ist noch keine Besprechung i.S.d. Gebührenrechts.

Anders als das Landgericht meint, sind auch die weiteten vom Kläger geltend gemachten Kosten der Rechtsverfolgung, entstanden in den Insolvenzverfahren über die Vermögen des ..., der ... GmbH und der ..., hier nicht ersatzfähig, weil Kosten der Rechtsverfolgung gegenüber weiteren eventuellen Schuldnern nur diesen und nicht dem Beklagten zu 1) überbürdet werden können.

Damit ergibt sich folgende Schadensberechnung:

 zurückzuzahlende Einlage 15.338,76 EUR
abzüglich Rendite 1.620,90 EUR
 13.717,86 EUR
zuzüglich Zinsen bis 29.11.2000 1.646,35 EUR
zu ersetzender Schaden 15.364,21 EUR.

Die Beklagten haften als Gesamtschuldner (§ 830 Abs. 1 S. 1, § 840 Abs. 1, § 421 BGB).

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1, § 100 Abs. 4 ZPO.

Der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit liegen § 708 Nr. 10, § 711 ZPO zugrunde.

D.

Im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg vom 28. Juni 2006, Az.: 3 U 356/05, in der die Revision ebenfalls zugelassen wurde, wird die Revision zugelassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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