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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 04.10.2004
Aktenzeichen: 11 WF 2713/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, InsO


Vorschriften:

ZPO § 850 c
BGB § 1612 Abs. 3 S. 1
InsO § 35
InsO § 36 Abs. 1
InsO § 38
InsO § 40
1. Nur die bis zur Eröffnung fällig gewordenen Unterhaltsforderungen werden Insolvenzforderungen (§§ 38, 40 InsO). Unterhaltsforderungen entstehen in jedem Zeitpunkt neu, in dem ihre Voraussetzungen vorliegen. Unterhaltsforderungen, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, werden daher nicht vom Insolvenzverfahren erfasst.

2. Der Teil des laufenden Einkommens, der die Pfändungsgrenzen des § 850 c ZPO nicht übersteigt, gehört nicht zur Insolvenzmasse und ist für Unterhaltszwecke frei.


11 WF 2713/04

Nürnberg, den 04.10.2004

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 11. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Erlangen vom 29. April 2004 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Das Rechtsmittel des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts, mit dem ihm Prozesskostenhilfe für seine beabsichtigte Abänderungsklage versagt wurde, ist nicht begründet. Das Amtsgericht hat im Ergebnis zutreffend die Leistungsfähigkeit des Antragstellers für die Zahlung von 100 % des Regelbetrages für die beiden Kinder, derzeit je 284,00 Euro, bejaht.

Zwar reicht das monatliche Nettoeinkommen des Antragstellers von 550,00 Euro nicht, um den titulierten Unterhalt der Kinder zu bezahlen. Da die am 21.12.1986 bzw. 31.03.1990 geborenen Kinder des Antragstellers minderjährig sind, trifft ihn aber unterhaltsrechtlich die Obliegenheit (§ 1603 Abs. 2 S. 1 BGB), die ihm zumutbaren Einkünfte zu erzielen, insbesondere seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen und eine einträgliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Aus der verschärften Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern folgt eine erhöhte Arbeitspflicht des Antragstellers unter gesteigerter Ausnützung seiner Arbeitskraft (Wendel/Scholz, Unterhaltsrecht, 6. Auflage, § 2 Rn. 145).

Dieser gesteigerten Erwerbsobliegenheit wird der Antragsteller nicht gerecht.

Der Antragsteller arbeitet in der Firma seiner Ehefrau. Wegen der wirtschaftlichen Situation der noch jungen Firma, die sich am Markt noch etablieren muss, kann er derzeit keine höhere Vergütung als 550,00 Euro erhalten. Bei diesen Gegebenheiten ist der Antragsteller angesichts seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinen beiden minderjährigen Kindern verpflichtet, sich entsprechend seinen Fähigkeiten und seinen Erwerbsmöglichkeiten mit Nachdruck um einen anderen Arbeitsplatz zu bemühen. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller, der den Beruf des Energieanlagetechnikers ausübt, keine entsprechende Stelle am allgemeinen Arbeitsplatz zu finden vermag, sind nicht ersichtlich. Eine entsprechende Einkommenserzielung scheitert daran, dass er bisher keine Anstrengungen unternommen hat, eine besser bezahlte Stelle zu finden. Dem 45 Jahre alten Antragsteller, ist daher fiktiv ein Nettoeinkommen von mindestens 1.800,00 Euro zuzurechnen.

An diesem Ergebnis ändert die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers am 26.01.2004 nichts. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden nämlich nur die bis dahin fällig gewordenen Unterhaltsforderungen Insolvenzforderungen (§§ 38, 40 InsO). Da Unterhaltsforderungen in jedem Zeitpunkt, in dem ihre Voraussetzungen vorliegen, neu entstehen und monatlich im voraus zu erfüllen sind (§ 1612 Abs. 3 S. 1 BGB), sind die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig werdenden Unterhaltsansprüche aus dem Insolvenzverfahren ausgeklammert (OLG Koblenz, FamRZ 2002, 31, 32; OLG Karlsruhe, FamRZ 2004, 821, 822; Hoppenz FF 2003, 158, 159).

Die Leistungsfähigkeit des Antragstellers scheitert auch nicht daran, dass das nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens anfallende Vermögen des Antragstellers nach § 35 InsO zur Insolvenzmasse gehört. Denn nach § 36 Abs. 1 InsO gehört das nach der Insolvenzeröffnung vom Schuldner erworbene Vermögen nur insoweit zur Insolvenzmasse, als es der Zwangsvollstreckung unterliegt. In die Insolvenzmasse fällt daher nur der Teil des laufenden Einkommens, der die Pfändungsgrenzen des § 850 c ZPO übersteigt. Der für Drittgläubiger unpfändbare Betrag ist daher, gekürzt um den Selbstbehalt des Antragstellers, für den unterhalt der beiden Kinder einsetzbar. Das unpfändbare Einkommen des Antragstellers beträgt unter Berücksichtigung der beiden Unterhaltspflichten gegenüber den minderjährigen Kindern 1.475,00 Euro (930 Euro + 350 Euro + 195 Euro). Nach Abzug des dem Antragsteller gegenüber minderjährigen Kindern zustehenden notwendigen Selbstbehaltes von 840,00 Euro (SüdL Nr. 21.2) stehen 635,00 Euro für Unterhaltszwecke zur Verfügung. Tatsächlich benötigt der Antragsteller für die beiden Kinder nur 2 x 284,00 Euro, insgesamt 568,00 Euro. Selbst wenn man trotz der beengten wirtschaftlichen Verhältnisse dem Antragsteller eine berufsbedingte Aufwendungspauschale von 5 % zuerkennt (SüdL Nr. 10.2.1) ist er leistungsfähig, denn sein notwendiger Selbstbehalt ist niedriger anzusetzen sein, weil der Bedarf des Antragstellers durch die gemeinsame Haushaltsführung mit seiner Ehefrau geringer ist (BGH FamRZ 1998, 286, 288).

Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich, da Kosten im Beschwerdeverfahren nicht erstattet werden (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen gemäß § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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