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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 23.02.2006
Aktenzeichen: 13 U 2489/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 578
BGB § 535
BGB § 273
1. Der Vermieter von Gewerberäumen ist auch bei Fehlen einer entsprechenden Regelung im Mietvertrag verpflichtet, eine Barkaution getrennt von seinem übrigen Vermögen anzulegen.

2. Kommt der Vermieter dieser Verpflichtung nicht nach, so kann der Mieter an der noch zu bezahlenden Restkaution ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.


Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

13 U 2489/05

Verkündet am 23. Februar 2006

In Sachen

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Walther und die Richter am Oberlandesgericht Steckler und Hilzinger aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Schlußurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.10.2005 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.203,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 613,55 Euro seit dem 05.03.2001, aus weiteren 613,55 Euro seit dem 05.04.2001, aus weiteren 492,20 Euro seit dem 05.05.2001, aus weiteren 492,20 Euro seit dem 06.06.2001, aus weiteren 492,20 Euro seit dem 04.07.2001, sowie aus weiteren 492,20 Euro seit dem 04.08.2001 zu bezahlen Zug um Zug gegen Nachweis, daß die bereits auf die Kaution bezahlten Teilbeträge von 2.488,35 Euro und 1.000,21 Euro getrennt vom sonstigen Vermögen des Klägers zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz angelegt sind und der zu zahlende Betrag in gleicher Weise angelegt wird.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 75 %, die Beklagte trägt 25 %.

Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt der Kläger 91 %, die Beklagte trägt 9 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluß:

Der Streitwert für dass Berufungsverfahren wird auf 17.315,79 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Sachverhalts wird nach § 313 a Abs. 1 Satz 1, § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil nicht zulässig ist (§ 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO).

II.

Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Sie führt dazu, daß die Beklagte zur Zahlung von 5.203,41 Euro zu verurteilen ist und dem Kläger ein Zurückbehaltungsrecht entgegenhalten kann.

1. Dem Kläger stehen für den Zeitraum Oktober 2000 bis einschließlich Juli 2004 keine Ansprüche auf Zahlung rückständiger (Netto)Mieten gegen die Beklagte zu.

a) Maßgebend für die Höhe der Miete ist zunächst § 3 des Mietvertrages vom 11.10.2000. Danach beträgt die Nettomiete 7.000,-- DM monatlich. Daran hat die Vereinbarung unter § 24 des Mietvertrages für die Zeit ab 01.03.2001 nichts geändert. § 24 des Mietvertrages gestattete der Beklagten, zunächst weniger als die vereinbarte Bruttomiete zu bezahlen (7.700,-- DM anstatt 8.500,-- DM); im Gegenzug verpflichtete die Beklagte sich, ab 01.03.2001 mehr als die vereinbarte Bruttomiete zu zahlen (nämlich 9.700,-- DM), "solange bis die Mieten Oktober 2000 bis Februar 2001 voll sind und dann die Kaution voll erbracht ist". Mit dieser Regelung wurde also nicht die Höhe der vereinbarten Miete geändert, sondern der Beklagten ermöglicht, zunächst die bis dahin aufgelaufenen Mietrückstände zu tilgen und sodann die Kaution gleichsam ratenweise zu erbringen. Die Regelung ergäbe keinen Sinn, wenn ab 01.03.2001 die Nettomiete angehoben werden sollte; denn betrüge die Bruttomiete ab 01.03.2001 9.700,-- DM, so wäre eine Rückführung offener Mieten und eine ratenweise Begleichung der Kaution nicht möglich.

b) Ab 01.05.2001 haben sich die Parteien auf eine Bruttomiete von 5.700,-- DM geeinigt. Unstreitig ist ab diesem Zeitpunkt das Mietverhältnis nicht mehr über die vollen ursprünglich angemieteten Flächen im ersten Obergeschoß und im Erdgeschoß des Gebäudes fortgesetzt worden, sondern die Teilmietfläche im Erdgeschoß weitgehend entfallen. Die Beklagte behauptet eine Vereinbarung mit dem Kläger, wonach im Hinblick auf die Kündigung der Teilmietfläche im Erdgeschoß die Bruttomiete ab 01.05.2001 nur noch 5.700,-- DM betragen soll. Diese Darstellung hält der Senat in Übereinstimmung mit der Beweiswürdigung des Landgerichts für erwiesen; er folgt allerdings dem Landgericht nicht, soweit dieses davon ausgeht, daß die Reduzierung des Mietzinses erst ab September 2001 wirksam geworden ist.

Entscheidendes Indiz ist dabei das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 09.09.2001 (Anlage B 3). in diesem Schreiben erklärt der Kläger nach Mitteilung des Nachzahlungsbetrages, der sich aus den Nebenkostenabrechnungen für das letzte Quartal des Jahres 2000 sowie für die erste Hälfte des Jahres 2001 ergibt:

"Die vereinbarten Nebenkostenvorauszahlungen werden angepaßt. Die neue Vorauszahlung beträgt: DM 1.000,-- (bisher DM 700,--). Demnach beträgt die neue Miete (incl. Nebenkostenvorauszahlung) DM 6.000,--."

Aus dieser Erklärung ergibt sich, daß die bisherige Bruttomiete bei 5.700,-- DM gelegen hat und daß davon 700,-- DM auf die Nebenkostenvorauszahlung entfielen sowie daß die künftige Nettomiete 5.000,-- DM (nämlich 6.000,-- DM Bruttomiete abzüglich 1.000,-- DM Nebenkostenvorauszahlung) beträgt. Der Inhalt des Schreibens deckt sich daher mit dem Sachvortrag der Beklagten. Er stimmt auch mit den von der Beklagten unstreitig ab Mai 2001 gezahlten Beträgen überein: Der Kläger trägt selbst vor, daß die Beklagte von Mai bis August 2001 monatlich 5.700,-- DM und ab September 2001 6.000,-- DM bezahlt habe. Er stimmt ferner damit überein, daß der Kläger in den Nebenkostenabrechnungen 2000 und 2001 (Anlage B 1, B 2) für den Zeitraum 01.10. bis 31.12.2000 Nebenkostenvorauszahlungen von 2.100,-- DM und für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2001 Nebenkostenvorauszahlungen von 4.200,-- DM angesetzt hat; geteilt durch die Zahl der Monate ergibt sich eine Nebenkostenvorauszahlung von monatlich 700,-- DM.

Die Aussage der Zeugin S steht dazu nicht in Widerspruch. Die Zeugin hat angegeben, daß sie an Gesprächen der Parteien zur Miethöhe und der Nebenkostenvorauszahlungen nicht teilgenommen habe. Sie hat erklärt, daß sie in ihre Nebenkostenabrechnungen immer die Vorauszahlungsbeträge eingestellt habe, die ihr der Kläger mitgeteilt habe. Ihre ursprüngliche Angabe, dies sei ein Betrag von 1.500,-- DM gewesen, hat sie nach Einsicht in die ihr vorliegenden Unterlagen - aus denen sich die in B 1 und B 2 ausgewiesenen Beträge ergaben - nicht aufrechterhalten.

Das Schreiben vom 09.09.2001 nimmt auf die bereits geltende Nettomiete Bezug; ebenso hat die Beklagte ab Mai 2001 monatlich 5.700,-- DM bezahlt. Damit ist davon auszugehen, daß die Nettomiete von 5.000,-- DM ab Mai 2001 galt.

c) Die Beklagte hat die Nettomieten für den Zeitraum Oktober 2000 bis Juli 2004 bezahlt. Der Kläger trägt vor, die Beklagte habe von Oktober 2000 bis April 2001 monatlich 7.700,-- DM, von Mai bis August 2001 monatlich 5.700,-- DM und ab September 2001 6.000,-- DM monatlich bezahlt. Von diesen Beträgen sind im Zeitraum Oktober 2000 bis August 2001 700,-- DM, ab September 2001 1.000,-- DM als Nebenkostenvorauszahlungen anzusehen; dies ergibt sich aus dem Schreiben des Klägers vom 09.09.2001 und dem damit übereinstimmenden Ansatz der Nebenkostenvorauszahlungen in den Nebenkostenabrechnungen für den. Zeitraum 01.10,bis 31.12.2000 und 01.01. bis 30.06.2001 (Anlagen B 1, B 2). Damit hat die Beklagte - wie sie übereinstimmend vorträgt - für Oktober 2000 bis April 2001 jeweils 7.000,-- DM und ab Mai 2001 jeweils 5.000,-- DM Nettomiete bezahlt, so daß keine Rückstände bestehen.

Den Vortrag der Beklagten, gegen einen Teilbetrag die Miete für Oktober 2003 habe sie mit Schadensersatzansprüchen aufgerechnet, hat der Kläger nicht bestritten.

2. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von 5.203,41 Euro Restkaution zu.

a) Die von der Beklagten zu leistende Kaution beträgt 17.000,-- DM (§ 20 des Mietvertrages vom 11.10.2000). Der Kautionsbetrag hat sich weder durch die Reduzierung der gemieteten Fläche ab 01.05.2001 noch wegen eines Mangels (geringere tatsächliche Mietfläche als im Mietvertrag ausgewiesen) vermindert.

Der Text des § 20 des Mietvertrages, wonach die Kaution zwei Bruttomieten beträgt, nimmt erkennbar die Höhe der in § 3 des Vertrages vereinbarten Bruttomiete von 8.500,-- DM als Berechnungsgrundlage für die Kaution. Ein Wille der Vertragsparteien, daß sich bei späteren Änderungen der Mietfläche und/oder der Miethöhe auch die Höhe der Kaution - gegebenenfalls auch zu Lasten der Beklagten - entsprechend verändern soll, läßt sich daraus nicht entnehmen. Die Verringerung der gemieteten Fläche und der Miete zum 01.05.2001 waren bei Vertragsschluß noch nicht absehbar. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des BGH zu der für die Wohnraummiete geltenden Vorschrift des § 551 Abs. 1 BGB. Maßgeblich für die zulässige Höhe der Sicherheit ist danach die im Zeitpunkt der Kautionsvereinbarung geschuldete Miete; spätere Erhöhungen oder Ermäßigungen bleiben außer Betracht (BGH NJW 2005, 2773).

Der Kautionsbetrag ist auch nicht gemindert, weil die gemieteten Räume bereits zum Zeitpunkt der Kautionsvereinbarung einen nicht behebbaren Mangel aufgewiesen hätten. Entgegen der vom Senat in der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2006 geäußerten Ansicht sind die gemieteten Räume nicht deshalb von Anfang an mangelhaft gewesen, weil die tatsächliche Mietfläche um mehr als 10 % geringer war als die im Vertrag angegebene. In der Klageschrift trägt zwar der Kläger auf Seite 3 vor:

"Die im Mietvertrag mit 1.000 qm + 450 qm geschätzte Mietfläche beträgt tatsächlich im 1. OG 1.198,8 qm und im Erdgeschoß 60,7 qm, insgesamt also 1.259,5 qm."

Aus dem folgenden Text ergibt sich jedoch, daß es sich bei 1.259,5 qm nicht um die Größe der ursprünglich angemieteten Mietfläche handelt, sondern um die ab 01.05.2001 noch verbliebene Mietfläche. Denn der Kläger legt die Zahl von 1.259,5 qm bei der Errechnung der ab 01.05.2001 - und damit für die verringerte Mietfläche - zu zahlenden Miete zugrunde. Auch die vorgelegten Nebenkostenabrechnungen zeigen, daß dort für die Zeit vom 01.10.2000 bis 30.04.2001 im Erdgeschoß eine Fläche von 640 qm (Anlagen B 1, B 2), ab 01.05.2001 dagegen eine von 100 qm angesetzt werden, während die für das erste Obergeschoß berechnete Fläche gleichbleibend 1.280 qm beträgt und damit auch fast der Zahl von 1.259,5 qm entspricht. Ferner hat auch die Beklagte in der Klageerwiderung ausgeführt, daß es sich um ursprünglich ca. 1.280 qm im ersten Obergeschoß und um ca. 640 qm im Erdgeschoß handelte.

b) Die Beklagte hat auf die Kaution bei Beginn des Mietverhältnisses 4.866,78 DM sowie am 05.05.2004 1.000,21 Euro bezahlt. Höhere Zahlungen hat die Beklagte nicht nachgewiesen.

Die vom Kläger vorgetragenen Zahlungen belaufen sich auf 3.488,56 Euro; der Kläger hat bestritten, daß darüber hinaus weitere Zahlungen von der Beklagten erbracht worden seien.

Die Beklagte hat Zahlungen in Höhe von insgesamt 8.500,-- DM vorgetragen, was 4.345,38 Euro entspricht.

Der Kläger hat die von der Beklagten behaupteten Zahlungen substantiiert bestritten. Der Vortrag der beiden erhaltenen Zahlungen in Verbindung mit der Erklärung, weitere Zahlungen seien nicht geleistet worden, war dafür ausreichend, da die Beklagte ihrerseits keine näheren Angaben zum genauen Zeitpunkt und zu den Umständen der Zahlungen machte, sondern sich auf die Angaben "bezahlt 09/2001", "bezahlt 10/2001" und "bezahlt 11/2001" beschränkte. Die behauptete Zahlung von 4.000,-- DM an den vorherigen Vermieter S kann in dem Betrag von 4.866,78 DM enthalten sein, den der Kläger als bei Beginn des Mietverhältnisses erhalten anrechnet; der Kläger hat auch die von der Beklagten behauptete Zahlung der ersten Monatsmiete an den vorherigen Vermieter S in seiner Aufstellung zugunsten der Beklagten berücksichtigt. Aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen lassen sich die behaupteten Zahlungen auf die Kaution ebenfalls nicht herleiten. Die Beträge in den Kontoauszügen stimmen nicht mit den von der Beklagten behaupteten Zahlungen auf die Kaution überein; auch soweit durch handschriftliche Vermerke auf den Kontoauszügen eine Aufteilung der gezahlten Beträge vorgenommen wird, decken sich bei den Zahlungen im Oktober und November 2001 die Beträge (4.000,-- DM bzw. 1.500,-- DM) nicht mit den von der Beklagten vorgetragenen Zahlungen (3.000,-- DM bzw. 500,-- DM). Auch der angegebene Verwendungszweck spricht gegen Zahlungen auf die Kaution: Für September 2001 ist für 1.000,-- DM "NK incl. MWSt", bei der Zahlung vom 08.10.2001 "Miete Abschlagszahlung" und bei der Zahlung vom 05.11.2001 "Miete November u. Abschlagszahlung" vermerkt.

Beweispflichtig für höhere Zahlungen als die vom Kläger eingeräumten ist jedoch die Beklagte, da sie sich auf die Erfüllung der Kautionsverbindlichkeit beruft.

c) Nach Abzug der beiden Zahlungen, die zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen sind, vom Kautionsbetrag verbleibt ein Betrag von 5.203,41 Euro.

3. Dem Kläger stehen keine weiteren Zahlungsansprüche aus der Abrechnung von Nebenkosten zu.

a) Die Ansprüche aus den Nebenkostenabrechnungen stellen im Berufungsverfahren Hilfsansprüche dar. Denn das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von Mietrückständen und Restkaution verurteilt, Ansprüche des Klägers auf Nebenkostennachforderungen jedoch abgewiesen. Da der Kläger keine Anschlußberufung eingelegt hat, fallen in der Berufungsinstanz primär nur die vom Landgericht zugesprochenen Ansprüche an; soweit sich der Kläger in der Berufungsinstanz darauf stützt, daß die Beklagte ihm 8.814,3 7 Euro aus Nebenkostenabrechnungen schulde, handelt es sich daher um eine hilfsweise Begründung, die zur Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Urteils - nämlich hilfsweise gestützt auf die Nebenkostennachforderungen - führen soll.

b) Der Kläger macht im vorliegenden Verfahren nur noch Ansprüche auf Nebenkostennachzahlungen geltend. Nachdem die Beklagte darauf hingewiesen hatte, daß der Kläger Nebenkostenvorauszahlungen nicht mehr verlangen könne, da die Nebenkosten bereits abgerechnet seien, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 09.05.2004 die Ansprüche in Höhe der zunächst geltend gemachten Nebenkostennachzahlungen stattdessen darauf gestützt, daß die Beträge als verbrauchte Nebenkosten geschuldet seien.

c) Soweit der Kläger mit der Berufungserwiderung erstmals die Nebenkostenabrechnung für den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2004 vorgelegt hat, handelt es sich um eine unzulässige Klageänderung. In erster Instanz hatte der Kläger die Nebenkosten bis einschließlich 31.12.2003 eingeklagt. Soweit die Klage im Berufungsverfahren nunmehr erstmals und hilfsweise auch auf die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2004 gestützt wird, liegt keine bloße Hilfsbegründung für den gleichen prozessualen Anspruch vor. Restmieten und Restkaution einerseits und Nebenkostennachforderungen andererseits sind verschiedene Streitgegenstände. Es handelt sich deshalb um eine objektive eventuelle Klagenhäufung und damit um eine Klageänderung. Diese ist unzulässig, weil der neue Antrag nicht auf Tatsachen gestützt werden kann, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hätte (§ 533 Nr. 2 ZPO).

d) Im übrigen sind die Nebenkostennachforderungen nicht fällig.

Voraussetzung für die Fälligkeit von Nebenkosten ist eine nachvollziehbare Abrechnung, die den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entsprechen, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten muß; sie muß mindestens enthalten eine geordnete Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der Verteilungsschlüssel, die Berechnung des Mieteranteils und den Abzug der Vorauszahlungen (Palandt/Weidenkaff, BGB, 65. Aufl., § 535 Rn. 93; Walther, in: Müller/Walther, Miet- und Pachtrecht, § 581 Rn. 112).

Bei den vom Kläger nunmehr vorgelegten Abrechnungen für den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2002 und 01.01. bis 31.12.2003 fehlt es bereits an der Berücksichtigung der erbrachten Vorauszahlungen. In den Abrechnungen findet sich lediglich, der Hinweis "Anrechnung der geleisteten Vorauszahlungen erfolgt in beigefügtem Schreiben"; dieses Schreiben fehlt jedoch. Hinzu kommt, daß in den Abrechnungen die Kosten für Müllabfuhr, Wasser, Kanal- und Straßenreinigung nach Einheiten verteilt werden, obwohl in § 3.3 des Mietvertrages vorgesehen ist: "Die Nebenkostenabrechnung erfolgt aufgrund der angemieteten Quadratmetern." Auch die Abrechnungen für die Zeit vom 01.10. bis 31.12.2000 und 01.01. bis 30.06.2001 enthalten eine Verteilung von Wasser/Abwasser nach Einheiten; zudem sind die in diesen Abrechnungen angegebenen Verteilerschlüssel nicht nachvollziehbar.

4. Die Beklagte kann sich gegenüber dem Anspruch des Klägers auf Zahlung der Restkaution auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen, da der Kläger nicht nachgewiesen hat, daß der Kautionsbetrag getrennt von seinem Vermögen und zu dem für Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist üblichen Zinssatz angelegt wird (§ 273 BGB).

a) Die Frage, ob der Vermieter von Gewerberäumen verpflichtet ist, eine Barkaution getrennt von seinem Vermögen anzulegen, ist umstritten. § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB, wonach die Anlage der Kaution vom Vermögen des Vermieters getrennt erfolgen muß, gilt nur für die Wohnraummiete; in § 578 BGB wird er für Mietverhältnisse über Räume, die keine Wohnräume sind, nicht für anwendbar erklärt, da der Gesetzgeber angesichts der im allgemeinen ausgeglichenen Verhandlungssituation einen Regelungsbedarf verneint hat. Ausgelöst durch die Entscheidung des BGH vom 21.09.1994 (BGHZ 127, 138), in der der BGH bei Fehlen einer abweichenden vertraglichen Vereinbarung eine Verpflichtung zur Verzinsung der Kaution auch bei der Geschäftsraummiete angenommen hat, ist jedoch die Meinung im Vordringen, daß auch bei Gewerberaum die Kaution getrennt vom Vermögen des Vermieters zu verwahren ist. Begründet wird dies mit einer ergänzenden Vertragsauslegung (Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Leasing-, Miet- und Pachtrechts, 9. Aufl., Rn. 703; Emmerich, in: Staudinger, 3GB (2003), § 551 Rn. 19, 35; Schmidt/Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 551 Rn. 85; KG NJW-RR 1999, 738; anderer Ansicht: Bub/Treier, Handbuch der Geschäftsraummiete, 3. Aufl., Rn. 790, die aber ebenfalls die Möglichkeit einer derartigen ergänzenden Auslegung sehen; LG Stuttgart, ZMR 1997, 432; LG Bonn NJW-RR 1997, 1099; offengelassen von: KG DWW 2 004, 85).

Die Verpflichtung des Klägers, die Kaution getrennt von seinem übrigen Vermögen anzulegen, ergibt sich aus ergänzender Auslegung der zwischen den Parteien zustandegekommenen Sicherungsabrede. Nach § 20 des Mietvertrages dient die Kaution "zur Sicherstellung aller Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis" und ist nach Beendigung des Mietverhältnisses und nach Erfüllung aller vertraglichen Vereinbarungen an den Mieter zurückzuerstatten. Bei der Kaution handelt es sich damit um eine Sicherheitsleistung, die Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte aus dem Pachverhältnis sichern soll. Ein Zugriff des Klägers auf die Kaution soll erkennbar erst im Verwertungsfall in Betracht kommen. Er erhält damit den Betrag zur treuhänderischen Verwaltung (so auch OLG Frankfurt/M. NJW-RR 1991, 1416). Dem Sicherungsinteresse des Klägers ist aber genügt, wenn er die Zugriffsmöglichkeit auf den Kautionsbetrag erhält; es ist dafür nicht notwendig, den Betrag vollständig ins Vermögen des Vermieters zu überführen. Vielmehr entspricht es umgekehrt dem Sicherungsinteresse der Beklagten, einen Verlust der Kaution bei Insolvenz des Klägers zu verhindern, der einträte, wenn der Betrag vollständig ins Vermögen des Klägers überginge. Den erkennbaren und berechtigten Interessen beider Teile entspricht damit, wie auch bei anderen Sicherheiten, die Annahme einer treuhänderischen Verwaltung durch den Sicherungsnehmer.

Die Anerkennung einer Verpflichtung, die Kaution vom Vermögen des Vermieters getrennt zu halten, läuft auch nicht - wie das LG Bonn (NJW-RR 1997, 1099) meint - der gesetzgeberischen Intention zuwider, § 551 BGB für gewerbliche Mietverhältnisse nicht für anwendbar zu erklären. Die Tatsache, daß der Gesetzgeber keine Schutzvorschriften zugunsten des gewerblichen Mieters für erforderlich gehalten hat, steht einer interessengerechten Vertragsauslegung nicht entgegen.

Die Verpflichtung des Vermieters gewerblicher Mieträume, die vom Mieter geleistete Mietkaution zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz zu verzinsen, wenn der Vertrag keine abweichende Regelung vorsieht, hat der BGH - ebenfalls aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung - bejaht (BGHZ 127, 138).

b) Der Kläger ist diesen Verpflichtungen unstreitig hinsichtlich des bereits erhaltenen Teils der Kaution nicht nachgekommen. Er hat mitgeteilt, daß ihm eine Anlage der bereits erhaltenen Zahlungen auf einem separaten Kautionskonto bisher nicht möglich gewesen sei. Sein Angebot, die von der Beklagten bereits gezahlten Teile der Kaution auf einem Anderkonto seines Prozeßvertreters oder dem der Beklagten zu hinterlegen, bis eine Anlage auf einem Kautionssparbuch möglich sei, ist nicht ausreichend. Es handelt sich dabei um kein Angebot, mit dem der Kläger einen Annahmeverzug der Beklagten herbeiführen könnte; denn eine vertragskonforme Anlage wäre ihm auch ohne Mitwirkung der Beklagten möglich.

c) Die Beklagte kann auf die Verletzungen der Verpflichtungen des Klägers auch ein Zurückbehaltungsrecht stützen. Dieses ergibt sich aus § 273 BGB, da der Anspruch des Klägers auf Bezahlung der Kaution und der Anspruch der Beklagten auf eine vertragskonforme Anlage des Kautionsbetrages auf demselben Schuldverhältnis (Vereinbarung einer Mietsicherheit im Rahmen des Mietvertrages vom 11.10.2000) beruhen und zwischen ihnen ein innerer natürlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang in der Weise besteht, daß es gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den anderen geltend gemacht und durchgesetzt werden könnte (zu dieser Voraussetzung Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 273 Rn. 9). Es sind keine Gründe ersichtlich, den Mieter zu weiteren Zahlungen auf die Kaution zu zwingen, obwohl der Vermieter seinerseits seiner Verpflichtung zur sicheren Verwahrung und zur verzinslichen Anlage des Kautionsbetrages nicht nachkommt. Es kann dahinstehen, ob der Auffassung des KG (DWW 2004, 85) zu folgen ist, wonach der Wortlaut des § 551 BGB in einer solchen Situation ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters ausschließt. Denn die Vorschrift des § 551 BGB gilt nicht für gewerbliche Mietverhältnisse. Jedenfalls im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Vertragsparteien ist es nicht ausgeschlossen, ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters anzunehmen, wenn nach dem bisherigen Verhalten des Vermieters eine vertragskonforme Verwendung der Kaution nicht gewährleistet ist.

5. Verzinsung

Insoweit verbleibt es weitgehend bei dem Zinsausspruch des Ersturteils.

a) Die Beklagte ist im März und April 2001 jeweils mit einem Betrag von 1.200,-- DM/613,55 Euro der Kaution in Verzug geraten, ohne daß es einer Mahnung bedurfte (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Nach § 20 des Mietvertrages wäre der Kautionsbetrag sofort fällig gewesen (§ 271 Abs. 1 BGB). Durch § 24 des Mietvertrages wurde jedoch die Fälligkeit der Kaution hinausgeschoben und der Beklagten eine ratenweise Begleichung ermöglicht; denn nach dieser Regelung sollte die Beklagte beginnend ab März 2001 monatlich 1.200,-- DM mehr zahlen als die vereinbarte Bruttomiete von 8.500,-- DM; dieser "Überschuß" sollte zunächst auf Mietrückstände aus dem Zeitraum Oktober 2000 bis Februar 2001 und dann auf die Kaution angerechnet werden. Unstreitig hat die Beklagte in den Monaten März und April 2001 jeweils nur 7.700,-- DM bezahlt, so daß der Zusatzbetrag offenblieb. Aufgrund der datumsmäßigen Festlegung geriet die Beklagte ohne Mahnung in Verzug (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Der Zinsausspruch des Erstgerichts ist nur insoweit zu korrigieren, als die Beklagte jeweils nur mit einem Betrag von 613,55 Euro in Verzug geraten ist.

Für die Zeit von Mai 2001 bis August 2001 kann offenbleiben, ob die Regelung zur ratenweisen Erbringung der Kaution durch die Neuregelung der Bruttomiete ab Mai 2001 entfallen ist oder ob sich lediglich der Zahlbetrag entsprechend verringert hat. Geht man davon aus, daß die Möglichkeit zur ratenweisen Zahlung weiterbestand, so kam die Beklagte in den betreffenden Monaten jeden Monat mit einem weiteren Betrag von 1.200,-- DM in Verzug; mit den Zahlungen von je 1.200,-- DM von März bis August 2001 wäre der Kautionsbetrag, der nach Abzug der bei Vertragsbeginn gezahlten 4.866,78 DM noch 12.133,22 DM betrug, nicht erreicht gewesen. Da das Landgericht für die Monate Mai bis August 2001 eine Verpflichtung zur zusätzlichen Verzinsung nur hinsichtlich von jeweils 492,20 Euro angenommen hat, verbleibt es bei dem Ausspruch des erstinstanzlichen Urteils. Denn nachdem nur die Beklagte Berufung eingelegt hat, darf das Urteil nicht zu ihrem Nachteil abgeändert werden (Thomas-Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 528 Rn. 4).

Geht man dagegen davon aus, daß die Möglichkeit zur monatlichen Zahlung entfallen ist, wäre ab 01.05.2001 der gesamte Restbetrag der Kaution fällig geworden (§ 271 Abs. 1 BGB); auch in diesem Fall müßte es jedoch wegen des Verschlechterungsverbotes zugunsten der Beklagten bei dem erstinstanzlichen Ausspruch verbleiben.

b) Die Beklagte muß auch auf den Restkautionsbetrag Verzugszinsen zahlen (§ 288 BGB). Diese Verpflichtung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Kläger die Kaution verzinslich anzulegen hat und die Zinsen aus der Anlage des Kautionsbetrages der Beklagten zustehen (Wolf/Eckert/Ball, a.a.O., Rn. 700; Bub/Treier, a.a.O., Rn. 761; OLG Düsseldorf ZMR 2 000, 452; OLG Rostock OLGR 2001, 440; anderer Ansicht: Emmerich, a.a.O., § 551 Rn. 13). Denn die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen bezweckt nicht nur eine abstrakte Entschädigung des Gläubigers für die entgangene Kapitalnutzung, sondern soll auch den Schuldner zu alsbaldiger Erfüllung anhalten (BGHZ 94, 330 - für einen abzurechnenden Vorschuß zur Mängelbeseitigung -; OLG Rostock, a.a.O.; Bub/Treier, a.a.O.).

c) Der Verzug der Beklagten wird auch durch das Zurückbehaltungsrecht nicht ausgeschlossen. Das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB schließt den Verzugseintritt nur aus, wenn es vor oder bei Vorliegen der Verzugsvoraussetzungen ausgeübt wird; wird es erst später geltend gemacht, endet der Verzug nur, wenn der Schuldner gleichzeitig die Erbringung seiner Leistung Zug um Zug gegen die Gegenleistung anbietet (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 286 Rn. 13, 35; BGH NJW-RR 2005, 170). Die Beklagte hat jedoch nicht die Zahlung der Kaution Zug um Zug gegen Nachweis der getrennten und verzinslichen Anlage der Kaution angeboten, sondern insgesamt Klageabweisung beantragt.

III.

Kostenentscheidung: § 97 Abs. 1, § 92 ZPO.

Im Rahmen der Kostenentscheidung war auch das Teilunterliegen des Klägers zu berücksichtigen, das darin liegt, daß die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen kann. Im Hinblick darauf, daß dieses Zurückbehaltungsrecht mit geringem Aufwand ausgeräumt werden kann, erscheint eine Berücksichtigung mit 5 % angemessen.

In die Kostenentscheidung geht ebenfalls ein, daß der Kläger in der Berufungsinstanz hilfsweise die Ansprüche auf Nebenkostennachforderungen herangezogen hat, um eine Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Urteils zu erreichen, und diese Ansprüche unbegründet sind.

IV.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

V.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

VI.

Streitwert:

Zu der von der Beklagten angestrebten Abänderung des Ersturteils (8.501,42 Euro) ist gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG der Betrag der Nebenkostennachforderungen für den Zeitraum 01.10.2000 bis 31.12.2003 von 8.814,37 Euro zu addieren, da der Kläger diese Forderungen in der Berufungsinstanz hilfsweise herangezogen hat, um eine Aufrechterhaltung der erstinstanzlichen Verurteilung zu erreichen, und über diese Forderungen eine Entscheidung ergeht.

Ende der Entscheidung

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