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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 29.05.2000
Aktenzeichen: 13 W 1385/00
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 123
GKG § 54 Nr. 2
GKG § 53 Abs. 2 S. 2
Von der klagenden Partei verauslagte Gerichtskosten können gegen die beklagte, Partei, der PKH bewilligt worden war und die in einem Vergleich Gerichtskosten übernommen hat, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Entstehung und Bezahlung festgesetzt werden.
Oberlandesgericht Nürnberg

Beschluß vom 29.05.2000

13 W 1385/00 12 O 2283/99 LG Nürnberg-Fürth

In Sachen

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 13. Zivilsenat, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. März 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

III. Der Beschwerdewert wird auf 1.979,66 DM festgesetzt.

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet, da ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte in der im angefochtenen Beschluß festgesetzten Höhe besteht.

Die Beklagte, der Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung gewährt worden war, hat in dem den Rechtsstreit beendenden Vergleich durch Vereinbarung von Kostenaufhebung die Hälfte der Gerichtskosten übernommen (§ 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Damit liegt nicht der Fall der §§ 58 Abs. 2 Satz 2, 54 Nr. 1 GKG vor, sondern ein solcher des § 54 Nr. 2 GKG, für den § 58 Abs. 2, Satz 2 GKG nicht gilt (so ausdrücklich BVerfG, Beschluß vom 23.06.1999, MDR 99, 1089, 1090 unter Bezugnahme auf die Entscheidung BVerfGE 51, 295, 302; vgl. auch OLG Nürnberg, OLG-Report 2000, 72; OLG Karlsruhe, NJW 2000, 1121; OLG Koblenz, NJW 2000, 1122 = MDR 2000, 113, je m.w.N.; a.A. OLG Frankfurt, NJW 2000, 1120).

Diese Rechtslage zweifelt die Beschwerdeführerin auch nicht an, wie sich daraus ergibt, daß sie ihre Beschwerde nicht auf die im Kostenfestsetzungsbeschluß ausgesprochene Verpflichtung zur Tragung der Hälfte der von der Klägerin vorab entrichteten Gerichtsgebühr erstreckt hat. Sie meint lediglich, nicht zur Erstattung von Gerichtskosten oder Auslagen verpflichtet zu sein, die nach Bewilligung der Prozeßkostenhilfe für sie von der Klägerin bezahlt werden mußten und auch bezahlt worden sind.

Der Senat sieht allerdings zu einer derartigen Differenzierung nach dem Zeitpunkt der Zahlung entstandener Gerichtskosten bzw. Auslagen keinen sachlichen Grund. Auch das Beschwerdevorbringen zeigt einen solchen nicht auf. Die Beklagte bezieht sich zwar zur Begründung ihrer Beschwerde im wesentlichen auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Rechtspfleger 96, 354). Daraus kann sie für ihre Ansicht jedoch nichts herleiten. Denn diese Entscheidung ist nicht zu dem hier vorliegenden Fall des § 54 Nr. 2 GKG ergangen, sondern zu einem solchen der §§ 54 Nr. 1, 58 Abs. 2 Satz 2 GKG; sie steht außerdem in Widerspruch zu der inzwischen ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23.06.1999 (a.a.O.), welche gerade eine unterschiedliche Behandlung einer Partei, der Prozeßkostenhilfe bewilligt worden war, nach ihrer prozessualen Stellung als Kläger oder Beklagter und damit auch danach, wann die Zahlung der Kosten durch die andere Partei erfolgt ist, im Falle des § 54 Nr. 1 GKG abgelehnt hat, weil der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG einen umfassenden Schutz der unbemittelten Partei angestrebt habe.

Soweit die arme Partei aber sich selbst verpflichtet hat, Prozeßkosten zu übernehmen, muß sie sich hieran festhalten lassen und diese unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Entstehung im Laufe des Prozesses - ob als vorab bezahlter Kostenvorschuß oder vom Kläger erst anläßlich einer späteren Beweiserhebung bezahlter Auslagenvorschuß - tragen.

Das Oberlandesgericht Frankfurt (a.a.O.), das eine Kostenerstattungspflicht entgegen dem Wortlaut des § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG generell auch auf diesen Fall ausdehnt, hält die Staatskasse für verpflichtet, die Kosten insgesamt zu übernehmen. In der Tat könnte die Belastung mit der in der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe liegenden Sozialhilfegewährung nicht auf den Kläger abgewälzt werden. Doch ist dem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Willen des Gesetzgebers, Mißbrauch zu verhindern (BVerfG, a.a.O.), nach Ansicht des Senats entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt nicht dadurch Genüge getan, daß im Kostenfestsetzungsverfahren die Leistungs- und die Kostenquote überprüft und bei grober Divergenz ein Haftungsausschluß nach § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG doch nicht angenommen wird. Zu Recht weist das Oberlandesgericht Karlsruhe (a.a.O.) darauf hin, daß eine solche Prüfung schon nicht Aufgabe des Kostenbeamten sein kann. Darüber hinaus würde die Ausfüllung des Begriffs der "groben Divergenz" im Einzelfall zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Schließlich erscheint es auch nicht ausreichend zuverlässig möglich, eine Manipulation in jedem Fall allein aufgrund des Vergleichs des Verhältnisses der vereinbarten Quoten von Hauptsache und Kosten zu erkennen.

Der Grund dafür, eine Manipulation zu Lasten der Staatskasse durch Nichterstrecken des Schutzes des § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG zu verhindern, besteht unabhängig, vom Zeitpunkt des Anfalls der Kosten. Die Manipulationsgefahr nimmt im Laufe des Prozesses nicht ab. Im Hinblick auf die Höhe z.B. etwa erst zu einem späteren Zeitpunkt anfallender Sachverständigenkosten wird der Anreiz zu Manipulationsversuchen vielmehr sogar eher größer sein als beim bloßen Anfall der vorschußweise zu Prozeßbeginn zu zahlenden Gerichtsgebühren.

Es muß daher bei einer Erstattungspflicht der Beklagten entsprechend dem von ihr übernommenen Anteil in vollem Umfang verbleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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