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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 29.05.2008
Aktenzeichen: 5 W 506/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 485
1. § 485 Abs. 2 Satz 1 ZPO erlaubt zumindest dann die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahren mit dem Ziel, einen ärztlichen Behandlungsfehler festzustellen, wenn es um die Frage geht, ob die eingesetzte Hüftgelenksprothese hinreichend an die körperlichen Besonderheiten der Patientin angepasst war.

2. § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO lässt in einem solchen Fall auch eine Beweisaufnahme darüber zu, welche Maßnahmen ggf. geeignet und erforderlich sind, um die Folge des so festgestellten Fehlers, ein häufiges Herausspringen des Hüftgelenks zu beheben.


Oberlandesgericht Nürnberg

Az.: 5 W 506/08

In Sachen

wegen Beweissicherung

hier: Beschwerde

erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg -5. Zivilsenat- durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Braun, Richter am Oberlandesgericht Kimpel und Richter am Oberlandesgericht Redel am 29.05.2008 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 6. Februar 2008 geändert.

II. Es ist Beweis zu erheben über folgende Behauptungen der Antragstellerin:

1. Der Antragsgegner habe im Zuge der Einsetzung eines künstlichen Hüftgelenks bei der Antragstellerin dadurch gegen die Regeln der ärztlichen Kunst verstoßen, dass er die Hüftgelenksprothese angesichts der offenbar vorhandenen körperbaulichen Besonderheiten der Patientin nicht durch geeignete Maßnahmen, sei es eine Verschalung oder die Anbringung eines längeren Stiftes vor der dann mehrfach aufgetretenen Luxation geschützt hat.

2. Die Antragstellerin habe diese Luxationen nicht selbst verursacht.

3. Für den Fall der Bejahung der unter 1) genannten Behauptung möge der Sachverständige dazu Stellung nehmen, welche Maßnahmen notwendig und geeignet sind, um ein künftiges Herausspringen des Hüftgelenks nach menschlichem Ermessen zu vermeiden.

III. Mit der Erstellung des Gutachtens wird Prof. Dr. med. R beauftragt.

Die Versendung der Akten an den Sachverständigen ist davon abhängig, dass die Antragstellerin bis spätestens 19. Juni 2008 einen Kostenvorschuss in Höhe von 1.500,00 Euro einzahlt.

IV. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

VI. Für das Beschwerdeverfahren wird keine Gebühr erhoben.

VII. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ließ sich am 4. Dezember 2006 vom Beklagten wegen einer Coxarthrose links eine künstliche Hüfte einsetzen. In der Folgezeit kam es zwischen dem 15. Dezember 2006 und dem 3. Januar 2007 insgesamt fünfmal zu einer Luxation der Hüfte, die die Antragstellerin auf fehlerhaftes Handeln des Antragsgegners zurückführt.

Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2007 leitete sie mit folgendem Antrag ein selbständiges Beweisverfahren ein:

"I. Es wird Beweis erhoben über die Behauptung der Antragstellerin, dass der Antragsgegner im Zuge des Einsatzes eines künstlichen Hüftgelenks am 04.12.2006 und anlässlich der diversen nachfolgenden Reluxationsversuche, teilweise ohne Betäubung, und im Zuge diverser Nachbesserungen gegen die anerkannten Regeln der Arztkunst verstoßen hat, durch Einholung eines in das Ermessen des Gerichtes gestellten Sachverständigengutachtens.

II. Für den Fall der Bejahung des Verstoßes möge sich der Sachverständige dazu äußern, welche Maßnahmen notwendig und geeignet sind, um ein zukünftiges Herausspringen des Hüftgelenks nach menschlichem Ermessen zu vermeiden."

Der Antragsgegner hält den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweis Verfahrens für unzulässig. Er bestreitet den ihm vorgeworfenen Behandlungsfehler und äußert den Verdacht auf Selbstverletzung.

Dies nahm die Antragstellerin auf und erweiterte ihren Antrag dahin, dass auch festgestellt werden solle, dass die Luxationen nicht in Selbstverletzungsabsicht von der Antragstellerin selbst verursacht worden seien.

Mit Beschluss vom 6. Februar 2008, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, wies das Landgericht den Antrag mit der Begründung zurück, die Antragstellerin stelle weder ein konkretes Verhalten unter Beweis noch behaupte sie konkrete Fehler. Ihr Antrag ziele auf Ausforschung.

Gegen diesen ihr am 13. Februar 2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 27. Februar 2008 eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Sie hält ihren Sachvortrag für ausreichend konkret. Ihr fehle die Sachkenntnis, um die Ursache des Mangels, der in der immer wieder heraus springenden Hüfte bestehe, näher beschreiben zu können. Möglicherweise passe die vom Antragsgegner gewählte Prothesenkonstruktion nicht optimal zu ihren anatomischen Verhältnissen. Sie stellt unter Aufrechterhaltung der übrigen Anträge nunmehr folgenden Antrag:

"Es wird Beweis erhoben über die Behauptung der Antragstellerin, dass der Antragsgegner im Zuge des Einsatzes eines künstlichen Hüftgelenks, erstmals am 4. Dezember 2006 und dann bei den nachfolgenden Reluxationen die anerkannten Regeln der Arztkunst außer Acht gelassen hat, als er das Hüftgelenk angesichts der offenbar vorhandenen körperbaulichen Besonderheiten der Patientin nicht durch geeignete Maßnahmen, sei es einer Verschalung oder die Anbringung eines längeren Stiftes vor der dann mehrfach eingetretenen Luxation geschützt hat. Es wird ferner Beweis erhoben, zum Nachweis dafür, dass die Luxationen von der Antragstellerin nicht in Selbstverletzungsabsicht verursacht worden sind, durch Erholung eines ärztlichen und psychologischen bzw. psychiatrischen Sachverständigengutachtens nach Wahl des Gerichts."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Beschwerdeschriftsatz vom 27. Februar 2008 Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und hat auch in der Sache weitgehend Erfolg.

Nach § 485 Abs. 2 ZPO kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass der Zustand einer Person oder Sache, die Ursache eines Personenschadens bzw. der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Die Voraussetzungen dieser Norm sind im Streitfall erfüllt.

1. Der Gesetzgeber hat mit der Einführung der zitierten Vorschrift im Jahre 1991 den Zweck verfolgt, Prozesse zu vermeiden, wenn sich die Parteien wie z. B. in Bauprozessen, Straßenverkehrs- und Arzthaftungsprozessen vor allem über Fragen tatsächlicher Art streiten (Begründung RegE, BT-Drucks. 11/3621, S. 23). Es beruht also nicht auf einem Versehen, dass der Gesetzestext keinen Ansatzpunkt bietet, die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens in Arzthaftungssachen anders, restriktiver zu beurteilen als bei anderen Verfahrensgegenständen. Die Verfasser des Gesetzesentwurfes sahen Arzthaftungssachen sogar als besonders naheliegenden Anwendungsbereich des neuen Rechts. Auch in Arzthaftungssachen können Anträge auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens daher nur abgelehnt werden, wenn sie ein nicht in § 485 Abs. 2 ZPO genanntes Beweisthema betreffen, wenn das Beweisthema einer schriftlichen Begutachtung durch Sachverständige nicht zugänglich ist, weil etwa Anknüpfungstatsachen fehlen (OLG Karlsruhe VersR 2003, 374/375; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Auflage, § 485 Rn. 24) oder wenn ausnahmsweise das rechtliche Interesse an der gewünschten Feststellung fehlt.

Letzteres kann allerdings nur dann eintreten, wenn offensichtlich ist, dass der behauptete Anspruch so nicht bestehen kann, weil er ins Blaue hinein behauptet ist (OLG Karlsruhe MDR 1999, 496; Hk-ZPO/Pukall, §485 Rn. 12). Denn der Begriff ist ansonsten weit zu fassen (BGH NJW 2004, 3488; OLG Stuttgart MDR 2005, 347 f.; Zöller/Herget, ZPO, 26. Auflage, § 485 Rn. 7 a; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Auflage, § 485 Rn. 7; MüKo-ZPO/Schreiber, 3.Aufl., Rn 13; Bockey a. a. O.). Insbesondere kann ein Rechtsstreit anerkanntermaßen nicht nur dann im Sinne von § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO vermieden werden, wenn die Parteien sich auf der Grundlage des Gutachten gütlich einigen, sondern auch wenn der Antragsteller im Hinblick auf das Ergebnis der Begutachtung auf die Erhebung der Klage verzichtet (Musielak/Huber, ZPO, 5. Auflage, § 485 Rn. 13; Zöller/ Herget, a. a. O.; OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 1725 je m. w. Nachw.). Dieser Gedanke ist in dem Zitat des Antragsgegners aus dem Senatsbeschluss vom 13. Juni 2006 (5 W 1210/06) nicht genügend berücksichtigt.

Die Antragstellerin stellt im Übrigen ausdrücklich in Aussicht, bei negativem Gutachtensergebnis auf eine Klage zu verzichten. Auch im Hinblick auf diese Erklärung kann Ihrem Antrag das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden.

Nach allem kommt es weder darauf an, ob das selbständige Beweisverfahren im Einzelfall geeignet ist, den Stoff eines eventuellen späteren Prozesses vollständig zu klären, noch darauf, ob es im Vergleich zu einer sofortigen Klageerhebung besonders zweckmäßig ist (Stein/Jonas/Leipold, a. a. O., Rn. 38; Hk-ZPO/Pukall, a. a. O., Rn. 12).

Der Bundesgerichtshof hat dementsprechend die Zulässigkeit von selbständigen Beweisverfahren in Arzthaftungssachen in seiner Entscheidung vom 21. Januar 2003 (BGHZ 153, 302) grundsätzlich klargestellt. Sie wird auch vom Erstgericht nicht in Abrede gestellt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts führen auch die besonderen Umstände des Streitfalls (vgl. BGH a. a. O.) nicht zur Unzulässigkeit der wesentlichen Teile des Antrags.

2. Für die einzelnen Teile des streitgegenständlichen Antrages gilt Folgendes:

a) Der erste Teil zielt auf die Feststellung, der Beklagte habe von Anfang an eine nicht an die körperlichen Besonderheiten der Antragstellerin angepasste Prothese verwendet und daran auch bei seinen Revisionsmaßnahmen nichts geändert. Es geht also um den Zustand einer Person, der Antragstellerin, und einer Sache, der Prothese, sowie um die Frage, ob es den Regeln der ärztlichen Kunst entsprach, beides miteinander zu verbinden.

Der Senat sieht hier die Voraussetzungen von § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO erfüllt Auch bei der Frage nach dem Zusammenpassen von Prothese und Hüfte geht es um den Zustand einer Person bzw. Sache. Im Übrigen kann entgegen der Auffassung des Erstgerichts auch das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Behandlungsfehlers Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens sein (OLG Koblenz MedR 2007, 252; OLG Köln r+s 2003,528; OLG Karlsruhe VersR 03, 374; Stein/Jonas/Leipold, a. a. O., Rn. 24; Bockey, a. a. O.; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., S.396 je m. w. N.). Der Senat versteht das allseits zitierte Urteil des BGH in diesem Punkt anders als das Kammergericht (KGR 2007,539), auf welches sich das Erstgericht beruft. Der BGH weist nur darauf hin, dass die rechtlichen Fragen des Verschuldens und der Kausalität der Verletzung für den geltend gemachten Schaden im selbständigen Beweisverfahren nicht geklärt werden könnten. Er hält aber ausdrücklich fest, dass sich bei der Feststellung des Gesundheitsschadens und der hierfür maßgeblichen Gründe nicht selten erkennen lässt, ob und in welcher Schwere ein Behandlungsfehler gegeben ist. Das Oberlandesgericht Naumburg (MedR 2006, 211), verlangt von dem dortigen Antragsteller sogar ausdrücklich die Behauptung eines Behandlungsfehlers, weil das selbständige Beweisverfahren der Klärung des behaupteten Behandlungsfehlers diene.

Die Frage nach dem Behandlungsfehler kann im vorliegenden Fall auch durch ein Sachverständigengutachten beantwortet werden. Die nötigen Anknüpfungstatsachen kann der Sachverständige durch Untersuchung der Antragstellerin und der Prothese selbst feststellen. Es bedarf also insoweit keiner vorausgehenden Vernehmung von Zeugen.

Der bereits angesprochene Senatsbeschluss vom 13. Juni 2006 betraf den Sonderfall eines pauschal behaupteten Kunstfehlers während einer längeren Heilbehandlung.

b) Der zweite Teil des Antrags will die Ursache der mehrfachen Luxationen festgestellt wissen, insbesondere, ob diese von der Antragstellerin in Selbstverletzungsabsicht herbeigeführt wurden.

Auch insoweit bestehen, zumindest unter den besonderen Umständen des Falles, keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags. Nach § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO kann auch die Ursache eines Personenschadens, um den es sich bei den Luxationen handelt, Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens sein. Danach kann auf diesem Weg festgestellt werden, ob eine bestimmte Verletzung durch einen ärztlichen Behandlungsfehler verursacht wurde (Stein/Jonas/Leipold, a. a. O.) oder durch andere Faktoren. Der BGH nimmt lediglich die Kausalität der Verletzung für den geltend gemachten Schaden, nicht die Kausalität des Behandlungsfehlers für die Verletzung vom Anwendungsbereich des Beweisverfahrens aus. Dies entspricht dem Wortlaut des Gesetzes, nach welchem die Ursache des Personenschadens, nicht aber dessen Auswirkungen in der Vermögenssphäre des Verletzten Gegenstand des Beweisverfahrens sein können.

Zweifel könnten insoweit allenfalls dahin bestehen, ob die Frage nach der Selbstverletzung Gegenstand eines schriftlichen Gutachtens sein kann oder ob hier Zeugen des jeweiligen Luxationsgeschehens vernommen werden müssten. Diese Zweifel werden aber dadurch beseitigt, dass der Beklagte selbst diese Ursache behauptet. Da er bei keinem einzigen der streitgegenständlichen Vorfälle zugegen war, kann er zu seiner Aussage nur aufgrund seiner Sachkunde als Facharzt für Orthopädie gekommen sein. Die Richtigkeit dieser Auffassung kann daher auch durch einen Sachkundigen überprüft werden.

c) Der dritte Teil des Antrags zielt auf eine Beweiserhebung über die Maßnahmen ab, die geeignet und erforderlich sind, ein zukünftiges Herausspringen des Hüftgelenks zu vermeiden.

Dies entspricht § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO, der ausdrücklich auch die Feststellung des Aufwands für die Beseitigung eines Personenschadens erlaubt. Dabei geht es in erster Linie um die Höhe des zur Schadensbeseitigung erforderlichen Aufwands in Geld oder Zeit. Jedoch kann sich die Beweisaufnahme auch darauf erstrecken, welche Maßnahmen zur Beseitigung nötig und möglich sind, da davon der Aufwand abhängt (Stein/ Jonas/ Leipold a. a. O. Rn. 27). Aufwand i. 3. dieser Vorschrift sind nicht nur die anfallenden Kosten; hierzu gehören vielmehr alle Leistungen in Geld oder Zeit, und zwar auch die Leistungen Dritter. Nicht betroffen ist selbstverständlich die Frage, ob der Aufwand ratsam ist oder ob ihn der Antragsgegner zu ersetzen hat (Schreiber NJW 1991, 2600/2602; ders. MüKo/ZPO, a. a. O., Rn. 16; Musielak/Huber, a. a. O., Rn. 12; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 66. Auflage, § 485 Rn. 13).

d) Der Antrag ist dagegen unzulässig, soweit er auf die Art und Weise zielt, in der der Antragsgegner die verschiedenen Reluxationen vorgenommen hat und festgestellt werden soll, dass Einrenkversuche ohne Betäubung gegen die Regeln der ärztlichen Kunst verstoßen.

Das Beweisthema ist einer schriftlichen Begutachtung durch Sachverständige nicht zugänglich. Ein Gutachten kann die Ungewissheit über die jeweils angewandte Art der Schmerzunterdrückung bzw. Dämpfung nicht aufklären. Die Antragstellerin spricht von "teilweise" ohne Betäubung durchgeführten Versuchen, der Antragsgegner ebenfalls ohne genaue Zuordnung von einem Reluxationsversuch in Analgosedierung.

Im Übrigen kommt es für die Haftung des Beklagten in diesem Zusammenhang vor allem auf die Frage der ordnungsgemäßen Aufklärung und der daraufhin von der Antragstellerin abgegebenen Erklärungen an. Beides kann im Wege des Sachverständigengutachtens nicht aufgeklärt werden.

3. Der Antrag kann entgegen der Auffassung des Erstgerichts auch nicht deswegen insgesamt zurückgewiesen werden, weil er die behaupteten Fehler des Antragsgegners zu pauschal beschreibt oder auf eine Ausforschung zielt.

Die Antragstellerin hat von Anfang an konkret behauptet, die Prothese sei fehlerhaft, weil sie leicht herausspringe. Sie hat diese Behauptung später noch durch den Vortrag ergänzt, die verwendete Prothese passe nicht zu ihren anatomischen Verhältnissen. Mehr kann von der Antragstellerin nicht verlangt werden. Sie vermag nicht zu beurteilen, welcher konkrete Handgriff des Antragsgegners warum fehlerhaft gewesen sein soll. Die Operation wurde in Vollnarkose durchgeführt, so dass die Antragstellerin Einzelheiten des Vorgehens des Antragsgegners nicht beobachten konnte und ihr dürfte im Übrigen auch das medizinische

Fachwissen fehlen, um das Gesehene auch nur einigermaßen zutreffend einordnen zu können.

Der streitgegenständliche Antrag ist weit entfernt von einem unzulässigen Beweisermittlungsantrag. Ein solcher liegt lediglich dann vor, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürliche Behauptungen "aufs Geradewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (BGH NJW 1995, 2111; Zöller/Greger, a. a. O., vor § 284 Rn. 5). Die wiederholten Luxationen, die auch der Antragsgegner als solche nicht bestreitet, sind ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass mit der Prothese "etwas nicht stimmt". Die Antragstellerin hat unter diesen Umständen Anspruch darauf, sachverständig die Richtigkeit ihrer Vermutung überprüfen zu lassen, die Luxationen seien Folge eines fehlerhaften Vorgehens des Antragsgegners. Ob sie diese Überprüfung im Wege eines ordentlichen Streitverfahrens oder des selbständigen Beweisverfahrens anstrebt, muss sie allein entscheiden.

Darauf, ob das Vorgehen der Antragstellerin im konkreten Fall zweckmäßig ist, kommt es, wie bereits ausgeführt, für die Zulässigkeit ihres Antrags nicht an. Ihr Antrag ist auch nicht deswegen unzulässig, weil es die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens bei der Bayerischen Landesärztekammer gibt (BGH a. a. O.; Stein/Jonas/Leipold, a. a. O., Rn. 23; Bockey, a. a. O.).

4. Der Senat sieht davon ab, nach § 572 Abs. 3 ZPO die weiteren Anordnungen dem Landgericht zu übertragen. Da die Sache entscheidungsreif ist, würde eine solche Zurückverweisung lediglich zu unnötigem Zeitverlust führen.

5. Da die Beschwerde im wesentlichen erfolgreich ist, bedarf es keiner Kostenentscheidung, sondern nur einer Anordnung zu KV 1812 GKG.

Die Rechtsbeschwerde war im Hinblick auf die noch uneinheitliche Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zuzulassen, um eine einheitliche Rechtsprechung zu sichern (§ 574 Abs. 3, Abs. 2 Nr.2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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