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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 22.10.1999
Aktenzeichen: 6 U 1376/99
Rechtsgebiete: BGB, BayWasserG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 906 Abs. 2 S. 2
BGB § 823 Abs. 2
BayWasserG Art. 63 Abs. 1 S. 1
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 2
§ 906 Abs. 2, S. 2 BGB § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 63 Abs. 1 S. 1 BayWasserG

Wer ein Grenzbauwerk als Anbau an ein bestehendes Grenzbauwerk des Nachbarn errichtet (hier: unterkellerte Garage), ist diesem nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn es dadurch zu Wasserschäden kommt, daß sich das bereits vom Nachbarn durch dessen Bau geschaffene Risiko einer Grenzbebauung verwirklicht.


OLG Nürnberg

Urteil

22.10.1999

6 U 1376/99 9 O 8724/98 LG Nbg.-Fürth

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht D. und die Richter am Oberlandesgericht M. und B. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 1999 für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 5. März 1999 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Beschwer des Klägers beträgt 14.917,85 DM.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen.

Gründe:

I.

1. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Ersturteil stellt die Sach- und Rechtslage überzeugend dar. Der Senat macht sich diese Gründe deshalb zu Eigen und nimmt darauf vollinhaltlich Bezug.

2. Zum Berufungsvorbringen ist ergänzend auszuführen:

a) Unabhängig davon, ob - wie er meint - den Beklagten der Vorwurf zu machen wäre, sie hätten Regenwasser auf ein tieferliegendes Grundstück dadurch abgeleitet, daß von der betonierten Kellerdecke der Grenzgarage Regenwasser in den Raum zwischen diesem neuen Bauwerk und der an der Grundstücksgrenze bereits vorher errichteten Garagenwand des Klägers eingedrungen sei (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 63 Abs. 1, 1. BayWG), kann der Kläger die Beklagten nicht für den Wasserschaden in seinem Keller verantwortlich machen. Vielmehr hat der Kläger für sein Anwesen einen eigenständigen Gefahrenkreis durch mangelnde Kellerisolierung geschaffen, dessen Risiken er selbst tragen muß. Denn Schäden, in denen sich das selbst geschaffene Risiko realisiert, kann er billigerweise nicht dem Nachbarn aufbürden. Diesen Grundsatz hat der Bundesgerichtshof in anderem Zusammenhang wiederholt aufgestellt (vgl. z.B. BGH NJW 91, 2568 ff.); er ist hier in gleicher Weise anwendbar:

Der Kläger hat seinen Garagenbau errichtet, ohne die gebotene Isolierung gegen drückendes Wasser vorzunehmen. Er hat damit eine Gefahr geschaffen, deren Verwirklichung nahelag, wenn der Nachbar seinerseits an der Grenze eine Garage bauen würde.

b) Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, daß sein Haus vorher gestanden sei und die Gefahr drückenden Wassers sich erst dadurch verwirklicht habe, daß der Nachbar seinerseits gebaut habe. Denn zum Zeitpunkt seines Baus wußte der Kläger vom Grenzbaurecht des Nachbarn und mußte sich darauf einstellen. Unvertretbar ist sein Standpunkt, daß der von ihm hinterlassene Bauzustand die Gefahr drückenden Wassers wegen des freien Nachbargrundstücks und der damit gegebenen freien Abflußmöglichkeit des Wassers ausgeschlossen habe und deshalb der Nachbar - wenn er baue - dafür zu sorgen habe, daß der Bau des Klägers gegen drückendes Wasser geschützt werde. Auf einen solchen Grundsatz kann er sich deshalb nicht berufen, weil sich hier lediglich das von ihm selbst zu tragende Risiko einer Grenzbebauung verwirklichte. Die Möglichkeit, Garagen an der Grundstücksgrenze errichten zu können, ist als Ausnahme vom normalen Baurecht ein Vorteil für den Grundstückseigentümer, der ihn aber andererseits dem Risiko von Einwirkungen des Nachbargrundstücks aussetzt - z.B., wie hier, durch Wahrnehmung des eigenen Grenzbebauungsrechts seitens der Nachbarn -. Diese Sicherung hat er deshalb selbst in dem Maße vorzunehmen, wie sie dem damit entstehenden Risiko entspricht. Das heißt im vorliegenden Fall, daß er von vorneherein dafür Sorge zu tragen hatte, daß sein Bau gegenüber dem Nachbargrundstück auch für den Fall eines Anbaus gegen drückendes Wasser geschützt sei. Eine Verkehrssicherungspflicht oder Fürsorgepflicht des Nachbarn, die diesen Mangel ausgleicht, besteht deshalb nicht.

c) Etwas anderes könnte gelten, wenn die Nachbarn vorsätzlich oder unter Überschreitung ihrer eigenen Rechte auf das Grundstück eingewirkt hätten. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden. Für den starken Regenfall in der damaligen Zeit können die Beklagten nichts, eine bewußte Ableitung von Wasser auf das Grundstück des Klägers behauptet dieser selbst nicht. Der Abfluß des Regenwassers von der Betondecke also auch in Richtung des Gebäudes des Klägers, war normale Folge des Regenwetters während der Bauzeit.

d) In jedem Falle wäre aber bei dieser Sachlage das Verschulden des Klägers wegen der mangelnden Sicherung seines Baues so überwiegend, daß ein etwaiges Mitverschulden der Beklagten nicht ins Gewicht fiele. Dies beruht auf der Überlegung, daß jemand, der diejenige Sorgfalt außer Acht läßt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, grundsätzlich auch den Verlust oder die Kürzung seiner Ansprüche gewärtigen muß (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BGH NJW 97, 2235).

e) Aus dem gleichen Grund ist hier auch für einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog §§ 906 Abs. 2 Satz 2, BGB kein Raum (vgl. BGH WM 85, 1041; NJW 99, 2896 f).

f) Auf die Frage, ob das eindringende Wasser überhaupt durch Abfluß von der betonierten Garagendecke der Beklagten verursacht worden ist, kommt es angesichts dessen nicht mehr an.

II.

Nebenentscheidungen:

Kosten: § 97 ZPO.

Vollstreckbarkeit: § 708 Nr. 10 ZPO.

Beschwer: § 546 Abs. 2 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Beschluß:

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 14.917,85 DM festgesetzt.



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