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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 27.10.2005
Aktenzeichen: 7 WF 1307/05
Rechtsgebiete: GKG KV, GKG, ZPO


Vorschriften:

GKG KV-Nr. 1310
GKG KV-Nr. 1311 Nr. 2
GKG § 46
ZPO § 313 a Abs. 2
ZPO § 313 a Abs. 4 Nr. 1
Ergeht in einem Scheidungsverbundurteil die Entscheidung über die Scheidung, nicht aber die Entscheidung in der Folgesache Versorgungsausgleich gemäß § 313 a Abs. 2 ZPO ohne Tatbestand und Gründe, fällt aus dem auf die Scheidung entfallenden Streitwert gemäss GKG KV 1311 Nr. 2 nur eine 0,5 Gebühr an. Daneben fallen aus dem Streitwert für den Versorgungsausgleich gemäss GKG KV 1310 1,0 Gebühren an.
7 WF 1307/05

Nürnberg, den 27.10.2005

In der Familiensache

wegen Ehescheidung,

hier: Festsetzung der Gerichtsgebühren, Beschwerde des Freistaat Bayern, vertreten durch Bezirksrevisor bei dem Amtsgericht Nürnberg, Flaschenhofstraße 35, 90402 Nürnberg, Gz.: V 766/05,

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 7. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Nürnberg vom 13.09.2005 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Im vorliegenden Scheidungsverfahren war gleichzeitig von Amts wegen die Folgesache Versorgungsausgleich durchzuführen. Im mündlichen Verhandlungstermin vom 14.04.2005 erging durch das Amtsgericht Endurteil zur Scheidung und gleichzeitig zur Folgesache Versorgungsausgleich. Beide Parteivertreter erklärten im Termin Rechtsmittelverzicht. Sie verzichteten weiter auf Anschlußrechtsmittel, auf erweiterte Aufhebung gemäß § 629 c ZPO sowie auf schriftliche Abfassung von Tatbestand und Entscheidungsgründen.

Demgemäß konnte das Urteil zur Scheidung gekürzt gemäß § 313 a ZPO abgefaßt werden, während zur Folgesache Versorgungsausgleich eine Begründung (von Gesetzes wegen) abzugeben war.

Der Streitwert für dieses Verfahren beträgt 10.400,-- Euro (zusammengesetzt aus 8.400,-- Euro für Ehescheidung und 2.000,-- Euro für die Folgesache Versorgungsausgleich).

Mit Kostenansatz der Kostenbeamtin des AG Nürnberg vom 23.06.2005 hat diese die Gerichtskosten ausschließlich aus der KV-Nr. 1311 zum GKG aus dem Streitwert in Höhe von 10.400,--Euro als ermäßigte Verfahrensgebühr (0,5) in Höhe von 109,50 Euro angesetzt, so daß hiervon beide Parteien jeweils den hälftigen Betrag in Höhe von 54,75 Euro zu tragen hätten.

Hiergegen hat der Bezirksrevisor beim Amtsgericht Nürnberg Erinnerung eingelegt und beantragt, die Kostenrechnungen vom 13.06.2005 aufzuheben und die Kosten wie folgt anzusetzen:

Eine 2,0 Gebühr gemäß KV-Nr. 1310/§ 46 GKG aus 10.400,-- Euro, somit 438,-- Euro, wovon jede Partei die Hälfte zu je 219,-- Euro zu tragen hat.

Zur Begründung hierzu wurde ausgeführt, daß gemäß KV-Nr. 1311 eine Gebührenermäßigung von 2,0 auf 0,5 nur dann in Betracht kommt, wenn das gesamte Verfahren, also das Scheidungsurteil einschließlich der Folgesache Versorgungsausgleich unter Anwendung von § 313 a Abs. 2 ZPO beendet wird, also auch für die mit dem Scheidungsurteil zugleich anhängig gemachten Folgesachen das Scheidungsurteil keine Begründung enthält. Nachdem das Scheidungsurteil zugleich zum Versorgungsausgleich (notwendigerweise) eine Begründung enthielt, sei für den Ansatz einer ermäßigten Verfahrensgebühr kein Raum.

Allenfalls sei eine Kostenberechnung dahin vertretbar, daß eine 0,5 Verfahrensgebühr für das Scheidungsurteil (ohne Gründe) aus dem Streitwert von 8.400,-- Euro und eine 2,0 Verfahrensgebühr für die Folgesache (mit Gründen) Versorgungsausgleich aus 2.000,-- Euro vertretbar.

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

Unter dem 13.09.2005 hat der zuständige Richter am Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg folgenden Beschluß erlassen:

I. Auf die Erinnerung der Staatskasse gegen den Kostenansatz werden die Kostenrechnungen des Amtsgerichts Nürnberg vom 23.06.2005 dahin abgeändert, daß die abzurechnenden Gerichtskosten wie folgt anzusetzen sind:

a) Eine 2,0 Verfahrensgebühr für die Folgesache Versorgungsausgleich aus einem Streitwert von 2.000,-- Euro in Höhe von 146,-- Euro,

b) eine 0,5 Verfahrensgebühr für das Scheidungsurteil aus einem Streitwert von 8.400,-- Euro in Höhe von 90,50 Euro,

somit insgesamt 236,50 Euro;

diese Kosten sind auf beide Parteien je zur Hälfte zu verteilen, somit jeweils in Höhe von 118,25 Euro.

II. Die weitergehende Erinnerung der Staatskasse wird zurückgewiesen.

III. Gemäß § 66 Abs. 2 S. 2 GKG wird die Beschwerde gegen diesen Beschluß zugelassen.

Gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 13.09.2005 hat die Staatskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor beim Amtsgericht Nürnberg, Beschwerde eingelegt.

Mit dieser verfolgt sie das Ziel der Erinnerung vom 21.07.2005, nämlich die Berücksichtigung von zwei Gebühren gemäß KV GKG Nr. 1310, § 46 GKG aus 10.400,-- Euro in Höhe von insgesamt 438,-- Euro weiter.

II.

Die Beschwerde der Staatskasse gegen die teilweise Zurückweisung ihrer Erinnerung im Beschluß des Amtsgerichts vom 13.09.2005 ist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG zulässig, weil das Amtsgericht sie in seinem Beschluß wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung vom 13.09.2005 u.a. folgendes ausgeführt:

"Das Gericht vertritt die Auffassung, daß unter Heranziehung der KV-Nr. 1311 Ziffer 2 für das abgekürzte Scheidungsurteil als solches eine ermäßigte Verfahrensgebühr von 0,5 anzusetzen ist (aus dem Teilstreitwert für das Scheidungsverfahren in Höhe von 8.400,-- Euro), und zwar unabhängig davon, daß das Endurteil zur Folgesache Versorgungsausgleich notwendigerweise eine Begründung enthält.

Zwar ist nach dem Wortlaut der KV-Nr. 1311 eine Ermäßigung der Verfahrensgebühr für die Scheidung selbst nur vorgesehen, wenn zugleich das gesamte Verbundverfahren einen oder mehrere Ermäßigungstatbestände erfüllt. Eine Gebührenermäßigung, wie sie bislang nach der früheren Abrechnungsweise nach KV-Nr. 1517 a.F. eintrat, also wenn im Scheidungstermin - wie vorliegend - für den Scheidungsausspruch auf Rechtsmittel und Anschlußmittel nach § 313 a Abs. 2 ZPO verzichtet wird, ohne daß zugleich auch der Versorgungausgleich in Rechtskraft erwächst, käme danach nicht mehr in Betracht.

Die Folge wäre damit zwangsläufig, daß sich ein Scheidungsverfahren gegenüber der früheren Rechtslage in diesen Fällen erheblich verteuert, was nicht im Sinne des Gesetzgebers sein kann und auch kaum gewollt war.

Eine solche durch die neue Gebührenregelung geschaffene Rechtslage würde eine nicht unerhebliche Verteuerung solcher Scheidungsverfahren mit sich bringen, was dem offenkundigen Grundanliegen des Gesetzgebers widerspricht, nämlich eine abschließende Gesamtbereinigung eines Verfahrens im Wege eines sogenannten Stuhlurteils gemäß § 313 a Abs. 2 ZPO gebührenrechtlich zu honorieren. Damit hat nach Auffassung des Gerichts die Kostenbeamtin zu Recht die ermäßigte Verfahrensgebühr von 0,5 aus KV-Nr. 1311 Ziffer 2 entnommen.

Da allerdings für die Folgesache Versorgungsausgleich stets eine Begründung im Urteil erforderlich ist, kann sich diese Gebührenermäßigung nicht auf das gesamte Scheidungsverfahren inklusive Folgesache Versorgungsausgleich erstrecken, sondern es müssen hierzu die entsprechenden Teilstreitwerte herangezogen werden.

Das Gericht folgt der von Keske im Handbuch des Fachanwaltes/Familienrecht, 5. Aufl. 2004, Kap. 17;, Rn. 168 vertretenen Auffassung, daß die Gebührenermäßigung nach KV-Nr. 1311 Ziffer 2 sich ausschließlich auf die Scheidung erstreckt, während die Folgesache Versorgungsausgleich keinen Ermäßigungstatbestand erfüllt, somit getrennt aus ihrem Streitwert (vorliegend 2.000,-- Euro) die "normale" Verfahrensgebühr gemäß KV-Nr. 1310 in Höhe von 2,0 anzusetzen ist. Diese Festsetzung entspricht auch der früheren Abrechnungsweise nach verschiedenen Streitwerten in solchen Fällen (entsprechend KV-Nr. 1510, 1516, 1517 a.F.) wonach im Fall einer Abrechnungsweise nach diesem alten Modus 382,50 Euro angefallen wären.

Die Ausnahme (richtig wohl: Die Annahme), daß der Gesetzgeber, wie von der Erinnerungsführerin im Ergebnis letztendlich vertreten, das Scheidungsverfahren im Falle eines Abschlusses durch Stuhlurteil gemäß § 313 a Abs. 2 ZPO verteuern wollte, widerspricht - wie bereits ausgeführt - der kostenrechtlichen Gesamtkonzeption des Gesetzgebers. Auch insoweit stimmt das Gericht der vertretenen Auffassung von Keske (a.a.O.) zu, daß es sich bei der Regelung zum Ermäßigungstatbestand nach Ziffer 2 in Bezug auf Scheidungsurteile mit gleichzeitig von Amts wegen zu begründender Entscheidung zur Folgesache Versorgungsausgleich um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers handelt.

Diese Auffassung wird nach Auffassung des Gerichts auch durch die gesetzliche Formulierung nach § 313 a Abs. 4 Ziffer 1 ZPO gestützt. Hiernach findet die Grundregel nach § 313 a Abs. 2 ZPO, nämlich Freistellung vom Begründungszwang bei Scheidungsurteilen sehr wohl Anwendung. Zur notwendigen Darlegung der Berechnung des Versorgungausgleiches gelten die Absätze 1 und 2 des § 313 a ZPO indes nicht, weil eben hier rein im öffentlichen Interesse liegende Gründe (Beschwerderecht der Versorgungsträger) eine Begründung der im Urteil ausgesprochenen Versorgungsausgleichsregelung notwendig machen. Dies kann nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht dazu führen - und ist auch weiterhin vom Gesetzgeber nicht gewollt - daß den Parteien wenigstens im Hinblick auf das abgekürzte Scheidungsurteil nach § 313 a Abs. 2 ZPO eine entsprechende Gebührenregelung zugute kommt.

Damit hat die Berechnung der Gebühren beschränkt auf eine nur teilweisen Ermäßigung nach §§ 36 Abs. 3 i.V.m. § 46 Abs. 1 GKG zu erfolgen. Für die ermäßigten und die nicht ermäßigten Gegenstände werden aus ihren jeweiligen Streitwerten die Verfahrensgebühren getrennt ermittelt und aus der Summe dieser beiden Gebühren aus diesen Teilstreitwerten die volle Gebühr ermittelt".

Der Senat hält diese vom Amtsgericht im Anschluß an Keske, Handbuch des Fachanwaltes, 5. Aufl., Kap. 17 Rn. 168, vertretene Auffassung für zutreffend und schließt sich der Begründung des Amtsgerichts an.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlaßt, weil das Verfahren nach § 66 Abs. 8 GKG gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden.

Über die Zulassung eines weiteren Rechtsmittels wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache war nicht zu entscheiden, weil ein solches gemäß § 66 Abs. 4 GKG gegen die Beschwerdeentscheidung eines Oberlandesgerichts nicht statthaft ist.

Ende der Entscheidung

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