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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 26.10.2001
Aktenzeichen: 7 WF 3620/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
Die Geltendmachung von Kindesunterhalt im Wege der Klage - und nicht im vereinfachten Verfahren nach § 645 ff ZPO - ist jedenfalls dann nicht mutwillig, wenn der Unterhaltsschuldner sich vorprozessual auf fehlende oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit berufen hat und deshalb in einem gegen ihn betriebenen vereinfachten Verfahren mit einer Überleitung in ein streitiges Verfahren zu rechnen ist.
7 WF 3620/01

Nürnberg, den 26.10.2001

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 7. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Schwabach vom 16.10.2001 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Prozeßkostenhilfeantrag des Klägers an das Amtsgericht - Familiengericht - Schwabach zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Der Antragsgegner ist der Vater des am 4.1.1986 geborenen Antragstellers .

Mit Schriftsatz vom 12.10.2001 hat der Antragsteller die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für eine Klage beantragt, mit der er den Antragsgegner auf Zahlung eines Unterhaltes in Höhe von 100 % des jeweiligen Regelbetrages nach § 1 der Regelbetragverordnung der 3. Altersstufe abzüglich der Hälfte des Kindergeldes für ein erstes Kind, soweit dieses zusammen mit dem obigen Unterhalt 135 % des Regelbetrages übersteigt, derzeit 525,-- DM, in Anspruch nehmen will.

Mit Beschluß vom 16.10.2001 hat das Amtsgericht dem Antragsteller die beantragte Prozeßkostenhilfe versagt und zur Begründung der Entscheidung ausgeführt, daß die beabsichtigte Klage im Hinblick auf die Möglichkeit der Geltendmachung des Kindesunterhaltes im vereinfachten Verfahren als mutwillig beurteilt werden müsse.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit der er seinen ursprünglichen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe weiter verfolgt.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

1. Auf die zulässige Beschwerde war die angefochtene Entscheidung aufzuheben, da Prozeßkostenhilfe mit der vom Amtsgericht herangezogenen Begründung nicht versagt werden kann.

Es ist bereits fraglich, ob Prozeßkostenhilfe für eine Klage auf Kindesunterhalt im Hinblick auf die Möglichkeit des vereinfachten Verfahrens nach §§ 645 ff ZPO überhaupt mit der Begründung der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung (§ 114 ZPO) versagt werden kann (dafür wohl etwa OLG Hamm, FamRZ 1999, 995; Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 114 RdNr. 40 c; dagegen etwa van Els Rechtspfleger 1999, 297, 298; 491; Gerhardt FuR 1998, 145; Knittel, FF 1998, 35, 38). Gegen eine allgemeine Versagung von Prozeßkostenhilfe für eine Klage könnte etwa der Umstand sprechen, daß der Unterhaltsgläubiger im Hinblick auf die nur gegen einen Festsetzungsbeschluß gemäß § 649 ZPO, nicht aber gegen ein Urteil (vgl. § 323 Abs. 3 ZPO) gegebene Möglichkeit des Schuldners, eine Abänderung des Titels auch für die Zeit vor der Erhebung der Abänderungsklage zu erreichen (vgl. § 654 ZPO), im Wege der Klage einen für ihn günstigeren Titel erreichen kann.

Die Frage, ob die Möglichkeit des vereinfachten Verfahrens überhaupt geeignet sein kann, die Mutwilligkeit einer Rechtsverfolgung im Wege der allgemeinen Klage zu bejahen, kann jedoch für die Entscheidung dieses Verfahrens letztlich offen bleiben.

Der Senat ist - etwa auch mit dem OLG Hamm, FamRZ 1999, 996, 1213 - nämlich der Meinung, daß eine Mutwilligkeit der Klage statt eines Antrags im vereinfachten Verfahren jedenfalls deshalb nicht bejaht werden kann, weil der Antragsgegner sich vorprozessual durch seinen anwaltlichen Vertreter konkret auf fehlende bzw. eingeschränkte Leistungsfähigkeit berufen hat und deshalb zu erwarten ist, daß er dies zulässig (vgl. § 648 Abs. 2 Satz 3 ZPO) auch in einem gegen ihn betriebenen vereinfachten Verfahren tun würde mit der Folge, daß auch dieses gemäß § 651 ZPO in ein streitiges Verfahren übergeleitet werden würde.

Aus den von den Parteien vorgelegten Unterlagen ergibt sich, daß der Antragsgegner sich auf die vorprozessuale Aufforderung des Antragstellers mit Schreiben vom 14.2.2001, ab Februar 2001 einen Unterhalt in Höhe von 510,-- DM = 100 % des Regelbetrages zu bezahlen und eine entsprechende Jugendamtsurkunde zu errichten, durch Schreiben seines Bevollmächtigten vom 26.7.2001 darauf berufen hat, daß im Hinblick auf ein Nettoeinkommen von 2.000,-- DM und anzusetzende Fahrtkosten von 340,-- DM nur ein Unterhalt in Höhe von 315,-- DM geschuldet sei. Nach dem - mangels entsprechender Gegenäußerung des Antragsgegners - zugrundezulegenden Sachvortrag des Antragstellers hat der Antragsgegner auch das spätere Angebot des Antragstellers in einem Schreiben vom 26.7.2001, einen Unterhaltsbetrag von 525,-- DM = 100 % des Regelbetrages erst ab September 2001 zu bezahlen, abgelehnt.

Bei dieser Sachlage konnte die Antragstellerseite aber - unabhängig davon, ob der Einwand der (teilweise) fehlenden Leistungsfähigkeit objektiv berechtigt ist - davon ausgehen, daß es aufgrund entsprechender Einwände auch auf einen Antrag im vereinfachten Verfahren letztlich zu einem streitigen Verfahren kommen würde. Die Klageerhebung kann deshalb im Hinblick auf die Möglichkeit des vereinfachten Verfahrens nicht als mutwillig angesehen werden.

2. Das sich das Amtsgericht nur mit der Frage der Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung unter dem Aspekt der Möglichkeit des vereinfachten Verfahrens, nicht aber mit den sonstigen Voraussetzungen der Prozeßkostenhilfe gemäß §§ 114, 115 ZPO befaßt hat und - für die Beurteilung der Erfolgsaussicht möglicherweise relevante - Gegenäußerungen des Antragsgegners im Prozeß noch nicht vorliegen, hat der Senat die Sache zur abschließenden Entscheidung über den Prozeßkostenhilfeantrag des Antragstellers auch unter Berücksichtigung der sonstigen Voraussetzungen an das Amtsgericht zurückverwiesen (vgl. etwa Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 127 RdN. 38).

Ende der Entscheidung

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