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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 07.03.2003
Aktenzeichen: 9 WF 713/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 120 Abs. 4
Eine Verbesserung der für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe maßgebenden Verhältnisse im Sinne des § 120 Abs. 4 ZPO liegt trotz zwischenzeitlich erfolgten Kapitalzuflusses an die Partei nicht vor, wenn die Partei bei Anordnung von Zahlungen in absehbarer Zeit auf die Beantragung von Sozialhilfe angewiesen sein wird (hier: Zufluss von 8.000,-- EUR; monatliche um Wohnkosten bereinigte Rente von 262,-- EUR).
9 WF 713/03

Nürnberg, den 7.3.2003

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 9. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch den unterzeichneten Einzelrichter folgenden

Beschluß:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Straubing vom 17. September 2002 (Az. 2 F 571/00) aufgehoben.

Gründe:

I.

Das Familiengericht hat der Antragstellerin mit Beschluß vom 06.09.2000 für das Wohnungszuweisungsverfahren Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt. Nachdem ein Sparbrief im Juli 2002 fällig geworden war, aus dem die Antragstellerin - inzwischen wieder angelegte - 8.000,-- EUR erhalten hat, hat der Rechtspfleger, mit Beschluß vom 17.09.2002 die Zahlung von 125,31 EUR auf die Kosten der Prozeßführung angeordnet.

Hiergegen richtet sich die am 01.10.2002 beim Familiengericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin, welcher der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat. Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Zahlungsanordnung sei unberechtigt, da sie angesichts ihrer geringen Rente auf das Kapital bzw. die hieraus erzielten Zinsen angewiesen sei.

Die Antragstellerin erzielt eine monatliche Rente von 418,61 EUR; nach Abzug der um Wohngeld bereinigten Miete verbleiben ihr 262,06 EUR.

II.

Die gemäß §§ 127 Abs. 2 ZPO, 11 RPflG zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist auch begründet.

Zwar hat sich die finanzielle Situation der Antragstellerin insoweit verbessert, als der vorhandene Sparbrief fällig geworden ist und sie daraus vor der Wiederanlage 8.000,-- EUR zur Verfügung hatte. Dies rechtfertigt im vorliegenden Fall jedoch nicht eine Zahlungsanordnung gemäß § 120 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen kann gemäß § 120 Abs. 4 ZPO geändert werden, wenn sich die für die Prozeßkostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Wesentlich ist nur eine Verbesserung, die den wirtschaftlichen und sozialen Lebensstandard prägt und verändert (Zöller-Philippi, 23. Auflage, Rdn. 2l zu § 120 ZPO). Dies ist bei der Antragstellerin nicht der Fall. Ihre um die Mietkosten bereinigte monatliche Rente liegt unter dem Regelsatz gemäß § 22 BSHG, der in Bayern derzeit 284,-- EUR monatlich beträgt (veröffentlicht in FuR 2002, S. 316). Sie kann diesen Regelsatz nur durch die aus der Kapitalanlage erzielten Zinsen von rund 27,-- EUR monatlich erreichen. Die Einkünfte der Antragstellerin liegen daher nach wie vor auf Sozialhilfeniveau. Eine aus dem Vermögen zu leistende Zahlungsanordnung gemäß § 120 Abs. 4 ZPO würde dazu führen, daß die Antragstellerin auch für ihren laufenden Bedarf auf das angelegte Kapital zurückgreifen muß mit der Folge, daß sie früher oder später nach Aufzehrung des Kapitals dauerhaft auf die Beantragung von Sozialhilfe angewiesen sein wird. Bei dieser Sachlage kann eine prägende wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin, die eine Zahlungsanordnung gemäß § 120 Abs. 4 ZPO rechtfertigt, nicht angenommen werden. Der Beschluß vom 17.09.2002 ist daher aufzuheben.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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