Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 09.03.2006
Aktenzeichen: 1 U 134/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 312 Abs. 2
BGB § 355 Abs. 2
Enthält die schriftliche Belehrung über die Einhaltung der Widerrufsfrist bei Haustürgeschäften nach der Formulierung "Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs ..." den Klammerzusatz "(Datum des Poststempels)", ist die Belehrung nicht in der gesetzlich gebotenen Weise eindeutig, sondern missverständlich und löst daher nicht den Ablauf der Widerrufsfrist aus.
Oberlandesgericht Oldenburg Im Namen des Volkes Urteil

1 U 134/05

Verkündet am 9. März 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts ... , die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 23. Februar 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 7. November 2005 geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern jeweils 1.148,08 € am 16. Juli 2006 und am 16. Juli 2007 sowie 1.148,07 € am 16. Juli 2008 zu zahlen.

Im Übrigen werden die Klage ab- und die weitergehende Berufung der Kläger zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Kläger 80 % und die Beklagte 20 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Kläger sind aufgrund der Erklärungen der von ihnen am 8. Mai / 15. Juni 1998 beauftragten Treuhänderin (Dr. J ... GmbH) der Beklagten als Kommanditisten beigetreten. Sie zahlten eine Einlage incl. Agio von 31.500 DM (= 16.105,69 €), was einer Nettoeinlage von 30.000 DM (= 15.338,76 €) entsprach. Bis einschließlich 2004 erhielten die Kläger Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 5.721,36 €. Ende März 2005 widerriefen sie ihre auf den Abschluss des Treuhandvertrages (zur Abgabe der Beitrittserklärung) gerichtete Willenserklärung und verlangten hauptsächlich eine Rückzahlung ihrer Einlage mit Fristsetzung bis zum 1. April 2004 sowie hilfsweise Berechnung und Auszahlung ihres Auseinandersetzungsguthabens. Diese Begehren sind Gegenstand des Rechtsstreits.

Ihre Widerrufsbefugnis haben die Kläger auf ein Widerrufsrecht nach § 1 HaustürWG i.d.F. des Jahres 1998 gestützt. Sie haben zu den Umständen der Abgabe ihrer widerrufenen Willenserklärung behauptet: Die Mitarbeiterin B ... S ... der die Beteiligung an der Beklagten vermittelnden Fa. A ... habe mit den Klägern zunächst telefonisch Kontakt aufgenommen. Nach weiteren Besprechungsterminen in ihrer Wohnung hätten die Kläger das Vertragsformular "Beitrittserklärung" unterzeichnet. Die Kläger haben zudem gemeint, die gesetzliche (§ 1 Abs. 1 HaustürWG) einwöchige Widerrufsfrist sei nicht wirksam in Gang gesetzt worden (§ 2 Abs. 1 Satz 2 HaustürWG), weil die ihnen erteilte schriftliche Belehrung über die Einhaltung der Widerrufsfrist "Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufes (Datum des Poststempels) ..." wegen des Klammerzusatzes nicht in der gesetzlich gebotenen Weise eindeutig, sondern missverständlich gewesen sei.

Die Kläger haben ferner die Ansicht vertreten, nach wirksamem Widerruf stehe ihnen ein ungekürzter Anspruch auf Rückzahlung ihrer Einlagen zu. Die bisherige Rechtsprechung des BGH, wonach in Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft an die Stelle einer (vollständigen) Rückzahlung der Einlagezahlung ein Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens trete, sei mit den europarechtlichen Vorgaben der Haustür-RiLi (85/577 EWG) nicht vereinbar. Namentlich aus den Erwägungsgründen 88 und 92 der Entscheidung des EuGH vom 25. Oktober 2005 (C-350/03 - S... ./. B...) sei ersichtlich, dass die Rechtsfolge der Anzeige eines Widerrufs nur dann den Vorgaben des Art. 5 Abs. 2 RiLi 85/577 EWG ("Die Anzeige bewirkt, dass der Verbraucher aus allen aus dem Vertrag erwachsenden Verpflichtungen entlassen wird.") genüge, wenn der Verbraucher von allen nachteiligen Folgen seines Vertragsschlusses vollständig freigestellt werde. Dies sei jedoch bei Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nicht der Fall.

Hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten Auseinandersetzungsguthabens hatten sich die Kläger ursprünglich auf der Grundlage der Erklärungen der Beklagten zu deren Vermögensverhältnissen einen Auszahlungsbetrag etwa in Höhe des mit dem Hauptantrag geltend gemachten Betrages errechnet.

Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. an die Kläger 16.105,69 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 2. April 2004 zu zahlen;

2. hilfsweise (im Wege der Stufenklage), die Beteiligung der Kläger Nr. 45068 per 31. Dezember 2004 abzurechnen

und

das sich ergebende Auseinandersetzungsguthaben gemäß § 22 des Gesellschaftsvertrags an die Kläger auszuzahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Rechtsauffassung der Kläger zur Frage der Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung entgegen getreten. Sie hat die Anwendung der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft für europarechtlich unbedenklich gehalten. Sie hat schließlich auch ihre Berechnung des Abfindungsguthabens verteidigt und insoweit ergänzend auf die Regelungen in § 22 des Gesellschaftsvertrags zum Auseinandersetzungsguthaben verwiesen, wonach "im Zweifel" das Gutachten eines vereidigten Sachverständigen "auf Kosten der Gesellschafter" einzuholen sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Widerrufsbelehrung sei nicht missverständlich gewesen. Deshalb sei die Belehrung wirksam gewesen und habe die zweiwöchige Widerrufsfrist in Gang gesetzt, so dass der erst Jahre später erklärte Widerruf verspätet gewesen sei.

Gegen dieses ihnen am 11. November 2005 zugestellte Urteil haben die Kläger am 7. Dezember 2005 Berufung eingelegt und diese am 27. Dezember 2006 begründet.

Die Kläger verfolgen mit ihrer Berufung ihren Hauptantrag weiter, wobei sie ihren erstinstanzlichen Sachvortrag wiederholen und ergänzen. In Bezug auf ihren Hilfsantrag machen sich die Kläger die Ergebnisse der Berechnung der Beklagten zu eigen und begehren nunmehr (hilfsweise zu dem primär aufrecht erhaltenen Anspruch auf Rückzahlung ihrer Einlagen) eine Auszahlung von 3.751,01 € in drei Raten nach Maßgabe des § 22 Abs. 4 GesV. Es ist im Berufungsverfahren unstreitig geworden, dass die Kläger nach Erklärung des Widerrufs noch weitere Ausschüttungen i.H.v. 306,78 € erhalten haben.

Die Kläger beantragen,

das angefochtene Urteil zu ändern und

die Beklagte zu verurteilen, den Klägern 16.105,69 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 2. April 2005 zu zahlen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, den Klägern jeweils 1.250,34 € am 16. Juli 2006 am 16. Juli 2007 sowie 1.250,33 € am 16. Juli 2008 zu zahlen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

In erster Linie vertritt die Beklagte die Ansicht, die Widerrufsbelehrung sei nicht missverständlich, zumal man dem Verbraucher einen gewissen "gesunden Menschenverstand" zurechnen müsse.

EU-Recht verdränge nicht die Anwendung der Grundsätze zur fehlerhaften Gesellschaft, weil nur so die verbleibenden Gesellschafter und die Gläubiger der Gesellschaft wirksam geschützt werden können. Hilfsweise rechnet die Beklagte gegen die Einlage der Kläger mit den bereits erteilten Ausschüttungen i.H.v. 6.322,16 € auf.

Der Treuhandvertrag mit der Dr. J ... GmbH verstoße nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz. Die vom BGH beschiedenen Fälle beträfen Vollmachten zum Erwerb von Grundstücken, Abschlüsse von Darlehens- , Finanzierungsvermittlungs- , Miet-, Mietgarantie- und Sicherungsverträgen etc. Hier dagegen handele es sich um eine Vollmacht für eine schlichte Verwaltungstreuhand, die keine erlaubnispflichtige Rechtsberatung i.S.d. RBerG zum Gegenstand habe.

Zum (neuen) Hilfsantrag der Kläger verweist die Beklagte auf den unstreitigen Umstand, dass die Kläger nach dem Widerruf, nämlich am 29. Juni und 27. Dezember 2005 weitere Ausschüttungen i.H.v. insgesamt 306,78 € erhalten haben. In dieser Höhe seien die Kläger wegen des vorherigen Widerrufs ungerechtfertigt bereichert. Der Auseinandersetzungsanspruch der Kläger belaufe sich daher nur noch auf 3.444,23 €, die dann in 3 Jahresraten zu zahlen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Kläger hat auf Grund des Hilfsantrages den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Der Hauptantrag und der weitergehende Hilfsantrag sind unbegründet.

Die Beklagten haben ihr Widerrufsrecht auch noch Ende Mai 2005 wirksam ausüben können. Dies berechtigte die Kläger allerdings nur zu einer Aufhebung mit Wirkung ab Abgabe der Widerrufserklärung und bewirkte keine rückwirkende Aufhebung ihres Kommanditverhältnisses zu der Beklagten. Die Kläger können daher keine Rückzahlung ihrer Einlage fordern, sondern lediglich Auszahlung ihres zum Stichtag der Beendigung ihres Gesellschafterverhältnisses bestehenden Auseinandersetzungsguthabens nach Maßgabe der gesellschaftsvertraglichen Regeln.

Die Kläger haben das von der Beklagten mit 3.751,01 € errechnete Guthaben unstreitig gestellt; ebenfalls unstreitig ist davon ein Betrag von 306,78 € (Ausschüttungen nach Widerruf) in Abzug zubringen, so dass der Restbetrag von 3.444,23 € vertragsgemäß in 3 Jahresraten von zwei mal 1.148,08 € und ein mal 1.148,07 € an die Kläger zu zahlen sind.

1. Die den Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung war missverständlich und daher nicht geeignet, die gesetzliche Widerrufsfrist in Gang zu setzen.

Der Klammerzusatz in der Belehrung "Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufes (Datum des Poststempels) ..." war geeignet, auch einen verständigen und durchschnittlich informierten Adressaten zu einem Irrtum über die Voraussetzungen für eine rechtzeitige Ausübung des Widerrufs zu veranlassen. Die Widerrufsfrist endet um 24.00 Uhr des Ablauftages. Sie wird im Fall der Versendung eines Schreibens gewahrt mit der rechtzeitigen Absendung, etwa mittels Einwurfs in einen Briefkasten. Das stellte der Klammerzusatz "Datum des Poststempels" allerdings gerade in Frage. Denn daraus ergab sich der Anschein, dass für die Wirksamkeit eines Widerrufs die rechtzeitige Absendung eines Schreibens (Einwurf in den Briefkasten) nicht ausreichte, sondern das Schreiben auch (und dies notwendigerweise) mit einem Poststempel versehen sein musste, der mindestens das Datum des letzten Tages der Frist trug.

Diese Feststellung vermochte der Senat selbst zu treffen, weil seine Mitglieder zu dem angesprochenen Verkehrskreis zählen. Nach eigener Erfahrung der Senatsmitglieder eröffnet sich die gewollte Bedeutung der Klausel wohl nach dem Anstellen rechtlicher Kontrollüberlegungen. Solche Überlegungen konnten und durften jedoch nicht (schon gar nicht standardmäßig) von einem Adressaten mit durchschnittlicher Allgemeinbildung erwartet werden. Der Senat hat im Ergebnis keinen Zweifel daran, dass die Belehrung jedenfalls im oben dargestellten Sinne missverständlich war. Es war auch ohne Weiteres mindestens denkbar, dass der so "belehrte" Verbraucher aufgrund einer Missdeutung davon absah, eine (noch) vorhandene Widerrufsmöglichkeit zu nutzen, weil er zu Unrecht meinte, er könne sein Widerrufsrecht nicht mehr fristgemäß ausüben, weil ein Poststempel mit dem Datum des Absendetages (nach Schalterschluss oder aufgrund großer räumlicher Entfernung zum nächsten Postamt) nicht mehr erlangbar war.

Die Einwendungen der Beklagten gegen diese Wertung sind unerheblich.

Insbesondere wird die Missverständlichkeit des Klammerzusatzes nicht wegen des von der Beklagten vorgetragenen und vom Landgericht übernommenen Motivs ausgeräumt, den Anleger lediglich auf den im Jahre 1998 noch regelmäßigen Übermittlungsweg, Beweisschwierigkeiten und die Nachweismöglichkeiten hinzuweisen. Das ist schon deshalb ausgeschlossen, weil dieses verständnisregulierende Motiv weder aus dem Belehrungstext noch sonst auch nur ansatzweise erkennbar war.

Die in Bezug genommenen Entscheidungen des BGH (BGHZ 122, 288 zu § 1 b AbzG; NJW 1996, 1964) sagen zum notwendigen Inhalt einer Belehrung nichts aus.

Ohne argumentativen Wert ist auch der Hinweis der Beklagten darauf, dass Belehrungstexte des hier in Rede stehenden Inhalts "millionenfach" verwandt worden seien ohne dass irgendein Gericht dies gerügt habe. Entsprechendes gilt für die Erwägung des Landgerichts, jedermann wisse, dass es auch andere Versandmöglichkeiten als den einfachen Brief gebe und dies zeige "sich auch bei den Klägern", die "die 1998 erworbene Beteiligung fast 7 Jahre lang nicht widerrufen" hätten.

Auf die Kausalität der Missverständlichkeit der Belehrung für das Unterlassen eines fristgemäßen Widerrufs kommt es nicht entscheidungserheblich an. Allein der Umstand einer nicht ordnungsgemäßen Belehrung rechtfertigt die Zubilligung der Ausübung des Widerrufs auch noch nach Ablauf der gesetzlichen Frist. Das ist aus Gründen der Gewährleistung eines effektiven Verbraucherschutzes eindeutig so nach der EWG-RiLi gewollt gewesen und entspricht auch dem Willen des diese Richtlinie umsetzenden deutschen Gesetzgebers.

2. Es ist ferner davon auszugehen, dass der Beitritt der Kläger als Kommanditisten der Beklagten maßgeblich in einer "Haustür"-Situation vorbereitet wurde und dies für den späteren Abschluss mitursächlich geworden ist.

Die Beklagte hat in der Berufungsverhandlung auf der Grundlage der schriftlichen Auskunft der A... vom 24. Februar 2005 unstreitig gestellt, dass die in dem Schreiben erwähnten 3 - 4 von der Vermittlerin S ... durchgeführten Besuchstermine in der Wohnung der Kläger in einem Zeitraum von ca. 3 Wochen stattgefunden hatten, wobei der erste Termin der Datenerfassung diente und auf eigene Initiative der Vermittlerin (Besuch nach Anruf) stattgefunden hatte.

Die Beklagte hat allerdings die Ursächlichkeit des (unstreitig) unbestellten Erstbesuchs für den Vertragsschluss bestritten. Dies Bestreiten ist jedoch unerheblich. Zwar kann infolge längeren Zeitablaufs zwischen dem Haustürkontakt und dem Vertragsschluss die Ursächlichkeit entfallen (BGH WM 2003, 1370, 1372; ZIP 2003, 432, 433). Das war hier jedoch nicht so. Nach der Auskunft der A... ist davon auszugehen, dass mindestens drei Besuchstermine in einem Zeitraum von ca. drei Wochen stattgefunden haben und am letzten der Termine der Beteiligungsantrag unterzeichnet worden ist. Es ist davon auszugehen, dass bei dem ersten Besuchstermin das Interesse der Kläger an einer Beteiligung werbend geweckt und bereits Daten erhoben wurden, also bereits vertragsanbahnende Gespräche geführt wurden. Die "nicht bestellten" Aktivitäten der Vermittlerin hatten daher bereits eine für den späteren Vertragsschluss mitentscheidende Qualität und Bedeutung. Inhalt (konkrete Angebote und Anträge der Kläger) und Zeitnähe der Folgegespräche indizieren mit hinreichender Sicherheit, dass innerhalb kürzester Zeit und aufbauend auf dem Erstkontakt kontinuierlich der anschließende Vertragsschluss gefördert wurde. Unter diesen Umständen kann an der Kausalität des "unbestellten" Erstkontakts für den zeitnahen Abschluss kein Zweifel bestehen.

3. Der erfolgreiche Widerruf hat den Zustand schwebender Gültigkeit der Beitrittserklärung der Kläger beendet. Nach § 3 HaustürWG (jetzt: § 357 i.V.m. §§ 346 ff. BGB) wurde der Vertrag grundsätzlich in ein bereicherungsrechtliches Abwicklungsverhältnis umgewandelt, weil die widerrufenen Willenserklärungen zu keinem Zeitpunkt wirksam geworden waren.

a) Danach wäre eigentlich der primär geltend gemachte Rückzahlungsanspruch (nebst Zinsen ab Widerruf) prinzipiell begründet. Allerdings wären dann die von den Klägern erlangten Vorteile, also die bis einschließlich 2004 erlangten Ausschüttungen auf ihre Anteile (= 5.721,36 € - Bl. 32) in Abzug zu bringen bzw. mit einer üblichen Verzinsung der Einlage zu verrechnen. Das ist im Ergebnis im Wesentlichen das, was die Beklagte mit ihrer Hilfsaufrechnung in der Berufungserwiderung erreichen möchte.

Tatsächlich besteht ein solcher Rückzahlungsanspruch jedoch aus den nachstehenden Gründen zu b nicht.

b) Die Beklagte hat gegen das Verlangen einer Einlagerückzahlung zutreffend eingewandt, dies komme aus Rechtsgründen deshalb nicht in Betracht, weil hier mit der widerrufenen Willenserklärung ein Gesellschaftsverhältnis begründet und die Gesellschaft in den letzten Jahren auch bereits in Vollzug gesetzt worden sei. Diese Rechtsauffassung entspricht den gesetzlichen Regelungen im Bereich der Kapitalgesellschaften (§§ 275 ff. AktG, 75 ff. GmbHG; 94 ff. GenG). Sie gilt aber auch für die hier in Rede stehende Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (NJW 2001, 2817; NZG 2003, 917; 2004, 961; 2005, 261) gilt auch für Personengesellschaften die Regel, dass Gründungs- oder Beitrittsmängel die Entstehung und den Fortbestand einer Gesellschaft nicht hindern. In Anwendung dieser sog. Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft kann bei begründeter Geltendmachung anfänglicher Beitrittsmängel keine vollständige Rückzahlung gefordert werden. Der Gesellschafter, der sich auf die Unwirksamkeit seines Beitritts berufen will, hat lediglich das Recht, sich jederzeit auf dem Wege der außerordentlichen Kündigung (ex nunc) von seiner Beteiligung für die Zukunft zu lösen. In Konsequenz dieser Lösung tritt an die Stelle des ihm nach allgemeinen Grundsätzen zustehenden Anspruchs auf Rückzahlung der geleisteten Einlage ein Anspruch auf das nach den Grundsätzen gesellschaftsrechtlicher Abwicklung zu ermittelnde Abfindungsguthaben.

Die Kläger halten dem entgegen, dass diese Rechtsprechung des BGH nicht mit europarechtlichen Verbraucherschutzregeln, namentlich Art. 5 Abs. 2 Haustür-RiLi 85/577/EWG vom 20. Dezember 1985, zu vereinbaren sei.

In dieser Ansicht sehen sich die Kläger bestätigt durch die Entscheidung des EuGH vom 25. Oktober 2005 (C-350/03 - Eheleute S ... ./. B ... ). Der EuGH hat in diesem Urteil zwar konzidiert, dass sich nach Art 7 der Haustür-RiLi die Rechtsfolgen eines Widerrufs nach dem einzelstaatlichen Recht richten (Rn. 67, 68), der nationale Gesetzgeber und Richter aber auch "das gesamte nationale Recht ... so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zweckes der Richtlinie auslegen (muss), um zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel vereinbar ist" (Rn. 71). Zum Ziel des Art 5 Abs. 2 Haustür-RiLi ("Die Anzeige bewirkt, dass der Verbraucher aus allen aus dem widerrufenen Vertrag erwachsenden Verpflichtungen entlassen ist.") führt der EuGH aus, dass der Widerruf einen Wegfall der aus dem Vertrag erwachsenden Verpflichtungen im Sinne einer "Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes" bewirken soll (Rn. 71. 88).

Gemessen an diesen Ausführungen stellt sich allerdings die Frage, ob die Rechtsprechung des BGH, wonach sich der Widerrufende für die bis zum Widerruf (bzw. der Kündigung) abgelaufene Zeit wie ein wirksam beigetretener Gesellschafter behandeln lassen muss, mit dem EU-Recht in Einklang steht. Denn dass mit dieser Rechtsprechung nicht ganz ungewichtige wirtschaftliche Folgen des Beitritts - wie etwa die Teilnahme am Verlust - perpetuiert werden, entspricht nicht einem strengen Gebot der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Der EuGH brauchte sich zu dieser Frage nicht zu äußern, weil der Fall "S ... " einen fremdfinanzierten Direkterwerb einer Eigentumswohnung betraf und es auch in dem gleichzeitig entschiedenen Fall "C ... V ... - C-229/04" an einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung der Erwerber fehlte.

Der Senat geht davon aus, dass die Rechtsprechung des BGH mit den Vorgaben des Europarechts in Einklang stehen.

Im Streitfall konkurrieren Regeln des Verbraucherschutzes vor Bindungen an Willenserklärungen, die in situativen, besonderen Schutzbedarf bedingenden Sondersituationen abgegeben werden, mit dem allgemeinen verbandsrechtlichen Erfordernis der Anerkennung des Bestands sowie der bereits abgeschlossenen und laufenden Tätigkeiten einer in Gang gesetzten und nach außen werbend in Erscheinung getretenen Personengesellschaft. Die Besonderheiten dieser Fallgestaltungen liegen darin begründet, dass mit der Beitrittserklärung und dem darauf folgenden Vollzug der Gesellschaft auch Rechte Dritter berührt werden, die in ihrem Vertrauen auf die Wirksamkeit des Bestands der Gesellschaft schutzbedürftig sind. Der BGH benennt dazu neben den Gläubigern der Gesellschaft auch die Mitgesellschafter. Die mit dem Beitrittsakt verbundene Eingehung einer personenrechtlichen Verbindung mit ihren spezifischen wechselseitigen Abhängigkeiten, Treuepflichten und dem gemeinsamen Auftreten gegenüber Dritten im geschäftlichen Verkehr schafft einen durch spezifische Interessenkonstellationen geprägten Rechtsbereich, in dem es sachgerecht und geboten ist, den Interessenschutz des widerrufsberechtigten Verbrauchers in der vom BGH praktizierten Weise zu modifizieren.

Ob der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft einschließlich der vorbeschriebenen Rechtsfolgen bereits gewohnheitsrechtliche Geltung zukommt, mag offen bleiben. Jedenfalls gehört diese Lehre in ihrem Anwendungsbereich zu dem innerstaatlichen Recht, das nach Art 7 der Haustür-RiLi für die Bestimmung der Rechtsfolgen des Widerrufs im Überschneidungsbereich der Haustürgeschäfte und des Personengesellschaftsrechts maßgeblich ist. Der BGH hat in Kenntnis des Konflikts zwischen dem Verbraucherschutzgebot des Art 5 Abs. 2 Haustür-RiLi und den Folgen "seiner" Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft letztere auch für die Beurteilung der Folgen des mangelhaften Beitritts zu einer Personengesellschaft für anwendbar erklärt (Gegen einen Vorrang des Verbraucherschutzes auch Ulmer in MK-BGB, 4. Aufl., § 705 Rn. 329 m.w.N.; OLG Stuttgart ZIP 2002, 1885, 1890; OLG Dresden ZIP 2002, 1293, 1296). Das Urteil des EuGH vom 25. Oktober 2005 hat insoweit keine neuen Anwendungsregeln aufgestellt oder sonstige neue Erkenntnisse erbracht, die einem Festhalten an der bisherigen Rechtsprechung entgegenstehen könnten. Der EuGH hat sich vielmehr auf die Beschreibung des Konflikts und auf Hinweise auf bekannte Regeln der Anwendung europäischen Gemeinschaftsrechts beschränkt.

Daraus folgt, dass der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Rückzahlungsanspruch nicht besteht und die Kläger auf die Geltendmachung eines Anspruchs auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens nach Maßgabe des § 22 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags beschränkt sind. Dies entspricht ihrem Hilfsantrag.

4. Hinsichtlich ihres Hilfsantrags müssen sich die Kläger von den insgesamt geltend gemachten 3.751,01 € noch die nach dem Widerruf ausgeschütteten 306,78 € unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten abziehen lassen.

Die Ausschüttungen standen den Klägern nicht mehr zu, nachdem sie mittels Widerrufs eine Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses ex nunc bewirkt hatten. Die Kläger sind dem angekündigten Abzug auch nicht mehr entgegengetreten.

5. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die mit Beschluss vom 23. Februar 2006 getroffene Wertfestsetzung auf 16.105 € berücksichtigt zum einen, dass über die Hilfsaufrechung der Beklagten nach Abweisung des Hauptantrags der Kläger nicht zu entscheiden war (§ 45 Abs. 3 GKG). Zum anderen geht der Senat davon aus, dass zwischen dem Hauptantrag (16.105,69 €) und dem Hilfsantrag (3.751,01 €) eine "wirtschaftliche Identität" besteht, die eine Zusammenrechnung (= 19.856,70 €) ausschließt.

6. Es besteht kein Grund für die Zulassung der Revision. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für die notwendige Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung erforderlich.

Der Senat sieht in dieser Sache auch keine Veranlassung für die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nach § 234 EG.

Ende der Entscheidung

Zurück