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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 10.03.2004
Aktenzeichen: 1 W 2/04
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 64 Abs. 2
Es kann eine Haftung des Geschäftsführers einer GmbH nach § 64 Abs. 2 GmbHG in Betracht kommen, wenn er nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH Zahlungen von Kunden auf ein debitorisch geführtes Konto der GmbH dadurch zurechenbar veranlasst hat, dass nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit für Rechnungen an Kunden ein Rechnungsformular mit der Angabe des debitorisch geführten Kontos verwendet worden ist.
Oberlandesgericht Oldenburg Beschluss

1 W 2/04

In der Beschwerdesache

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch die Richter ... , ... und ...

am 10. März 2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beschluss der 15. Zivilkammer (3. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Osnabrück vom 4.12.2003 geändert.

Der Antragstellerin wird für die beabsichtigte Klage gegen den Antragsgegner in Höhe eines Betrages von 89.756,39 € nebst Zinsen von 4% seit Rechtshängigkeit Prozesskostenhilfe bewilligt.

Im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Der Antragstellerin wird zur Wahrnehmung ihrer Rechte Rechtsanwalt V ... , zu den Bedingungen eines am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts beigeordnet.

Gerichtsgebühren werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben; außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat Prozesskostenhilfe für eine Klage beantragt, mit der sie als Insolvenzverwalterin den Antragsgegner als ehemaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin auf Schadensersatz nach § 64 Abs. 2 GmbHG in Anspruch nehmen will wegen nach dem Zeitpunkt eingetretener Zahlungsunfähigkeit geleisteter Zahlungen von Kunden auf ein debitorisch geführtes Bankkonto der Gemeinschuldnerin.

Das Landgericht hat den Antrag auf Prozesskostenhilfe durch Beschluss vom 4.12.2003 zurückgewiesen. Es hat die für die Prozesskostenhilfebewilligung erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Klage verneint, weil auch nach dem Vorbringen der Antragstellerin ein pflichtwidriges Geschäftsführerhandeln des Antragsgegners nicht anzunehmen sei; er habe die Kundenzahlungen auf das debitorische Konto der Gemeinschuldnerin selbst nicht vorgenommen und auch nicht veranlasst, vielmehr seien die entsprechenden Zahlungen der Kunden offensichtlich allein auf Grund vorausgegangener Geschäftstätigkeit auf das auf den Rechnungsformularen der späteren Insolvenzschuldnerin angegebene Geschäftskonto vorgenommen worden.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde. Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig und im Wesentlichen auch begründet.

Die subjektiven Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfebewilligung sind gegeben.

Die Antragstellerin hat belegt, dass die anfallenden Prozesskosten nicht aus der noch vorhandenen Insolvenzmasse (aus einem Kontoguthaben von 11.496,88 €) beglichen werden können, weil das vorhandene Guthaben für die Deckung der Verfahrenskosten einschließlich der Insolvenzverwaltervergütung benötigt wird.

Den am Verfahren beteiligten Gläubigern ist die Aufbringung der Prozesskosten nicht nach § 116 Nr. 1 ZPO zuzumuten, da nach Einschätzung des Senats die Chancen einer von den Gläubigern tatsächlich zu erwartenden Quotenverbesserung durch Realisierung der einzuklagenden Forderung gegen den Antragsgegner den von den Gläubigern zu leistenden anteiligen Beitrag der Prozessfinanzierung und die damit verbundenen Risiken nicht deutlich übersteigen (vgl. zu einer solchen Abwägung BGH NJW 1991, 40 f.). Wenn Sozialversicherungsträger, BfA, Arbeitnehmer und Kleingläubiger bis 5.000 DM außer Betracht gelassen werden, denen die Aufbringung der Prozesskosten von vornherein nicht zuzumuten ist (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl, § 116, Rdnr. 7, 8), ergibt sich bei dann für die Kostentragung zu berücksichtigenden Insolvenzgläubigern mit Forderungen von insgesamt ca. 114.000 € eine zu übernehmende Kostenquote von 10 % (bezogen auf die eigene Forderung). Bei einer in der Realisierbarkeit problematischen Klageforderung und einer evtl. zu erzielenden Quote von 16 % ist die Finanzierung der Prozesskosten den (qualifiziert) beteiligten Gläubigern dann nicht zuzumuten.

Eine Prozessfinanzierung durch den Insolvenzverwalter selbst bzw. zu Lasten der Vergütung des Insolvenzverwalters kommt nach der Rechtsprechung des BGH nicht in Betracht (vgl. BGH NJW 1998, 1229; Zöller/Philippi,., § 116, Rdnr. 10a, m.w.N.).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann die beabsichtigte Klage der Antragstellerin auch nicht als mutwillig gewertet werden. Zwar ist Mutwilligkeit der Prozessführung gegeben, wenn der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Dauer nicht durchgesetzt werden kann und eine nicht auf Prozesskostenhilfe angewiesene, vernünftig denkende Partei deswegen von der Prozessführung absehen würde. Eine im Zeitpunkt der Klageerhebung fehlende Zahlungsfähigkeit des Beklagten schließt jedoch eine spätere Realisierung der Forderung nicht von vornherein aus und lässt die Prozessführung jedenfalls dann nicht als mutwillig erscheinen, wenn die beabsichtigte Klage - wie im vorliegenden Fall - zur Unterbrechung der in nächster Zeit endenden Verjährungsfrist (vgl. hier §§ 64 Abs. 2 S. 3, 43 Abs. 4 GmbHG) erforderlich ist, um die Möglichkeit einer zukünftigen Realisierung der Forderung offen zu halten (vgl. OLG Düsseldorf OLGReport 1998, 178, 179/180; Musielak/Fischer, ZPO, 3. Aufl., § 114, Rdnr. 41; Kalthoener/Büttner/WrobelSachs, Prozesskostenhilfe, 3. Aufl., Rdnr. 477, m.w.N.).

Auch in der Sache kann der von der Antragstellerin beabsichtigten Klage die Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden. Nach dem von der Antragstellerin dargelegten Sachverhalt kommt eine Haftung des Beklagten als ehemaligem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin nach § 64 Abs. 2 GmbHG in Betracht.

Die Antragstellerin hat substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt, dass bereits am 30.9.1998 die Gemeinschuldnerin insolvenzreif, sie nämlich zahlungsunfähig war, die Zahlungsunfähigkeit in der Folgezeit fortdauerte und die hier relevanten Zahlungen auf das debitorische Bankkonto der Gemeinschuldnerin nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erfolgten.

Zwar lassen die von der Antragstellerin vorgelegten Kontoauszüge für den hier relevanten Zeitraum ab 30.9.1998 noch keine Zahlungseinstellung im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO erkennen, so dass die daran anknüpfende Vermutung der Zahlungsunfähigkeit im vorliegenden Fall nicht eingreifen kann.

Die für die Zahlungsunfähigkeit erforderliche Feststellung, dass der Schuldner zum oben genannten Zeitpunkt nicht (mehr) in der Lage war, die fälligen Zahlungsverpflichtungen mit vorhandenen bzw. kurzfristig zu realisierenden Mitteln zu erfüllen, ist hier jedoch auf Grund der von der Antragstellerin vorgelegten Liquiditätsbilanz mit der darin enthaltenen Gegenüberstellung der zum damaligen Zeitpunkt fälligen Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin und der damals verfügbaren Vermögenswerte gerechtfertigt. Danach konnten von den fälligen Verbindlichkeiten der GmbH allenfalls noch ca. 50% mit den zur Verfügung stehenden bzw. kurzfristig realisierbaren Mitteln erfüllt werden. Danach bezog sich das bereits damals vorhandene Leistungsunvermögen der Gemeinschuldnerin auf einen nicht nur unwesentlichen Teil der fälligen Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin. Allenfalls bei einem Anteil von ungefähr 10 % ungedeckten, nicht zu erfüllenden Verbindlichkeiten (also einem Quotienten über 0,9 beim Verhältnis zwischen liquider Aktivmasse und fälligen Verbindlichkeiten) kann noch von einer nur unwesentlichen Einschränkung der Zahlungsfähigkeit ausgegangen werden (vgl. dazu HKInsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 17 InsO, Rdnr. 24), die - ebenso wie eine nur vorübergehenden Zahlungsstockung - nicht als Zahlungsunfähigkeit zu behandeln wäre. Diese Grenze war hier jedoch - soweit ersichtlich - zum oben genannten Zeitpunkt bereits weit überschritten.

Nach dem Sinn und Zweck des aus § 64 Abs. 2 GmbHG folgenden Zahlungsverbots geht es darum, das Vermögen der Gemeinschuldnerin zusammenzuhalten, um die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger im Rahmen des bevorstehenden Insolvenzverfahrens bereits im Vorfeld der Insolvenzeröffnung zu sichern, und zu verhindern, dass der Geschäftsführer einzelne Gläubiger durch (teilweise) Befriedigung bevorzugt (vgl. dazu BGH ZIP 2000, 184). Entsprechend diesem Normzweck erfasst das Zahlungsverbot und die daran anknüpfende Haftung nicht nur Geldzahlungen, die der Geschäftsführer nach Eintritt der Insolvenzreife selbst vornimmt oder vornehmen lässt, sondern in weiter Auslegung des Begriffs der "Zahlung" insgesamt alle Maßnahmen des Geschäftsführers nach Insolvenzreife, die unter Bevorzugung einzelner Gläubiger zu einer Schmälerung des Gesellschaftsvermögens und damit der Insolvenzmasse führen (vgl. BGH a.a.O., S. 185; Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl., § 64, Rdnr. 36). Eine solche unter § 64 Abs. 2 GmbHG fallende verbotene, einen einzelnen Gläubiger bevorzugende Maßnahme stellt nach der Rechtsprechung auch der Einzug eines Kundenschecks über ein debitorisch geführtes Konto der Gesellschaft dar (vgl. BGH, a.a.O.; BGH ZIP 2000, 1896; OLG Hamburg ZIP 1995, 913). Zutreffend hat der BGH dazu ausgeführt, dass es keinen Unterschied mache, ob durch die Gutschrift auf dem debitorischen Bankkonto und die dann erfolgte Saldierung der Bank als Gläubigerin der Gesellschaft eine bevorzugte (teilweise) Befriedigung verschafft werde oder ob der Geschäftsführer mit dem von einem Schuldner der GmbH erhaltenen Barbetrag die Forderung eines ihrer Gläubiger begleiche; in beiden Fällen werde durch Schmälerung des Gesellschaftsvermögens und der späteren Insolvenzmasse ein einzelner Gläubiger gegenüber der Gläubigergesamtheit bevorzugt. Mit entsprechenden Erwägungen wird § 64 Abs. 2 GmbHG von der zutreffenden Rechtsprechung auch bei Lastschrifteinzügen und bei Vereinnahmung sonstiger Gutschriften auf einem debitorischen Bankkonto der GmbH angewandt (vgl. OLG Düsseldorf NJWRR 1999, 1411).

Auch für die im vorliegenden Fall nach Eintritt der Insolvenzreife vom Antragsgegner herbeigeführten Gutschriften auf dem im Soll geführten Konto der Gemeinschuldnerin bei der D ... e.G. kann nichts anderes gelten. Auch hier ist durch die Verrechnung mit dem vorher vorhanden gewesenen Sollsaldo die Verbindlichkeit der GmbH (der Gemeinschuldnerin) bei der Bank teilweise zurückgeführt und damit letztlich zu Lasten des Gesellschaftsvermögens und der späteren Insolvenzmasse ein einzelner Gläubiger bevorzugt befriedigt worden.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat der Antragsgegner die bevorzugte Befriedigung eines einzelnen Gläubigers aus dem Gesellschaftsvermögen nach Eintritt der Insolvenzreife auch veranlasst und ist ihm dies zuzurechnen.

Unstreitig befand sich auf den den Kunden erteilten Rechnungen die genannte Bankverbindung zur D ... und die entsprechende Nummer des Kontos der Gemeinschuldnerin. Zwar hätten die Kunden selbstverständlich die Möglichkeit gehabt, den geschuldeten Rechnungsbetrag an die Gesellschaft bar zu zahlen oder einen Scheck zu übersenden, den der Antragsgegner anderweitig hätte einziehen lassen können. Es entspricht jedoch der heutigen Geschäftspraxis, dass im Geschäftsverkehr Verbindlichkeiten meist durch Überweisung des Rechnungsbetrages auf das in der Rechnung angegebene Konto des Gläubigers erfüllt werden. Dies ist auch hier geschehen. Wenn auch in der Übersendung der Rechnung mit der Kontonummer des debitorischen Kontos keine Zahlungsanweisung des Antragsgegners im Rechtssinne an den Kunden zu sehen ist, den geschuldeten Geldbetrag auf dieses Konto zu zahlen, so kam das in der faktischen Wirkung jedoch einer entsprechenden Anweisung gleich, was auch für den Antragsgegner erkennbar war.

Es ist danach festzustellen, dass der Antragsgegner durch die Verwendung der Rechnung und den darin enthaltenen Hinweis auf das (debitorisch geführte) Konto veranlasst hat, dass die Zahlungen der Kunden der GmbH auf dieses Konto erfolgten und damit die bevorzugte Tilgung der Bankverbindlichkeiten herbeigeführt wurde.

Selbst wenn der Antragsgegner nicht selbst die Rechnungen geschrieben und den Kunden der GmbH übersandt hat, war er jedenfalls als Geschäftsführer für diese Handhabung und die damit verbundene Geschäftsabwicklung verantwortlich. Dass er damit eine bevorzugte Befriedigung der Bank bei ständig überzogenem Geschäftskonto der GmbH veranlasste, kann dem Antragsgegner auch nicht verborgen geblieben sein. Es kann danach hier nichts anderes gelten als in den bereits in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen einer Einziehung eines Kundenschecks über ein debitorisches Konto.

Der Annahme eines Verstoßes gegen das Zahlungsverbot und einer daran anknüpfenden Haftung des Antragsgegners nach § 64 Abs. 2 GmbHG stehen auch nicht die Erwägungen des Landgerichts entgegen, dass es dem Antragsgegner als Geschäftsführer der GmbH nicht zuzumuten gewesen sei, für die Gesellschaft ein kreditorisch geführtes Konto bei einer anderen Bank einzurichten und die Kunden für eventuelle Überweisungen auf das neue Konto zu verweisen. Mit einem entsprechenden Einwand hat sich bereits der BGH im Rahmen der oben dargestellten Fallgestaltung des Scheckeinzugs befasst und zutreffend darauf hingewiesen, dass die Berücksichtigung solcher Erwägungen darauf hinaus laufen würde, dem Geschäftsführer eine (weitere) Konkursverschleppung zu ermöglichen und - wie zu ergänzen ist - eine Bevorzugung einzelner Gläubiger herbeizuführen (vgl. BGH ZIP 2000, 184,186).

Eine Haftung des Antragsgegners kommt allerdings nur dann und nur insoweit in Betracht, als die dem Antragsgegner zuzurechnende Veranlassung der Überweisung (die faktische "Anweisung ") nach Eintritt der Insolvenzreife der GmbH erfolgt ist. Wie aus den vorausgegangenen Ausführungen folgt, ist die dem Antragsgegner zuzurechnende entscheidende Veranlassung der Überweisung in der Erstellung und Übersendung der jeweiligen Rechnung mit der entsprechenden Kontoangabe an den betreffenden Kunden der GmbH zu sehen. Die Antragstellerin hat - jedenfalls für das derzeitige Stadium des PKH-Verfahrens - ausdrücklich und durch Bezugnahme auf die von ihr vorgelegten Kontoauszüge hinreichend dargelegt, dass die Rechnungen nach Eintritt der Insolvenzreife geschrieben und den Kunden übersandt worden sind. In den Kontoauszügen ist bei den betreffenden Zahlungseingängen jeweils auch das Datum der Rechnung (zumindest Rechnungsmonat) vermerkt. Bis auf zwei Ausnahmen erfolgte die Rechnungsstellung deutlich nach dem Eintritt der - entsprechend der Darlegung der Antragstellerin - am 30.9.1998 vorhandenen Zahlungsunfähigkeit der GmbH.

Soweit ersichtlich, trifft dies lediglich auf die am 16.2.1999 erfolgte Überweisung in Höhe von 182,74 DM (Rechnung vom 30.6.1998) und auf die Überweisung am 8.1.1999 über 3.616,98 DM (Rechnung vom 31.8.1998) nicht zu. In diesen beiden Fällen liegt die maßgebende Veranlassung der Zahlung auf das debitorische Konto seitens des Antragsgegners nicht in der Zeit dargelegter Zahlungsunfähigkeit der GmbH. Hinsichtlich dieser Beträge muss deshalb eine Haftung des Antragsgegners von vornherein ausscheiden. Hinsichtlich des dann verbleibenden Restbetrags in Höhe von 175.548,25 DM (89.756,39 €) kommt dagegen eine Haftung des Antragsgegners in Betracht.

Eine solche Haftung des Antragsgegners ist schließlich auch nicht bereits aus im PKH-Verfahren ohne weiteres erkennbaren und hier zu berücksichtigenden subjektiven Gründen ausgeschlossen.

Für den subjektiven Tatbestand des § 64 Abs. 2 GmbHG genügt hinsichtlich sämtlicher anspruchsbegründender Voraussetzungen Fahrlässigkeit des Geschäftsführers, insbesondere auch hinsichtlich der Erkennbarkeit der Insolvenzreife, wobei ein entsprechendes Verschulden jedoch zu vermuten ist und es Aufgabe des in Anspruch genommenen Geschäftsführers ist, die entsprechende Vermutung zu widerlegen (vgl. BGH ZIP 2000, 184,185). Gleiches gilt auch für den in § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG genannten Ausnahmetatbestand, dass die Zahlungen auch nach Eintritt und Berücksichtigung der Insolvenzreife mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmann vereinbar sind. Hierzu gehören Zahlungen, die nicht mit einer Schmälerung der Insolvenzmasse verbunden waren, Zahlungen an absonderungsberechtigte Gläubiger oder ähnliche Maßnahmen, die mit den durch § 64 Abs. 2 GmbHG geschützten Gläubigerinteressen vereinbar sind. Leistungen auf ein debitorisch geführtes Konto der GmbH gehören hierzu grundsätzlich nicht. Auch der Umstand, dass durch die Zahlung auf ein solches Konto und die damit verbundene teilweise Rückführung des Sollsaldos evtl. nochmals weitere Kreditmöglichkeiten für die GmbH eröffnet worden sind, führt nicht zur Vereinbarkeit dieser Zahlung mit der in § 64 Abs. 2 S. 2 GmbHG genannten Sorgfalt (vgl. BGH ZIP 2000, 184). Auf die Möglichkeit weiterer Kreditschöpfung mit Mitteln des debitorischen Kontos kann zumindest nach Entstehung der Insolvenzantragspflicht nicht abgestellt werden, weil dies nämlich dem Zweck dieser Pflicht widerspräche (so BGH, a.a.O., 186).

Auf die Beschwerde der Antragstellerin ist ihr nach alledem die beantragte PKH weitgehend, nämlich in dem oben dargestellten Umfang, zu gewähren.

Die Anordnung über die Nichterhebung von Gerichtsgebühren beruht auf Nr. 1956 Anlage 1 zum GKG, der Ausspruch über den Ausschluss der Erstattung von außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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