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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 20.01.2003
Aktenzeichen: 1 W 6/03
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
Ein gewerblicher Händler muß bei einem Verkaufsangebot in einer Internetauktion nicht auf seine Händlereigenschaft hinweisen.
Oberlandesgericht Oldenburg Beschluss

1 W 6/03

In der Beschwerdesache

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch die unterzeichnenden Richter

am 20. Januar 2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 6. November 2002 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 15.000 €

Gründe:

Die nach den §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht eine wettbewerbsrelevante Irreführung der von dem Angebot der Antragsgegnerin angesprochenen Verbraucher verneint.

Es ist allerdings davon auszugehen, dass die rechtlichen Bindungen, denen ein Unternehmen bei herkömmlicher Tätigkeit unterliegt, auch für den elektronischen Geschäftsverkehr gelten. Dies trifft wohl auch auf die wettbewerbsrechtliche Regel zu (BGH GRUR 1987, 748, 749 - Getarnte Werbung II; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 3 Rn. 354), dass ein Unternehmer zur Vermeidung einer Irreführung des angesprochenen Publikums den gewerblichen Charakter seines Angebots in geeigneter Weise offenlegen muss, weil das Publikum anderenfalls von einem günstigeren Privatangebot ausgeht. Dies soll seine maßgebliche Rechtfertigung darin finden, dass der gewerbliche Händler typischerweise seine Preise gewinnorientiert und unter Berücksichtigung der für den Geschäftsvorgang anfallenden Umsatzsteuer kalkuliert und festsetzt, während die Preisvorstellungen der Privatanbieter eher an den Wunsch anknüpfen, für eine nicht mehr benötigte Sache noch etwas Geld herauszuschlagen, deren Angebotspreise also regelmäßig günstiger sind.

Diese von der Rechtsprechung zunächst für den printmedialen Bereich entwickelte Regel läßt sich auch auf Werbungen und Angebotsofferten in anderen Medien übertragen. Voraussetzung für eine Anwendung ist allerdings, dass ein vergleichbarer Schutzbedarf des Publikums besteht, der angesprochene Interessent also davor bewahrt werden muss, aufgrund eines neutral gehaltenen Angebots ungewollte geschäftliche Kontakte zu einem Unternehmer aufzunehmen, was er gerade durch die Reaktion auf eine vermeintlich private Anzeige eigentlich vermeiden wollte.

Nach Ansicht des Senats besteht ein Schutzbedarf im vorbeschriebenen Sinn in dem hier betroffenen Berich der Internetauktionen nicht.

Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass durch die Anonymisierung der Teilnehmer an einer Internetauktion der für die Anzeigenwerbung übliche Zwischenschritt vor Abschluss des Vertrages, nämlich eine Kontaktaufnahme mit dem Anbieter nicht typisch ist. Zwar besteht - wie auch im Streitfall - für den Bietinteressenten die Möglichkeit einer solchen vorherigen Kontaktaufnahme mit dem Anbieter und damit eine Gelegenheit zur Information über dessen (geschäftliche) Verhältnisse. Es mag auch sein, dass ein Bietinteressent gerade beim Handel mit Gebrauchtwagen davon häufiger als bei anderen Angeboten Gebrauch machen wird, um sich einen persönlichen Eindruck von dem Angebot zu verschaffen. Dies läßt sich im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens mit den zur Verfügung stehenden prozessualen Mitteln jedoch nicht in einer für die Entscheidung tragfähigen Weise verifizieren. Der Senat geht deshalb zugunsten des Antragstellers davon aus, dass die Gefahr eines unerwünschten Vertragsschlusses mit einem gewerblichen Händler und damit das durch eine mögliche Irreführung begründete Gefährdungspotenzial für einen Bieter im Rahmen einer Internetauktion höher wäre als für einen Interessenten im Fall der Inseratenwerbung.

Für die Streitentscheidung kommt es auf die vorstehenden Überlegungen jedoch nicht erheblich an, weil es bereits an einer Irreführung fehlt. Das folgt daraus, dass die entscheidungsrelevanten Umstände sich bei Internetauktionen von der im herkömmlichen Markt in einem für die Beurteilung des Streitfalls entscheidenden Punkt unterscheiden. Die Preisbildung vollzieht sich bei Internetauktionen maßgeblich durch die Gebote der miteinander konkurrierenden Bieter. Die zulässige Mindestgebotsangabe des Anbieters ist mit dem im Übrigen markttypischen Angebot nicht vergleichbar. Die Vorgaben der Anbieter werden regelmäßig besonders günstig gestaltet, um möglichst viele Interessenten (in zulässiger Weise) anzulocken und diese zu wechselseitigen Überbietungen zu veranlassen. Konsequenterweise gelten für Internetversteigerungen nicht die Regeln der PAngVO (dort § 9 Abs. 1 Nr. 5) und unterlag diese Art des Warenverkehrs auch nicht den früheren Rabattgewährungsbeschränkungen nach dem RabattG, weil es keine Allgemein oder Normalpreise gibt (Huppertz MMR 2000, 65, 69; Heckmann NJW 2000, 1370, 1371). Eine Irreführung des Verbrauchers über herkömmliche Faktoren der AngebotsPreisbildung, die gerade die Aufklärungspflcht des gewerblichen Händlers auslösen soll, kann deshalb bei Internetauktionen nicht stattfinden. Die Mindestangebotsvorgabe kann einem Angebot auf dem herkömmlichen Markt nicht gleichgestellt werden.

Sonstige Schutzbedarf auslösende Rechtsfolgen zieht der Erwerb durch einen Vertragsschluss mit einem Unternehmer (anstatt mit einem privaten Anbieter) nicht nach sich. Im Gegenteil wird der Meistbietende durch die beim Abschluss mit einem Unternehmer anzuwendenden gesetzlichen Regeln des Gebrauchsgüterkaufs effektiver geschützt als bei einem Geschäft zwischen Privatpersonen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO; der festgesetzte Wert von 15.000 € entspricht dem Regelstreitwert des Senats im einstweiligen wettbewerbsrechtlichen Rechtsschutzverfahren mit Verbandsbeteiligung.

Ende der Entscheidung

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