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Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 05.03.2002
Aktenzeichen: 1 Ws 97/02
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 137
StPO § 141
StPO § 142
Zur Beiordnung des bisherigen Wahlverteidigers als Pflichtverteidiger, wenn der Angeklagte ausführt, zu diesem kein Vertrauen mehr zu haben, dies aber bei vernünftiger Betrachtung nicht nachvollziehbar ist.
Gründe:

Grundsätzlich umfasst der von der Verfassung verbürgte Anspruch auf ein rechtstaatlich faires Verfahren das Recht des Angeklagten, sich im Strafverfahren von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Auflage, § 137 Rdn. 2 m. w. N.). In den Fällen der Pflichtverteidigung erfährt dieses Recht gemäß § 142 Abs. 1 Satz 3 StPO jedoch insoweit eine Einschränkung, als der Angeklagte keinen unbedingten Anspruch auf Bestellung des von ihm gewünschten Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger hat. Im Übrigen bleibt jedoch der Anspruch des Angeklagten auf Verteidigung durch einen Anwalt seines Vertrauens unberührt (BGH NStZ 1992, 247).

In diesem Anspruch ist der Angeklagte allerdings nicht dadurch verletzt worden, dass der Vorsitzende der Strafkammer den bisherigen Wahlverteidiger, Rechtsanwalt H..., zum Pflichtverteidiger bestellt hat. Diese Entscheidung des Vorsitzenden lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Der Umstand allein, dass der Angeklagte unter Hinweis darauf, dass sein Vertrauen in die Person des Rechtsanwalts H... zutiefst zerstört und damit eine Weiterführung der Verteidigung unmöglich ist, das Mandat entzogen hat, macht dessen Beiordnung noch nicht rechtsfehlerhaft. Denn ebenso wie die Erklärung des Anwalts, das Vertrauensverhältnis sei entfallen, für sich allein keine Verpflichtung des Vorsitzenden begründet, von seiner Bestellung zum Pflichtverteidiger abzusehen, hindert auch eine entsprechende Behauptung des Angeklagten nicht von vornherein die Bestellung des bisherigen Wahlverteidigers zum Pflichtverteidiger (BGHSt 39, 310, 312). Andernfalls hätte es der Angeklagte in der Hand, jederzeit unter Berufung auf ein fehlendes Vertrauensverhältnis zu seinem Verteidiger einen Verteidigerwechsel herbeizuführen und damit das Verfahren zu verzögern.

Zwar hat sich der Angeklagte nicht auf die bloße Behauptung beschränkt, er habe zu Rechtsanwalt H... kein Vertrauen mehr. Die von ihm vorgebrachten Gründe ergeben jedoch unter Berücksichtigung der Stellungnahme von Rechtsanwalt ... vom 25. Februar 2002 bei vernünftiger Betrachtung für den Angeklagten keinen Anlass, diesem mit Misstrauen zu begegnen. Insoweit kann auf die Gründe des den Entpflichtungsantrag des Rechtsanwalts H... ablehnenden Bescheides des Vorsitzenden vom 25. Februar 2002 verwiesen werden. Insbesondere die Behauptung des Angeklagten, sein Verteidiger halte ihm gegenüber keine Terminsabsprachen ein, wird widerlegt. In seiner Anhörung zu dem vorgenannten Entpflichtungsantrag hat der Angeklagte erklärt, dass zwischen ihm und seinem Verteidiger keine festen Termine abgesprochen worden sind, sondern es sich lediglich um von Mitarbeitern der Anwaltskanzlei in Aussicht gestellte Termine gehandelt hat, die seitens des Verteidigers noch einer Bestätigung bedurft haben.

Auch der Einwand des Angeklagten, sein Verteidiger habe von ihm gewünschte Beweisanträge nicht gestellt, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Der Verteidiger ist Beistand, § 137 StPO, nicht Vertreter des Angeklagten (BGHSt 12, 367, 369). Diese Aufgabe verlangt es von ihm, sich allseitig unabhängig zu halten und, wo er durch Anträge oder auf sonstige Weise in das Verfahren eingreift, dies in eigener Verantwortung und Unabhängigkeit, d. h. frei von Weisungen, auch des Angeklagten, zu tun (BGHSt 38, 111, 114). Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss des Vorsitzenden der Strafkammer.

Auch sonst sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass es zwischen dem Angeklagten und Rechtsanwalt H... zu einem schwerwiegenden Vertrauensbruch gekommen ist.

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