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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 08.05.2002
Aktenzeichen: 10 U 25/01
Rechtsgebiete: BGB, ZVG


Vorschriften:

BGB § 594a
ZVG § 57a
Der Mieter/Pächter ist gemäß § 57 d Abs. 1 ZVG zum Schutz des Erstehers verpflichtet, im Zwangsversteigerungstermin konkret anzugeben, ob und welche Beträge im Sinne des § 57 c Abs. 1 ZVG von ihm geleistet und welche Bedingungen hierüber vereinbart worden sind.

Hat der Mieter/Pächter keine, eine unvollständige oder eine unrichtige Erklärung abgegeben und ist diese Erklärung im Versteigerungstermin bekannt gegeben worden, nachdem er eine Aufforderung zur Abgabe der Erklärung mit einer Belehrung über die Folgen erhalten hatte, verliert er seinen Kündigungsschutz gem. § 57 c ZVG.


Oberlandesgericht Oldenburg Im Namen des Volkes Urteil

10 U 25/01

Verkündet am 8. Mai 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 10. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2002 durch die Richter ... , ... und ... sowie die ehrenamtlichen Richter H... und S...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Nordhorn vom 15. November 2001 geändert und der Beklagte verurteilt, die im Bestandsverzeichnis des im Grundbuch von H... Band ... Blatt ... (Amtsgericht Nordhorn) unter den Nummern ... und ... eingetragen Flurstücke einschließlich der Gebäude zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Zahlung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 200.000,- € abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer übersteigt 20.000,00 €.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Räumung und Herausgabe von landwirtschaftlichen Flächen nebst aufstehenden Gebäuden.

Der Beklagte ist Landwirt. Mit Vertrag vom 01. Mai 1963 pachtete er von seinen Eltern den im Grundbuch von H... Band ... Blatt ... eingetragenen Hof für zunächst neun Jahre. Der Pachtvertrag sollte sich stillschweigend um ein Jahr verlängern, falls nicht ein Jahr vorher schriftlich gekündigt wird. Das Pachtjahr lief vereinbarungsgemäß vom 01. November bis zum 31. Oktober jeden Jahres. Nach § 5 des Vertrages ist der Beklagte verpflichtet, seinen Eltern freie Kost und Logis sowie "freie Gewährung von Hege und Pflege in gesunden und kranken Tagen" zu gewähren. Darüber hinaus hat er ein monatliches Pachtgeld in Höhe von 50,00 DM zu zahlen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Pachtvertrages (Bl.21 der Gerichtsakten) Bezug genommen. Nachdem der Vater gestorben war, ging der Hof in das Eigentum der Mutter über. 1998 gerieten der Beklagte und seine Mutter in finanzielle Schwierigkeiten, so dass das Amtsgericht Nordhorn mit Beschluss vom 04. Januar 1999 die Zwangsversteigerung des Hofes anordnete und am 02. August 2000 Termin zur Durchführung der Zwangsversteigerung auf den 08. November 2000 anberaumte. Gleichzeitig setzte es den Beklagten von diesem Termin in Kenntnis und klärte ihn schriftlich über die Folgen der Versteigerung für das Pachtverhältnis, insbesondere über das außerordentliche Kündigungsrecht des Erstehers auf. Die beiden letzten Absätze des übersandten Merkblattes haben folgenden Wortlaut:

"Gemäß § 57d ZVG werden Sie gebeten, dem Gericht unter Angabe der obigen Geschäfts-Nr. bis zum Beginn des Versteigerungstermins, ... mitzuteilen, ob und welche Beiträge nach Nr. ... bis ... von Ihnen geleistet und welche Bedingungen hierüber vereinbart worden sind. Geben sie keine, eine unvollständige oder eine unrichtige Erklärung ab, so verlieren Sie unter Umständen den besonderen Kündigungsschutz des § 57c ZVG.

Zu Ihrer Unterrichtung sind die §§ 57a, c und d ZVG und §§ 556a und 564b BGB abgedruckt."

Im Versteigerungstermin am 08. November 2000 forderte der Rechtspfleger die Anwesenden unter anderem auf, eventuelle der Zwangsversteigerung entgegenstehende Rechte anzumelden. Der Beklagte erklärte daraufhin:

"Ich melde ca. 30.000 DM bis 40.000 DM an, die ich als Pächter investiert habe für Instandsetzungen der Anlagen und Ställe, die auf die Pacht angerechnet wird."

Anschließend wurde durch schließlich rechtskräftigen Beschluss angeordnet, dass die Grundstücke Bestandsverzeichnis Nrn. ... und ... einerseits und das Grundstück Bestandsverzeichnis Nr. ... andererseits getrennt versteigert werden. Mit weiterem Beschluss vom 14. Dezember 2000 erhielt der Kläger bei einem Bargebot in Höhe von 575.000,00 DM und bestehen bleibenden Rechten in Höhe von nominal 225.000,00 DM den Zuschlag für die hier streitigen Grundstücke Nrn. ... und ... . Mit am 30. Dezember 2000 zugegangenem Schreiben seiner erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 29. Dezember 2000 sprach der Kläger gegenüber dem Beklagten die außerordentliche Kündigung des Pachtverhältnisses aus. Mit Blick auf vorgenommene Investitionen verweigert der Beklagte die Herausgabe der ersteigerten Hofflächen.

Der Kläger hat behauptet, nicht der Beklagte, sondern dessen Sohn bewirtschafte den Hof. Er hat die Ansicht vertreten, wegen eines Ausgleichs eventuell vorgenommener Investitionen möge sich der Beklagte an seine Mutter als Verpächterin halten. Investitionen in das Pachtobjekt könnten die Zwangsversteigerung nicht hindern, weil der Beklagte nach dem Pachtvertrag ohnehin zu Unterhaltungsmaßnahmen verpflichtet gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, die Flurstücke Nr. ... und ... , eingetragen im Grundbuch von H... Band ... Blatt ... (Amtsgericht Nordhorn) zu räumen und geräumt an ihn herauszugeben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, er habe 1984 auf dem Hof einen Kälberstall gebaut und dafür insgesamt ca. 500.000,00 DM aufgewandt. Er sei sich mit seinen Eltern darüber einig gewesen, als Gegenleistung dafür den Hof für immer unentgeltlich nutzen zu können, die Pachtzahlungen sollten damit verrechnet werden. Dies gelte auch für weitere Investitionen in den Jahren 1992 bis 1999.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht Nordhorn die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Kündigung des Pachtvertrages sei frühestens zum 31. Oktober 2002 möglich und diese Frist sei noch nicht abgelaufen. Ob eventuell eine Anwendung des § 594a Abs. 2 BGB zu einer anderen Bewertung führen könne, solle nicht erörtert werden.

Gegen dieses seinen Prozessbevollmächtigten am 28. November 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. Dezember 2001 Berufung eingelegt und sie gleichzeitig begründet.

Der Kläger wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er ist der Ansicht, die Kündigung, die hilfsweise erneut ausgesprochen werde, sei auch deshalb gerechtfertigt, weil der Beklagte nicht einmal den bar zu entrichtenden Pachtzins in Höhe von 50,00 DM monatlich an ihn gezahlt habe.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, die Flurstücke Nr. ... und ... , eingetragen im Grundbuch von H... Band ... Blatt ... (Amtsgericht Nordhorn) einschließlich der Gebäude zu räumen und geräumt an ihn herauszugeben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch er wiederholt, ergänzt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er trägt vor, im Sommer oder Herbst 1983 hätten sich seine Ehefrau und er mit seinen Eltern in der Küche beim Mittagessen zusammen gefunden und über die bevorstehende Investition, den Bau eines neuen Kälberstalles gesprochen. Man habe vereinbart, dass er das Recht haben solle, die anstehenden und auch alle künftigen Investitionen auf Lebenszeit abzuwohnen; das Pachtverhältnis solle bis an sein Lebensende bestehen und unkündbar sein, laufende Pacht solle nicht mehr gezahlt werden. Nicht der Kläger, der Makler und kein Landwirt und damit gar nicht wirtschaftsfähig sei, sondern die Volksbank Uelsen habe ein Interesse an dem Hof, denn sie wolle ihn gewinnbringend veräußern. Etwa ein bis zwei Wochen vor dem Versteigerungstermin sei der Kläger zweimal bei ihm auf dem Hof gewesen. Dabei habe er dem Kläger den Stall gezeigt und mitgeteilt, dass er ihn aus eigenen Mitteln errichtet habe, dass diese Investitionen mit der Pacht verrechnet würden und der Pachtvertrag auf diese Weise noch mindestens zwanzig Jahre laufe. In diesem Zusammenhang habe er ausdrücklich § 57c ZVG genannt. Der Kläger habe ihm daraufhin Schwarzgeld in Höhe von 200.000,00 DM zur Abfindung und Abgeltung dieser Investitionen angeboten, was er abgelehnt habe. Der Hof sei seine - des Beklagten - Existenzgrundlage; nach früheren, durch den Kälbermastskandal ausgelösten Schwierigkeiten, könne er jetzt wieder rentabel geführt werden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die vorgetragenen Inhalte der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat zur behaupteten Vereinbarung des Beklagten mit seinen Eltern aus dem Jahr 1983 sowie zur Kenntnis des Klägers von den Investitionen und der Verrechnungsvereinbarung Beweis durch Vernehmung der Ehefrau J... K... des Beklagten und seines Sohnes Z... K... erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 25. April 2002 (Bl.125-128 der Gerichtsakten) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.

I.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist der Beklagte als Besitzer bereits jetzt verpflichtet, die Hofflächen nebst aufstehenden Gebäuden zu räumen und an den Kläger als Eigentümer gemäß § 985 BGB herauszugeben, denn der Kläger hat wirksam von seinem Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 57a ZVG Gebrauch gemacht.

Der Beklagte ist nicht länger berechtigt, auf dem Hof zu bleiben. Ein Besitzrecht aus dem Pachtvertrag nach § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB steht ihm nicht mehr zu.

1. Mit Erteilung des Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren ist der Kläger nach § 90 ZVG Eigentümer der Hofflächen geworden, über deren Herausgabe die Parteien in diesem Verfahren streiten. Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kläger sei nicht wirtschaftsfähig im Sinne von § 6 Abs. 7 HöfeO und er könne den Hof nicht nur zu einem Teil erwerben. Mit diesen Einwendungen ist der Beklagte im vorliegenden Prozess ausgeschlossen, weil der Kläger durch rechtskräftigen Zuschlagsbeschluss im Zwangsversteigerungsverfahren unanfechtbar Eigentümer der Teilflächen geworden ist und die jetzt vorgetragenen Beanstandungen dort hätten geltend gemacht werden müssen (vgl. OLG Stuttgart, Rechtspfleger 1981, 241; Palandt-Bassenge, BGB, 61. Auflage, Überblick vor § 873 RdNr. 23).

2. Gleichzeitig ist er gemäß § 57 ZVG in Verbindung mit §§ 593b, 571 Abs. 1 BGB alter Fassung als Verpächter in den Pachtvertrag vom 01. Mai 1963 eingetreten.

a) Der Kläger war nicht, wie es das Amtsgericht angenommen hat, darauf angewiesen, das Pachtverhältnis nach § 594a Abs. 1 Satz 1 BGB mit der ordentlichen Kündigungsfrist am dritten Werktag eines Pachtjahres für den Schluss des nächsten Pachtjahres zu kündigen (weil das vereinbarte Pachtjahr jeweils vom 01. November bis zum 31. Oktober jeden Jahres lief und der Kläger die Kündigung erst am 29./30. Dezember 2000 aussprach, wäre eine ordentliche Kündigung erst zum 31. Oktober 2003 und nicht schon 2002 wirksam). Der Kläger hatte vielmehr das Recht, das Pachtverhältnis gemäß § 57a ZVG in Verbindung mit § 594a Abs. 2 BGB spätestens am dritten Werktag des halben Jahres zu kündigen, mit dessen Ablauf die Pacht enden soll. Das Kündigungsschreiben vom 29. Dezember 2000 hat daher zur Folge, dass das Pachtverhältnis bereits mit Ablauf des 31. Oktober 2001, dem frühestmöglichen Termin, endete.

b) Das Sonderkündigungsrecht des Klägers war nicht gemäß § 57c ZVG durch Finanzierungsleistungen des Beklagten eingeschränkt. Nach § 57c Abs. 1 Nr. 1 ZVG kann der Ersteher eines Grundstücks von dem Kündigungsrecht nach § 57a ZVG dann keinen Gebrauch machen, wenn die Pacht zur Schaffung oder Instandsetzung des Pachtraumes vorausentrichtet wurde oder sie mit einem sonstigen zur Schaffung oder Instandsetzung des Pachtraumes geleisteten Beitrag zu verrechnen ist. Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob sämtliche vom Beklagten behaupteten Investitionsleistungen zur Schaffung oder Instandsetzung des Hofes geleistet worden sind und nicht zu den Unterhaltungsmaßnahmen zählen und ob die Pachtvertragsparteien im Jahr 1983 tatsächlich eine Verrechnung mit der zu zahlenden Pacht vereinbart haben. Selbst wenn dies als bewiesen angesehen werden würde, war das Kündigungsrecht des Klägers gleichwohl nicht beschränkt.

Es reicht nämlich nicht aus, wenn der Pächter derartige Investitionen vorgenommen und mit dem Verpächter eine Verrechnung vereinbart hat, sondern der Pächter ist darüber hinaus gemäß § 57d Abs. 1 ZVG zum Schutze des Erstehers verpflichtet, im Zwangsversteigerungstermin konkret anzugeben, ob und welche Beiträge im Sinne des § 57c Abs. 1 ZVG von ihm geleistet und welche Bedingungen hierüber vereinbart worden sind. Hat der Pächter keine oder eine unvollständige oder eine unrichtige Erklärung abgegeben und ist diese Erklärung im Versteigerungstermin bekannt gegeben worden, nachdem er eine Aufforderung zur Abgabe der Erklärung erhalten hatte und er über die Folgen belehrt wurde, verliert er gemäß § 57d Abs. 3 Satz 1 ZVG seine Rechte aus § 57c ZVG. So liegt der Fall hier.

Mit Zustellungsurkunde vom 31. August 2000 unterrichtete das Amtsgericht Nordhorn den Beklagten über den Versteigerungstermin am 08. November 2000. Der Terminsbestimmung lag ein ausführliches Merkblatt ("ZV 18") bei, mit dem der Rechtspfleger den Beklagten über die Rechtslage aufklärte und ihn aufforderte, "dem Gericht ... mitzuteilen, ob und welche Beiträge ... von Ihnen geleistet und welche Bedingungen hierüber vereinbart worden sind." Gleichzeitig informierte das Amtsgericht darüber, dass er bei unzureichenden Erklärungen unter Umständen den besonderen Kündigungsschutz des § 57c ZVG verlieren könne. Vor diesem Hintergrund und zusätzlich beraten durch Herrn Assessor R... S..., Langenfeld, erklärte der Beklagte im Termin lediglich: "Ich melde ca. 30.000 DM bis 40.000 DM an, die ich als Pächter investiert habe für Instandsetzungen der Anlagen und Ställe, die auf die Pacht angerechnet wird." Den Wortlaut dieser Anmeldung gab das Amtsgericht ausdrücklich bekannt.

Eine derartige Erklärung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der auf Grund der angemeldeten Vorauszahlungen beanspruchte verminderte oder vollständig entfallene Pachtzins, die Dauer seiner Gültigkeit und die Kündigungsschutzfrist müssen derart bestimmbar sein, dass sie vom Rechtspfleger vor Beginn der Versteigerung bekannt gegeben werden können, der Wertverlust aufgrund des bestehenden Pachtverhältnisses von Interessenten kalkuliert und zum Wert des Objektes ins Verhältnis gesetzt werden kann (Böttcher, ZVG, 3. Auflage, §§ 57-57d, RdNr. 16; Witthinrich, Rechtspfleger 1986, 46, 48). Es liegt auf der Hand, dass sich mögliche Interessenten vor Beginn der Versteigerung darüber im Klaren sein müssen, mit welchen Rechten das zu ersteigernde Objekt belastet ist. Es ist für das abzugebende Gebot, zumindest für dessen Höhe, von wesentlicher Bedeutung, ob das Grundstück und die darauf stehenden Gebäude sofort, in einem überschaubaren Zeitraum oder aber erst in vielen Jahren genutzt werden können. Dies muss ein potenzieller Ersteher auf Grund der Angaben im Versteigerungstermin selbst zuverlässig beurteilen können.

Die zitierte Erklärung des Beklagten bot dem Kläger in keiner Weise eine sichere Grundlage für die Entscheidung, wesentliche Teile des Hofes zu ersteigern. Daraus war z.B. nicht zu ersehen, wann die genannten Beträge investiert worden sind, wann eine Verrechnung vereinbart worden ist, welchen Inhalt die vertragliche Abrede hatte und zu welchem Zeitpunkt die Investitionen " abgewohnt" sein werden. So war für den Kläger völlig offen, ob die Instandsetzungsleistungen wegen Zeitablaufs ohne Bedeutung waren oder ob er auf nicht absehbare Zeit wegen eines bestehenden Pachtvertrages das zu ersteigernde Objekt nicht nutzen kann. Der Beklagte hat nicht etwa nur in Nebenpunkten geringfügig unvollständige Erklärungen abgegeben, sondern für den Kläger wesentliche Umstände verschwiegen. Aus diesem Grund ist eine derart pauschale Anmeldung gemäß § 57d Abs. 3 Satz 1 ZVG unbeachtlich.

c) Trotz unvollständiger Angaben im Versteigerungstermin bleibt der Kündigungsschutz nach § 57c Abs. 1 ZVG dann bestehen, wenn der Ersteher die Höhe der Beiträge gekannt hat oder bei Kenntnis das gleiche Gebot abgegeben haben würde, § 57d Abs. 3 Satz 2 ZVG. Aus den gleichen dargestellten Erwägungen reicht es auch in diesem Zusammenhang nicht aus, wenn der Ersteher nur vage Vorstellungen von den Finanzierungsleistungen des Pächters hat. Nur dann, wenn er die konkreten Umstände des Pachtvertrages und den Einfluss der Investitionen hierauf hinreichend sicher abschätzen kann, ist das Risiko der Ersteigerung für ihn kalkulierbar. Nur sichere Kenntnis des Erstehers lässt den Kündigungsschutz bestehen, fahrlässige Unkenntnis steht dem nicht gleich (Dassler/ Schiffhauer/ Gerhardt/ Muth, ZVG, 12. Auflage, § 57d RdNr. 8). Von positiver Kenntnis kann der Senat nicht ausgehen, der Beklagte hat diese für ihn günstigen Tatsachen nicht bewiesen.

Die Ehefrau des Beklagten, J... K... , hat dazu ausgesagt, der Kläger sei in einem Zeitraum von drei Wochen vor der Versteigerung zweimal bei ihnen auf dem Hof gewesen. Bei dem ersten Gespräch sei sie nicht zugegen gewesen. Ihr Mann halbe später berichtet, er habe dem Kläger gesagt, dass ein lebenslängliches Wohnrecht bestehe. Die zweite Unterredung zwischen dem Kläger, ihrem Ehemann und ihrem Sohn Z... habe sie von der Diele aus belauscht. Der Kläger habe Schwarzgeld in Höhe von 200.000,00 DM für den Fall angeboten, dass ihr Mann vom Pachtrecht zurücktrete. Sie habe nicht mitbekommen, ob über Investitionen, einzelne Beträge oder den Kälberstall gesprochen worden sei. Auf Nachfrage durch den Senat hat die Zeugin bekundet, ihr Mann habe dem Kläger von der Höhe der Investitionen für den Kälberstall in Höhe von 500.000 DM berichtet und ihm gesagt, dass der Kälberstall 1993 wegen neuer gesetzlicher Bestimmungen für 120.000,00 DM habe umgebaut werden müssen. Diesen offensichtlichen Widerspruch hat sie damit erklärt, dass sie ihre Aussage, von Investitionen nichts mitbekommen zu haben, auf das erste Gespräch bezogen habe.

Der Senat hat Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Aussage. Die Zeugin steht dem Rechtsstreit nicht unbefangenen gegenüber, denn sie lebt mit ihrer Familie seit vielen Jahren auf dem Hof, der auch ihre Existenzgrundlage darstellt. Die bevorstehende Räumung stellt zweifellos eine einschneidende Maßnahme in ihrem Leben dar, welche die Familie aus nachvollziehbaren und verständlichen Gründen unter allen Umständen vermeiden will. Aus diesem Grund war die Tendenz, für den Kläger nachteilige und der Räumung entgegenstehende Umstände zu betonen in ihrer Aussage deutlich zu erkennen. Nachdem sie die für die Entscheidung wichtigen Einzelheiten zu den Investitionen zunächst nicht geschildert und sogar bekundet hatte, diese nicht mitbekommen zu haben, ist sie auf Nachfrage gleichwohl in der Lage gewesen, Einzelheiten zu nennen. Ihre Erklärung zu dem Widerspruch vermag deshalb nicht zu überzeugen, weil ihre Aussage über das erste Gespräch längst abgeschlossen war und sie über dessen Inhalt im Einzelnen schon deshalb nichts sagen konnte, weil sie daran nicht teilgenommen hatte.

Der Sohn des Beklagten, Z... K... , hat ausgesagt, er habe an beiden Gesprächen teilgenommen. Zum ersten Zeitpunkt, ca. zwei Wochen vor der Versteigerung, habe sein Vater dem Kläger noch keine weiteren Angaben zu Investitionen und deren Höhe gemacht. Zwar habe er ihm schon gesagt, dass sie in den Kälberstall investiert hätten und das Geld mit der Pacht verrechnen werden sollte, Beträge seien aber nicht genannt worden. Kurz vor der Versteigerung sei der Kläger erneut auf dem Hof erschienen. Er habe 200.000,00 DM für den Stall und die Ländereien angeboten, sie hätten dann im Haus wohnen bleiben können. Darauf seien sie aber nicht eingegangen. Über Investitionen sei bei dieser Gelegenheit nicht mehr gesprochen worden.

Aus dieser Zeugenaussage lässt sich nicht der hinreichend sichere Schluss ziehen, der Kläger habe die Höhe der Beiträge im Sinne von § 57d Abs. 3 Satz 2 ZVG gekannt, denn Summen sind überhaupt nicht genannt worden. Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kläger habe den Stall ja gesehen und selber einschätzen können, in welcher Höhe darin investiert worden sei. Selbst wenn man eine derartige Schätzung ausreichen lassen würde, wäre für den Kläger nach wie vor völlig offen gewesen, welche Verrechnungsvereinbarungen der Pachtvertragsparteien zugrunde lagen, wie verrechnet werden sollte und bis zu welchem Zeitpunkt welche Leistungen "abgewohnt" sein würden. Auf derart pauschale Behauptungen des Pächters braucht sich ein Ersteher nicht einzulassen.

Der Senat hat darüber hinaus den Kläger zu seiner Kenntnis von den Investitionen informatorisch angehört. Er hat geschildert, dass es nur ein persönliches Gespräch mit dem Beklagten gegeben habe. Er sei auf dem Hof erschienen, in das Haus gegangen und habe dort die Ehefrau angetroffen, die den Beklagten benachrichtigt habe. Auf den Verkauf angesprochen habe dieser sofort entgegnet, hier werde nichts verkauft. Wenn über einen Verkauf gesprochen werden solle, sei das Gespräch sofort beendet, allenfalls werde er selbst den Hof kaufen. Die Unterredung habe allenfalls fünf bis zehn Minuten gedauert. Nach ca. einer Woche habe er noch einmal mit dem Beklagten telefoniert und für den Kauf des Stalles als Testangebot einen Betrag von 250.000,00 DM genannt. Das Gespräch sei aber sofort beendet worden.

In Anbetracht aller relevanten Umstände kann daher die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe die für den Kündigungsschutz nach § 57c Abs. 1 ZVG maßgeblichen Tatsachen gekannt, nicht als bewiesen angesehen werden.

d) Schließlich kann ebenso wenig festgestellt werden, der Kläger hätte bei Kenntnis das gleiche Gebot abgegeben, § 57d Abs. 3 Satz 2 ZVG. Wenn die Darstellung des Beklagten zuträfe, solange er lebe, sei das Pachtverhältnis auf Grund einer Vereinbarung mit seinen Eltern unkündbar, hätte der ersteigerte Hof für einen neuen Eigentümer praktisch keinen Wert, weil ein auch nur ansatzweise angemessener Pachtzins nicht zu zahlen wäre. Dafür, dass der Kläger unter diesen Umständen gleichwohl ein Bargebot in Höhe von 575.000,00 DM bei bestehen bleibenden Rechten in Höhe von nominal 225.000,00 DM abgegeben hätte, fehlen jegliche Anhaltspunkte.

3. So verständlich und nachvollziehbar das Bestreben des Beklagten auch ist, den Hof seiner Eltern, auf dem er sein bisheriges Leben verbracht hat, nicht an den Kläger herauszugeben, kann er dem Räumungsanspruch keine eigenen Rechte mehr entgegensetzen. Der Senat weist abschließend darauf hin, dass die ordentliche Kündigung, die nach Auffassung des Senats im Schreiben der Rechtsanwälte S... pp. an den Beklagten vom 29. Dezember 2000 enthalten ist, auf jeden Fall am 31. Oktober 2003 wirksam wird. Mit der behaupteten Vereinbarung zwischen ihm und seinen Eltern aus dem Jahre 1983 kann sich der Beklagte gegen die ordentliche Kündigung nicht zur Wehr setzen, weil sie entgegen § 585a BGB nicht schriftlich erfolgt ist und der Vertrag daher gemäß § 594a Abs. 1 Satz 1 BGB mit der dort genannten Frist kündbar ist.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, ZPO i.V.m. 26 Nr. 5 EGZPO n.F. sowie auf § 26 Nr. 7 und 8 EGZPO n.F. i.V.m. § 544 ZPO n.F. Die Höhe der Sicherheitsleistung ist an der Höhe des Nutzungswertes orientiert worden.

Ende der Entscheidung

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