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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 23.12.2002
Aktenzeichen: 12 UF 112/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1603 Abs. 2
Zu den Grenzen der Obliegenheit, einer Nebentätigkeit nachzugehen
OBERLANDESGERICHT OLDENBURG Im Namen des Volkes Urteil

12 UF 112/02 20 F 141/02 AG Meppen

Verkündet am 23.12.2002

In der Familiensache

hat der 12. Zivilsenat - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2002

unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie der Richter am Oberlandesgericht ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 23. September 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Meppen wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Beklagte ist der Sohn des Klägers aus dessen erster Ehe. Aus der zweiten Ehe des Klägers entstammen vier weitere Kinder. Nach der Geburt seines jüngsten Kindes hat der Kläger die Herabsetzung des zugunsten des Beklagten mit 55 % des Regelbetrages titulierten Unterhalts (Beschluß des Amtsgerichts Meppen vom 15. Juli 1999 in der Fassung des Beschlusses vom 09. November 2000, Az.: 15 FH 1011/99) auf 38 % des Regelbetrages begehrt.

Dieser Klage hat das Amtsgericht - Familiengericht - Meppen mit Urteil vom 23. September 2002 antragsgemäß stattgegeben.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner fristgerecht eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung, mit der er geltend macht, dass der Kläger bei Aufnahme einer Nebentätigkeit den titulierten Unterhalt leisten könne.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat den Kläger persönlich angehört.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das erstinstanzliche Gericht hat den an den Beklagten zu zahlenden Unterhalt aus im Ergebnis zutreffenden Gründen auf 38 % des Regelbetrages herabgesetzt. Der Betrag ist auf der Grundlage des von dem Kläger erzielten Einkommens unter Berücksichtigung seiner anderweitigen Unterhaltspflichten zutreffend ermittelt worden. Insoweit nimmt der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug.

Eine anderweitige Beurteilung käme nur dann in Betracht, wenn dem Kläger im Hinblick auf die große Zahl von Unterhaltsberechtigten zuzumuten wäre, neben seiner vollschichtigen Erwerbstätigkeit noch eine Nebenarbeit anzunehmen. Im Rahmen der nach § 1603 Abs. 2 BGB gesteigerten Unterhaltspflicht kann neben die Verpflichtung zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit auch die Obliegenheit treten, noch eine zweite Arbeit anzunehmen, um das Existenzminimum der minderjährigen Kinder zu gewährleisten (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 8. Aufl. Rn. 628 m. zahlr. Nachweisen). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Senats. Dies geht indes nicht soweit, eine solche Verpflichtung zum Regelfall zu erheben. Vielmehr sind die Interessen der minderjährigen Kinder und die berechtigten Belange des Unterhaltspflichtigen jeweils im konkreten Einzelfall gegeneinander abzuwägen.

Diese Abwägung führt hier dazu, dass von dem Kläger unterhaltsrechtlich die Aufnahme einer Nebentätigkeit nicht verlangt werden kann. Maßgeblich ist insoweit vor allem die tatsächliche berufliche Beanspruchung sowie die eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit.

Der Kläger hat bei seiner Anhörung durch den Senat plausibel dargelegt, dass er aufgrund der weiten Entfernung und langen Fahrzeiten regelmäßig etwa 12 Stunden von zu Hause abwesend ist. Damit gibt es während der Woche keinen zeitlichen Freiraum, in dem der Kläger noch zumutbarerweise einen Nebenverdienst erzielen könnte. Auch an den Wochenenden ist der zeitliche Spielraum stark eingeschränkt, da er aufgrund seiner besseren Sprachkenntnisse in die Unterstützung seiner Kinder beim schulischen Lernen eingebunden ist. Hinzu kommen die glaubhaft geschilderten körperlichen Beeinträchtigungen aufgrund eines Unfalls. Damit scheidet eine körperlich belastende Tätigkeit in der Gastronomie - der Bereich, in dem für den Kläger am ehesten eine Aushilfsarbeit zu finden wäre - aus.

Unter diesen Umständen ist dem Kläger unterhaltsrechtlich keine Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit anzulasten, so dass er in keinem größeren Umfang leistungsfähig ist, als vom erstinstanzlichen Gericht angenommen. Diese beschränkte Leistungsfähigkeit begrenzt den Unterhaltsanspruch des Beklagten.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Es bestehen keine Gründe, die Revision zuzulassen.



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