Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 20.01.2009
Aktenzeichen: 13 WF 4/09
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 40
GKG § 48 Abs. 2
GKG § 48 Abs. 3
Für die Bemessung des Streitwerts einer Ehescheidung ist das Nettoeinkommen der Eheleute in den letzten drei Monaten vor Einleitung der Instanz heranzuziehen. Spätere Einkommenssteigerungen oder -minderungen bleiben außer Betracht. Die Instanz wird erst durch den Scheidungsantrag, nicht schon durch den isolierten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingeleitet.

Zum Nettoeinkommen zählt das Arbeitslosengeld I, nicht aber das Arbeitslosengeld II.


OBERLANDESGERICHT OLDENBURG Beschluss

13 WF 4/09

In der Familiensache

hat der 13. Zivilsenat - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...

am 20. Januar 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Oldenburg vom 01.12.2008 in der Fassung des Abhilfebeschlusses vom 17.12.2008 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß §§ 32 Abs. 2 RVG, 68 Abs. 1 GKG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Gemäß § 48 Abs. 2, 3 S. 1 GKG sind für die Bemessung des Streitwerts insbesondere die Einkommensverhältnisse, und zwar das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute maßgeblich. Das Familiengericht hat den Streitwert hier im Ergebnis zu Recht mit bis zu 2500 € bemessen.

1. Gemäß § 40 GKG sind in zeitlicher Hinsicht die letzten drei Monate vor Stellung der die Instanz einleitenden Antragsstellung maßgeblich (Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 48 Rz. 37). Dabei kommt es auf die Einreichung des Scheidungsantrags, nicht jedoch eines von der vorangehenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängigen Antrags an (Hartmann aaO., § 40 Rz. 5). Maßgeblich sind hier die Monate November 2007 bis Januar 2008, denn die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und anschließende Zustellung des Scheidungsantrags erfolgten im Februar 2008. In diesem Zeitraum erhielt der Antragssteller ausweislich der dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe beigefügten Unterlagen Arbeitslosengeld I in Höhe von 2263,80 €. Die Antragsgegnerin erhielt den Unterlagen zum Versorgungsausgleich zufolge Arbeitslosengeld II. Dass sie im Februar 2008 ein Arbeitsverhältnis mit höherem Verdienst einging, hat für die Streitwertberechnung außer Betracht zu bleiben, denn der klaren gesetzlichen Regelung des § 40 GKG zufolge beeinflussen weder Einkommenssteigerungen noch -minderungen nach dem maßgeblichen Zeitpunkt den Streitwert (Hartmann aaO. § 40 Rz. 3. § 48 Rz. 37 m.w.N. auch zur Gegenansicht).

2. Der Streitwert beträgt damit bis zu 2500 € und entspricht der in dem angefochtenen Beschluss nach der Abhilfeentscheidung festgesetzten Gebührenstufe. Einzubeziehen ist nämlich das von dem Antragssteller bezogene Arbeitslosengeld I, nicht aber das von der Antragsgegnerin empfangene Arbeitslosengeld II. Ob staatliche Leistungen für die Streitwertberechnung heranzuziehen sind, ist umstritten. Dem Wortlaut des § 48 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 zufolge ist das Nettoeinkommen der Ehegatten maßgeblich. Ob auch staatliche Leistungen, die die Bedürftigkeit des Empfängers voraussetzen, "Einkommen" in diesem Sinne sind, wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte uneinheitlich beantwortet. Zum Teil werden auch staatliche Fürsorgeleistungen als Einkommen eingeordnet (OLG Frankfurt, FamRZ 2008, 535. OLG Hamm, FamRZ 2006, 632. OLG Schleswig, FamRZ 2009, 75. T. Schmidt in: jurisPK BGB, 4. Aufl. 2008, kostenrechtliche Hinweise zu § 1564 BGB Rz. 24 f.). Dagegen ist nach einer verbreiteten Auffassung zwar das Arbeitslosengeld I, nicht aber das Arbeitslosengeld II als Einkommen heranzuziehen (OLG Celle, FamRZ 2006, 1690. OLG Dresden, NJW-RR 2007, 1161. OLG Düsseldorf, FamRZ 2006, 807. OLG Hamburg, OLGR Hamburg 2006, 269. OLG Oldenburg, Beschluss vom 18.08.2008 - 2 WF 166/08. OLG Schleswig, OLGR 2008, 951. Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 3 Rz. 16 "Ehesachen"). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Auslegung hat das Bundesverfassungsgericht nicht erhoben (BVerfG, NJW 2006, 1581).

Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung. Die Differenzierung ist sachgerecht. Das Arbeitslosengeld I ist eine Lohnersatzleistung, die auf der vorangegangenen Erwerbstätigkeit und den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung beruht. Es wird anders als das Arbeitslosengeld II unabhängig von der Bedürftigkeit des Betroffenen gezahlt und setzt keine Vermögensverwertung voraus. Dagegen ersetzt das Arbeitslosengeld II die frühere Sozialhilfe. Gegen seine Einordnung als Einkommen spricht schon seine Subsidiarität. Etwaige Ansprüche des Empfängers gegen Dritte gehen gemäß § 33 SGB II auf die leistende Behörde über. Die Leistung hat in derartigen Fällen den Charakter einer vorläufigen finanziellen Hilfe, weil der Empfänger im Gegenzug werthaltige Ansprüche verliert. Umgekehrt erscheint es nicht sachgerecht, weiter zu differenzieren, ob im konkreten Fall eine Überleitungsmöglichkeit besteht oder nicht (so aber OLG Frankfurt, FamRZ 2008, 535 m.w.N.. zustimmend T. Schmidt in: jurisPK BGB, 4. Aufl. 2008, kostenrechtliche Hinweise zu § 1564 BGB Rz. 24 f.).). Es ist nicht Sinn der stichtagsbezogenen Streitwertbemessung, die Erfolgsaussicht der späteren Verfolgung übergegangener Ansprüche zu beurteilen (ebenso OLG Dresden, NJW-RR 2007, 1161). Subsidiäre staatliche Hilfeleistungen werden gerade nur bei Fehlen eigenen Einkommens und zur Kompensation dieses Umstands gewährt. Gerade für derartige Fälle ist bei Fehlen weiteren Einkommens der Mindeststreitwert geeignet und sachgerecht. Es besteht auch kein Widerspruch zu der Einbeziehung des Arbeitslosengeldes II bei der Prüfung der wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß § 115 ZPO (so aber OLG Schleswig, FamRZ 2009, 75), denn dabei geht es um die sachlich anders gelagerten Voraussetzungen für eine weitere staatliche Hilfeleistung.

3. Eine Erhöhung des Streitwerts über das maßgebliche Nettoeinkommen hinaus kam nicht in Betracht, weil die Scheidung keine besonderen Schwierigkeiten aufwies.

4. Die Zulassung der weiteren Beschwerde wegen der uneinheitlichen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte sieht das Gesetz nicht vor (§§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 4 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück