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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 31.01.2001
Aktenzeichen: 4 UF 109/00
Rechtsgebiete: UVG


Vorschriften:

UVG § 7
Kein Übergang der Unterhaltsansprüche gemäß § 7 I UVG bei fiktiven Erwerbseinkünften des Unterhaltsschuldners.
Oberlandesgericht Oldenburg IM NAMEN DES VOLKES! Urteil

Geschäftsnummer: 4 UF 109/00

Verkündet am 31. Januar 2001

In der Familiensache

wegen Kindesunterhalts aus übergegangenem Recht

hat der 4. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 1. August 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Vechta geändert.

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte dem klagenden Land einen Unterhaltsanspruch aus übergegangenem Recht für die Zeit vom 1. Dezember 1994 bis zum 30. September 1996 schuldet.

Der Beklagte war mit der Mutter der Kinder J..., geboren am 8. November 1988 und F..., geboren am 14. Juni 1991, vom 25. August 1988 bis zum 24. Februar 1997 verheiratet, nachdem die Ehepartner bereits seit Oktober 1993 voneinander getrennt gelebt hatten.

Das klagende Land erbrachte in der Zeit vom 1. Dezember 1994 bis zum 28. Februar 1997 für das Kind J... F... Unterhaltsvorschußleistungen in Höhe von insgesamt 7.446,- DM und für das Kind F... F... in der Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 28. Februar 1997 Unterhaltsvorschußleistungen in Höhe von insgesamt 5.772,- DM. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des klagenden Landes vom 5. Juni 2000 Bezug genommen. Das klagende Land vereinnahmte von dem Beklagten durch Zahlungen sowie Abzweigungen vom Arbeitslosengeld Beträge in Höhe von insgesamt 3.861,91 DM für J... und 3.201,94 DM für F.... Wegen der Einzelheiten wird auf den vorgenannten Schriftsatz verwiesen.

Die Kinder lebten in der vorgenannten Zeit bei der Kindesmutter, die von Februar bis Dezember 1995 eine monatliche Ausbildungsförderung von 614,- DM und von Januar bis September 1996 eine solche von 677,- DM erhielt. Der Beklagte war noch nach der Trennung der Kindeseltern im Oktober 1993 als Erzieher tätig und erzielte ein monatliches bereinigtes Nettoeinkommen von ca. 3.200,- DM. Zum 1. Oktober 1994 kündigte er sein Arbeitsverhältnis als Erzieher mit der Begründung, für ihn sei die bisher ausgeübte Tätigkeit mit behinderten Menschen zu belastend. Bis zum 19. Dezember 1994 bezog der Beklagte noch Krankengeld in Höhe von gerundet 2.030,- DM. Danach, und zwar bis Anfang Dezember 1995, bezog er Arbeitslosengeld in Höhe von 1.843,40 DM monatlich. Im Dezember 1995 machte sich der Beklagte als Berufsmusiker selbständig. Seine Einkünfte beliefen sich durchschnittlich netto auf unter 1.300,- DM monatlich. Am 28. September 1996 erlitt der Beklagte im Alter von 35 Jahren einen Schlaganfall, infolge dessen er jedenfalls bis Ende Februar 1997 arbeitsunfähig erkrankt war.

Der Beklagte ist Vater eines nichtehelich geborenen Kindes (M...).

Das klagende Land hat die geltend gemachten Ansprüche zunächst im Wege des Mahnbescheides verfolgt, der dem Beklagten am 30. November 1999 zugestellt worden war. Auf dessen Widerspruch hin ist der Vorgang auf Antrag des klagenden Landes im März 2000 an das Amtsgericht Vechta abgegeben worden (11 C 470/00). Mit einer im April 2000 eingegangenen und in der Familienabteilung eingetragenen Klage hat das klagende Land den Anspruch näher begründet. Dabei hat es den Standpunkt eingenommen, daß sich der Beklagte unterhaltsrechtlich die Einkünfte aus seiner früheren Erziehertätigkeit zurechnen lassen müßte, weil er unterhaltsrechtlich leichtfertig sein Arbeitsverhältnis gekündigt habe.

Das klagende Land hat zuletzt beantragt, den Beklagten zur Zahlung von rückständigem Unterhalt für die Zeit vom 1. Dezember 1994 bis zum 31. Dezember 1995 und vom 1. April 1996 bis zum 23. Februar 1997 3.409,83 DM aufgrund geleisteter Unterhaltsvorschußleistungen für J... F... und für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1995 sowie vom 1. April 1996 bis zum 23. Februar 1997 2.514,12 DM aufgrund geleisteter Unterhaltsvorschußleistungen für F... F... zu zahlen.

Nach Schluß der mündlichen Verhandlung hat das klagende Land die Klage für die Zeit vom 28. September 1996 bis zum 23. Februar 1997 mit Rücksicht auf die Gehirnblutung und die Arbeitsunfähigkeit des Beklagten für erledigt erklärt.

Der Beklagte hat Klagabweisung begehrt und wie folgt erwidert:

Er sei in der Zeit, für welche Unterhalt geltend gemacht werde, jedenfalls tatsächlich nicht leistungsfähig gewesen. Im übrigen sei eine sozialhilferechtliche Vergleichsberechnung anzustellen, damit sichergestellt sei, daß er durch die Inanspruchnahme des klagenden Landes nicht selbst der Sozialhilfe anheimfalle. Schließlich hat er sich auch für die Jahre 1994 und 1995 auf Verjährung berufen.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Vechta hat den Beklagten verurteilt, für die Zeit vom 1. Dezember 1994 bis zum 31. Dezember 1995 sowie vom 1. April 1996 bis zum 23. Februar 1997 1.883,10 DM aufgrund geleisteter Unterhaltsvorschußleistungen für J... F... sowie für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1995 und vom 1. April 1996 bis zum 23. Februar 1997 1.344,89 DM aufgrund geleisteter Unterhaltsvorschußleistungen für F... F... zu zahlen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Zur Begründung hat es folgendes ausgeführt:

Soweit das klagende Land nach Schluß der mündlichen Verhandlung die Klage teilweise für erledigt erklärt habe, sei dies nicht zu berücksichtigen gewesen. Denn eine einseitige Erledigungserklärung könne in erster Instanz nur bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung abgegeben werden.

Die Klage sei zulässig. Eine anderweitige Rechtshängigkeit stehe ihr nicht entgegen. Zwar seien die geltend gemachten Ansprüche durch Abgabe des Mahnverfahrens an die Zivilabteilung des Amtsgerichts Vechta rechtshängig geworden. Es handele sich insoweit auch um die gleiche Sache i.S.d. § 261 Abs. 3 ZPO. Das klagende Land habe aber, wovon im übrigen beide Parteien ausgegangen seien, das ursprünglich im Mahnbescheid begonnene Verfahren fortsetzen wollen. Zu einer doppelten Eintragung bei Gericht sei es lediglich deshalb gekommen, weil das klagende Land in der Anspruchsbegründung versehentlich das Mahnverfahren nicht erwähnt habe und diese Anspruchsbegründung unmittelbar beim Familiengericht eingetragen worden sei. Daher habe das Gericht auch beide Verfahren mit Beschluß vom 31. Juli 2000 verbunden.

Der Beklagte sei für die Zeit von Dezember 1994 bis September 1996 verpflichtet, an die Kinder den jeweiligen Mindestunterhalt zu zahlen. Zwar sei er tatsächlich in dieser Höhe nicht leistungsfähig gewesen. Ihm sei jedoch unterhaltsrechtlich das vormals erzielte Nettogehalt von mehr als 3.200,- DM weiter zuzurechnen. Denn er habe unterhaltsrechtlich seine bisherige Tätigkeit nicht aufgeben dürfen. Dies sei mehrfach Gegenstand der Erörterungen im Unterhaltsverfahren der Kinder gegen den Beklagten gewesen. Bei einem Einkommen von bereinigt 3.200,- DM sei der Beklagte auch unter Berücksichtigung einer weiteren Unterhaltsverpflichtung in der Lage, Mindestunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen. Demgegenüber sei er ab Oktober 1996 infolge des erlittenen Schlaganfalls nicht mehr als leistungsfähig anzusehen.

Die geltend gemachten Unterhaltsansprüche seien von dem klagenden Land widerspruchsfrei und nachvollziehbar dargestellt worden. Sie seien auf das Land übergegangen. Entgegen der Ansicht des Beklagten würden die sozialhilferechtlichen Schuldnerschutzbestimmungen des § 91 Abs. 2 BSHG und die dazu entwickelten Grundsätze - insbesondere das Gebot einer sozialhilferechtlichen Vergleichsberechnung auf der Grundlage der tatsächlichen (nicht fiktiven) Einkünfte des Unterhaltsverpflichteten - nicht für die Fälle des § 7 UVG gelten. Diese Differenzierung erscheine sachgerecht.

Die Unterhaltsansprüche für die Jahre 1994 und 1995 seien auch nicht verjährt. Hinsichtlich der Unterhaltsansprüche für 1995 sei durch die Zustellung des Mahnbescheides auch die Verjährung unterbrochen worden, § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Hinsichtlich des noch geltend gemachten Unterhaltsanspruchs für Dezember 1994 in Höhe von 8,30 DM sei davon auszugehen, daß insoweit durch die von dem Beklagten selbst eingeräumten Nachzahlungen in Höhe von monatlich 100,- DM hinsichtlich dieses ersten Monats Erfüllung eingetreten sei, da es sich um die älteste Schuld handele.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er unter Änderung des angefochtenen Urteils die Abweisung der Klage weiterverfolgt.

Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Beklagte folgendes vor:

Das Amtsgericht habe ihn zu Unrecht verurteilt, da der Übergang eines nach bürgerlichem Recht bestehenden Unterhaltsanspruchs eines Sozialhilfeempfängers auf den Träger der Sozialhilfe ausgeschlossen sei, wenn der Anspruch auf der Zurechnung fiktiver Einkünfte durch zumutbare Erwerbstätigkeit beruhe. Entgegen der Auffassung des Familiengerichts seien die sozialhilferechtlichen Schuldnerschutzbestimmungen des § 91 Abs. 2 BSHG und die dazu entwickelten Grundsätze auch auf die Fälle des Unterhaltsvorschußgesetzes anzuwenden.

Er, der Beklagte, habe in dem Zeitraum, für den das Amtsgericht Ansprüche bejaht habe, im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit freiwillig Unterhalt gezahlt. Das klagende Land habe darüber hinaus die abzweigbaren Beträge vom Arbeitslosengeld eingezogen, so daß unter Beachtung der Unterhaltspflicht für ein weiteres Kind keine weiteren Ansprüche auf das Land übergegangen seien.

Der Beklagte beantragt, nachdem ihm in der mündlichen Verhandlung Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist in den vorigen Stand gewährt worden ist,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Das klagende Land bittet um Zurückweisung der Berufung und erwidert wie folgt:

Das Familiengericht habe zutreffend entschieden. Insbesondere sei eine Differenzierung zwischen § 91 BSHG und § 7 UVG sachlich geboten. Im Falle der Unterhaltsvorschußleistungen trete der Staat nur in Vorleistung, um anschließend beim unterhaltssäumigen Elternteil Rückgriff zu nehmen. Die öffentlich-rechtlichen Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz stimmten also mit den bürgerlich-rechtlichen Regelbeträgen in der Höhe überein.

Die Akten 12 F 124/95 Amtsgericht Vechta waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und auch in der Sache gerechtfertigt.

Der Beklagte schuldet dem klagenden Land für die beiden ehelichen Kinder aus übergegangenem Recht (§ 7 UVG) jedenfalls keinen höheren Unterhalt, als bislang geleistet bzw. - aus dem Arbeitslosengeld - abgezweigt worden ist.

Es geht im Berufungsverfahren lediglich noch um den Zeitraum von Dezember 1994 bis einschließlich September 1996. Der Tenor des angefochtenen Urteils erweckt zwar den Anschein, als würde das Familiengericht auch Unterhalt für die Zeit von Oktober bis zum 23. Februar 1997 zugesprochen haben. Das ist aber tatsächlich nicht der Fall. Denn das Amtsgericht hat ausdrücklich festgestellt, daß der Beklagte aufgrund seines Schlaganfalls in dem vorgenannten Zeitraum nicht leistungsfähig war. Diese Feststellung entspricht auch der Einschätzung der Klägerin in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 24. Juli 2000 und wird auch im Berufungsrechtszug nicht angegriffen.

Das Familiengericht hat gemeint, daß der Beklagte in der Zeit von Dezember 1994 bis einschließlich September 1996 verpflichtet gewesen sei, an die Kinder den jeweiligen Mindestunterhalt zu zahlen und hat zur Begründung ausgeführt, daß dem Beklagten unterhaltsrechtlich das vormals als Erzieher erzielte Nettogehalt von mehr als 3.2000,- DM weiter zuzurechnen sei.

Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob dem Beklagten überhaupt der Vorwurf eines unterhaltsbezogen veranwortungslosen, zumindest leichtfertigen Fehlverhaltens gemacht werden kann (vgl. BGH FamRZ 1982, 913, 914; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Aufl., Rn. 582 m.w.N.). Gegen die Feststellung eines unterhaltsbezogen verantwortungslosen Verhaltens des Beklagten könnte immerhin die Tatsache sprechen, daß der Beklagte Gründe dafür dargelegt hat, warum er in einem Wohnheim für psychisch gestörte und mehrfach behinderte Erwachsene, die zudem stark verhaltensauffällig waren, nicht mehr habe tätig sein können.

Jedenfalls kann sich das klagende Land im Verhältnis zu dem Beklagten in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht darauf berufen, daß der Beklagte unterhaltsbezogen und leichtfertig seine Stelle als Erzieher aufgegeben hat. Vielmehr kann insoweit lediglich auf die tatsächlichen Einkünfte des Beklagten - ebenso wie im Rahmen des § 91 BSHG - abgestellt werden.

Allerdings bestimmt § 7 Abs. 1 UVG, daß ein bürgerlich-rechtlicher Unterhaltsanspruch bei Gewährung von Unterhaltsleistungen durch das Land auf dieses übergeht; auch gibt es im Unterhaltsvorschußgesetz keine dem § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG entsprechende Schutzvorschrift für den Schuldner. Jedoch muß der Grundsatz, daß niemand durch die Erfüllung einer Unterhaltspflicht selbst sozialhilfebedürftig werden darf, auch im Rahmen des § 7 UVG geltend, da er letztlich aus dem Verfassungsrecht herzuleiten ist (so OLG Hamm NJW-RR 2000, 1462). Aus diesem Grunde sind fiktive Einkünfte kein Einkommen i.S.d. Sozialhilferechts. Daher ist der Übergang eines nach bürgerlichem Recht bestehenden Unterhaltsanspruchs eines Hilfeempfängers auf den Träger der Sozialhilfe ausgeschlossen, soweit der Anspruch darauf beruht, daß der Unterhaltspflichtige sich fiktive Einkünfte zurechnen lassen muß, die er durch zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen könnte (OLG Hamm, a.a.O.). Auch das Land, das den Unterhaltsvorschuß gewährt, darf durch Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gegen den Schuldner nicht dazu beitragen, daß dieser sozialhilfebedürftig wird. Deshalb findet ein Übergang des Unterhaltsanspruchs nach § 7 Abs. 1 UVG nicht statt, wenn dem Schuldner bei Zahlung des Unterhalts weniger als der Bedarf nach Sozialhilferecht verbleiben würde. Dieser Auffassung haben sich auch das Oberlandesgericht Düsseldorf (NJW-RR 1999, 587) und das Oberlandesgericht Nürnberg (NJW-RR 1999, 589) angeschlossen. Der gegenteiligen auch von dem Familiengericht zitierten Rechtsprechung vermag der Senat nicht zu folgen. Für eine Zulassung der Revision sieht der Senat keinen Anlaß.

Ohne daß hier eine detaillierte sozialhilferechtliche Vergleichsberechnung durchgeführt werden muß, kann festgestellt werden, daß der Beklagte keinen höheren Unterhalt zu erbringen hat(te), als er bereits geleistet hat bzw. von dem Arbeitslosengeld abgezweigt worden ist. Das ergibt die nachfolgende Unterhaltsberechnung.

1. Für den Monat Dezember 1994 schuldet der Beklagte dem klagenden Land auf der Grundlage seiner tatsächlichen Einkünfte einen restlichen Unterhalt in Höhe von 8,30 DM nicht mehr. Im einzelnen:

Der Beklagte verfügte wie sich aus seinem eigenen Vorbringen in dem beigezogenen Scheidungsverbundverfahren ergibt, in der Zeit vom 1. bis zum 19. Dezember 1994 über Krankengeld in Höhe von 2.030,15 DM. Darüber hinaus floß ihm für die Zeit vom 20. bis zum 31. Dezember 1994 Arbeitslosengeld in Höhe von 911,90 DM zu, so daß von tatsächlichen Einkünften für Dezember 1994 in Höhe von 2.942,05 DM auszugehen ist.

Mit dem vorgenannten Betrag ist bzw. war der Beklagte nicht in der Lage, allen Unterhaltsgläubigern, und zwar seiner früheren Ehefrau, sowie den beiden Kindern J... und F... den angemessenen Unterhalt zu zahlen. Das gilt erst recht dann, wenn - was nicht ganz geklärt ist - der nichtehelich geborene Sohn M... schon im Jahr 1994 lebte, wogegen allerdings die Angaben des früheren Steuerberaters K... A... in dessen Schriftsatz vom 18. Dezember 1995 gegenüber dem Finanzamt Oldenburg sprechen, wonach M... B... erst am 15. Mai 1995 geboren worden ist und wovon der Senat im folgenden ausgeht. Es ist daher eine Mangelfallberechnung durchzuführen.

Bei Berücksichtigung eines damals geltenden großen Selbstbehalts in Höhe von 1.400,- DM bestimmt sich die verteilbare Masse auf 1.542,05 DM. Diese ist durch den Gesamtunterhaltsbedarf von 1.794,- DM (291,- DM für die Tochter F...; 353,- DM für die Tochter J... und 1.150,- DM für die frühere Ehefrau des Beklagten) zu dividieren. Es errechnet sich ein Quotient von 0,85955. Multipliziert man diesen mit dem Mindestunterhaltsbedarf der Tochter J... in Höhe von 353,- DM, errechnet sich ein Betrag von gerundet 303,- DM. Darüber hinaus kann Jane an sich aus der weiteren teilbaren Masse (sog. teilbare Masse II) von 250,- DM als Differenz zwischen dem großen und dem kleinen Selbstbehalt des Beklagten einen Betrag von gerundet 137,- DM beanspruchen, so daß ihr Unterhaltsanspruch an sich bei 440,- DM läge. In der Mangelfallberechnung können die Kinder jedoch höchstens den Mindestunterhaltsbedarf abzüglich Kindergeldanteil beanspruchen.

Nach damaligem Recht war für das erste Kind ein Betrag von 70,- DM und für das zweite Kind ein Kindergeld von 130,- DM zu zahlen, mithin insgesamt 200,- DM. Der hälftige Kindergeldanteil beliefe sich danach auf 100,- DM. Würde man diesen Betrag von dem Unterhaltsbedarf von 353,- DM abziehen, errechnete sich ein Betrag von 253,- DM. Nach der eigenen Darstellung des klagenden Landes hat der Beklagte für Jane - bezogen auf den Monat Dezember 1994 - aber bereits 309,70 DM gezahlt.

Für den Fall, daß für die beiden ehelichen Kinder tatsächlich nicht das vorbezeichnete Kindergeld gezahlt worden ist, wofür allerdings nichts spricht, würde der Beklagte gleichwohl keinen restlichen Unterhalt mehr bezahlen, weil die nachfolgende Berechnung für die späteren Zeiträume ergibt, daß der Beklagte schon mehr gezahlt hat, als er überhaupt schuldete.

2. Für das Jahr 1995 schuldete der Beklagte Kindesunterhalt lediglich in Höhe von insgesamt 4.449,30 DM. Verbucht sind jedoch nach der Darstellung des klagenden Landes für J... 3.298,88 DM und für F... 2.667,75 DM, mithin insgesamt 5.966,63 DM. Ein Anspruch besteht daher nicht mehr. Im einzelnen:

Der Beklagte verfügte bis Anfang Dezember 1995 lediglich über Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 1.843,40 DM. Mit diesem Einkommen war er offensichtlich nicht in der Lage, die Unterhaltsansprüche aller Gläubiger angemessen zu bedienen, so daß eine Mangelfallberechnung veranlaßt ist.

Unter Berücksichtigung des auch im Jahr 1995 geltenden großen Selbstbehalts von 1.400,- DM, bestimmt sich die verteilbare Masse auf 443,40 DM.

a. Januar 1995

Die vorgenannte teilbare Masse von 443,40 DM ist wiederum durch einen Gesamtunterhaltsbedarf von 1.794,- DM zu dividieren (291,- DM für die Tochter F..., 353,- DM für die Tochter J... und 1.150,- DM für die frühere Ehefrau des Beklagten). Es errechnet sich ein Quotient von 0,24715. Multipliziert man diesen mit den Mindestunterhaltssätzen der beiden ehelichen Töchter, errechnet sich für F... ein Anspruch in Höhe von 71,92 DM und für J... ein solcher in Höhe von 87,24 DM. Beide Töchter können darüber hinaus von der sogenannten teilbaren Masse II (250,- DM als Differenz zwischen dem großen und kleinen Selbstbehalt) etwas beanspruchen. Auf F... entfällt insoweit ein Betrag von 112,96 DM und auf J... ein solcher von 137,03 DM, so daß sich für F... ein Unterhaltsanspruch in Höhe von insgesamt 184,88 DM und für J... ein solcher in Höhe von 224,27 DM errechnet.

b. Februar bis April 1995

Für den vorgenannten Zeitraum ergibt sich eine etwas andere Mangelfallberechnung, weil die frühere Ehefrau des Beklagten eine Ausbildungsförderung bezog. Setzt man diese um die Berufspauschale bereinigte Ausbildungsförderung (524,- DM) von dem Mindestunterhaltsbedarf von 1.150,- DM ab, ist die frühere Ehefrau des Beklagten mit einem offenen Restbedarf in Höhe von 626,- DM in die Mangelfallberechnung einzustellen, so daß die verteilbare Masse von 443,40 DM (s.o.) durch einen Gesamtunterhaltsbedarf von 1.914,- DM zu dividieren ist. Es errechnet sich ein Quotient von 0,23166. Multipliziert man diesen mit den Unterhaltssätzen der ehelichen Kinder, errechnet sich für F... ein Betrag von 67,41 DM und für J... ein solcher in Höhe von 81,77 DM. Hinzu kommen die Anteile aus der sogenannten verteilbaren Masse II, wonach F... 112,96 DM und J... weitere 137,03 DM beanspruchen können, so daß F... insgesamt 180,37 DM und J... insgesamt 218,80 DM beanspruchen können.

c) Mai bis Dezember 1995

Für den vorgenannten Zeitraum ist nunmehr in jedem Falle zu berücksichtigen, daß der Beklagte einem weiteren Gläubiger Unterhalt zu zahlen hat, und zwar dem nichtehelich geborenen Sohn M.... Der Gesamtunterhaltsbedarf beläuft sich insgesamt 1.561,- DM (2 x 291,- DM für die Kinder F... und M..., 353,- DM für J... und 626,- DM für die frühere Ehefrau des Beklagten). Teilt man die verteilbare Masse von 443,40 DM durch den vorgenannten Gesamtunterhaltsbedarf, errechnet sich ein Quotient von 0,2840. Multipliziert man diesen mit den Mindestunterhaltssätzen der ehelichen Kinder F... und J..., errechnet sich danach für F... ein Betrag von 82,64 DM und für J... ein solcher von 125,- DM. Darüber hinaus ist die verteilbare Masse II von 250,- DM auf die drei Kinder zu verteilen. Daraus können F... 77,78 DM und J... 94,36 DM beanspruchen. Insgesamt schlagen danach Unterhaltsansprüche der ehelichen Kinder in Höhe von 160,42 DM für F... und 194,91 DM für J... zu Buche.

Eine Addition der sich aus den einzelnen Zeiträumen ergebenden Unterhaltsansprüche der ehelichen Kinder gegen den Beklagten ergibt danach einen Gesamtbetrag von 4.449,30 DM, denen Zahlungen bzw. Abzweigungen vom Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 5.966,63 DM gegenüberstehen.

Dem klagenden Land verbleibt damit kein restlicher Unterhaltsanspruch mehr.

3. April bis September 1996

Für den vorgenannten Zeitraum bedarf es einer konkreten Unterhaltsberechnung nicht mehr.

Auf der Grundlage der von dem Beklagten vorgelegten Einnahme-Überschuß-Rechnungen für die Zeit vom 1. Januar bis zum 28. September 1996 ist von einem Gewinn des Beklagten als freiberuflicher Musiker in Höhe von insgesamt 12.462,50 DM auszugehen, von dem noch die Beiträge für die Künstlersozialkasse in Höhe von insgesamt 1.534,50 DM in Abzug zu bringen sind, so daß von einem Gesamtbetrag in Höhe von 10.328,- DM auszugehen ist, der einem monatlichen Einkommen in Höhe von gerundet 1.214,- DM entspricht.

Mit dem vorgenannten Einkommen schuldet der Beklagte nur noch in ganz geringem Umfang Kindesunterhalt, wobei der über dem sogenannten kleinen Selbstbehalt liegende Betrag von gerundet 64,- DM auf die drei unterhaltsberechtigten Kinder aufzuteilen war.

Da sich aus der Aufstellung des klagenden Landes gemäß Schriftsatz vom 5. Juni 2000 ergibt, daß - mit Ausnahme des Monats April 1996, für den jeweils 50,- DM für die beiden ehelichen Kinder vereinnahmt worden sind - für die Zeit von Mai bis einschließlich September 1996 jeweils Beträge für die beiden ehelichen Kinder vereinnahmt worden sind, die bereits über 64,- DM liegen, kann der Beklagte für den vorgenannten Zeitraum restlichen Unterhalt nicht mehr schulden.

Nach alldem war auf die Berufung des Beklagten das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 9708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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