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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 28.05.1999
Aktenzeichen: 4 WF 38/99
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 23 Abs. 1 S. 3
BRAGO § 122 Abs. 3
Vergleichsgebühr für nicht anhängige Scheidungsfolgesachen trotz umfassender Anwaltsbeiordnung im PKH-Verfahren
Oberlandesgericht Oldenburg Beschluß

4 WF 38/99 4 F 81/98 AG Nordenham

In der Familiensache

hat der 4. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg

am 28. Mai 1999

durch die unterzeichneten Richter beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Nordenham vom 11. Februar 1999 aufgehoben.

Der Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts Nordenham vom 19. Oktober 1998 wird geändert:

Die dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung wird auf 1.992,30 DM festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Auf den Scheidungsantrag des Antagstellers, der zugleich den Entwurf einer zwischen den Parteien noch im Wege des Vergleiches zu treffenden Vereinbarung beigefügt hat, hat das Amtsgericht Prozeßkostenhilfe bewilligt.

Im Verhandlungstermin haben die Parteien auf der Grundlage dieses Entwurfes, welcher als Anlage zum Protokoll genommen worden ist, einen Vergleich geschlossen, der Regelungen betreffend die Ehewohnung, den Hausrat, den Ausschluß von Versorgungsausgleichsansprüche sowie Zugewinn- und Unterhaltsansprüche regelt.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers hat beantragt, seine Vergütung für den Abschluß des Vergleiches im Hinblick auf die vorgenannten Folgesachen gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 BRAGO auf 15/10 der vollen Gebühr und insgesamt auf 1.992,30 DM festzusetzen. Die Rechtspflegerin hat lediglich eine 10/10 Vergleichsgebühr festgesetzt.

Die hiergegen gerichtete Erinnerung hat die Familienrichterin durch den angefochtenen, hier mit in Bezug genommenen Beschluß zurückgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers ist gem. § 128 Abs. 4 BRAGO zulässig und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur aus der Beschlußformel ersichtlichen Änderung des Kostenfestsetzungsbeschlußes.

Mit Ausnahme der im Vergleich geregelten Folgesache "Versorgungsausgleich" - insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses Bezug - kann der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers eine 15/10 Gebühr gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 BRAGO beanspruchen, soweit sich der Vergleich auf die Ehewohnung, den Hausrat sowie Zugewinnausgleichs- und Unterhaltsansprüche bezieht.

15/10 der vollen Vergleichsgebühr sind nämlich jedenfalls dann zuzuerkennen, wenn - wie hier - ein ausdrücklicher Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für den Vergleichsabschluß nicht gestellt ist und der Vergleichstext bereits schriftlich ausformuliert und lediglich zum Zwecke der gerichtlichen Protokollierung vorgelegt wird.

Die Gebühr für die Mitwirkung eines Rechtsanwalts beim Abschluß eines Vergleichs beträgt nach § 23 BRAGO grundsätzlich 15/10 der vollen Gebühr. Nur wenn über den Gegenstand des Vergleiches ein gerichtliches Verfahren anhängig ist, erhält er die Gebühr nur in Höhe einer vollen Gebühr; das gleiche gilt gem. § 23 Abs. 1 Satz 3 BRAGO dann, wenn ein Verfahren über Prozeßkostenhilfe anhängig ist. Dadurch soll das Bemühen des Rechtsanwalts gefördert werden, Streitigkeiten ohne Inanspruchnahme des Gerichtes durch gütliche Einigung zu erledigen.

Allein durch die gesetzliche Erstreckung der Beiordnung auf etwaige Vergleiche durch die Regelung des § 122 Abs. 3 BRAGO wird allerdings nicht ohne weiteres ein Verfahren über die Prozeßkostenhilfe "anhängig" i.S.d. letztgenannten Bestimmung (vgl. OLG Nürnberg JurBüro 1998, 137, 139). Diese Vorschrift unterscheidet begrifflich zwischen einem anhängigen Gerichtsverfahren und dem Gegenstand eines Vergleiches. Nach § 624 Abs. 2 ZPO erstreckt sich die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Scheidungssache - nur - auf die notwendigen Folgesachen Sorgerecht und Versorgungsausgleich. Demgegenüber bezieht sich die Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten nach § 122 Abs. 3 BRAGO auch auf den Abschluß eines Vergleiches in den dort genannten weiteren - nicht notwendigen - Folgesachen. Daraus läßt sich jedenfalls dann, wenn der Vergleich vorformuliert ist, nicht der Schluß ziehen, die umfassendere Beiordnung nach § 122 Abs. 3 BRAGO mache bereits ein Prozeßkostenhilfeverfahren für die nicht notwendigen Folgesachen anhängig (OLG Köln FamRZ 1998, 439 f).

Wie bereits erwähnt, hat der Gesetzgeber mit der Einführung der erhöhten Gebühr nach § 23 Abs. 1 BRAGO das Bemühen des Anwalts, Streitigkeiten durch gütliche Einigung ohne Beanspruchung des Gerichtes zu erledigen, fördern wollen. Der vorliegende bereits vorformulierte Vergleich der Parteien hat Ansprüche geregelt, mit denen sich das Gericht - die Protokollierung des Vergleiches ausgenommen - nicht zu befassen hatte. Deshalb entspricht die Zubilligung der erhöhten Gebühr der Intention des Gesetzgebers (vgl. auch OLG Stuttgart JurBüro 1998, 139).

Der beigeordnete Rechtsanwalt erhält demgemäß nach dem Wert der den Vergleich betreffenden nicht rechtshängigen Anspruch eine 15/10 Vergleichsgebühr insgesamt nicht mehr als 15/10 aus dem Gesamtwert. Dieser beläuft sich hier auf 8.000,00 DM, so daß insoweit 607,50 DM (405,00 DM + 1,5) festzusetzen sind. Eine 15/10 Gebühr nach einem Wert von 7.000,00 DM (ohne Versorgungsausgleichsansprüche) zuzüglich der 10/10 Gebühr von 1.000,00 DM (Versorgungsausgleich) ergäben einen höheren Betrag von 675,00 DM.

Danach ergibt sich folgende - beantragte - Kostenrechnung:

 Gegenstandswert festzusetzenin DMauf DM
1. Prozeßgebühr5.500,00375,00
2. Verhandlungs/- Erhöhungsgebühr5.500,00375,00
3. Beweisgebühr4.500,00320,00
4. Vergleichsgebühr8.000,0015/10 607,50
5. Postgebühren 40,00
  1.717,50
Mehrwertsteuer 274,80
  1.992,30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 5 BRAGO.



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