Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 21.12.2006
Aktenzeichen: 8 U 149/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 633
Der formelhafte Ausschluss der Gewährleistung für Sachmängel beim Erwerb neu errichteter Gebäude ist auch in einem notariellen Individualvertrag unwirksam, wenn die Freizeichnung nicht mit dem Erwerber unter ausführlicher Belehrung über die einschneidenden Rechtsfolgen eingehend erörtert worden ist.

Ansprüche des Erwerbers aus Mängeln neu errichteter Gebäude richten sich nach Werkvertragsrecht, wenn sich aus dem Vertragsinhalt, dem Zweck, der wirtschaftlichen Bedutung und der Interessenlage die Verpflichtung des Veräußerers zur mangelfreien Errichtung des Bauwerks ergibt.


OBERLANDESGERICHT OLDENBURG Im Namen des Volkes Urteil

8 U 149/06

Verkündet am 21. Dezember 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 23. Juni 2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 56.156,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 38.525,00 € seit Rechtshängigkeit (23. Dezember 2005) und auf 17.631,00 € seit dem 14. Dezember 2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Beklagte zu 1), deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2) ist, veräußerte mit einem als "Grundstückskaufvertrag" bezeichneten notariellen Vertrag vom 18. Dezember 2000 (URNr. .../2000 des Notars Dr. jur. L... in L...) ein mit einem Geschäftsgebäude bebautes Grundstück in A... an den Kläger. Der Kaufpreis betrug 5.080.000,00 DM. In § 7 Ziffer 2., 3. und 5. heißt es:

"Der Verkäufer übernimmt keine Haftung bzw. Gewähr für Fehler, Sach- und Rechtsmängel und für die Eigenschaften des Vertragsobjekts als solchem, insbesondere nicht für bestimmte Größe, Güte, Verwertbarkeit und Beschaffenheit des Grundbesitzes und des Gebäudes, baulicher Anlagen und Einrichtungen und für die Belastung des Grund und Bodens mit Ablagerungen und Verunreinigungen (umweltschädliche Altlasten). Maßgeblich für die Grundstücksgröße ist die katasteramtliche Feststellung.

Der Käufer hat das Vertragsobjekt eingehend besichtigt und kennt den derzeitigen Zustand. Der Verkäufer versichert, dass er keine wesentlichen Sachmängel kennt, die bei einer Besichtigung ohne besondere Sachkunde nicht erkennbar sind und dass ihm keine Altlasten bekannt sind. Ihm ist nach Belehrung durch den Notar bekannt, dass er insoweit eine Offenbarungspflicht gegenüber dem Käufer hat, um nicht wegen arglistigen Verschweigens eines Mangels zu haften. Das Vorhandensein von verdeckten Mängeln kann nicht ausgeschlossen werden.

Der Notar hat die Parteien zur Gewährleistungsregelung ausdrücklich belehrt."

Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die notarielle Urkunde vom 16. Dezember 2000 Bezug genommen.

Auf dem verkauften Grundstück hatte die Beklagte zu 1) im Jahr 2000 ein Geschäftsgebäude (C...Markt) errichtet. das Gebäude wurde im Sommer 2000 (so der Kläger) oder im Mai 2000 (so die Beklagten) fertiggestellt und ist entweder seit Juni oder seit Juli 2000 vermietet.

Der Kläger hat behauptet, an dem Gebäude des C...Markts seien erhebliche Baumängel vorhanden. wegen der Mängel im einzelnen wird auf die Auflistung Seite 2 unten der Klageschrift Bezug genommen. Die Mängelbeseitigungskosten beliefen sich auf mindestens 38.525,00 € netto. Diesen Betrag fordert er als Schadensersatz, nachdem die Beklagten sich vorprozessual auf einen vertraglichen Gewährleistungsausschluss berufen und das Vorhandensein von Mängeln bestritten haben. Er vertritt die Auffassung, auf das Vertragsverhältnis der Parteien sei Werkvertragsrecht anzuwenden. Der in dem notariellen Kaufvertrag vereinbarte Gewährleistungsausschluss sei unwirksam. Es handele sich um eine formularmäßige Klausel. des weiteren habe der Notar bei der Beurkundung nicht ordnungsgemäß und hinreichend über die Bedeutung und die Tragweite der Klausel belehrt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 38.525,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger den weiteren Schaden zu ersetzen, der diesem durch die Mängel (fehlerhafte Verklammerung der Dachfläche, mangelhafte Überdeckung am First, mangelhafte Bleieinfassung am Lüfter, fehlerhafter Anschluss der Unterdeckplatten an die Lüfteraggregate, fehlerhafte Traufausbildung und Hinterlüftung der Dachfläche, mangelhafte Mauerabdeckung aus Zinkblech) an dem Geschäftshaus C...Markt, A..., R... Straße, errichtet auf den Flurstücken .../...und .../... der Gemarkung A..., Flur ..., bereits entstanden ist oder noch entstehen wird,

hilfsweise,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an dem gewerblichen Objekt A..., R... Straße, nachstehend genannte Mängel sach- und fachgerecht auf eigene Kosten zu beheben,

a) ordnungsgemäße Verklammerung der Dachsteine,

b) ordnungsgemäße sach- und fachgerechte Überdeckung der Dachsteinreihe am First,

c) sach- und fachgerechte Bleieinfassung der zwölf Lüfteraggregate auf dem Dach,

d) sach- und fachgerechte Herstellung der Anschlüsse der Unterdeckplatten an die Lüfteraggregate,

e) Herstellung einer sach- und fachgerechten Traufenausbildung und Hinterlüftung der Dachflächen,

f) sach- und fachgerechte Herstellung der Zinkblechmauerabdeckung.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben. Den vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss halten sie für wirksam. im Übrigen sei auf das Vertragsverhältnis der Parteien Kaufrecht anzuwenden. Sie bestreiten, dass der Notar die Parteien anlässlich der notariellen Beurkundung nicht hinreichend über den Gewährleistungsausschluss in § 7 des notariellen Vertrages belehrt habe. Mängel an dem Geschäftsgebäude stellen sie in Abrede.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger macht mit seiner Berufung weiterhin geltend, dass bei der Veräußerung eines Grundstücks mit einem neu errichteten Gebäude Werk und nicht Kaufvertragsrecht anzuwenden sei. Die den Gewährleistungsausschluss betreffende Klausel sei eine allgemeine Geschäftsbedingung. als solche sei sie inhaltlich unwirksam. Die Beweisaufnahme durch Vernehmung des beurkundenden Notars habe gerade nicht ergeben, dass dieser in der erforderlichen Art und Weise über die Bedeutung und die Rechtsfolgen des Gewährleistungsausschlusses belehrt habe.

Den Zahlungsanspruch beziffert der Kläger nunmehr mit 56.156,00 € netto.

Der Kläger beantragt,

1. das angefochtene Urteil zu ändern und

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 56.156,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 38525,00 € seit Rechtshängigkeit (23. Dezember 2005) und auf 17.631,00 € seit dem 14. Dezember 2006 zu zahlen,

festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger den weiteren Schaden zu ersetzen, der diesem durch die Mängel (fehlerhafte Verklammerung der Dachfläche, mangelhafte Überdeckung am First, mangelhafte Bleieinfassung am Lüfter, fehlerhafter Anschluss der Unterdeckplatten an die Lüfteraggregate, fehlerhafte Traufausbildung und Hinterlüftung der Dachfläche, mangelhafte Mauerabdeckung aus Zinkblech) an dem Geschäftshaus C...Markt, A..., R... Straße, errichtet auf den Flurstücken .../...und .../... der Gemarkung A..., Flur ..., bereits entstanden ist oder noch entstehen wird,

hilfsweise,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an dem gewerblichen Objekt A..., R... Straße, nachstehend genannte Mängel sach- und fachgerecht auf eigene Kosten zu beheben,

a) ordnungsgemäße Verklammerung der Dachsteine,

b) ordnungsgemäße sach- und fachgerechte Überdeckung der Dachsteinreihe am First,

c) sach- und fachgerechte Bleieinfassung der zwölf Lüfteraggregate auf dem Dach,

d) sach- und fachgerechte Herstellung der Anschlüsse der Unterdeckplatten an die Lüfteraggregate,

e) Herstellung einer sach und fachgerechten Traufenausbildung und Hinterlüftung der Dachflächen,

f) sach- und fachgerechte Herstellung der Zinkblechmauerabdeckung,

2. weiter hilfsweise,

den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und bestreiten weiterhin das Vorhandensein von Baumängeln und die Erforderlichkeit einer Sanierung des Daches.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben aufgrund des gemäß § 358 a ZPO ergangenen Beweisbeschlusses vom 21. August 2006 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dipl.-Ing. Architekt A..., Z...sowie durch die mündliche Anhörung des Gutachters. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 23. Oktober 2006 und die Sitzungsniederschrift vom 14. Dezember 2006 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Der Kläger hat wegen der Baumängel am Dach des C...Markts Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 56.156,00 € (§ 635 BGB aF). Der Feststellungsanspruch ist hingegen nicht begründet.

Auf das Vertragsverhältnis der Parteien ist das bis einschließlich 31. Dezember 2001 geltende Werkvertragsrecht anzuwenden.

1. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 1988, 135 = BGHZ 101, 350, 352. NJW 1989, 2748, 2749. NJW 2005, 1115, 1116. vgl. weiter Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 637 Rn. 5, § 633 Rn. 4) richten sich etwaige Ansprüche des Erwerbers aus Mängeln an neu errichteten Häusern oder Eigentumswohnungen grundsätzlich nach Werkvertragsrecht. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob das Bauwerk bei Vertragsschluss bereits fertiggestellt war und die Parteien den Vertrag als Kaufvertrag und sich selbst als Käufer und Verkäufer bezeichnet haben. Entscheidend ist allein, dass sich aus dem Inhalt derartiger Verträge, aus ihrem Zweck und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie aus der Interessenlage die Verpflichtung des Veräußerers zu mangelfreier Errichtung des Bauwerks ergibt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das Gebäude des C...Markts ist erst wenige Monate vor dem Vertragsschluss (18. Dezember 2000) und dem Besitzübergang (31. Dezember 2000) fertiggestellt worden. es ist entweder zu Anfang Juni oder zu Anfang Juli 2000 dem gewerblichen Zwischenvermieter übergeben worden. Die Errichtung dieses Gebäudes war Grundlage des von den Parteien geschlossenen Vertrages. der von dem Kläger zu zahlende Preis ist maßgeblich davon beeinflusst worden. Der Kläger ist schließlich in das bestehende Mietverhältnis mit der B... Beteiligungs AG eingetreten (§ 8 Nr. 2 des Kaufvertrages). Der von der Berufungserwiderung erhobene Einwand, dem Kläger sei nur an dem Erwerb einer ertragreichen und steuersparenden Immobilie, nicht aber an einer werkvertraglichen Bauleistung oder an Gewährleistungsansprüchen gelegen gewesen, geht fehl. der Erfolg der vom Kläger getätigten Investition hängt selbstverständlich davon ab, dass das Gebäude nicht mit erheblichen Mängeln, deren Beseitigung größeren Aufwand erfordert, behaftet ist. Die Fertigstellung des Gebäudes vor Vertragsschluss hindert unter diesen Umständen die Anwendung von Werkvertragsrecht nicht.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGHZ 101, 350, 353 ff = NJW 1988, 135 f. BGH NJW 1989, 2748, 2749) ist ein formelhafter Ausschluss der Gewährleistung für Sachmängel beim Erwerb neu errichteter oder noch zu errichtender Eigentumswohnungen und Häuser auch in einem notariellen Individualvertrag gemäß § 242 BGB unwirksam, wenn die Freizeichnung nicht mit dem Erwerber unter ausführlicher Belehrung über die einschneidenden Rechtsfolgen eingehend erörtert worden ist. Genauso liegt der hier zu entscheidende Fall.

Der Gewährleistungsausschluss in § 7 Nr. 2 des notariellen Vertrages ist eine solche formelhafte Klausel. Das zeigt schon der Wortlaut. Es fehlt an jedem konkreten Bezug zum Vertragsgegenstand. es werden formelhaft die Begriffe "Vertragsobjekt", "Grundbesitz" und "Gebäude" verwandt. Die Formulierung ist ersichtlich gängigen Formularbüchern entnommen. Der beurkundende Notar (vgl. dessen Angaben laut Sitzungsniederschrift vom 30. Mai 2006), dem das Problem der Anwendung von Werk oder Kaufvertragsrecht nicht bewusst war, ist letztlich so vorgegangen, wie er es bei dem Verkauf gebrauchter Immobilien stets gehalten hat. Er hat ausdrücklich bestätigt, dass die Vereinbarungen in § 7 Formulierungen sind, wie er sie für einen Kaufvertrag über Grundstücke mit Altbauten - also ohne jede Herstellungsverpflichtung - verwendet. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass er mit den Parteien über die mögliche Anwendbarkeit von Werkvertragsrecht und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen gesprochen hat. das ist auch deshalb ausgeschlossen, weil es ihm insoweit an jeglichem Problembewusstsein fehlte. Er hat zwar bekundet, die Parteien auf die Bedeutung des Gewährleistungsausschlusses hingewiesen zu machen. das kann sich aber allenfalls auf die Bedeutung des Gewährleistungsausschlusses bei Kaufverträgen hinsichtlich gebrauchter Immobilien beziehen, nicht hingegen auf die besondere Problematik des Gewährleistungsausschlusses bei Werkverträgen.

Für die Wirksamkeit eines derartigen Gewährleistungsausschlusses ist entscheidend, wie die Klausel zustandegekommen ist, insbesondere ob die Freizeichnung mit dem Erwerber unter ausführlicher Belehrung über die einschneidenden Rechtsfolgen erörtert worden ist. Dazu wäre ein deutlicher Hinweis auf den Verlust werkvertraglicher Gewährleistungsansprüche erforderlich gewesen. Zur Vorgeschichte des Vertragsschlusses lässt sich dem Vorbringen der Parteien wenig entnehmen. jedenfalls wünschten die Beklagten, was dem Kläger auch bekannt war, einen Gewährleistungsausschluss. Ansonsten war beiden Parteien genauso wie dem Notar die spezielle Problematik einer Immobilie mit einem neu errichteten Gebäude ersichtlich nicht bewusst. Seinen Belehrungs- und Aufklärungspflichten ist der Notar deshalb nur wie stets beim Verkauf gebrauchter Immobilien nachgekommen. Das ergibt sich deutlich aus seiner Aussage vor dem Landgericht. Da er nicht wusste, ob es sich bei dem Geschäftsgebäude um einen Alt oder einen Neubau handelte und er die rechtliche Problematik nicht erörtert hat, liegt auf der Hand, dass er die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderte ausführliche Belehrung über die einschneidenden Rechtsfolgen eines Gewährleistungsausschlusses bei Abschluss eines Werkvertrages nicht erteilt hat.

Das Landgericht hat aufgrund des Ergebnisses der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme nicht festzustellen vermocht, dass der Notar seinen Belehrungspflichten im Rahmen der Beurkundung des Vertrages nicht hinreichend nachgekommen ist. es hat ein offenes Beweisergebnis angenommen. Insbesondere deshalb hat es die Klage abgewiesen. Dabei hat es die Beweislast verkannt. Der Veräußerer, hier also die Beklagte zu 1), muss darlegen und beweisen, dass der Notar die Erwerber ordnungsgemäß belehrt und aufgeklärt hat (vgl. BGH NJW 1989, 2748, 2750). ergibt die Beweisaufnahme wie hier lediglich ein non liquet, so wirkt sich dies zum Nachteil des Veräußerers aus, ein Gewährleistungsausschluss ist dann nicht wirksam vereinbart worden.

2. Der Anspruch des Klägers ist nicht verjährt. Der Besitzübergang war für den 31. Dezember 2000 vorgesehen (§ 8 Nr. 1 des notariellen Vertrages). Die Klage ist am 23. Dezember 2005 erhoben worden. Zu diesem Zeitpunkt war die noch bis zum 31. Dezember 2005 laufende 5jährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen. auf die von dem Kläger erwähnten Hemmungstatbestände kommt es nicht an.

3. Der Kläger hat danach grundsätzlich Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 635 BGB a.F.. Auf eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung (§ 634 Abs. 1 BGB a.F.) kommt es angesichts der ernsthaften und endgültigen Berufung der Beklagten auf den Gewährleistungsausschluss und das ebenso ernsthafte und endgültige Bestreiten von Mängeln vorprozessual und während des Rechtsstreits nicht an.

Das von dem Senat eingeholte Gutachten des Sachverständigen A... hat die von dem Kläger erhobenen Mängelrügen durchweg bestätigt. Die den Schaden des Klägers bildenden Mängelbeseitigungskosten betragen 56.156,00 Euro netto. Der Kläger hat seinen bisher nur auf 38.525,00 Euro lautenden Zahlungsantrag entsprechend erhöht.

Die von den Beklagten gegen das Gutachten erhobenen Einwendungen, mit denen das Vorhandensein von Mängeln insgesamt in Abrede gestellt und geltend gemacht wird, die Mängelbeseitigungskosten seien falsch ermittelt worden und seien deutlich niedriger anzusetzen, sind zur Überzeugung des Senats nach dem Ergebnis der Anhörung des Sachverständigen nicht begründet.

Im Einzelnen gilt folgendes:

Die Beklagten beanstanden, dass der Sachverständige (Ziffer 1. a) des Gutachtens) die falsche Windzone (III) zugrundegelegt habe. richtig sei die Windzone II, was bedeute, dass nicht oder allenfalls an exponierten Stellen verklammert werden müsse. First und Gratsteine seien verschraubt, Ortgangpfannen dürften gar nicht verschraubt werden.

Der Sachverständige A... hat seine Feststellungen auf die Fachregeln des Deutschen Dachdeckerhandwerks, die anerkannte Regeln der Technik darstellen, gestützt. A... lag nach der zum Zeitpunkt der Errichtung des C...Markts geltenden Windlastzoneneinteilung (Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 14. Dezember 2006) mindestens im Grenzbereich der Windzonen II und III. Bei Objekten im Grenzbereich ist aber nach den Fachregeln von der höheren Windzone auszugehen, die Dachfläche ist zur Erhöhung der Sturmsicherheit zu verklammern. Die von den Beklagten vorgelegte, frühestens Anfang 2007 in Kraft tretende neue Windlastzonenkarte besagt nichts anderes. auch danach liegt A... jedenfalls im Grenzbereich der Zonen mit hohen Windlasten im Bereich der deutschen Nordseeküste. Dass die Materialien zur Verklammerung mindestens korrosionsgeschützt sein müssen, folgt aus den Allgemeinen Regeln für Dachdeckungen mit Dachziegeln und Dachsteinen. das gilt genauso für die Notwendigkeit der Befestigung von Ortgang und Grat. Das mindestens teilweise Fehlen von Verklammerung und Befestigung hat der Sachverständige an Ort und Stelle festgestellt.

Die Beklagten rügen die Ausführungen des Sachverständigen zum Firstabdeckrollband (Ziffer 1. b) des Gutachtens) und zur Überdeckung der Dachsteine am First als falsch. Zum Firstabdeckrollband hat der Sachverständige mündlich ausgeführt, dass es in weiten Teilen beschädigt und zerfleddert sei. es könne deshalb seine Funktion nicht erfüllen. Zudem sei offenbar ein nicht zugelassenes Band verwendet worden. Das stellt ohne weiteres einen Mangel dar.

Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass die Überdeckung im Bereich des Hauptdachs nicht ausreicht und dass die Lüftung insgesamt nicht ausreicht. Dies hat er in Einzelnen mit den Anforderungen der bereits genannten Fachregeln begründet. Das trifft zu. Ziffer A 4.1 der Regeln für Dachdeckungen mit Dachziegeln und Dachsteinen fordert auch für nicht ausgebaute Dächer ohne Unterspannbahnen die Herstellung einer dauerhaft wirksamen Lüftung durch ausreichende Öffnungen an Traufe und First. Die Fachregeln enthalten Mindestanforderungen. sollte die Dachsteinverlegeanleitung des Herstellers - wie die Beklagten geltend machen - geringere Anforderungen stellen, so wäre dies nicht maßgeblich. Die Dachsteinverlegeanleitung des Herstellers hat der Sachverständige im Übrigen bei der Erstellung des Gutachtens berücksichtigt.

Zu Ziffer 1. c) des Gutachtens behaupten die Beklagten, die Bleieinfassungen der Lüfter den örtlichen Gegebenheiten und Anforderungen entsprechend ausgeführt haben. Die vom Sachverständigen geforderte Ausführung halten sie für übertrieben. Der Sachverständige hat handwerkliche Ausführungsfehler festgestellt. die von ihm gefertigten Lichtbilder 10 bis 23 belegen die Mängel. An einigen Stellen wurde schon mit teils untauglichen Mitteln nachzubessern versucht. Das alles spricht dagegen, dass - so die Beklagten - die Anschlüsse seit sieben Jahren dicht seien. Der Senat macht sich die überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen zum Vorhandensein dieses Mangels zu eigen.

Zu Ziffer 1. d) des Gutachtens hat der Sachverständige mündlich erläutert, dass das Lichtbild 24 beispielhaft für den mangelhaften Anschluss der Unterdeckplatten an die Lüfteraggregate ist. Infolge offener Fugen nicht stets dichte Anschlüsse sind ein Baumangel. Zudem hat der Sachverständige auch in diesem Bereich unzureichende Nachbesserungsversuche beobachtet, was belegt, dass es die mangelhafte Ausführung schon zu Folgeerscheinungen geführt haben muss.

Zu 1. e) des Gutachtens halten die Beklagten unter Berufung auf die Verlegeanleitung des Herstellers der Betondachsteine ein Traufblech nicht für erforderlich. Das trifft nach den plausiblen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nicht zu. Die hier gewählte Konstruktion erfordert nach den Fachregeln des Dachdeckerhandwerks den Einbau von Traufblechen. Die Verlegeanleitungen der Hersteller dürfen aus technischer Sicht von diesem Erfordernis nicht abweichen. Anderes gilt allenfalls dann wenn - anders als hier - eine weitere Sicherung etwa durch Traufbohlen oder andere Unterlegmaterialien vorgesehen ist. Die Ausführung ist deshalb mangelhaft und muss nachgebessert werden. Die weitere Beanstandung (richtig 2 %o statt 2 %) betrifft einen Schreibfehler ohne sachliche Bedeutung.

Zu Ziffer 1. f) des Gutachtens halten die Beklagten die vom Sachverständigen geforderte Erneuerung der Zinkblechmauerabdeckung bei der hier ausgeführten Konstruktion nicht für erforderlich. Auf dessen Feststellung, dass wegen der nicht hinreichenden Befestigung der Profile schon Schäden entstanden sind, gehen sie nicht ein. Der Sachverständige ist mit nachvollziehbarer Begründung und unter Hinweis auf die Fachregeln trotz Vorhalts bei seiner Auffassung geblieben, dass bei der von ihm vorgefundenen Ausführung eine unzureichende Befestigung der Zinkblechmauerabdeckung vorliegt. Die Einwendungen der Beklagten gründen sich auf eine andere alternativ mögliche Ausführungsweise.

Die Beklagten wenden schließlich ein, dass eine Sanierung deutlich preiswerter auszuführen sei als vom Sachverständigen (Ziffer 2. des Gutachtens) mit 56.156,00 € ermittelt. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung darauf hingewiesen, dass er ein Angebot eines mit den örtlichen Gegebenheiten und dem Gebäude des C...Markts bestens vertrauten Dachdeckers vorliegen habe, das die von ihm ermittelten Kosten noch übersteige. Es bestehen keine Zweifel, dass der Sachverständige den in den Kosten der Nachbesserung bestehenden Schaden des Klägers richtig ermittelt und berechnet hat. Die Differenz zu der niedriger liegenden Schätzung der Beklagten rührt im Wesentlichen daher, dass diese einen vom Umfang her deutlich geringeren Sanierungsaufwand zugrunde legen.

4. Über die vom Gericht auf Antrag der Beklagten angeordnete Ladung des Sachverständigen und seine Anhörung (§ 411 Abs. 3 ZPO) hinaus ist die Einholung eines neuen Gutachtens bzw. eines sogenannten Obergutachtens (§ 412 Abs. 1 ZPO) weder geboten noch erforderlich. dem entsprechenden, in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag der Beklagten ist nicht nachzugehen. Das Gutachten und die mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen A... sind, was aus den Ausführungen zu 3. folgt, ausreichend und überzeugend. Mängel in Form von Widersprüchen oder Unvollständigkeiten bestehen nicht. Ausweislich der durch Lichtbilder belegten Beschreibung des Zustands des Daches ist er von zutreffendenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen. Die einschlägigen technischen Regelwerke hat er beachtet. Dem Senat ist er als qualifizierter und erfahrener, über die notwendige Sachkunde verfügender Bausachverständiger bekannt. Der von dem Kläger zuvor beauftragte Gutachter D..., öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der Handwerkskammer M... für das Dachdecker und Klempner - Handwerk, ist in seinem Gutachten vom 12. Juli 2003 zu weitgehend identischen Ergebnissen gelangt. Anhaltspunkte dafür, dass ein weiterer Sachverständiger aufgrund überlegener Kenntnisse oder Erfahrungen zu anderen Schlussfolgerungen gelangen könnte, bestehen nicht.

5. Der Feststellungsantrag des Klägers ist unbegründet. Der Sachverständige A... (Gutachten Seite 12) geht davon aus, dass die Mängel nach fachgerechter Nachbesserung bzw. Durchführung der vom ihm für erforderlich erachteten Maßnahmen insgesamt behoben sind und weitere Kosten oder Schäden nicht entstehen werden.

6. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück