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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 27.04.2006
Aktenzeichen: 8 U 243/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 421
BGB § 633 aF
1. Gesamtschuldnerische Haftung von Baubeteiligten (hier: Estrich- und Fliesenleger).

2. Hinweispflichten des Bauhandwerkers gegenüber nachfolgend tätigen Baubeteiligten hinsichtlich der Beschaffenheit seines Werks und möglicher Risiken für Leistungen, die auf seinem Werk aufbauen.


Oberlandesgericht Oldenburg Im Namen des Volkes Urteil

8 U 243/05

Verkündet am 27. April 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 9. März 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 28. Juli 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels des Klägers und der Berufung der Beklagten teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Kostenvorschuss in Höhe von 63.296,16 € nebst 4 % Zinsen seit dem 9. Mai 2003 zur Beseitigung des folgenden Mangels im Erdgeschoss des Wohnhauses des Klägers in M... zu zahlen:

Entfernung und Neuverlegung des gesamten Natursteinbodens einschließlich der Sanierung des Estrichs.

Darüber hinaus wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren Schaden und Aufwand zu ersetzen, soweit dieser darauf zurückzuführen ist, dass die Entfernung und Neuverlegung des gesamten Natursteinbodens einschließlich der Sanierung des Estrichs im Wohnhaus des Klägers in M... erfolgen muss.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 4/10 und die Beklagte zu 6/10.

Die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin in der ersten Instanz trägt diese selbst zu 4/10 und die Beklagte zu 6/10.

Die Kosten der Berufung tragen der Kläger zu 3/10 und die Beklagte zu 7/10.

Die außergerichtlichen Auslagen der Streithelferin in der Berufungsinstanz trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten einen Kostenvorschuss zwecks Mängelbeseitigung.

Der Kläger ließ im Jahr 1997 das Erdgeschoss seines Wohnhauses vollständig mit einem neuen Estrich und einem neuen Natursteinboden versehen. Die Estricharbeiten hat die Beklagte ausgeführt; die Granitnatursteinplatten hat die Streithelferin des Klägers verlegt.

Während der Verlegung der Granitnatursteinplatten stellten Mitarbeiter der Streithelferin fest, dass der Estrich in Teilbereichen Höhenunterschiede außerhalb der zulässigen Toleranzen aufwies; die Streithelferin meldete deshalb Bedenken an und stellte ihre Arbeiten ein. An Stellen, an denen der Estrich nicht die erforderliche Höhe aufwies, brachte die Beklagte Spachtelmasse auf. Anschließend führte die Streithelferin die restlichen Bodenbelagsarbeiten aus. In der Folgezeit lösten sich an den Stellen, an denen nachgespachtelt worden war, einzelne Granitnatursteinplatten vom Untergrund.

Der Kläger macht die Beklagte für diesen Mangel verantwortlich; der Schaden beruhe darauf, dass eine Unverträglichkeit zwischen dem von der Streithelferin verwandten Verlegemörtel und der Spachtelmasse, die die Beklagte zum Ausgleich der Höhendifferenzen aufgebracht habe, bestehe. Angesichts der bereits teilweise ausgeführten Bodenbelagsarbeiten und der dabei für die Beklagte sichtbar verwandten Materialien hätte sie eine darauf abgestimmte geeignete Spachtelmasse verwenden müssen. Auszuschließen sei, dass der Schaden auf einer zu hohen Restfeuchte im Estrich entstanden sei und dass die Streithelferin den Bodenbelag zu früh verlegt habe.

Den für die Mängelbeseitigung erforderlichen Betrag hat der Kläger erstinstanzlich mit mindestens 122.062,74 Euro beziffert.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Kostenvorschuss in Höhe von 122.062,74 Euro nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zur Beseitigung folgenden Mangels im Erdgeschoss des Wohnhauses des Klägers in M... zu zahlen:

Entfernung und Neuverlegung des gesamten Natursteinbodens einschließlich der Sanierung des Estrichs; und darüber hinaus festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm jeden weiteren, über die bisher bereits gestellten Anträge hinausgehenden Schaden und Aufwand zu ersetzen, soweit er darauf zurückzuführen ist, dass die Entfernung und Neuverlegung des gesamten Natursteinbodens einschließlich der Sanierung des Estrichs im Wohnhaus des Klägers in M... erfolgen muss.

Die Streithelferin des Klägers hat sich diesen Anträgen angeschlossen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, die Streithelferin habe die Bodenbelagsarbeiten zu früh ausgeführt; darauf und nicht auf eine angebliche Unverträglichkeit zwischen Spachtelmasse und Verlegemörtel sei der Schaden zurückzuführen. Zudem sei es Sache des Fliesenlegers gewesen, die Frage einer etwaigen Unverträglichkeit zu klären. Die Schadenshöhe hat die Beklagte bestritten; weiter hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen und Einholung sachverständiger Beratung der Klage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 33.000,00 Euro sowie bezüglich des Feststellungsantrags stattgegeben. Dagegen richten sich die Berufungen beider Parteien.

Der Kläger macht geltend, der Kostenvorschussanspruch belaufe sich vorbehaltlich der endgültigen Abrechnung auf insgesamt 97.121,76 Euro. Es reiche nicht aus, die Nachbesserung auf die Bereiche Wohnen/Essen und Diele zu beschränken; um wieder ein einheitliches Bild zu erreichen, müsse der Bodenbelag im gesamten Erdgeschoss ausgetauscht werden. Weitere erhebliche Kosten ergäben sich daraus, dass insgesamt 12 hochwertige Naturholztüren nebst Rahmen zu entfernen und neu herzustellen seien. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Seite 6 bis 9 der Berufungsbegründung des Klägers Bezug genommen.

Zur Schadensursache verteidigt der Kläger das angefochtene Urteil.

Die Beklagte rügt die Feststellungen des Landgerichts zur Schadensursache als fehlerhaft; sie seien zudem nicht verfahrensfehlerfrei zustande gekommen, weil sich das Landgericht nicht mit dem Gutachten des Sachverständigen D..., der eine zu hohe Restfeuchte für mangelursächlich hält, auseinandergesetzt habe. Sie vertritt die Auffassung, dass dieser Umstand zur Ablösung des Bodenbelags geführt habe; Unverträglichkeiten zwischen Spachtelmasse und Verlegemörtel bestünden nicht. Verantwortlich für den Mangel sei die Streithelferin, die den Bodenbelag zu früh verlegt habe. Diese habe es weiter unterlassen, den Estrich zu grundieren; auch dadurch wären eventuelle Unverträglichkeitsreaktionen vermieden worden. Die Streithelferin habe zudem einen ungeeigneten Verlegemörtel eingesetzt und diesen zu dick verlegt.

Den von dem Kläger verlangten Kostenvorschuss hält die Beklagte für deutlich überhöht. Es genüge der Austausch des Estrichs und des Bodenbelags in den von Ablösungen betroffenen Bereichen. Ein Austausch der Türrahmen sei bei einer fachgerechten Nachbesserung nicht erforderlich.

Der Kläger beantragt,

1. das angefochtene Urteil zum Zahlungsantrag teilweise zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger über den durch das angefochtene Urteil zuerkannten Kostenvorschuss in Höhe von 33.000,00 Euro nebst 4 % Zinsen ab dem 9. Mai 2003 hinaus einen weiteren Kostenvorschuss in Höhe von 64.121,76 Euro, insgesamt also 97.121,76 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 9. Mai 2003 zur Beseitigung folgenden Mangels im Erdgeschoss des Wohnhauses des Klägers in M... zu zahlen:

Entfernung und Neuverlegung des gesamten Natursteinbodens einschließlich der Sanierung des Estrichs;

2. hilfsweise:

das angefochtene Urteil zum Zahlungsantrag teilweise zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen weiteren Kostenvorschuss in Höhe von 65.316,00 Euro sowie einen Erstattungsanspruch wegen bereits durchgeführter Mängelbeseitigung in der Diele in Höhe von 8.171,35 Euro, insgesamt also 106.487,81 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 9. Mai 2003 zur Beseitigung folgenden Mangels im Erdgeschoss des Wohnhauses des Klägers in M... zu zahlen:

Entfernung und Neuverlegung des gesamten Natursteinbodens einschließlich der Sanierung des Estrichs;

3. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

1. das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen;

2. hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen;

3. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Streithelferin des Klägers beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Anhörung der Sachverständigen Dr.-Ing. G... und D.... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 9. März 2006 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

II.

Die Berufungen beider Parteien sind zulässig. Die Berufung des Klägers hat in der Sache zum Teil Erfolg; diejenige der Beklagten ist hingegen unbegründet.

Der Kläger hat gemäß § 633 Abs. 3 BGB aF gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses von 63.296,16 € zwecks Beseitigung der Mängel des Natursteinbodens im gesamten Erdgeschoss seines Wohnhauses. Weiter ist festzustellen, dass die Beklagte zum Ersatz eventuellen weiteren Aufwands und Schadens aufgrund der Mängelbeseitigung verpflichtet ist. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Die Beklagte, die im Wohnhaus des Klägers den Anhydritfliessestrich verlegt und zum Ausgleich von Höhendifferenzen in Teilbereichen gespachtelt hat, hat den Mangel - das Ablösen von Granitnatursteinplatten vom Untergrund an Stellen, an denen mit Ausgleichsmasse nachgespachtelt wurde - jedenfalls mitzuvertreten. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Streithelferin, die die Granitnatursteinplatten verlegt hat, ebenfalls für den Mangel verantwortlich ist, kann dahinstehen; ist dies der Fall, so haftet die Beklagte als Gesamtschuldnerin für den Kostenvorschussanspruch.

Das Landgericht hat sich zur Begründung der Haftung der Beklagten auf die gutachterlichen Feststellungen des Sachverständigen Dr.-Ing. G... gestützt. Danach fehlt es an einem Haftkontakt zwischen der zum Ausgleich der Höhendifferenzen aufgebrachten Spachtelmasse und der Verlegemörtelschicht. Die Spachtelschicht ihrerseits haftet fest auf dem Anhydritestrich; weiter besteht ein fester Verbund zwischen Verlegemörtelschicht und Granitplatten. Verlegemörtel und Ausgleichsspachtelmasse hätten jedoch nicht nebeneinander verwandt werden dürfen. Das liegt an dem sehr hohen Sulfatgehalt der Spachtelmasse und dem hohen Anteil von Calziumcarbonat im Verlegemörtel; der Kontakt dieser chemischen Substanzen führt im Grenzbereich der Spachtelschicht zum Verlegemörtel zur Bildung einer Treibschicht. Zwischen beiden Substanzen besteht eine absolute Unverträglichkeit. Die von der Beklagten verwandte Spachtelmasse hätte zudem, weil sie bei der Verlegung von Naturwerksteinmaterialien ungeeignet ist, nicht eingesetzt werden dürfen.

Diese Auffassung hat der Sachverständige G... auch in der Folgezeit bei seinen Anhörungen durch das Landgericht und den Senat beibehalten. Er hat weiterhin die absolute Unverträglichkeit der Spachtelschicht mit dem Verlegemörtel als Schadensursache bezeichnet; eine eventuelle Restfeuchte in einer Spachtelschicht aus geeignetem Material hätte nicht zu einer Ablösung des verwendeten Verlegemörtels geführt. Seine Einschätzung wird durch das Schadensbild bestätigt. Der Bodenbelag hat sich nur dort vom Untergrund gelöst, wo die Beklagte zwecks Ausgleichs von Höhendifferenzen nachgespachtelt hat. Ansonsten gibt es keine Schäden. Der Estrich muss deshalb verlegereif gewesen sein. Feuchtigkeit war lediglich in der zum Ausgleich aufgebrachten Spachtelmasse vorhanden. Davon ist auch der Sachverständige G... ausgegangen; er hat ausdrücklich festgestellt, dass der Verlegemörtel zu früh auf die Spachtelschicht aufgebracht worden ist. Jedoch war dies nach seiner Auffassung nicht schadensursächlich. Dazu hat er sich insbesondere auf einen Vergleich der drei Prüfstellen gestützt. Bei allen Prüfstellen fand sich eine glatte Trennung zwischen der Spachtelschicht und dem Verlegemörtel. Eine Prüfstelle wies keine Ablagerungen weißer Bestandteile (sog. Ettringit) auf, eine weitere Prüfstelle zeigte Anlagerungen weißer Bestandteile, die dritte Prüfstelle Anlagerungen weißer Bestandteile in erheblich größerem Umfang. Die Menge dieser weißlichen Anlagerungen hängt von der zur Verfügung stehenden Feuchtigkeitsmenge ab. Daraus muss geschlossen werden, dass an der ersten Prüfstelle keine Feuchtigkeit vorhanden war; dort haben sich aber Spachtelschicht und Verlegemörtel genauso getrennt wie an den beiden weiteren Prüfstellen, an denen noch Restfeuchte in unterschiedlichem Maß vorhanden gewesen sein muss. Die Restfeuchte war, wie der Vergleich der Prüfstellen zeigt, als Schadensursache unbeachtlich.

Der Sachverständige Dipl.-Ing. D... führt hingegen in den von ihm erstellten Gutachten und bei seinen Anhörungen durch das Landgericht und den Senat den Schaden auf die bei Verlegung der Granitnatursteinplatten noch zu hohe Restfeuchte im Estrich oder in der Spachtelmasse zurück. Die Schäden in den nachgespachtelten Bereichen erklärt er damit, dass die dicke Spachtelschicht die Austrocknung des Anhydritfliessestrichs behinderte. Diese Annahme begegnet deshalb Bedenken, weil dazu im Estrich generell Restfeuchte vorhanden gewesen sein müsste, die dann aber sonst - in den nicht nachgespachtelten Bereichen - nicht zu Schäden geführt hat. Die verwendete Spachtelmasse hat er für geeignet angesehen, auch wenn es andere besser in das System passende Spachtelmassen auf Gipsbasis gebe. Das Ablösen der Granitnatursteinplatten in dem Bereich, in dem die Spachtelschicht nur 5 mm dick war, erklärt er mit in der Spachtelmasse wirkenden Schwindkräften. Weiter hält er für schadensursächlich, dass Estrich und Spachtelmasse nach dem Austrocknen nicht geschliffen und grundiert worden sind.

Die Beklagte vertritt in ihrer Stellungnahme zur Beweisaufnahme des Senats nunmehr die Auffassung, die Trennung von Spachtelmasse und Verlegemörtel sei abhängig von der Dauer der Aushärtung und der Dicke der Spachtelschicht. Dies belegten die Ergebnisse der von dem Sachverständigen G... veranlassten Materialprüfungen, insbesondere diejenigen der Haftzugfestigkeitsprüfungen. Dazu bezieht sie sich auf das von ihr vorgelegte Gutachten des Prof. Dr.-Ing. R..., Institut für Bautenschutz, Baustoffe und Bauphysik, F..., vom 31. März 2006.

Auch nach dieser weiteren gutachterlichen Stellungnahme besteht eine Art von Unverträglichkeit, wie sie der Sachverständige G... allgemein als Schadensursache angenommen hat, zwischen Spachtelmasse und Verlegemörtel, allerdings begrenzt auf den Zeitraum bis zu einer ausreichenden Aushärtung und abhängig von der vorhandenen Feuchtigkeit. Für die Prüfstelle im Wohnzimmer (W 1), bei der mangels festgestellten Ettringits zum Zeitpunkt der Verlegung der Granitnatursteinplatten keine relevante Feuchtigkeit in der Spachtelmasse vorhanden gewesen sein kann, vermag diese Hypothese jedoch zur Überzeugung des Senats genauso wenig wie die Beurteilung durch den Sachverständigen D... eine Erklärung für die Ursache des Schadens zu liefern. Der Privatgutachter R... führt den Schaden hier auf die fehlende Grundierung der Oberfläche der Spachtelung zurück. Eine für alle drei Schadensstellen einheitliche Erklärung der Schadensursache vermag nur die von dem Sachverständigen G... angenommene absolute Unverträglichkeit zwischen der Spachtelmasse und dem Verlegemörtel zu geben.

Für die Entscheidung dieses Rechtsstreits kann letztlich dahinstehen, was genau die Ursache für den fehlenden Haftkontakt zwischen der zum Ausgleich der Höhendifferenzen aufgebrachten Spachtelmasse und der Verlegemörtelschicht ist; die in den Akten vorhandenen gutachterlichen Beurteilungen differieren in weiten Bereichen. Die Beklagte ist auf der Grundlage der Beurteilung des Sachverständigen G... für die eingetretenen Schäden verantwortlich, weil sie neben anderen handwerklichen Ausführungsfehlern hinsichtlich der Spachtelmasse eine falsche Materialauswahl getroffen hat. Sie haftet aber auch dann, wenn zu ihren Gunsten unterstellt wird, dass bei Verlegung der Granitnatursteinplatten zu viel Feuchtigkeit vorhanden bzw. die Spachtelschicht noch nicht ausgehärtet war, die Streithelferin also zu früh mit der Verlegung begonnen hat, wie dies der Sachverständige D... und der Privatgutachter R... im Gegensatz zum Sachverständigen G... für schadensursächlich halten. Der Einholung eines sogenannten Obergutachtens zwecks weiterer Feststellung zu der Ursache des Mangels bedarf es deshalb nicht.

Die Beklagte hat ihre Werkleistung zunächst nicht ordnungsgemäß erbracht; der Estrich wies Höhendifferenzen aus, die entweder durch Abschleifen oder durch Aufbringen einer Spachtelmasse beseitigt werden mussten. In den nachgespachtelten Bereichen sind die Schäden aufgetreten. Hätte die Beklagte ihre Werkleistung sogleich ordnungsgemäß erbracht, wäre ein Schaden nicht entstanden; der Fliesenbelag einschließlich Verlegemörtel hat sich bekanntlich nur an den drei nachgespachtelten Stellen vom Untergrund gelöst. Die Nachspachtelung war, wie der Sachverständige G... in seinem Gutachten im Einzelnen ausgeführt hat, zum Teil nicht fachgerecht. Sie hätte nur in einer Dicke von maximal 5 mm aufgebracht werden dürfen; teilweise weist sie aber größere Dicken auf. Das führt beim Schwinden des Mörtels zum Auftreten hoher Scher und Zugkräfte, die die Haftung zu den angrenzenden Baustoffen vermindern oder sogar aufheben. Zu vermeiden gewesen wäre dies nur durch die Zugabe von Quarzsand, was das Schwinden und die dabei auftretenden Kräfte reduziert hätte.

Der Beklagten ist weiter eine fehlerhafte Materialauswahl hinsichtlich der Spachtelmasse vorzuwerfen. Nachgespachtelt werden musste aufgrund der Bedenkenanmeldung der Streithelferin. Zu diesem Zeitpunkt waren die Fliesen teilweise schon verlegt worden; welche Art Fliesen mit welchem Verlegemörtel verlegt wurden, war für die Beklagte aufgrund der an Ort und Stelle gelagerten und teilweise schon verarbeiteten Materialien erkennbar. Gegebenenfalls musste sie sich erkundigen. Sie hatte dafür Sorge zu tragen, dass eine in das System passende Spachtelmasse verwendet wurde. Der Sachverständige D... und der Privatgutachter R... stimmen der Beurteilung des Sachverständigen G... in diesem Punkt zu. Dass die Verwendung der Spachtelmasse der Firma W... Probleme bereiten könnte, liegt nach den Ermittlungen des Sachverständigen G... nahe. Die Firma W... hätte der Beklagten auf Nachfrage mitgeteilt, dass sie keine Erfahrungen über die Verträglichkeit ihrer Spachtelmasse mit dem Verlegemörtel der Firma D... besaß und diesen Umstand nicht geprüft hatte.

Das von der Beklagten nunmehr vorgelegte Privatgutachten R... geht auf Seite 51 f. zutreffend davon aus, dass in Fällen der vorliegenden Art ein hoher Koordinierungsaufwand erforderlich ist und Estrich wie Fliesenleger die Arbeit des jeweils anderen Gewerks mit zu berücksichtigen haben. Es wäre deshalb Aufgabe der Beklagten gewesen, eine auf den von der Streithelferin eingesetzten Verlegemörtel abgestimmte Spachtelmasse zu verwenden; welcher Verlegemörtel eingesetzt wurde, stand zum Zeitpunkt des Nachspachtelns schon fest, Dieser Fehler betrifft deshalb die Beklagte und nicht die Streithelferin. Von einem Fachunternehmer ist nach der Einschätzung des Sachverständigen G... zu erwarten, dass ihm die Problematik der Verwendung verschiedener Baustoffe in diesem Bereich bewusst ist; von ihm muss erwartet werden, dass er gegebenenfalls durch Rückfragen bei den jeweiligen Herstellern klärt, ob bestimmte Baustoffe in das System passen oder zwischen ihnen Unverträglichkeiten bestehen, die zu Schäden führen werden oder können.

Der Sachverständige D... und der Privatgutachter R... führen den Schaden unter anderem darauf zurück, dass die Spachtelmasse nicht grundiert worden ist. Ob dies zutrifft, ist nach den Ausführungen des Sachverständigen G... bei seiner Anhörung durch den Senat schon deshalb zweifelhaft, weil es bei den hier verwandten Materialien möglicherweise eine geeignete und verträgliche Grundierung oder Haftbrücke nicht gibt. Jedoch wäre auch für eine fehlende Grundierung die Beklagte mindestens mitverantwortlich. Das Grundieren des Estrichs insgesamt hatte unstreitig die Beklagte ausgeführt. Der Sachverständige D... und das von der Beklagten vorgelegte Privatgutachten gehen ohne nähere Begründung davon aus, dass die Grundierung der Spachtelung Sache der Streithelferin gewesen wäre. Das Grundieren können aber sowohl Estrich wie Fliesenleger übernehmen; hier war es Aufgabe der Beklagten. Mindestens hätte sie im Hinblick auf ihre Hinweis und Koordinationspflichten für eine fachgerechte Grundierung durch die Streithelferin Sorge tragen müssen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil nur ihr, nicht aber der Streithelferin bekannt war, welche Spachtelmasse verwandt worden war und dass die Stärke der Spachtelschicht zum Teil deutlich über 5 mm betrug, was sich auf die Aushärtung der Spachtelschicht und den Zeitpunkt der Weiterarbeit auswirkte.

Ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen auch die Streithelferin, die die Bodenbelagsarbeiten ausgeführt hat, eine Verantwortlichkeit für den Mangel und den Schaden trifft, kann für die Entscheidung dahinstehen. Denn nach den Maßstäben der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26. Juni 2003 (BGHZ 155, 265, 267 ff.) läge dann ein Gesamtschuldverhältnis zwischen der Beklagten und der Streithelferin vor.

Dafür ist zu unterscheiden, ob die Leistungen mehrerer Unternehmer nur aufeinander aufbauen und deshalb eine Identität der übernommenen Pflichten fehlt, oder ob der Vor und der Nachunternehmer wegen eines Mangels gewährleistungspflichtig sind, der seine Ursache zumindest teilweise in beiden Gewerken hat und der wirtschaftlich sinnvoll nur auf eine einzige Weise beseitigt werden kann. Letzteres trifft hier zu. Die Beklagte trifft auch auf der Grundlage ihres Vorbringens und der Gutachten D... und R... neben der Streithelferin eine Verantwortung für den Mangel. Dieser kann nur durch eine einheitliche Sanierung von Estrich und Bodenbelag beseitigt werden. Es liegt deshalb ein Fall der gleichstufigen Verbundenheit beider Unternehmer vor; sie müssen gemeinsam und in vollem Umfang für die Beseitigung des von ihnen jeweils mitverursachten Mangels einstehen. Die Verantwortlichkeiten im einzelnen sind im Wege des Innenausgleichs zu klären.

Der voraussichtliche Sanierungsaufwand beläuft sich nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme auf 63.296,16 €.

Der Kostenvorschussanspruch erfasst ebenso wie der Aufwendungsersatzanspruch sämtliche Arbeiten, die zur vollständigen Mängelbeseitigung erforderlich sind, und zwar unabhängig davon, ob der nachbesserungspflichtige Unternehmer sie selbst oder durch andere Unternehmer ausführt; er schuldet die Wiederherstellung des vor Beginn der Nachbesserung bestehenden Zustandes. Deswegen muss er auch Schäden am sonstigen Eigentum des Bestellers beheben, die im Zuge der Nachbesserung zwangsläufig entstehen (vgl. BGH BauR 1979, 333, 334). Die Nachbesserungspflicht beschränkt sich danach nicht nur auf das eigene Gewerk der Beklagten; sie umfasst auch die Erneuerung des Fliesenbelages und die weiteren von dem Kläger genannten Maßnahmen und Kostenpositionen, soweit sie technisch erforderlich sind.

Die Nachbesserung kann sich nicht nur auf die Flächen von ca. 30 qm beschränken, in denen der Bodenbelag sich vom Untergrund gelöst hat; die Bereiche Wohnen/Essen und Diele (insgesamt 113,5 qm) müssen insgesamt saniert werden, mit Flickwerk muss sich der Kläger nicht zufrieden geben. Das hat das Landgericht (Urteil Seite 12 bis 14) auf der Grundlage der von ihm erhobenen Beweise rechts und verfahrensfehlerfrei festgestellt; die Beweisaufnahme des Senats hat dies bestätigt. Gleichartige Natursteinplatten sind nicht mehr zu beschaffen; Struktur und Farbunterschiede muss der Kläger nicht hinnehmen. Das entspräche nicht dem werkvertraglich geschuldeten Erfolg.

Die Anhörung der Sachverständigen G... und D... hat ergeben, dass zwecks Herstellung eines optisch einheitlichen Bildes auch in den weiteren Bereichen des Erdgeschosses nachgebessert werden muss; die nachzubessernde Fläche beläuft sich deshalb auf insgesamt 196,90 qm. Eine raumweise Auswechselung des Fußbodens ist wegen des Fehlens von Dehnungsfugen in den Türbereichen - die aus technischer Sicht auch nicht erforderlich waren - nicht möglich. Die fehlenden Dehnungsfugen in den Türbereichen bedeuten, dass der Granitboden nicht jeweils von einem Zimmer an den Boden des jeweils anderen Zimmers angearbeitet werden kann. Beide Sachverständigen waren deshalb der Auffassung, dass die erforderliche Nachbesserung neben den Bereichen Wohnen/Essen und Diele die Küche und die weiteren Räumlichkeiten des Erdgeschosses umfassen muss.

Zu den voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten zählt nach der übereinstimmenden Auffassung der Sachverständigen G... und D... nicht der Aufwand für den Austausch der Türrahmen. Zwar trifft es zu, dass sich die Türrahmen nicht ohne Beschädigung entfernen lassen; sie können dann nicht erneut eingebaut werden. Jedoch erfordern die Sanierungsarbeiten nicht den vorherigen Ausbau der Türrahmen; es kann unter den Holzzargen "drunter gearbeitet" werden. Weiter sind Schutzmaßnahmen zu treffen. Wird dies beachtet, so ist eine Beschädigung der Türrahmen und die Notwendigkeit von deren Erneuerung nicht zu erwarten.

Die Höhe des voraussichtlichen Sanierungsaufwandes schätzt (§ 287 ZPO) der Senat auf der Grundlage der Ermittlungen des Sachverständigen G... auf den bereits genannten Betrag von 63.296,16 €. Dieser hat in seinem Ergänzungsgutachten auf der Grundlage von 111 qm für die Bereiche Wohnen/Essen und Diele einen Betrag von ca. 33.000,00 Euro ermittelt; dieser Betrag ist für die weiteren zu sanierenden Flächen im Erdgeschoss hochzurechnen. Der Sachverständige D... hat sich nach Erläuterung der Kalkulation und der Einsatzbeträge der Auffassung des Sachverständigen G... angeschlossen. Das nunmehr von der Beklagten vorgelegte Privatgutachten geht von ähnlichen Werten aus, auch wenn die Kostenschätzung des Sachverständigen G... im Hinblick auf den Preis der Granitplatten als nahe an der Obergrenze der geschätzten Kostenspanne liegend bezeichnet wird.

Der dem Kläger zustehende angemessene und hinterher abzurechnende Kostenvorschuss beläuft sich damit für 196,9 qm auf 58.537,84 €. Hinzu kommen die Kosten für die Demontage und den Wiedereinbau der Küche mit 4.758,32 €.

Die Beklagte beruft sich nunmehr auf ein Mitverschulden des Klägers, der keinen bauplanenden und bauleitenden Architekten beschäftigt habe. Dazu stützt sie sich auf das von ihr vorgelegte Privatgutachten. Dieser Einwand geht fehl. Der Kläger hat mit der Erstellung von Estrich und Bodenbelag Fachunternehmen beauftragt, die über die dafür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen müssen. Anspruch auf die Beaufsichtigung durch einen für den Kläger als Bauherrn tätigen Architekten hat die Beklagte nicht. Angebliche Mängel des Bodenaufbaus - es soll eine Bauwerksabdichtung fehlen - sind nach allen in den Akten vorhandenen sachverständigen Beurteilungen für das Ablösen der Fliesen von der Spachtelschicht nicht von Bedeutung.

Über den Hilfsantrag des Klägers ist mangels Eintritts der von ihm genannten innerprozessualen Bedingung nicht zu entscheiden.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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