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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 21.10.2008
Aktenzeichen: Ss 355/08
Rechtsgebiete: BtMG


Vorschriften:

BtMG § 29 Abs. 5
BtMG § 31a
Bei der Ahndung einer unerlaubten Einfuhr von 4 g Marihuana zum Eigenverbrauch muss sich das Tatgericht mit der Option, nach § 29 Abs. 5 BtMG von Strafe abzusehen, in den Urteilsgründen auseinandersetzen. Eine Erörterung nur der Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung nach § 31a BtMG reicht insoweit nicht aus.
OBERLANDESGERICHT OLDENBURG Beschluss

1. Strafsenat

Ss 355/08

In dem Strafverfahren

wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg am 21. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... einstimmig zu I) nach § 349 Abs. 4 StPO und zu II) auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Beschwerdeführers gem. § 349 Abs. 2 StPO,

beschlossen:

Tenor:

I) Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 3. kleinen Strafkammer des Landgerichts Aurich vom 04.06.2008 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Aurich zurückverwiesen.

II) Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

Das Amtsgericht Leer hat den Angeklagten mit Urteil vom 03.03.2008 wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Das Landgericht Aurich hat seine Berufung mit Urteil vom 04.06.2008 als unbegründet verworfen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision.

Das Rechtsmittel des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.

Hinsichtlich des Schuldspruchs bleibt die Revision ohne Erfolg. Die aufgrund der nur allgemein erhobenen Sachrüge gebotene Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 BtMG). Insoweit erweist sich das Rechtsmittel des Angeklagten als offensichtlich unbegründet im Sinn des § 349 Abs. 2 StPO.

Der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils hält indes der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen war aufzuheben, weil das Urteil nicht erkennen lässt, dass das Landgericht die Anwendbarkeit von § 29 Abs. 5 BtMG gesehen und erwogen hat. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte zum Zwecke des Eigenkonsums 4 g Marihuana nach Deutschland eingeführt, wo es anschließend sichergestellt wurde. Ohne Wirkstoffuntersuchung ist bei dieser unter 6 g liegenden Gewichtsmenge von einer geringen Menge im Sinn der §§ 29 Abs. 5, 31 a BtMG auszugehen. Diesen Sachverhalt hat das Landgericht erkannt und auf die im Ermessen der Staatsanwaltschaft liegende Einstellungsmöglichkeit nach § 31 a BtMG hingewiesen. Angesichts der vorliegenden Sachlage hätte das Landgericht aber die Anwendung von § 29 Abs. 5 BtMG - Absehen von einer Bestrafung durch das Gericht - im Urteil erörtern müssen, was nicht geschehen ist. Da nicht auszuschließen ist, dass das Landgericht die Vorschrift des § 29 Abs. 5 BtMG übersehen hat, kann der Senat auch nicht ausschließen, dass das Urteil im Strafausspruch auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung beruht.

Die Sache war daher zur erneuten Entscheidung über die Rechtsfolgen der Tat sowie über die Kosten der Revision an das Landgericht zurückzuverweisen.

Hinsichtlich der nach Zurückverweisung zu treffenden Entscheidung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass bei der hier vorliegenden Fallgestaltung das Übermaßverbot (vgl. BVerfG NJW 1994, 1577, 1582) in besonderem Maße zu beachten ist und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht nur bei der Strafzumessung im engeren Sinne, sondern insbesondere auch bei der Frage der Unerlässlichkeit einer kurzen Freiheitsstrafe nach der Ausnahmevorschrift des § 47 StGB maßgeblich zu berücksichtigen ist (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 5 Absehen von Strafe 1 (Gründe). Hanseatisches OLG StV 2007, 305. OLG Karlsruhe StV 2003, 622).

Ende der Entscheidung

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