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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 26.04.2001
Aktenzeichen: 1 U 117/98
Rechtsgebiete: BGB, KV M-V, GmbHG, ZPO, GesO


Vorschriften:

BGB § 254
BGB § 765 Abs. 1
BGB § 151
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 164 Abs. 3
BGB § 31
BGB § 89
BGB § 184 Abs. 1
BGB § 183 Satz 1
BGB § 182 Abs. 2
KV M-V § 58 Abs. 1 Satz 1
KV M-V § 58 Abs. 3 Satz 1
KV M-V § 58 Abs. 3
KV M-V § 58 Abs. 1
KV M-V § 38 Abs. 6
GmbHG § 51 a
ZPO § 138 Abs. 4
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
GesO § 17 Abs. 3 Nr. 4
1. Behauptet der Bürgermeister einer Gemeinde, die sich für die Rückzahlung eines Darlehens für ein Ferienpark-Projekt verbürgt hat, im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Bürgschaftsvertrages gegenüber dem Darlehensgläubiger zu Unrecht, dass die erforderliche Zustimmung der Kommunalaufsicht vorliege, haftet die Gemeinde in Höhe der Bürgschaftssumme wegen Verschuldens bei Vertragsschluss.

2. Ein Verschulden bei Vertragschluss liegt auch dann vor, wenn die fragliche Behauptung in einem Telefongespräch gegenüber Vertretern des Gläubigers aufgestellt wurde und ungeklärt ist, ob der Bürgermeister selbst oder ein Dritter in Gegenwart des Bürgermeisters die Äußerungen gemacht hat.

3. Wer für die unrichtige Behauptung, die Zustimmung der Kommunalaufsicht liege vor, einstehen muss, kann dem Adressaten nicht den Vorwurf eines Mitverschuldens gemäß § 254 BGB machen und ihm entgegenhalten, er hätte sich selbst über das Vorliegen der kommunalaufsichtlichen Genehmigung informieren müssen.


Az.: 1 U 117/98

laut Protokoll verkündet am: 26.04.2001

Urteil Im Namen des Volkes

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock auf die mündliche Verhandlung vom 21.12.2000 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hillmann, den Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Singer und den Richter am Landgericht Mack-Oberth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Neubrandenburg vom 22. April 1998 - Az.: 6 O 6/98 - geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 600.000,- DM nebst 4 % Zinsen aus 61.000,- DM für die Zeit vom 20. 01. 1998 bis 16.08.2000 und aus 600.000,- DM seit 17.08.2000 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert die Beklagte im Werte von 600.000,- DM.

Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 710.000,- DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die beklagte Gemeinde aufgrund eines Bürgschaftsvertrages in Anspruch.

Die Beklagte war Hauptgesellschafterin der Gemeinschuldnerin, der früheren Ferienpark G GmbH. Gegenstand dieses Unternehmens waren die wirtschaftliche Entwicklung und der Betrieb einer Ferien- und Freizeitanlage. Der Kläger war bereit, zur Überbrückung von Liquiditätsproblemen der Gemeinschuldnerin ein Darlehen in Höhe von 600.000,- DM zu gewähren, verlangte aber die Absicherung des Darlehens durch eine Bürgschaft der Beklagten.

In einer auf den 08. Dezember 1994 datierten Darlehensvereinbarung (Bl. 275 - 277 d. A.) verpflichtete sich der Kläger gegenüber der Gemeinschuldnerin, dieser am 15. Dezember 1994 ein Darlehen in Höhe von DM 600.000,- zur Verfügung zu stellen. Die Rückzahlung des Darlehens sollte am 1. Juli 1995 erfolgen. Zinsen in Höhe von 8 % p. A. waren am 30. Juni 1995 fällig. § 5 des Darlehensvertrages bestimmte, dass zur Sicherung der Ansprüche des Klägers eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft der Beklagten dienen sollte.

Ebenfalls unter dem Datum des 08. Dezember 1994 verbürgte sich die Beklagte in einer an den Kläger adressierten Erklärung (Bl. 274 d. A.) selbstschuldnerisch und unwiderruflich bis zum Höchstbetrag von 600.000,- DM nebst Zinsen und Kosten für die Ansprüche des Klägers gegen die Gemeinschuldnerin aus dem Darlehensvertrag vom 08. Dezember 1994. Das Bürgschaftsversprechen wurde vom Bürgermeister der Beklagten S und seinem Stellvertreter Dr. A unterzeichnet. Streitig ist, zu welchem Zeitpunkt die Erklärung unterzeichnet und an den Kläger bzw. dessen Vertreter übermittelt wurde.

Am 8. Dezember 1994 fand eine Hauptausschusssitzung der Beklagten statt, auf der gemäß TOP 1 der Tagesordnung über die Bürgschaft der Gemeinde für die Gemeinschuldnerin beschlossen werden sollte. Laut Sitzungsprotokoll, (Bl. 9 d. A.) waren folgende Personen anwesend: die Herren Dr. R. A, Sch und - "als Gast" - Herr Schr. Entschuldigt war Frau H. Zu TOP 1 wird im Protokoll wörtlich ausgeführt:

"Die Gemeinde G übernimmt für die Ferienpark GmbH eine Bürgschaft in Höhe von 600.000,- DM. Die Zustimmung der Kommunalaufsicht liegt vor. Beschluss: 3 dafür 0 dagegen 0 enthalten".

Das Protokoll schließt nach der Beschlussfassung über TOP 1 - 3 mit dem Hinweis, dass die Beschlüsse auf der nächsten Gemeindevertretersitzung auf die Tagesordnung gesetzt werden sollen. Dann folgt die Unterschrift des Bürgermeisters S als "Protokollant".

Die Gemeindevertretung der Beklagten hat auf ihrer Sitzung vom 06. 04. 1995 die auf der Hauptausschusssitzung vom 08. 12. 1994 gefassten Beschlüsse bestätigt (Kopie Bl. 34 d. A.). Laut Sitzungsniederschrift waren von 9 Mitgliedern 8 anwesend. 5 Gemeindevertreter haben dafür gestimmt, keiner dagegen, 3 haben sich der Stimme enthalten. Mit Schreiben vom 01. 03. 1996 lehnte der Landrat den Antrag der Gemeinde vom 28. 06. 1995 (Telekopie Bl. 124 d. A.) auf Erteilung der Genehmigung zur Übernahme der streitgegenständlichen Bürgschaft ab (Bl. 35/36 d. A.).

Das Darlehen wurde von der Gemeinschuldnerin nicht zurückerstattet. Durch Beschluss des Amtsgerichts N wurde über das Vermögen der Ferienpark GmbH am 22. 06. 1998 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet (Bl. 103 d. A).

Der Kläger hat behauptet, bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Darlehens und vor dessen Auszahlung habe die Zustimmung der Kommunalaufsicht vorgelegen. Sowohl der Bürgermeister persönlich als auch der frühere Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin, der Zeuge Schr hätten ihm - dem Kläger - gegenüber versichert, dass die Zustimmung der Kommunalaufsicht zur Übernahme der Bürgschaft vorliege. Dies ergebe sich auch aus dem Protokoll der Hauptausschusssitzung der Beklagten vom 08. Dezember 1994. Hilfsweise hat der Kläger Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht und diese darauf gestützt, dass die damaligen Repräsentanten der Beklagten wegen arglistiger Täuschung und Verschuldens bei Vertragsschluss haften würden, wenn die ihm - dem Kläger gegenüber - aufgestellte Behauptung, dass die Zustimmung der Kommunalaufsicht vorgelegen habe, nicht der Wahrheit entsprochen habe. Sein Schaden bestehe darin, dass er ohne werthaltige Sicherheit nicht bereit gewesen wäre, der Gemeinschuldnerin ein Darlehen zu gewähren. Im Gesamtvollstreckungsverfahren der Gemeinschuldnerin sei mit einer Quote für die Gläubiger nicht zu rechnen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die vom Kläger eingelegte Berufung hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe:

Die fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers ist begründet.

Die Berufungsschrift ist rechtzeitig bei Gericht eingegangen. Es ist allgemein anerkannt, dass die Berufungsschrift fristwahrend per Telefax bei Gericht eingereicht werden kann (Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl. 2001, § 518 Rn. 18 a m.w.N.).

In der Sache haftet die Beklagte dem Kläger aufgrund des Bürgschaftsvertrages vom 08. 12. 1994.

I. Zwischen dem Kläger und der Beklagten ist ein Bürgschaftsvertrag gemäß § 765 Abs. 1 BGB zustande gekommen. Das schriftliche Bürgschaftsversprechen der Beklagten wurde vom Kläger gemäß § 151 BGB angenommen, ohne dass die Annahmeerklärung der Beklagten zugehen musste. Die erforderliche Manifestation des Annahmewillens kam bereits darin zum Ausdruck, dass der Bürgschaftsgläubiger die ihm ausgehändigte Urkunde behielt (BGH NJW 2000, 1563). Der Kläger hatte das Original der Bürgschaftsurkunde in seinem Besitz und reichte dieses mit Schriftsatz vom 08. 12. 2000 zu den Gerichtsakten (Bl. 274 d. A.).

1. Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 KV M-V bedarf der Bürgschaftsvertrag der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde. Bei dem Genehmigungserfordernis des § 58 Abs. 3 KV M-V handelt es sich um ein Wirksamkeitserfordernis des Bürgschaftsvertrages. Ein Bürgschaftsvertrag, der ohne Erteilung der Genehmigung abgeschlossen wurde, ist bis zur Erteilung der Genehmigung schwebend unwirksam und nach deren Verweigerung endgültig unwirksam. Dies hat der BGH in einem Grundsatzurteil aus dem Jahre 1999, dem zu folgen ist, nochmals ausdrücklich klargestellt (NJW 1999, 3335, 3337 f.). Eine solche Genehmigung im Sinne einer nachträglichen Zustimmung (§ 184 Abs. 1 BGB) wurde unstreitig nicht erteilt. Der zuständige Landrat hat vielmehr mit Bescheid vom 01.03.1996 die Genehmigung endgültig verweigert.

2. Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die Zustimmung des Landrats bereits vor Abschluss des Bürgschaftsvertrages vorgelegen hat. Eine vorherige Zustimmung des Landrats würde zwar für die Wirksamkeit des Bürgschaftsvertrages genügen (vgl. dazu II. 4 a der Urteilsgründe). Aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnte sich der Senat nicht die erforderliche Überzeugung davon verschaffen, dass der Landrat - wie der Kläger behauptet - eine solche vorherige Zustimmung tatsächlich erteilt hat.

Der Zeuge Schr hat bei seiner Vernehmung zwar ausgesagt, dass vor der Hauptausschusssitzung vom 08. 12. 1994 ein Gespräch beim Landrat stattgefunden habe und dieser eine mündliche Zustimmung erteilt habe (Bl. 190 d. A.). Dieser Aussage steht jedoch die Aussage des Landrates entgegen, der eine solche Zustimmung ausgeschlossen hat (Bl. 281 d. A.). Es gibt keinen Grund, die Glaubwürdigkeit des Zeugen Schr höher einzuschätzen, als die des Zeugen K. Der Zeuge Schr hat auch keine genauen Angaben darüber machen können, wie die mündliche Zustimmung des Landrats gelautet habe. Es ist daher nicht nachzuvollziehen, ob der Eindruck des Zeugen, die Zustimmung des Landrates habe vorgelegen, aufgrund objektiver Tatsachen gerechtfertigt war. Auf der anderen Seite hat der Landrat plausibel erläutern können, warum nach seiner Erinnerung die Möglichkeit einer mündlichen Zustimmung ausgeschlossen sei. Auf die Frage, aus welchem Grunde er sich so sicher sei, dass er keine vorherige Zustimmung erteilt habe, hat der Zeuge erklärt: "So etwas tut man einfach nicht. Dieser Fall hat im Übrigen eine absolute Einmaligkeit" (Bl. 284 d. A.). Angesichts der Bedeutung der Angelegenheit erschiene es in der Tat ungewöhnlich, wenn eine solche Zustimmung allein aufgrund mündlicher Vorsprache der Beteiligten und ohne vorherige Sachprüfung spontan erteilt worden wäre. Möglicherweise beruht die Annahme des Zeugen Schr die Zustimmung sei erteilt worden, darauf, dass der Landrat - wie dieser bestätigte - dem geplanten Ferienparkprojekt seine grundsätzliche Unterstützung zusagte. Darin könnte jedoch nicht eine hinreichend konkrete Zustimmung zu der Bürgschaft als Rechtsgeschäft gesehen werden.

Aus dem Vermerk in dem Protokoll der Hauptausschusssitzung der Beklagten vom 08. 12. 1994 unter TOP 1 "Die Zustimmung der Kommunalaufsicht liegt vor", kann der Kläger nicht die Erteilung der gemäß § 58 Abs. 3 KV M-V ableiten. Daraus folgt nur, dass die Gemeinde selbst von einer Zustimmung der Kommunalaufsicht ausging, nicht aber, dass diese tatsächlich erteilt wurde. Die Beklagte hat in ihrer Berufungserwiderung (Bl. 118 d. A.) plausibel dargelegt, wie es zu dieser - nach ihrer Ansicht - unrichtigen Protokollnotiz gekommen sein könnte. Danach habe der Landrat nicht gegenüber der Gemeinde, sondern gegenüber dem Zeugen Schr erklärt, dass er seine Zustimmung zur Bürgschaft erteilen werde. Die Mitglieder des Ausschusses hätten dies für "bare Münze" genommen. Dieser mögliche Geschehensablauf wird durch die durchgeführte Beweisaufnahme nicht widerlegt. Der Landrat hat seinerseits plausibel dargelegt, dass er keine Zustimmung zu der Bürgschaft erteilt hat. Dem entspricht, dass in seinem Bescheid vom 01. 03. 1996, durch den die beantragte Genehmigung für die Bürgschaft versagt wurde, nicht von einer früher erteilten Zustimmung die Rede ist. Auch nach der Würdigung der übrigen Zeugenaussagen erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass die Protokollnotiz Folge eines - womöglich durch den Zeugen Schr hervorgerufenen oder verstärkten - Missverständnisses seitens der Gemeindeorgane war. Der Zeuge Schr hat bei seiner Vernehmung als Zeuge denn auch eingeräumt, dass er im Rahmen der Sitzung vom 08. 12. 1994 darauf hingewiesen habe, der Landrat habe der Bürgschaftsübernahme zugestimmt (Bl. 16 d. A.).

Aus dem gleichen Grunde ergibt sich aus dem Gespräch in Oldenburg im Mai 1995 zwischen dem Zeugen G einerseits und den Herren S und Schr andererseits kein zwingender Beweis für diese angebliche Zustimmung. Auch wenn man die Schilderung des Zeugen G als richtig unterstellt, ist nicht auszuschließen, dass die Wahrnehmung des Bürgermeisters S und des Zeugen Schr auf dem gleichen Missverständnis beruhte wie die Protokollnotiz über die Hauptausschusssitzung.

Bleiben bei einem zustimmungs- oder genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäft Zweifel, ob die Zustimmung oder Genehmigung erteilt wurde, trägt nach allgemeinen Grundsätzen derjenige die Behauptungs- und Beweislast, der sich auf die Wirksamkeit des Vertrages beruft (Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast, Bd. 1, 2. Aufl. 1991, zu den §§ 108 und 177 BGB jeweils Rn. 1). Im Falle einer non liquet trägt also der Kläger die Folgen der Nichterweislichkeit seiner Behauptungen.

II. Gleichwohl haftet die Beklagte wegen Verschulden bei Vertragsschluss, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen ist, dass der Bürgermeister im Zusammenwirken mit dem Zeugen Schr gegenüber dem Kläger den unrichtigen Eindruck hervorgerufen hat, die Zustimmung der Kommunalaufsicht liege vor.

Im Stadium der Vertragsanbahnung schulden die Partner des in Aussicht genommenen Rechtsgeschäfts gegenseitige Rücksichtnahme, Fürsorge und Loyalität. Dazu gehört insbesondere, dass bei dem Partner keine falschen Vorstellungen über Wirksamkeitshindernisse wie z. B. die Genehmigung eines Vertrages (BGHZ 18, 248, 252; BGH NJW 1986, 2939, 2940; Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl. 2001, § 276 Rn. 73 und 77) hervorgerufen werden. Eine solche - fahrlässige - Täuschung über die Wirksamkeit des Bürgschaftsvertrages ist der Beklagten im vorliegenden Fall zuzurechnen.

1. Aufgrund der Aussagen der Zeugen H, Schr und G ist der Senat davon überzeugt, dass es nach der Sitzung des Hauptausschusses am 08. 12. 1994 oder jedenfalls am 09. 12. 1994 ein Telefongespräch gab, an dem auf der einen Seite die Zeugen H und G und auf der anderen Seite der Zeuge Schr und Bürgermeister S teilnahmen. In diesem Telefongespräch wurde dann jedenfalls von dem Zeugen Schr in Gegenwart des Bürgermeisters S die Behauptung aufgestellt, dass der Hauptausschuss der Bürgschaftserteilung zugestimmt habe und die Zustimmung des Landrates vorliege. Die Zeugen waren sich zwar nicht mehr sicher, ob die Erklärung vom Zeugen Schr oder vom Bürgermeister der Beklagten, Herrn S, stamme. Aber ihre Bekundungen stimmten darin überein, dass in dem Fall, in dem die Erklärung vom Zeugen Schr abgegeben wurde, dies jedenfalls in Gegenwart des Bürgermeisters geschehen sei.

Den Bekundungen der Zeugen H, Schr und G steht zwar die gegenteilige Aussage des Bürgermeisters S entgegen. Der Senat hat sich jedoch in der mündlichen Verhandlung am 17. 08. 2000 nicht von der Glaubwürdigkeit des Bürgermeisters überzeugen können. Im Gegensatz zu den anderen Zeugen hat sich Herr S häufig erst nach längerem Zögern zu einer Antwort bereit gefunden. Er wirkte dabei sehr angespannt und musste auf Vorhalt mehrfach seine Aussage korrigieren oder modifizieren. So hat er für die im Protokoll über die Hauptausschusssitzung vom 08. 12. 1994 enthaltene, von ihm als Protokollant aufgenommene Aussage "Die Zustimmung der Kommunalaufsicht liegt vor" zunächst keine plausible Erklärung geben können. Bei seiner ersten Vernehmung hat Herr S die Auffassung vertreten, dass das Protokoll die damaligen Erörterungen nicht richtig wiedergebe. Auf Vorhalt hat er dann allerdings eingeräumt, "dass Herr Schr sinngemäß erklärte, dass der Landrat der Bürgschaft zugestimmt habe oder dass er der Bürgschaft zustimmen werde" (Bl. 179 d. A.). Wenn Letzteres zuträfe, wofür das übrige Ergebnis der Beweisaufnahme spricht, hätte der Zeuge zunächst nicht aussagen dürfen, dass die Protokollnotiz die damaligen Erörterungen nicht richtig wiedergebe.

Auch die Aussage des Bürgermeisters, dass die Bürgschaftsklärung wesentlich später nach der Hauptausschusssitzung erstellt und von ihm unterzeichnet worden sei, hält der Senat nicht für glaubhaft. Herr S hat zunächst bestätigt, dass das Bürgschaftsschreiben von ihm und seinem Stellvertreter Dr. A unterzeichnet worden sei, und dann ausgeführt: "Das geschah nach meiner Erinnerung etwa 8-10 Tage nach dem 08. 12. 1994". Auf Vorhalt hat Herr S seine Aussage dahingehend berichtigt, dass er möglicherweise einem Irrtum unterlegen sei und eingeräumt, dass möglicherweise der Text der Bürgschaftserklärung bereits am 08. 12. 1994 vorgelegen habe. Seine weiterhin aufrechterhaltene Behauptung, dass er die Urkunde nicht im unmittelbaren Anschluss an die Ausschusssitzung unterschrieben habe, wird jedoch durch die Ergebnisse der Beweisaufnahme widerlegt. Seine Aussage steht in Widerspruch zu der Aussage des damaligen stellvertretenden Bürgermeisters Dr. A. Dieser hat angegeben, er wisse ganz genau, dass er noch am gleichen Tage die vorbereitete Bürgschaftserklärung unterzeichnet und dem Bürgermeister S zurückgegeben habe. Dass die Bürgschaftserklärung bereits am 09. 12. 1994 von beiden Vertretern der Gemeinde unterzeichnet worden ist, belegt darüber hinaus die von dem Kläger im zweiten Rechtszug vorgelegte Telekopie, die von der Gemeinschuldnerin am 09. 12. 1994 dem Zeugen H zugeleitet wurde und eine unter dem Datum des 08. 12. 1994 ausgestellte und vom Bürgermeister S und dem Zeugen Dr. A unterschriebene Bürgschaftserklärung der Beklagten enthält. Zwar rügt die Beklagte, dass bei diesem Exemplar des Bürgschaftsvertrages das Datum des Darlehensvertrages fehle und bestreitet, dass diese Urkunde den Geschäftsbereich der Beklagten verlassen habe, aber Einwände gegen die Authentizität der Unterschriften hat sie nicht erhoben. Damit steht aber fest, dass der Bürgermeister S entgegen seinen Angaben spätestens am 09. 12. 1994 ein Exemplar der streitgegenständlichen Bürgschaftserklärung unterschrieben hat.

Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Herrn S ergeben sich schließlich daraus, dass er auf Frage des Klägervertreters, "ob er am 08. 12. 1994 geglaubt habe, dass die Zustimmung des Landrates für die Bürgschaftsübernahme vorliege", mit "nein" geantwortet hat. Da er selbst als Protokollant für den Inhalt des Protokolls verantwortlich war, erscheint es wenig überzeugend, dass er - wie bekundet - "wider besseren Wissens" diesen Satz in das Protokoll eingefügt haben will, "etwa in der Vorstellung, es werde alles schon gut gehen" (so die Aussage Bl. 181 d. A.). Später hat Herr S diese Aussage der Sache nach revidiert, da er - wie ausgeführt - auf Vorhalt eingeräumt hat, dass der Zeuge Schr auf der Sitzung von der Zustimmung des Landrates berichtet habe.

Der von den Zeugen H, Schr und G geschilderte Ablauf des Telefongesprächs am 08. oder 09. 12. 1994 wird nachdrücklich untermauert durch die Protokollnotiz über die Hauptausschusssitzung vom 08. 12. 1994. Das Protokoll wurde vom Bürgermeister S als Protokollant erstellt und enthält die ausdrückliche Feststellung: "Die Zustimmung der Kommunalaufsicht liegt vor". Es liegt nahe, dass dieses im Protokoll festgehaltene Ergebnis auch dem Kläger oder dessen Vertretern als dem zur Kreditgewährung bereiten, aber auf Sicherheit bedachten Geldgeber alsbald mitgeteilt wurde. Eine Ablichtung des Protokolls befand sich auch im Besitz des Klägers (Bl. 9 d. A.). Damit ist zugleich der Behauptung der Beklagten, bei dem Protokoll habe es sich um eine interne Angelegenheit der Gemeinde gehandelt, der Boden entzogen. Es ist kein Grund ersichtlich und wurde von der Beklagten auch nicht vorgetragen, wieso ein für den Vertragspartner so wichtiger Umstand wie die Zustimmung der Rechtsaufsicht lediglich bei der internen Beratung des Hauptausschusses eine Rolle gespielt haben soll. Für den Bürgschaftsgläubiger war die Auskunft über die Haltung des Landrates von ungleich größerer Bedeutung als für die Vertreter der Gemeinde, die im Falle der Versagung der Genehmigung nichts verlieren würde. Die gegenteilige Aussage des Bürgermeisters S, dass zwischen ihm auf der einen Seite und dem Kläger und Herrn Rechtsanwalt H auf der anderen Seite weder vor, noch während, noch nach der Hauptausschusssitzung ein Gespräch über die Bürgschaftsangelegenheit geführt worden sein soll, ist nach Überzeugung des Senats nicht glaubhaft. Angesichts der Wichtigkeit und Dringlichkeit der Bürgschaft für die Kapitalzufuhr an die Gemeinschuldnerin liegt es vielmehr nahe, dass der Kläger unmittelbar nach der Hauptausschusssitzung über deren Ergebnis informiert wurde.

Kein durchschlagender Einwand kann in diesem Zusammenhang daraus abgeleitet werden, dass es nach der Bekundung des Zeugen Schr im Büro des Bürgermeisters keine elektronische Nebenstelleneinrichtung gegeben habe. Es ist nicht auszuschließen, dass das Telefonat in den Geschäftsräumen der Initiative für Beschäftigung bzw. des Regionalwerkes O geführt wurde, das der Bürgermeister ebenfalls als Büro benutzt hat. Ob es dort eine Mithör- und/oder Freisprechanlage gegeben hat, konnte der Zeuge nicht mit Sicherheit sagen. Im Übrigen würde der Bürgermeister auch dann gegenüber den Zeugen H und G den Eindruck hervorgerufen haben, er stehe hinter den Aussagen des Zeugen Schr, wenn auf seiner Seite keine Mithöreinrichtung bestanden hätte. In diesem Fall hätte er zwar möglicherweise nicht alles verstanden, was die Zeugen H und G gegenüber dem Zeugen Sehr sagten, aber er hätte sehr wohl verstanden, was der Zeuge Schr über die Hauptausschusssitzung berichtete.

2. Geht man von diesem Geschehensablauf aus, wonach der Zeuge Schr in Gegenwart des Bürgermeisters gegenüber den Zeugen G und H behauptet habe, dass die Zustimmung des Landrates zur Kommunalaufsicht vorliege, muss die Beklagte für das dadurch auch von ihrem Vertretungsorgan hervorgerufene Vertrauen auf die Zustimmung der Kommunalaufsicht einstehen. Die Äußerungen des Zeugen Schr sind nicht nur diesem und der von ihm vertretenen Gemeinschuldnerin, sondern auch der Beklagten zuzurechnen. Aus der gemäß §§ 133, 157 BGB maßgebenden Empfängerperspektive durften die Adressaten davon ausgehen, dass der Zeuge Schr und der Bürgermeister der Beklagten die gemeinsame Verantwortung für die aufgestellten Tatsachenbehauptungen tragen, gleichgültig welche Person diese aufstellt. Dafür spricht zum einen, dass die Beklagte es dem Zeugen Schr nicht alleine überlassen hat, über das Ergebnis der Sitzung zu informieren. Die Gemeinschuldnerin und die Beklagte als ihre Hauptgesellschafterin hatten beide das gleiche Interesse am Zustandekommen des Kreditgeschäfts. Die fragliche Information über die angebliche Zustimmung des Landrates zur Bürgschaftsübernahme betraf die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts der Beklagten. Für diese Gültigkeit trifft die Beklagte nach den Grundsätzen des BGH-Urteils vom 10. 6. 1999 eine eigene rechtliche Verantwortung (NJW 1999, 3335, 3338 f.). Dementsprechend wurde der Vermerk über die Zustimmung der Kommunalaufsicht auch in das Protokoll der Hauptausschusssitzung der Beklagten aufgenommen. Wenn in dieser Situation der Zeuge Schr Erklärungen abgibt, aus denen sich die Wirksamkeit des von der Beklagten erteilten Bürgschaftsversprechens ergibt, und der Bürgermeister als Vertreter der Beklagten nicht dagegen einschreitet, so entsteht für den Erklärungsempfänger der Eindruck, dass der Bürgermeister die Angaben seines "Mitstreiters" billige und dulde. Ob die Beklagte wegen dieses Tatbeitrags ihres Vertretungsorgans als "Mittäterin" oder aufgrund eigener Rechtspflichten für das Zustandekommen eines gültigen Bürgschaftsvertrages zur Verantwortung gezogen wird, kann im Ergebnis dahinstehen, da die Erklärung des Zeugen Schr unter beiden Gesichtspunkten der Beklagten zuzurechnen ist.

Dabei kann es die Beklagte nicht entlasten, dass die Gemeindevertreter die Äußerungen des Zeugen Schr selbst für "bare Münze" genommen haben. Wer sich Behauptungen einer für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten oder behördlichen Mitteilungen nicht zuständigen Person ohne vorherige Überprüfung zu Eigen macht, verletzt gegenüber dem Adressaten der Mitteilung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Grundsatz, dass sich der Auskunftsempfänger auf die Richtigkeit einer ihm erteilten Auskunft verlassen darf (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, § 254 Rn. 19; vgl. auch unter II 5 c der Entscheidungsgründe), schützt diesen nur im Verhältnis zum Auskunftsgeber, nicht aber im Verhältnis zu Dritten, an die er seinerseits die Auskunft ungeprüft weitergibt. Entsprechendes gilt, wenn - wie hier - die unrichtige Auskunft nicht selbst weitergeleitet, sondern bloß der Eindruck hervorgerufen wird, als stünde man hinter ihr.

Unerheblich ist, ob die Vertretungsorgane der Beklagten wussten, dass die Zeugen H und G als Vertreter des Klägers aufgetreten sind. Aufgrund der Wichtigkeit der Informationen für den Kläger als Bürgschaftsgläubiger und Kreditgeber musste dem Bürgermeister der Beklagten klar sein, dass der Inhalt des Telefonats und dessen Umstände nicht im Bereich der späteren Gemeinschuldnerin bleiben, sondern an den Kläger weitergegeben würden. Selbst wenn der Bürgermeister geglaubt hat, die betreffenden Informationen seien von den Zeugen H und G als Vertreter der Gemeinschuldnerin entgegengenommen worden, hätte dieser damit rechnen müssen, dass diese Informationen an den in der Sache interessierten Kläger weitergeleitet würden. Davon abgesehen war dem Vertretungsorgan der Beklagten durchaus klar, dass der Zeuge H jedenfalls auch für den Kläger tätig war. Der Kläger hat von Anfang an behauptet und unter Beweis gestellt, dass der Zeuge H in die Verhandlungen und Gespräche über die Darlehens- und Bürgschaftsangelegenheit involviert gewesen sei. Der Zeuge H hat dies bei seiner Vernehmung bestätigt. Darüber hinaus hat der Bürgermeister S in seiner Zeugenvernehmung angegeben, dass der Zeuge Schr den Bürgschaftstext für die Hauptausschusssitzung vom Zeugen H erhalten habe. Wenn der Zeuge H aber vom Vertretungsorgan der Beklagten als autorisiert angesehen wurde, für den Kläger den Text der Bürgschaftsurkunde zu entwerfen, dann war dieser auch gemäß § 164 Abs. 3 BGB als bevollmächtigt anzusehen, Informationen über die Bürgschaftsangelegenheit für den Kläger entgegenzunehmen und an ihn weiterzuleiten.

3. Der vom Landgericht N eingenommene Rechtsstandpunkt, dass die Beklagte gemäß §§ 31, 89 BGB bzw. nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo nicht hafte, weil andernfalls die Vorschriften über die beschränkte Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters umgangen würden (Bl. 65 d. A.), ist zwischenzeitlich durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. 6. 1999 (NJW 1999, 3335, 3338; vgl. dazu Singer, JZ 2000, 153, 154 unter II 1) überholt. Zu Recht stellt der BGH in diesem Urteil fest, dass Kompetenzregelungen die Körperschaft nicht von der Haftung für Verstöße gegen die vorvertragliche Verhaltensordnung befreien. Für die Verletzung von Sorgfaltspflichten aus Sonderrechtsbeziehungen wie dem Verschulden bei Vertragsschluss muß die Gemeinde daher einstehen (vgl. auch schon BGH NJW 1986, 2939, 2940 unter II 2 b aa). Anders als in dem Urteil des BGH vom 10. 06. 1999 geht es hier auch nicht um die Verletzung einer Pflicht, den Geschäftspartner über besondere Genehmigungserfordernisse aufzuklären, sondern um die Mithaftung für falsche Angaben über die Erteilung einer solchen Genehmigung. Der Beklagten nützt es also nichts, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet hat, dass ihm das Genehmigungserfordernis gemäß § 58 Abs. 3 KV M-V unbekannt gewesen sei.

4. Der Kläger durfte auch darauf vertrauen, dass er durch die Zustimmung des Landrates gesichert sein würde.

a) Dabei ist unschädlich, dass § 58 Abs. 3 KV M-V nicht von einer Zustimmung, sondern von einer Genehmigung der betreffenden Rechtsgeschäfte spricht. Nach der Terminologie des Bürgerlichen Rechts würde damit gemäß § 184 Abs. 1 BGB zwar lediglich eine nachträgliche Zustimmung bezeichnet. Indessen ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber einer vorherigen Zustimmung (sog. Einwilligung, vgl. § 183 Satz 1 BGB) keine Wirksamkeit beimessen wollte. Denn der Zweck des § 58 Abs. 1 und 3 KV M-V, gefährliche Rechtsgeschäfte der Gemeinden einer Kontrolle zu unterziehen, ist im einen wie im anderen Fall erfüllt. Im kommunalverfassungsrechtlichen Schrifttum wird der nicht einheitlichen Terminologie der Genehmigungsvorbehalte im Übrigen keine besondere Bedeutung beigemessen. Die Genehmigungsvorbehalte entsprächen einer weit zurückreichenden Übung des Gesetzgebers und dürften nicht beim Wort genommen werden (vgl. Humpert, Genehmigungsvorbehalte im Kommunalverfassungsrecht 1990, S. 7 m.w.N.).

b) Die Formvorschrift des § 38 Abs. 6 KV M-V ist gewahrt. Das bei den Akten befindliche Original der Bürgschaftsurkunde (Bl. 274 d. A.) trägt das Dienstsiegel der Beklagten und ist vom Bürgermeister S und seinem Stellvertreter unterschrieben worden. Im Übrigen wären etwaige Mängel der kommunalverfassungsrechtlichen Förmlichkeiten, wie die Beklagte selbst einräumt, durch Beschluss der Gemeindevertretung vom 06. 04. 1995 (Bl. 30 d. A.) geheilt (vgl. BGH NJW 1973, 1494, 1495; BGHZ 92, 165, 174; offen BGH NJW 1980, 117, 118).

c) Ohne Bedeutung ist schließlich, ob der Beschluss des Hauptausschusses noch der Bestätigung durch die Gemeindevertretung bedurfte. Diese hat mit Beschluss vom 06. 04. 1995 die am 08. 12. 1994 gefassten Beschlüsse des Hauptausschusses bestätigt, so dass sich ein diesbezüglicher Mangel auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts nicht ausgewirkt hat. Die Beklagte kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, der Kläger hätte aus diesem Grunde nicht auf die Gültigkeit des Bürgschaftsversprechens vertrauen dürfen.

5. Der Schaden des Klägers besteht darin, dass er ohne die Täuschung über die Wirksamkeit des Bürgschaftsvertrages das Darlehen nicht ausgereicht hätte.

a) Die Beklagte hat allerdings von Anfang an mit Nichtwissen bestritten, dass das Darlehen valutiert worden sei. Der Kläger ist dem seinerseits entgegengetreten und hat den früheren Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin Schr als Zeugen dafür benannt, dass das Darlehen wie vertraglich vereinbart valutiert worden sei. Einer Beweiserhebung bedurfte es insoweit nicht, weil es sich bei der Valutierung des Darlehens um einen Vorgang handelt, der jedenfalls bis zur Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens (vgl. BGH NJW 1986, 3199, 3201; BGHZ 109, 205, 209) auch in den eigenen Geschäfts- und Verantwortungsbereich der Beklagten fiel. Als Gesellschafterin der späteren Gemeinschuldnerin hatte diese gemäß § 51 a GmbHG (i.d.F.v. 04. 07. 1980) einen Auskunftsanspruch gegen deren Geschäftsführer und war daher jedenfalls bis zum 22. 06. 1998 selbst in der Lage, sich die erforderlichen Informationen zu beschaffen. Solche Möglichkeiten der Informationsbeschaffung stellt die Rechtsprechung den "eigenen" Handlungen und Wahrnehmungen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO gleich (vgl. Zöller/Greger, ZPO, § 138 Rn. 16 m.w.N.). Anders als im Fall BGHZ 109, 205 (210) hat die Beklagte auch nicht vorgetragen, dass sie sich um Informationen bei der Gemeinschuldnerin bzw. dessen Geschäftsführer vergeblich bemüht habe.

Ungeachtet dessen lässt sich die Valutierung des Darlehens aus der beigezogenen Akte N 75/98 des Amtsgerichts entnehmen. Danach hat die Darlehensverbindlichkeit der Gemeinschuldnerin gegenüber dem Kläger als "sonstige Verbindlichkeit" Eingang in den Jahresabschluss zum 31. 12. 1995 gefunden (BA Bl. 21, 36). Auch hat der Gesamtvollstreckungsverwalter die vom Kläger angemeldete Forderung von 600.000,00 DM nebst Kosten und Zinsen über einen Gesamtbetrag von 774.485,85 DM anerkannt. Dies ergibt sich aus der Anlage "Forderungsanmeldungen nach § 17 III Nr. 4 GesO" zu dem Bericht des Verwalters vom 01. 10. 1998 (hintere Tasche der Beiakte N 75/98).

b) Der Schaden des Klägers besteht somit in der ausgereichten Darlehenssumme in Höhe von 600.000,- DM. Nach der vom Senat eingeholten Auskunft des Gesamtvollstreckungsverwalters im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin ist für die Gläubiger mit dem Rang des § 17 Abs. 3 Nr. 4 GesO nicht mit einer Quote zu rechnen (Schreiben vom 16. 03. 2000, Bl. 145 d. A.). Die zunächst geltend gemachte Zinsforderung in Höhe von 8 %, die als Erfüllungsinteresse nicht ersatzfähig wäre (vgl. BGH NJW 1984, 606, 607; Palandt/Heinrichs, § 276 Rn. 100 m.w.N.), verfolgt der Kläger nach seiner Klageerweiterung nicht mehr. Die nunmehr geltend gemachten gesetzlichen Prozesszinsen in Höhe von 4 % seit Rechtshängigkeit (§§ 288, 291 BGB a.F.) sind begründet, und zwar für die Zeit vom 20.01.1998 bis 16. 08. 2000 aus 61.000,- DM und seit 17. 08. 2000 aus 600.000,- DM.

c) Ein etwaiges Mitverschulden des Klägers kommt anders als im Fall des BGH vom 10.06.1999 nicht in Betracht. Dort wurde der Mitverschuldensvorwurf darauf gestützt, dass auch der Bürgschaftsgläubiger im eigenen Interesse gehalten sei, "sich mit den rechtlichen Voraussetzungen, unter denen die Körperschaften des öffentlichen Rechts Bürgschaften für Private übernehmen können, vertraut zu machen und deren Einhaltung im Einzelfall zu kontrollieren" (NJW 1999, 3339). Diese Obliegenheit bezog sich auf den Fall, in dem einerseits der Körperschaft die Verletzung einer Aufklärungspflicht angelastet wurde, andererseits aber auch der Person der Bürgschaftsgläubigerin, einer Bundesanstalt, eine Eigenverantwortung zugesprochen wurde, da diese die Kreditgewährung von der Beibringung der Bürgschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder eines Kreditinstituts abhängig gemacht hat. Hier war sogar zu erwägen, ob nicht die in Rechtsfragen kompetente Bürgschaftsgläubigerin die Alleinverantwortung für den Mangel des Rechtsgeschäfts hätte tragen sollen (vgl. Singer, JZ 2000, 155).

Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht, da der Kläger auf die ausdrückliche Behauptung vertraut hat, dass die erforderliche Zustimmung des Landrates vorliege. Da das Vertretungsorgan der Beklagten jedenfalls den Eindruck hervorrief, als stünde sie hinter der vom Zeugen Schr aufgestellten Behauptung, hatte der Kläger keinen Anlass, eigene Nachforschungen anzustellen, sondern durfte auf die Richtigkeit und Zuverlässigkeit der Information vertrauen. Wer eine unrichtige Auskunft erteilt, kann dem Vertragspartner grundsätzlich nicht entgegenhalten, dass dieser auf die Auskunft vertraut hat (Palandt/Heinrichs, BGB, § 254 Rn. 19 m.w.N.). Entsprechendes gilt, wenn die Beklagte durch ihren Bürgermeister nicht selbst die falsche Auskunft gegeben, aber den Eindruck hervorgerufen hat, als stünde sie hinter der Auskunft. Im einen wie im anderen Fall wird das Vertrauen des Adressaten in Anspruch genommen. Man kann dem Adressaten daher nicht entgegenhalten, dieser habe nicht vertrauen dürfen, ohne in einen unzulässigen Selbstwiderspruch zu geraten.

Dem Kläger war auch nicht der Vorwurf zu machen, dass er sich nicht um eine schriftliche Bestätigung durch den Landrat bemüht hat. Da die Zustimmung weder nach § 182 Abs. 2 BGB noch nach den Vorschriften der Kommunalverfassung und des VwVfG M-V besonderen Formvorschriften unterliegt (vgl. §§ 10, 37 Abs. 2 Satz 1 VwVfG M-V), durfte der Kläger auf die mündliche Mitteilung vertrauen, dass die Zustimmung des Landrates vorliege.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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