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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 28.06.2001
Aktenzeichen: 1 U 203/99
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 50
ZPO § 56 Abs. 1
1. Die im Verlauf eines Rechtsstreits betriebene Liquidation einer beklagten GmbH führt grundsätzlich zum Wegfall ihrer Parteifähigkeit, wenn die Liquidation vollständig beendet ist, das heißt die GmbH im Handelsregister gelöscht wird und über Aktivvermögen nicht mehr verfügt.

2. Der Umstand, daß die beklagte GmbH im Falle einer Klagabweisung einen Kostenerstattungsanspruch erlangt, vermag eine fortbestehende Parteifähigkeit der GmbH nicht zu begründen. Das gleiche gilt für einen möglichen Folgeprozeß gegen den Liqidator.


Az.: 1 U 203/99

Lt. Protokoll verkündet am: 28.06.2001

URTEIL Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren gem. §§ 128 Abs. 2, 523 ZPO

durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.05.1999 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Rostock - Az.: 4 O 310/97 - wird auf seine Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Das Urteil beschwert den Kläger im Wert von 68.011,20 DM.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt in seiner Eigenschaft als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der K GmbH (im folgenden: Gemeinschuldnerin) die Beklagte nach erfolgter Anfechtung einer Forderungspfändung entsprechend § 30 Nr.2 KO auf Zahlung von 68.011,20 DM nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit in Anspruch.

Die Gemeinschuldnerin hatte im Auftrag einer Firma T für ein Bauvorhaben in S Werkleistungen zu erbringen. Dazu bediente sie sich der Beklagten als Subunternehmerin. Hieraus resultierte eine Werklohnforderung der Beklagten, die sie der Gemeinschuldnerin unter dem 09.09.1994 in Höhe von 69.741,11 DM in Rechnung stellte.

Am 25.10.1994 teilte die Gemeinschuldnerin der Beklagten fernmündlich mit, daß eine Begleichung der o.g. Rechnung erst dann erfolgen werde, wenn die Firma T ihrerseits auf die Rechnung der Gemeinschuldnerin gezahlt habe.

Da sich die Beklagte hiermit nicht abfinden mochte, erwirkte sie nach vorausgegangenen Mahnverfahren unter dem 31.01.1995 einen Vollstreckungsbescheid und auf dessen Grundlage unter dem 15.02.1995 gegenüber der als Drittschuldnerin in Anspruch genommenen B Bank AG zunächst ein vorläufiges Zahlungsverbot über den hier streitgegenständlichen Betrag von 68.011,20 DM. Am 28.02./01.03.1995 ließ sich die Beklagte sodann die auf den beiden Geschäftskonten der Gemeinschuldnerin bei der Drittschuldnerin vorhandenen Guthaben bzw. eingeräumten Kreditmargen in der vorgenannten Höhe an Zahlungsstatt überweisen.

Am 26.05.1995 beantragte die Gemeinschuldnerin beim Amtsgericht B wegen Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über ihr Vermögen. Mit Beschluß vom 16.06.1995 wurde das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet; der Kläger wurde gem. § 5 Nr. 2 GesO zum Gesamtvollstreckungsverwalter bestellt.

Mit Datum vom 28.05.1997 erhob der Kläger gegen die Beklagte Klage, mit welcher er gleichzeitig die Anfechtung der Forderungspfändung erklärte.

Am 21.12.1998 beschlossen die Gesellschafter der Beklagten deren Auflösung. Zum Liquidator wurde der frühere Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Ausweislich einer entsprechenden Eintragung im Handelsregister vom 29.06.2000 ist die Liquidation inzwischen beendet und die Firma erloschen. Die Beklagte ist im Handelsregister gelöscht worden (Bl. 294 d.A.).

Aus der von ihr zu ihrem PKH-Antrag vorgelegten Bilanz per 15.04.2000 ergibt sich, daß Gesellschaftsvermögen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vorhanden war. Die Bilanz weist einen durch Eigenkapital nicht gedeckten Fehlbetrag von 391,95 DM aus. Wegen der Einzelheiten verweist der Senat auf den Inhalt dieser Bilanz.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Pfändung der Bankguthaben unterliege in analoger Anwendung von § 30 Nr. 2 KO der Anfechtung nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO und hierzu vorgetragen, die Beklagte habe Befriedigung im Wege der Forderungspfändung erst erlangt, nachdem die Gemeinschuldnerin ihre Zahlungen eingestellt habe. Diese sei bereits am 15.02.1995 dauerhaft außer Stande gewesen, ihre fälligen Geldverbindlichkeiten uneingeschränkt zu erfüllen. Die letzte Zahlung der Gemeinschuldnerin an einen ihrer Gläubiger sei am 28.12.1994 erfolgt. Mit dem Pfändungspfandrecht habe die Beklagte bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit eine Befriedigung erlangt, die sie nicht bzw. nicht in dieser Art habe beanspruchen können; es sei ein Fall der inkongruenten Deckung gegeben. Damit sei zugleich auch der subjektive Anfechtungstatbestand erfüllt. Da im Falle einer inkongruenten Deckung die Kenntnis des Anfechtungsgegners von Eintritt der Zahlungsunfähigkeit gem. § 30 Nr. 2 KO vermutet werde, obliege es der Beklagten, diese gesetzliche Vermutung zu erschüttern. Dies sei ihr nicht gelungen; vielmehr sei ihr die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin aufgrund der telefonischen Mitteilung vom 25.10.1994 bekannt gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 68.011,20 DM zuzüglich 5% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO sei nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift auf Rechtshandlungen des Gläubigers nicht anwendbar. Eine Analogie zu § 30 Nr. 2 KO sei rechtssystematisch nicht möglich. Zudem seien die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 30 Nr. 2 KO nicht gegeben. Eine Zahlungseinstellung habe im Zeitpunkt des Mahnverfahrens und der anschließenden Forderungspfändung nicht vorgelegen. Die Ankündigung der Gemeinschuldnerin vom 25.10.1994, auf die Schlußrechnung der Beklagten erst nach Zahlung ihres eigenen Auftraggebers (Fa. T ) zu zahlen, habe einem im Baugewerbe vielfach praktizierten Vorgehen von Generalunternehmern gegenüber ihren Subunternehmern entsprochen, jedoch keinen Hinweis auf eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin enthalten.

Mit dem angefochtenen Urteil hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Rostock die Klage mit folgender Begründung abgewiesen:

Zwar sei entgegen der bis dahin in der Rechtsprechung ganz überwiegend vertretenen Auffassung der Anfechtungstatbestand des § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO entgegen seinem Wortlaut entsprechend der in § 30 Nr. 2 KO getroffenen Regelung auch auf Rechtshandlungen des Gläubigers anwendbar. Bei der Beurteilung der Anfechtbarkeit von Gläubigerhandlungen seien aber die in § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO enthaltenen Maßstäbe und Wertungen des Gesetzgebers zu beachten. Danach komme es - entgegen § 30 Nr. 2 KO - auf eine Unterscheidung zwischen kongruenter und inkongruenter Deckung nicht an. Auch sei die Anfechtbarkeit auf die Zeit nach Zahlungseinstellung beschränkt. In subjektiver Hinsicht seien die Vorstellungen des Gemeinschuldners ohne Belang; hinsichtlich des Anfechtungsgegners werde vorausgesetzt, daß er die Zahlungsunfähigkeit oder den Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gekannt habe bzw. den Umständen nach habe kennen müssen, was der anfechtende Gesamtvollstreckungsverwalter gegebenenfalls nachzuweisen habe.

Ausgehend von diesen Grundsätzen habe der Kläger nicht hinreichend dargelegt, daß die Beklagte bei Vornahme ihrer Rechtshandlung Kenntnis von der Zahlungseinstellung oder aufgrund von Fahrlässigkeit keine Kenntnis hiervon gehabt habe. Äußerungen der Gemeinschuldnerin mit dem Inhalt, sie werde erst nach Erhalt von Zahlungen durch ihren Auftraggeber bzw. durch den Bauherrn selbst (weitere) Zahlungen an ihre Nachunternehmer tätigen, seien kein Hinweis auf eine bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit. Denn es sei in der Baubranche durchaus üblich, Zahlungen an einen Nachunternehmer von vorherigen Zahlungen des eigenen Auftraggebers abhängig zu machen. Auf diese Weise könnten Einbehalte wegen angeblicher oder tatsächlicher Werkleistungen ungekürzt an den Nachunternehmer weitergegeben und damit das Insolvenzrisiko bei der Geltendmachung eines Rückforderungsanspruchs weitestgehend auf den Subunternehmer verlagert werden.

Gegen dieses ihm am 01.09.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 29.09.1999 eingegangenen Schriftsatz form- und fristgerecht Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel zugleich begründet.

Der Kläger steht auf dem Standpunkt, das Landgericht sei zwar zutreffend von einer teilweise analogen Anwendbarkeit des § 30 Nr. 2 KO im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO auch auf Rechtshandlungen des Gläubigers ausgegangen, habe indes zu Unrecht den subjektiven Anfechtungstatbestand als nicht nachgewiesen angesehen und damit ihm - dem anfechtenden Gesamtvollstreckungsverwalter - insoweit die volle Darlegungs- und Beweislast auferlegt. Dabei habe das Landgericht verkannt, daß § 30 Nr. 2 KO in den Fällen einer inkongruenten Deckung, die hier gegeben sei, eine Beweislastumkehr anordne und die Kenntnis des Anfechtungsgegners von dem zur Anfechtung berechtigenden Sachverhalt von Gesetzes wegen vermutet werde. Eine Analogie zu § 30 Nr. 2 KO dürfe sich nicht darauf beschränken, nur selektiv die Worte "Rechtshandlungen des Schuldners" aus § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO zu eliminieren; vielmehr müsse auch die darin vorgesehene Beweislastumkehr bei Anwendung der GesO zum Tragen kommen. Das Landgericht sei auf halben Wege stehengeblieben und habe dabei den Umfang der durch Analogie zu schließenden Regelungslücke verkannt. Die GesO enthalte im Gegensatz zur KO und nunmehr auch zur InsO keinerlei Regelungen für eine Anfechtung in den Fällen einer inkongruenten Deckung. Mit den einschlägigen Regelungen der KO bzw. InsO habe der Gesetzgeber in diesen Fällen der Anfechtung eine besondere Durchschlagskraft verleihen wollen, indem er den subjektiven Anfechtungstatbestand zu Lasten des Anfechtungsgegners vermute und diesem den Gegenbeweis aufgebürdet habe. Es gebe keinen Grund, von dieser interessengerechten Regelung im Rahmen der GesO abzuweichen. Der Gesetzgeber der GesO habe in seinem Bestreben nach Vereinfachung und Komprimierung nicht daran gedacht, zwischen kongruenter und unkongruenter Deckung zu unterscheiden. Auch die hierin liegende Regelungslücke sei durch eine analoge Anwendung des § 30 Nr. 2 KO zu schließen.

Zudem verweist der Kläger auf diverse höchstrichterliche Entscheidungen zur Absichtsanfechtung nach § 10 Abs. 1 GesO (BGH, ZIP 1998, 2008 ff; BGH, ZIP 2000, 82/83), in denen der BGH bei einer inkongruenten Deckung zwar die Beweislast für die Benachteiligungsabsicht des Schuldners und deren Kenntnis durch den Anfechtungsgegner dem Verwalter auferlegt, in der inkongruenten Deckung indes ein starkes Indiz hierfür gesehen habe, welches der Anfechtungsgegner entkräften müsse. Wenn solches dort gelte, wo der Schuldner gebe, müsse es erst recht gelten, wenn der Gläubiger - wie hier - nehme.

Dementsprechend habe die Beklagte entgegen der Auffassung des* Landgerichts darzulegen und zu beweisen, daß und aus welchen Gründen sie im Zeitpunkt der Pfändung die volle Überzeugung gehabt habe, die Gemeinschuldnerin werde alle gegen sie gerichteten übrigen Forderungen begleichen können. Hierzu habe die Beklagte indes nichts vorgetragen. Die zuvor eingeholte Auskunft der Creditreform sei insoweit ungeeignet, weil auf unsicherer Basis erfolgt und im Zeitpunkt der Pfändung veraltet.

In dem Telefonat vom 25.10.1994 habe die Gemeinschuldnerin zum Ausdruck gebracht, sie könne an die Beklagte erst zahlen, wenn zuvor Zahlungen des Bauherren bei ihr eingegangen seien. Sie habe damit klar zu erkennen gegeben, über keine ausreichenden Zahlungsmittel mehr zu verfügen und auf "frisches Geld" angewiesen zu sein. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei dies keine allgemein bekannte branchenübliche Hinhaltetaktik. Das Landgericht sei jedenfalls gehalten gewesen, hierüber Beweis zu erheben. Im Übrigen würde spätestens nach dem Betreiben des gerichtlichen Mahnverfahrens jedes Taktieren der Gemeinschuldnerin geendet haben.

Unter diesen Umständen sei zumindest von fahrlässiger Unkenntnis der Beklagten vom Eintritt der Zahlungsunfähigkeit auszugehen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 68.011,20 DM nebst 5% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft hierzu ihr bisheriges Vorbringen.

Im Hinblick auf die inzwischen ergangene Entscheidung des BGH vom 20.01.2000 (ZIP 2000, 364) wendet sie sich nicht mehr gegen die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen des Gläubigers nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO. Aus der genannten Entscheidung ergebe sich aber, daß dies allein unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift geschehen könne. Eine weitergehende Analogie zu § 30 Nr. 2 habe der BGH ausdrücklich verneint. Dementsprechend könne es auf eine Unterscheidung zwischen kongruenter und inkongruenter Deckung nicht ankommen. Eine Beweislastumkehr wie in § 30 Nr. 2 KO komme nicht in Betracht. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, daß § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO anders als § 30 Nr. 2 KO unterschiedslos einfache Fahrlässigkeit hinsichtlich der Zahlungsunfähigkeit genügen lasse.

Der Kläger habe ihre Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin weder hinreichend dargetan noch unter Beweis gestellt. Diese habe keineswegs erklärt, nicht zahlen zu können, sondern nicht zahlen zu wollen und dies mit fehlender Fälligkeit begründet. Dies ergebe sich auch aus ihrem Schreiben vom 27.10.1994 (Bl.104 d.A.). Im ürigen beruft sich die Beklagte hierzu auch im Berufungsrechtszug auf das Zeugnis der G S und des Rechtsanwalts F. Entgegen der Auffassung des Klägers stehe die Bonitätsprüfung durch die Creditreform dem Vorwurf der Fahrlässigkeit sehr wohl entgegen.

Selbst bei einer völlig analogen Anwendung des § 30 Nr. 2 KO sei eine Anfechtung nicht möglich. Denn weder zum Zeitpunkt der Vorpfändung (15.02.1995) noch zum Zeitpunkt der Pfändung (28.02./01.03.1995) habe eine Zahlungseinstellung vorgelegen. Die sog. OP-Listen (Bl. 14ff d.A.) seien zum Nachweis hierfür ungeeignet. Der Kläger hätte vielmehr auch eine Debitorenliste oder Kontoauszüge, aus denen sich der Umfang der Zahlungseingänge ergebe, vorlegen müssen. Die OP-Liste enthalte nicht diejenigen Forderungen, die nach dem 15.02. bzw. 30.3.1995 beglichen worden seien.

Zudem spreche gerade der Erfolg der Pfändungsmaßnahmen gegen Zahlungseinstellung bzw. Zahlungsunfähigkeit. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin habe überdies gegenüber dem Rechtsanwalt F erklärt, bei einer Kontenfreigabe werde die Zahlung sofort angewiesen.

Daß zum Stichtag 15.02.1995 keine Zahlungseinstellung vorgelegen habe, ergebe sich zudem auch aus der OP-Liste. Diese belege, daß entgegen der erstinstanzlichen Behauptung des Klägers die Gemeinschuldnerin sehr wohl noch nach dem 28.12.1994 und sogar noch nach dem 15.02.1995 wesentliche Zahlungen an Gläubiger vorgenommen habe. Zwar schließe die Befriedigung einzelner Gläubiger eine Zahlungseinstellung begrifflich nicht aus. Der Kläger habe jedoch nicht vorgetragen, daß und aufgrund welcher Umstände die behauptete Zahlungseinstellung nach außen erkennbar geworden sei. Der Kläger habe insbesondere zu keiner Position der OP-Liste vorgetragen, daß die betreffenden Gläubiger ihre Forderungen bereits vor dem 15.02.1995 ernsthaft eingefordert oder gar gerichtlich geltend gemacht hätten.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze und der diesen beigefügten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die - zulässige - Berufung ist unbegründet.

1.

Mit der nachgewiesenen Beendigung ihrer Liquidation und der ebenfalls belegten Vermögenslosigkeit hat die Beklagte ihre Parteifähigkeit, die der Senat in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen hatte (§ 56 Abs. 1 ZPO), verloren.

a) Die Parteifähigkeit ist Prozeßvoraussetzung und Prozeßhandlungsvoraussetzung. Als Prozeßvoraussetzung muß sie noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, selbst noch im der Revisionsinstanz, gegeben sein. Andernfalls muß die Klage als unzulässig abgewiesen werden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Auflage, Rndnr. 5 zu § 50 m.w.N.).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 74, 212; BGH, NJW 1982, 238; ihm folgend: OLG Oldenburg NJW-RR 1996, 161; ähnlich BayObLGZ 1995, 12f) gilt dies auch bei Wegfall der Parteifähigkeit in einem vor dem Verlust der Parteifähigkeit anhängig gewordenen Passivprozeß.

Die im Verlauf eines anhängigen Prozesses betriebene Liquidation einer GmbH begründet dann einen Wegfall ihrer Parteifähigkeit, wenn sie vollständig beendet ist, d.h. die GmbH im Handelsregister gelöscht wurde, kein Aktivvermögen mehr vorhanden ist und damit zugleich - bei einem Passivprozess - das Zugriffsobjekt für den Kläger entfallen ist (vgl. Vollkommer, a.a.O., RndNr. 4 zu § 50 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

b) Die Parteifähigkeit einer juristischen Person kann in einem Passivprozeß lediglich dann trotz beendeter Liquidation als fortbestehend fingiert werden, wenn die gegen sie geltend gemachten Ansprüche kein Aktivvermögen voraussetzen, was z.B. bei Auskunftsansprüchen der Fall ist, oder jedenfalls der Kläger substantiiert behauptet, die liquidierte GmbH habe noch Vermögen. So verhält es sich hier indes nicht. Der Kläger hat in seinem Schriftsatz vom 07.06.2001 die Vermögenslosigkeit der Beklagten lediglich mit Nichtwissen bestritten. Da ihm mit Senatsbeschluß vom 17.05.2001 mitgeteilt worden war, daß die Beklagte im PKH-Verfahren ihren Jahresabschluß zum 15.04.2000 vorgelegt habe und welches Ergebnis dieser ausweise, war der Kläger gehalten, nach der ihm möglichen Einsichtnahme in den Jahresabschluß im einzelnen darzulegen, daß und aus welchen Gründen gleichwohl keine Vermögenslosigkeit der Beklagten eingetreten war.

c) Soweit das Bundesarbeitsgericht mit einem Teil der Literatur die Auffassung vertritt, die Parteifähigkeit der beklagten juristischen Person bestehe selbst dann bis zum Ende des anhängigen Prozesses fort, wenn während des Prozesses das gesamte Vermögen verteilt werde (u.a. BAG E 36, 125/128f = NJW 1982, 1831; Musielak/Weth, ZPO, § 50 R.18, Zöller/Vollkommer, a.a.O., R.5; ebenso wohl auch OLG Koblenz, ZIP 1998, 967), vermag der Senat dem weder im Ergebnis noch in der Begründung zu folgen.

Für die Ansicht, die vollständige Abwicklung eines vermögensrechtlichen Passivprozesses gehöre in derartigen Fällen selbst dann zum Liquidationszweck, wenn das Gesellschaftsvermögen erschöpft sei, findet sich im Gesetz keine Stütze. Ein berechtigtes Interesse des Gläubigers hierfür ist ebenfalls nicht zu begründen, weil ein gegen die beklagte Gesellschaft ergehendes Leistungsurteil mangels Vermögensmasse nicht vollstreckt werden könnte. Soweit die Notwendigkeit für einen Fortbestand der liquidierten juristischen Person aus einem möglichen Kostenerstattungsanspruch für den Fall ihres Obsiegens hergeleitet wird, ist dieser Gesichtspunkt nicht geeignet, ein berechtigtes Interesse des Klägers an der fortbestehenden Parteifähigkeit der von ihm verklagten juristischen Person zu rechtfertigen. Der Kläger kann sich hierauf schon deshalb nicht berufen, weil ein solcher Kostenerstattungsanspruch nur bei Abweisung der Klage in Betracht kommt, der Kläger sich aber gerade des Anspruchs berühmt. Es wäre ein Widerspruch in sich, ein schützenswertes Interesse des Klägers an der weiteren Durchführung des Prozesses gegen eine sonst vermögenslose juristische Person damit zu begründen, daß er den Prozeß verlieren könnte (so ausdrücklich - für den rechtsfähigen Verein - BGHZ, 74, 213/214)

Dem Interesse der liquidierten GmbH kann dadurch Genüge getan werden, daß diese zur Realisierung ihres Kostenerstattungsanspruchs die Nachtragsliquidation betreibt.

d) Ein wie auch immer geartetes anderweitiges Interesse des Klägers an einem fingierten Fortbestand der GmbH ist nicht ersichtlich. Entgegen seiner Auffassung ist für einen Folgeprozeß gegen den Liquidator der Ausgang des anhängigen Rechtsstreits, worauf der BGH in den o.g. Entscheidungen ebenfalls ausdrücklich hingewiesen hat, nicht präjudiziell. Das mit einem Schadensersatzanspruch gegen den Liquidator befaßte Gericht hat vielmehr in diesem Fall den Schaden in eigener Zuständigkeit festzustellen und hierzu auch die Anfechtbarkeit der Rechtshandlung der Beklagten eigenständig zu beurteilen. An eine der Klage stattgebende Entscheidung des Senats wäre dieses Gericht in keiner Weise gebunden.

Bereits aus diesen Gründen konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.

II.

Über die von den Parteien insbesondere im Berufungsrechtszug vertieften Fragen, unter welchen Voraussetzungen Rechtshandlungen des Gläubigers im Gesammtvollstreckungsverfahren anfechtbar sind, ob und gegebenenfalls wann die Gemeinschuldnerin ihre Zahlungen eingestellt hatte, ob und wann die Beklagte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin hatte bzw. infolge Fahrlässigkeit keine Kenntnis hatte und ob die Befriedigung im Wege einer Forderungspfändung aufgrund eines vor Eintritt der Zahlungseinstellung bzw. Zahlungsunfähigkeit in einem gesetzmäßigen Verfahren erlangten Vollstreckungstitels eine inkongruente Deckung begründen kann, hatte der Senat mithin nicht mehr zu entscheiden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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