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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 01.07.2008
Aktenzeichen: 1 U 27/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 225 Abs. 2
ZPO § 224 Abs. 2
ZPO § 520 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 522 Abs. 2
ZPO § 529
BGB § 157
BGB § 133
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1
BGB §§ 662-674
BGB § 812
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

1 U 27/08

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 01.07.2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Beklagten zu 2. vom 30.11.2007, ihr für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1.

Der Beklagten zu 2. ist die beantragte Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren zu versagen, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§§ 114, 522 Abs. 2 ZPO).

Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Da beides nicht ersichtlich ist, wird das angefochtene Urteil - voraussichtlich - den Berufungsangriffen standhalten.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht den Klägern einen Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertiger Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB) auf die von ihnen geleistete Maklerprovision i.H.v. 5.104,00 € zuerkannt, da die Beklagte zu 2. - als Inhaberin der Firma "I.-F.-Leasing" - diese Leistung der Kläger ohne Rechtsgrund erlangt hat, weil ein für den Maklerlohnanspruch vorausgesetzter Erfolg im Rahmen einer Nachweis- oder Vermittlungstätigkeit nicht festgestellt werden kann.

2.

Das Vorbringen zur Berufung rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a)

Die Beklagte zu 2. will sich nunmehr gegen den Klageanspruch mit der von ihr vertretenen Rechtsmeinung verteidigen, das Landgericht sei "schlichtweg falsch" davon ausgegangen, die Vertragsbeziehungen der Parteien hätten dem Vertragstypus eines Maklervertrages entsprochen. Stattdessen, so die Beklagte, sei davon auszugehen, dass es mit der Vereinbarung vom 07.03.2006 zum Abschluss eines Dienstvertrags gekommen sei. Aus diesem Vertrag selbst, wie aus den gesetzlichen Regelungen zum Dienstvertragsrecht (§§ 611ff. BGB) habe aber ihr, der Beklagten zu 2., für die von ihr erbrachten Leistungen ein Vergütungsanspruch in der streitgegenständlichen Höhe zugestanden, und zwar unabhängig davon, ob es zum Zustandekommen eines Leasing-Finanzierungsvertrages zugunsten der Kläger gekommen sei, denn ein "Erfolg" werde im Rahmen des Dienstvertrages nicht geschuldet. Dieser Vortrag steht nicht nur in Widerspruch zur erstinstanzlichen Rechtsverteidigung (aa), er überzeugt auch in der Sache nicht (bb).

aa)

Schon mit der Klage haben die Kläger geltend gemacht, dass sie einen Anspruch nach § 812 BGB auf Rückzahlung einer nicht verdienten Maklerprovision - zunächst allein gerichtet gegen den Beklagten zu 1. und später erweitert auf die (hier zu behandelnde) Beklagte zu 2. (denn gegen diese ist das angefochtene Teil-Urteil des Landgerichts ergangen) - verfolgen. Dagegen hat sich der Beklagte zu 1. - was hier keiner näheren Befassung bedarf - damit verteidigt, er sei nicht passivlegitimiert, da nicht Inhaber der I.-F.-Leasing. Nachdem die Klage auch auf die Beklagte zu 2. erweitert worden ist, haben sich beide Beklagte allein damit noch verteidigt, es sei nicht darum gegangen, "die vereinbarte Maklerprovision zu kassieren". Vielmehr sei die Vergütung von der I.-F.-Leasing zu Recht vereinnahmt worden. Dass es nicht zum Abschluss eines Finanzierungsvertrages (dem Erfolg) mit der D. Leasing GmbH gekommen sei, hätten allein die Kläger zu vertreten. Zur Begründung wurde ausgeführt: "Offenbar wurden die angegebenen Voraussetzungen und Bedingungen für die Finanzierung des Objektes durch die Kläger nicht erfüllt". In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 08.08.2007 ist sodann vom Vorderrichter darauf hingewiesen worden, dass von dem Zustandekommen eines Maklervertrages zwischen den Klägern und der Beklagten zu 2. auszugehen sei, wohingegen in Bezug auf die Person des Beklagten zu 1. nur Ansprüche aus Delikt in Betracht kommen dürften. Zu der erstgenannten Ansicht hat keine der Parteien Widerspruch erhoben; einen solchen meldet die Beklagte zu 2. erstmals in der Berufungsinstanz an.

bb)

Nun ist es jeder Partei unbenommen, ihre Rechtsmeinung - hier zu dem begründeten Vertragsverhältnis - zu ändern und zu wechseln. In der Sache kann dies aber nicht von Erfolg getragen sein.

Die Einordnung eines Schuldverhältnisses - sei es vertraglicher oder gesetzlicher Art (dazu allgemein Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Aufl., Überbl v § 311 Rn. 3 u. 5) - zu einem bestimmten Vertragstypus (Palandt/Grüneberg, a.a.O., Rn. 11ff.) hat sich bei Unklarheiten nach den Vorschriften der §§ 157, 133 BGB zu richten, die nebeneinander für die Auslegung heranzuziehen sind (vgl. grds. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 157 Rn. 1 m.w.N.). Vorliegend ergibt sich aus dem wechselseitigen Parteienvortrag (und dem damit entäußerten Parteiwillen) im Zusammenhang mit den zur Gerichtsakte gelangten Vertragsunterlagen, dass das Landgericht zu Recht von dem Vorliegen eines Maklervertrages ausgegangen ist.

aaa)

Die Beklagte zu 2. führt in ihrem Berufungsvortrag selber an, das auf der Grundlage des sogen. "Dienstleistungsvertrages" vom 07.03.2006 gem. § 15 dieses Vertrages die Beklagte zu 2. zunächst mit der "Darstellung eines Immobilienleasings als sale and lease back" für das Objekt V. Straße in L. "beauftragt" worden sei. Das deckt sich mit der von den Klägern vorgelegten Korrespondenz, gerichtet auf eine Finanzierungsanfrage der Kläger und den Abschluss eines Leasing-Finanzierungsvertrages, der Bereiterklärung zum Abschluss eines Immobilien-Leasingvertrages (unter bestimmten von den Klägern zu erfüllenden Voraussetzungen) durch die D. I.-Leasing GmbH und der In-Rechnung-Stellung der Vermittlungsleistung der Beklagten zu 2., die Bezug nimmt auf "Vermittlungsauftrag und Honorarvereinbarung vom 07.03.2006".

Gerade aus der letztgenannten Unterlage verdeutlicht sich, dass die Beklagte zu 2. selbst den "Dienstleistungsvertrag" vom 07.03.2006 als Vertragsgrundlage für die zu entrichtende Vergütung, nur eingeschränkt aber für die beauftragte Leistung genommen hat. Die entsprechenden Leistungspflichten des "Beauftragten" sind in diesem Vertrag (vgl. § 1) zunächst völlig unbestimmt gefasst, indem davon die Rede ist, "dass der AG (= Kläger) für seine laufenden und zukünftigen Vorhaben in betrieblichen, beruflichen und privaten Bereich kompetente Beratung und Realisierungsvorschläge benötigt". Der Auftragnehmer, die Firma der Beklagten zu 2., sollte demgegenüber eine "zielgerichtete und realistische Beratung" in den Bereichen "Personal-, Finanz-, Vermögens-, Versicherungs-, Energie-, Betriebs- und Unternehmensberatung" erbringen. Damit wurden die Leistungspflichten des jeweiligen Vertragsteils in keiner Weise konkretisiert; im übrigen war der Vertrags(abschluss-)wille der Kläger auch gar nicht auf eine so schwammige, gar dubiose Leistungsbestimmung gerichtet. Ihnen ging es - unstreitig - allein um die mögliche Finanzierung für die Anschaffung einer Immobilie in der V. Straße in L. Konkret darauf bezogen verhält sich jedoch einzig § 15 des Vertrages vom 07.03.2006.

bbb)

Damit war, wie die Auslegung ergibt, der Firma der Beklagten zu 1. ein konkreter Finanzierungsvermittlungsauftrag erteilt worden. Nach dem Gesetz liegt ein Auftrag, verstanden als ein Vertragsverhältnis i.S. der §§ 662-674 BGB nur vor, wenn der Beauftragte sich gegenüber dem Auftraggeber vertraglich verpflichtet, für diesen unentgeltlich ein Geschäft zu besorgen (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O. Einf v § 662 Rn. 1). Unentgeltlich wollte die Beklagte zu 2. (siehe § 5 des "Dienstleistungsvertrages" vom 07.03.2006) jedoch gerade nicht tätig werden. Der allgemeine Sprachgebrauch verwendet den Begriff des Auftrages indes in einem viel weiteren Sinne, nämlich als Antrag auf Abschluss eines anderen Vertrages, wie etwa eines Dienst-, Werk-, Makler- oder Kommissionsvertrages (Palandt/Sprau, a.a.O., Rn. 2). Abzugrenzen vom unentgeltlichen Auftrag ist in diesem Zusammenhang die entgeltliche Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB), die je nach ihrem Inhalt auf die Erbringung einer Dienst-, Werk-, Makler- oder einer anderen Art von Leistung gerichtet sein kann (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., Rn. 6).

aaaa)

Von einem Maklervertrag ist in der Regel auszugehen, wenn und soweit dessen wesentliche Elemente (erfolgsabhängige Vergütung; Nachweis- oder Vermittlungstätigkeit, Abschlussfreiheit des Auftraggebers) vorliegen (vgl. BGH, NJW 1985, 2477; Palandt/Sprau, a.a.O., Einf v § 652 Rn. 4). Auf die von den Parteien gewählte Vertragsbezeichnung kommt es nur in Grenzfällen an (Palandt/Sprau, a.a.O.). Um den Maklervertrag (§§ 652ff. BGB) vom Dienstvertrag (§§ 611ff. BGB) abzugrenzen, ist festzustellen, ob eine bestimmte Pflicht zum Tätigwerden vereinbart wurde - was gegen den Mäkler- und für den Dienstvertrag spricht - und ob von dem Vertragspartner umgekehrt eine erfolgsunabhängige Vergütung geschuldet wird (was typisch für den Dienstvertrag ist) (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., Rn. 6).

bbbb)

Vorliegend sollte nach § 5 des sogen. "Dienstleistungsvertrages" - auf die Bezeichnung kommt es (wie ausgeführt) nicht an - zwar eine Vergütung "nicht erfolgsabhängig" sein. Es ist jedoch bereits dargestellt worden, dass die Beklagte zu 2. in dem Vertrag selbst vor allem eine "Honoarvereinbarung" über die "Höhe der Vergütung" hat sehen wollen. Auch darauf kann es von daher nicht entscheidend ankommen. Wesentlicher erscheint stattdessen, dass eine Verpflichtung für die Firma der Beklagten zu 2., im Rahmen des erteilten Vermittlungsauftrages zur Beschaffung einer Immobilien-Finanzierung tätig zu werden, nicht vereinbart worden ist. Denn § 2 des Vertrages vom 07.03.2006 bestimmt keine entsprechenden Pflichtenkreise. Danach sollte der Auftragnehmer für Telefonate oder vorab terminierte Besuche zur Verfügung stehen. Im übrigen sollte er "die Gestaltung seiner Zeit nach pflichtgemäßen Ermessen und den Erfordernissen der gestellten Aufgabe" bestimmen. Alles dies spricht in keiner Weise für einen Dienstvertrag.

ccc)

Vielmehr zeigt sich aus der Gesamtschau aller Umständen, dass es den Parteien bei ihrer vertraglich vereinbarten Zusammenarbeit einzig und allein um die Vermittlung eines Finanzierungsvertrages zur Anschaffung einer Grundstücksimmobilie, damit aber um den Abschluss eines Maklervertrages, mit einem vertragsgemäß geschuldeten Erfolg = dem Zustandekommen eines entsprechenden Vertrages, ging. Soweit dafür eine erfolgsunabhängige Vergütung von den Klägern geschuldet sein sollte (§ 5 des Vertrages), hält diese - offenbar formularmäßige Klausel - einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, da sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist (vgl. BGHZ 88, 370; 99, 382; Palandt/Heinrichs, a.a.O, § 307 Rn. 29 m.w.N.).

cc)

Weil es - unstreitig - zum Abschluss eines Finanzierungsvertrages nicht gekommen ist, hat das Landgericht zutreffend einen Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zuerkannt.

b)

Soweit die Beklagte zu 2. nunmehr in der Berufungsinstanz ihre Verteidigung - aufbauend auf ihren Vortrag in erster Instanz - darauf zu stützen sucht, der Abschluss des von den Klägern erstrebten Leasing-Finanzierungs-Vertrages sei letztlich an ihnen selbst und daran gescheitert, dass sie die dafür geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt hätten, kann sie auch damit keinen Erfolg haben.

Das Landgericht hat den darauf gerichteten erstinstanzlichen Vortrag zutreffend als völlig unsubstantiiert und als reine Mutmaßung gewürdigt. Ob die Beklagte mit dem jetzt vor dem Senat in der Berufung erfolgten Vorbringen präkludiert ist (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO), mag dahinstehen. Jedenfalls ist den Klägern - unstreitig - auf deren Verlangen, die Firma der Beklagten zu 2. möge die erforderlichen Unterlagen zur notariellen Beurkundung des Kauf- und Leasingvertrages zureichen, damit die (verlangten) Voraussetzungen zum Abschluss des Finanzierungsvertrages von ihrer Seite erfüllt werden könnten, keinerlei Antwort - weder von der Beklagten zu 2. noch von der D. I.-Leasing GmbH - zuteil geworden. Schon zu diesem Zeitpunkt haben die Kläger - im weiteren - darauf verwiesen, dass nur für diesen Fall (des Erfolges) - das bereits gezahlte - Maklerhonorar fällig werde. Die Berufung der Beklagten zu 2. auf eine seitens der Kläger nicht erfüllte Mitwirkung, die Voraussetzungen zum Abschluss des Finanzierungsvertrages zu schaffen, erscheint unter diesen Umständen treuwidrig (§ 242 BGB), da das Fehlen der entsprechenden Vorbedingungen für die Kläger - weil ihnen nicht bekannt gemacht - "im Dunkeln" geblieben ist.

c)

Schließlich bleibt auch - entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2. - ohne rechtliche Bedeutung, ob die Kläger den Dienstleistungsvertrag jemals wirksam angefochten haben. Nicht auf die Anfechtung dieses Vertrages kommt es an, sondern wie dieser Vertrag - im Zusammenhang mit den weiteren Vertragsunterlagen - einzuordnen ist. Da sich der Vertragsschluss der Parteien - wie ausgeführt - als Maklervertrag darstellt, steht der Beklagten zu 2. ob eines nicht erbrachten Maklererfolges ein Vergütungsanspruch nicht zu, so dass sie eine Rückzahlung der von den Klägern gezahlten Vergütung zu erbringen hat.

3.

Grundsätzliche Bedeutung hat der vorliegende Rechtsstreit nicht; auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung kein Urteil des Berufungsgerichts.

4.

Der Senat stellt der Beklagten zu 2. - zur Vermeidung weiterer unnötiger Kosten - die Rücknahme des Rechtsmittels anheim. Sollte sie die Berufung weiter verfolgen wollen, beabsichtigt der Senat, das Rechtsmittel mit Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Insoweit wird hiermit Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von 2 Wochen erteilt. Eine erste Verlängerung der Frist um nicht mehr als zwei Wochen auf (kurz) begründeten Antrag kann als stillschweigend bewilligt angesehen werden. Ein besonderer Bescheid ergeht regelmäßig nicht. Eine weitere Verlängerung kann nur unter den Voraussetzungen der §§ 224 Abs. 2, 225 Abs. 2, 520 Abs. 2 Satz 2 ZPO bewilligt werden, wobei eine etwa erforderliche Zustimmung des Gegners mit dem Antrag nachgewiesen werden muss.

II.

Eine Kostenerstattung findet im Prozesskostenhilfeverfahren nicht statt (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 4; näher Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 118 Rn. 26)

Ende der Entscheidung

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