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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 30.03.2006
Aktenzeichen: 11 UF 133/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, VAÜG, GKG, FGG


Vorschriften:

ZPO § 93 a
ZPO § 273 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 358 a Satz 2 Nr. 2
ZPO § 621 e Abs. 1
BGB § 1587 Abs. 2
BGB § 1587 b Abs. 2
VAÜG § 3 Abs. 1 Ziff. 5
GKG § 21 Abs. 1 Satz 1
FGG § 53 b Abs. 2 Satz 2
FGG § 53 b Abs. 2 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Az.: 11 UF 133/04

Beschluss

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

am 30.03.2006 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Landesbesoldungsamtes Mecklenburg-Vorpommern wird der Beschluss des Amtsgerichts Bergen auf Rügen - Familiengericht - vom 12.05.2004, Az.: 1 F 111/03 VA, geändert.

Zu Lasten der Versorgungsanwartschaften der Antragstellerin bei dem Landesbesoldungsamt Mecklenburg-Vorpommern, Pers.-Nr. ... werden auf dem Versicherungskonto-Nr. ... des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i. H. v. monatlich 46,95 EUR, bezogen auf das Eheende, den 31.05.2003, umzurechnen in Entgeltpunkte Ost, begründet.

Gerichtskosten werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

A.

Mit angefochtenem Beschluss hat das Familiengericht den zuvor vom Scheidungsverbund abgetrennten Versorgungsausgleich auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Auskünfte der Versorgungsträger geregelt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Landesbesoldungsamtes Mecklenburg-Vorpommern, mit der es rügt, dass der Entscheidung zum Versorgungsausgleich seine Auskünfte über die ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften der Parteien vom 05.11. und 25.11.2003 zugrundegelegt worden sind, obwohl sich zwischenzeitlich durch das Sonderzahlungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (GVOBl. M-V 2003, 477) mit Wirkung zum 01.01.2004 Änderungen ergeben haben, die sich auf die Versorgungsanwartschaften der Parteien auswirken. Das Landesbesoldungsamt Mecklenburg-Vorpommern hat zugleich eine Neuberechnung der ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners vorgelegt. Ergänzend hat der Senat noch eine Neuberechnung der ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften der Antragstellerin von dem Landesbesoldungsamt Mecklenburg-Vorpommern beigezogen.

B.

Die gemäß § 621 e Abs. 1 ZPO statthafte Beschwerde des Landesbesoldungsamtes Mecklenburg-Vorpommern ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 621 e Abs. 3, 517, 520 Abs. 1 und 2 ZPO).

Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Die Parteien haben in der Ehezeit i. S. d. § 1587 Abs. 2 BGB vom 01.12.1978 bis 31.05.2003 in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehende Versorgungsanrechte erworben, und zwar die Antragstellerin angleichungsdynamische Anwartschaften auf Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz i. H. v. 584,19 EUR monatlich und angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i. H. v. 270,62 EUR monatlich.

Der Antragsgegner hat ehezeitbezogen angleichungsdynamische Anwartschaften auf Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz i. H. v. 484,47 EUR monatlich und angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i. H. v. 276,45 EUR monatlich erworben.

Der Wertunterschied der beiderseitigen Anwartschaften beträgt 93,89 EUR. Die Ausgleichspflicht der Antragstellerin besteht i. H. d. Hälfte des Wertunterschiedes (§ 1587 a Abs. 1 Satz 2 BGB), also von 46,95 EUR.

Der Ausgleich erfolgt nach § 1587 b Abs. 2 BGB durch Quasi-Splitting.

Die Anordnung der Umrechnung der zu begründenden Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte Ost beruht auf § 3 Abs. 1 Ziff. 5 VAÜG.

C.

Von der Erhebung der Gerichtskosten hat der Senat gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG abgesehen.

Die Kostenentscheidung im Übrigen beruht auf § 93 a ZPO.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin waren die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht dem Landesbesoldungsamt Mecklenburg-Vorpommern aufzuerlegen.

Gemäß § 53 b Abs. 2 Satz 3 FGG ist der Versorgungsträger verpflichtet, dem Familiengericht auf Anforderung vollständig und wahrheitsgemäß Auskunft über Grund und Höhe der bei ihm erworbenen Versorgungsanwartschaften der Parteien zu geben. Die Auskunft eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 53 b Abs. 2 Satz 2 FGG ist als Unterfall der in §§ 273 Abs. 2 Nr. 2, 358 a Satz 2 Nr. 2 ZPO angesprochenen amtlichen Auskunft anzusehen, die die Zeugenvernehmung des in Frage kommenden Sachbearbeiters über die tatsächlichen Grundlagen einer Versorgungsanwartschaft ersetzt und zugleich eine rechtsgutachtliche Äußerung darüber enthält, wie nach den maßgebenden rentenrechtlichen Vorschriften die ehezeitlich erworbenen Versorgungsanwartschaften eines Ehegatten zu berechnen sind (BGH FamRZ 1998, 89 m. w. N.).

Die vom Versorgungsträger erteilte Auskunft dient nicht nur der Wahrheitsfindung, sondern der Versorgungsträger erfüllt damit zugleich eine ihm gegenüber dem Versicherten und dessen Ehegatten obliegende Amtspflicht. Dies kann, wenn es aufgrund einer fehlerhaften Auskunft zu einer unrichtigen Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich kommt, bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen zu Schadenersatzansprüchen der Parteien, auch zu einem materiell-rechtlichen Anspruch auf Ersatz von Prozesskosten, führen (BGH a.a.O.).

Die vom Familiengericht der angefochtenen Entscheidung zugrundegelegten Auskünfte des Landesbesoldungsamtes vom 05.11. und 25.11.2003 waren jedoch nicht fehlerhaft. Das Familiengericht hätte diese seiner Entscheidung am 12.05.2004 aber nicht zu Grunde legen dürfen, weil sich zwischenzeitlich Änderungen im Hinblick auf die ruhegehaltfähigen Sonderzahlungen durch das Sonderzahlungsgesetz M-V vom 16.10.2003, die sich auf die Versorgungsanwartschaften auswirken, ergeben hatten.

Anders als die Antragstellerin meint, war das Landesbesoldungsamt jedoch nicht verpflichtet, ohne Aufforderung eine erneute Auskunft zu erteilen. Denn eine solche Auskunft ist gemäß § 53 b Abs. 2 Satz 2 FGG nur auf Verlangen des Familiengerichts vorzulegen, das die Auskünfte einholen kann, nicht jedoch muss.

Im Übrigen war der Verfahrensbevollmächtigen der Antragstellerin mit Verfügung das Familienrichters vom 23.02.2004 die von ihm beabsichtigte Entscheidung zum Versorgungsausgleich auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Auskünfte der Versorgungsträger mitgeteilt worden. Mit Anwaltsschriftsatz vom 02.04.2004 ließ die Antragstellerin dem Familiengericht mitteilen, dass sie keine Einwände gegen die beabsichtigte Entscheidung habe. Auch die anwaltlich vertretene Antragstellerin hätte sich durch die Rechtsänderung durch das Sonderzahlungsgesetz M-V veranlasst sehen müssen, die Auswirkungen auf den Versorgungsausgleich der Parteien weiter aufklären zu lassen. Dies ist nicht geschehen.

Ende der Entscheidung

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