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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 12.09.2006
Aktenzeichen: 11 UF 43/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, KostO, FGG


Vorschriften:

ZPO § 621 e Abs. 1
BGB § 1618
BGB § 1618 S. 4
BGB § 1628 S. 1
BGB § 1618 S. 4
KostO § 30 Abs. 2
KostO § 131 Abs. 1 Nr. 1
KostO § 131 Abs. 2
FGG § 13 a Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Az.: 11 UF 43/06

Beschluss

In der Familiensache

betreffend das minderjährige Kind C... , geb. am ... wohnhaft bei der Kindesmutter,

hat der 2. Familiensenat des Oberlandesgerichts Rostock durch am 12. September 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Greifswald - Familiengericht - vom 15.03.2006, Az.: 62 F 141/04, wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Die Antragstellerin hat die dem Antragsgegner entstandenen Kosten zu erstatten.

Der Beschwerdewert beträgt 3.000,00 EUR.

Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Die Parteien sind Eltern des am ... nichtehelich geborenen Kindes C.... Der Antragsgegner hat mit Zustimmung der Antragstellerin und des Kindes am 12.10.1999 vor dem Jugendamt der Hansestadt xxx , Beurk.-Reg.-Nr.: ..., die Vaterschaft anerkannt. Aufgrund einer Sorgeerklärung vom 21.12.1999, beurkundet durch das Jugendamt der Hansestadt xxx, Beurk.-Reg.-Nr.: ..., steht den Eltern die elterliche Sorge für C... gemeinsam zu. C... trägt den Namen der Antragstellerin.

Die Parteien haben sich im August 2002 getrennt. Das Kind lebt seitdem in Obhut der Antragstellerin. Diese hat am 18.06.2004 geheiratet und trägt mit ihrem Ehemann den gemeinsamen Ehenamen "St...".

Nach Bestellung des Jugendamtes des Landkreises O. als Verfahrenspfleger für das Kind und persönlicher Anhörung der Eltern und des Kindes lehnte das Familiengericht mit Beschluss vom 15.03.2006 die Ersetzung der Einwilligung des Antragsgegners in die Einbenennung des Kindes C... ab. Wegen der Entscheidungsgründe nimmt der Senat auf den Beschluss des Familiengerichts Bezug.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.

Sie hält die Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des Antragsgegners in die Einbenennung für erfüllt. Sie trägt vor, das Familiengericht habe die nötige Interessenabwägung der Beteiligten unberücksichtigt gelassen. Nicht nur sie habe vorgetragen, dass die bestehende Situation bei dem Kind zur Verwirrung führe, was in Anbetracht des Alters des Kindes bereits eine erhebliche Beeinträchtigung des Kindeswohls darstelle, sondern auch das Jugendamt als Verfahrenspfleger habe dargelegt, dass die Situation dem Kind sichtlich Probleme bereite. Der Antragsgegner habe in seiner Anhörung durch das Familiengericht den Grund, der ihn zur Verweigerung der Zustimmung bewegt, nicht benennen können. Er habe jedoch zum Ausdruck gebracht, jetzt auch einmal "gewinnen" zu wollen. Hintergrund sei, dass es ein Umgangsregelungsverfahren und ein Verfahren betreffend den Kindesunterhalt gegeben habe, die beide nicht den Vorstellungen des Antragsgegners entsprechend entschieden worden seien. Der Antragsgegner sei bei seiner Entscheidung nicht durch das Motiv geleitet worden, durch den Namen die Bindung zu dem Kind verstärken zu wollen. Vielmehr handele es sich hierbei um eine verwerfliche Racheaktion gegen sie, weil sie in den vorhergehenden Verfahren aus Sicht des Antragsgegners obsiegt hatte. Auch dieses Motiv müsse bei der Frage, ob die begehrte Ersetzung erfolgen solle oder nicht, berücksichtigt werden.

Die Antragstellerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Zustimmung des Antragsgegners zur Änderung des Namens des Kindes von "B..." in "St..." zu ersetzen.

Der Antragsgegner hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Das Jugendamt hat dargelegt, C... vermittele den Eindruck, dass es ihr wichtig sei, den Namen St... zu tragen. Es sei geradezu selbstverständlich, dass C... von ihren kleinen Freunden und deren Eltern im Kindergarten oder beim Kaufmann mit dem Namen ihrer gegewärtigen Familie gerufen werde und sich auch so identifiziere. C... möchte endlich vollständig zur Familie gehören, denn sie sehe in dem Ehemann der Antragstellerin ihren Vater und ihre Bezugsperson. Nach Ansicht des Jugendamtes solle dem Kinderwunsch und dem Kindeswohl Rechnung getragen und der Namensänderung zugestimmt werden.

B.

Die gemäß § 621 e Abs. 1 ZPO statthafte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, jedoch unbegründet.

Zu Recht hat das Familiengericht die Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des Antragsgegners in die Einbenennung des Kindes nicht als erfüllt angesehen. Dem Vorbringen der Antragstellerin ist bereits nicht zu entnehmen, ob auch ihr Ehemann gemeinsam mit ihr dem Kind den Ehenamen erteilt hat, für dessen Wirksamkeit die begehrte Einwilligung des Antragsgegners erforderlich wäre (§ 1618 S. 1 BGB). Dies unterstellt, bestimmt sich die Frage, ob die Einwilligung des anderen Elternteils in die von einem Elternteil und seinem Ehegatten erklärte Namenserteilung ersetzt werden kann, nach § 1618 S. 4 BGB. Danach kann die Einwilligung des anderen Elternteils erst dann ersetzt werden, wenn konkrete Umstände vorliegen, die das Kindeswohl gefährden und wenn die Einbenennung daher unerlässlich ist, um Schäden von dem Kind abzuwenden.

Das Namenserteilungsrecht ist Ausfluss des Personensorgerechts der Eltern (§ 1626 BGB). Beruht das Erfordernis der Zustimmung zur Einbenennung nach der Neufassung des § 1618 BGB durch Artikel 1 Abs. 1 KindRVerbG darauf, dass dem anderen Elternteil die gemeinsame Sorge zusteht, ist die Ersetzung der verweigerten Zustimmung trotz anderer Interessenlage ebenfalls nur zulässig, wenn die Einbenennung zum Wohl des Kindes (§ 1697 a BGB) erforderlich ist. Die Ersetzung der Einwilligung kommt bei gemeinsamer Sorge inhaltlich einem Eingriff in das elterliche Sorgerecht des anderen Elternteils gleich, der nur deshalb nicht einer richterlichen Entscheidung über § 1628 S. 1 BGB unterstellt wird, weil § 1618 S. 4 BGB nach dem Willen des Gesetzgebers eine speziellere Regelung hierfür enthält (Bamberger/Roth/Enders, Beck'scher Online-Kommentar, § 1618 Rdn. 13; BT-Drucks. 14/8131 S. 8), die höhere Eingriffsvoraussetzungen aufstellt.

Die Ersetzung der Einwilligung setzt nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2005, 889; FamRZ 2002, 257; FamRZ 2002, 94) eine Abwägung der grundsätzlich gleichrangigen Kindes- und Elterninteressen voraus. Auch wenn es im Regelfall dem Wohl des Kindes entspricht, den selben Namen zu tragen, wie die neue Familie, in der es jetzt lebt, darf nicht übersehen werden, dass diese Bewertung des Kindeswohls regelmäßig ihrerseits auf einer Abwägung einander widerstreitender Interessen des Kindes beruht. Einerseits ist die Integration in die Stieffamilie ein wichtiger Kindesbelang, andererseits aber auch die Kontinuität der Namensführung, deren Bedeutung weit über das Kindesalter hinausreicht und daher nicht allein aus der Perspektive der aktuellen familiären Situation beurteilt werden darf (BGH FamRZ 2005, 889). Die Frage der Namenskontinuität ist danach auch dann beachtlich, wenn - wie hier - ein Namensband zwischen dem Elternteil, dessen Einwilligung in die Einbenennung begehrt wird, und dem Kind nicht besteht, weil das Kind den früheren Namen des Elternteils trägt, welcher die Einbenennung betreibt.

Im Hinblick auf das Mitsorgerecht des Antragsgegners und den Grundsatz der Namenskontinuität teilt der Senat die Ansicht des Familiengerichts, dass die Ersetzung der Einwilligung des Antragsgegners in die Einbenennung des Kindes nicht erforderlich i.S.d. § 1618 S. 4 BGB ist. Dass sich aus der Namensverschiedenheit für C... eine das Kindeswohl nachhaltig berührende außerordentliche Belastung ergibt, die die Namensänderung unabdingbar macht, ist jedenfalls nach den Darlegungen der Beteiligten auch für den Senat nicht feststellbar. C... hat im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung durch die Rechtspflegerin des Familiengerichts zum Ausdruck gebracht, dass sie den jetzigen Nachnamen sehr schön finde, ihr der Ehename der Kindesmutter aber besser gefalle, weil diese auch so heiße. Allein der Wunsch der Kindesmutter und des Kindes denselben Namen zu tragen, rechtfertigen die Ersetzung der Einwilligung nach dem strengen gesetzlichen Maßstab des § 1618 S. 4 BGB nicht. Bestehende Namensverschiedenheiten in der Familie treffen grundsätzlich jedes Kind, dass bei einem Elternteil lebt, der den Namen seines neuen Ehepartners angenommen hat. Bloße Widrigkeiten als Folge der Namensverschiedenheit und die Notwendigkeit, vielleicht diese auf Nachfragen erklären zu müssen, können die gedeihliche Entwicklung nicht ernsthaft beeinflussen und vermögen daher die Erforderlichkeit einer Namensänderung nicht zu begründen (BGH FamRZ 2002, 1332).

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO, § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.

Die Entscheidung zum Gegenstandswert folgt aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen, da die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (§ 14 FGG, § 114 ZPO).

Ende der Entscheidung

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