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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 25.02.2009
Aktenzeichen: 2 U 5/08
Rechtsgebiete: BGB, VerbrKrG


Vorschriften:

BGB § 142 Abs. 1
VerbrKrG § 1
VerbrKrG § 1 Abs. 2
VerbrKrG § 2 Nr. 3
VerbrKrG § 3 Abs. 1 Nr. 2
VerbrKrG § 4 Abs. 1
VerbrKrG § 4 Abs. 1 Nr. 1
VerbrKrG § 4 Abs. 3
VerbrKrG § 5
VerbrKrG § 6 Abs. 1
VerbrKrG § 6 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U 5/08

Verkündet am: 25.02.2009

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.02.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Stralsund vom 10.01.2007, Az: 6 O 198/06, geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreit trägt die Klägerin. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines einem Dritten gewährten Zuschusses zum Betrieb einer Gaststätte in Anspruch.

Am 02.11.998 schloss die.....GmbH (im Weiteren: die Brauerei) mit Herrn....eine Vereinbarung hinsichtlich des Gastronomieobjektes ... in Stralsund. Danach gewährte die Brauerei Herrn .... einen Zuschuss i. H. v. 10.000,00 DM zzgl. MwSt. Im Gegenzug verpflichtete sich Herr ..., beginnend am 1.11.1998 "bis zum 28.02.2008 und bis zur Abnahme von 600 hl ", zum ausschließlichen Bezug von diversen dort aufgeführten Bieren der Brauerei. Sollte Herr ......die Gaststätte verkaufen oder verpachten, war er verpflichet, die Verpflichtung aus diesem Vertrag dem Rechtsnachfolger aufzuerlegen. Der Brauerei wurde ein fristloses Kündigungsrecht, u.a. bei Minderbezug oder Einstellung des Gaststättenbetriebes, eingeräumt. Weiterhin wurde festgehalten, dass der Zuschuss rückzahlbar sei, wenn - ungeachtet des Grundes - die Vereinbarung vorzeitig endete. In diesem Fall verminderte sich die Rückzahlungsverpflichtung um jeweils DM 16,70 pro bezogenem Hektoliter. Herr ... unterschrieb eine "Belehrung über das Widerrufsrecht" und bestätigte mit seiner Unterschrift, eine Abschrift des Vertrages erhalten zu haben.

Im September 1999 erwarb der Beklagte die Gaststätte von Herrn ..... Unter dem 06.01.2000 unterschrieb er in Gegenwart des Zeugen ..., der für die Klägerin die Gespräche geführt hatte, eine von der .........gefertigte und von dieser unter dem 11. November 1999 unterzeichnete "Eintrittsvereinbarung", wonach er mit Wirkung vom 01.10.1999 mit allen Rechten und Pflichten in die "Zuschussvereinbarung vom 02.11.1998" eintrete. Die Zuschussvereinbarung sei dieser Einstrittsvereinbarung als wesentlicher Bestandteil in Fotokopie beigefügt. Der Vorgänger in der Gaststätte, Herr ........, bleibe weiterhin für die Erfüllung des Vertrages haftbar. Der Beklagte unterzeichnete eine Belehrung über das Widerrufsrecht und bestätigte, eine Abschrift seiner Willenserklärung erhalten zu haben.

In 2003 verkaufte der Beklagte die Gaststätte weiter. Mit Schreiben vom 17.01.2005 kündigte die Brauerei die Eintrittsvereinbarung gegenüber dem Beklagten und stellte einen Restbetrag des Zuschusses in Höhe von 5.825,00 Euro fällig. Mit schriftlicher Abtretungserklärung vom 14.11.2005 trat die ..........GmbH ihre Ansprüche gegen den Beklagten an die Klägerin ab.

Die Klägerin hat behauptet, die..... GmbH sei zwischenzeitlich eine Tochtergesellschaft von ihr und sie sei ihre Rechtsnachfolgerin. Sie hat die Auffassung vertreten, ihr stehe aus der Zuschussvereinbarung nach deren Kündigung ein Anspruch auf Erstattung des Zuschussbetrages gegen den Beklagten zu.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten als Gesamtschuldner neben Herrn ...... zu verurteilen, an sie 5.838,55 € nebst Zinsen i. H. v. 8% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.02.2005 auf 5.825,00 € zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, in Gegenwart von Herrn ...sei besprochen worden, dass keine Übernahme erfolge, er sei lediglich gebeten worden, weiter Bier zu verkaufen. Herr ... habe ihm seinerzeit erklärt, dass Herr .... weiterhin alleine haften solle. Er bestreite, dass die für die ........GmbH in Vertretung unterzeichneten Personen vertretungsberechtigt gewesen seien. Er bestreite den Zugang des Kündigungsschreibens vom 17.01.2005.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der 1. Instanz wird auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 10.01.2007 den Beklagten zur Zahlung von 5.825,00 € als Gesamtschuldner neben Herrn ....sowie weiterer 6,78 Euro für eine Adressenermittlung verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Beklagte sei durch die Eintrittsvereinbarung vom 11.11.1999/06.01.2000 wirksam in die Zuschussvereinbarung vom 02.11.1998 eingetreten. Es könne dahinstehen, ob der Zeuge ... während der Verhandlung bekundet habe, der Beklagte übernehme nur die Verpflichtung, weiterhin Produkte der ....GmbH auszuschenken. Selbst wenn es eine derartige mündliche Vereinbarung gegeben haben sollte, stehe dem die in der Eintrittsvereinbarung enthaltene Regelung entgegen, dass die Vertragsparteien bestätigen, dass mündliche Nebenabreden nicht getroffen worden seien. Die Eintrittsvereinbarung sei auch nicht gem. § 142 Abs. 1 BGB aufgrund der erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung unwirksam.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit dem er seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und insbesondere die Aktivlegitimation der Klägerin in Abrede stellt. .

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 10.01.2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch gegen den Beklagten aus der Eintrittsvereinbarung 11.11.1999/6.01.2000 zur Zuschussvereinbarung vom 2.11.1998 nicht zu. Auf die Frage der Aktivlegitimation der Klägerin muss es hierbei nicht ankommen.

Die Eintrittsvereinbarung ist gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrG nichtig. Sie wird den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 VerbrKrG nicht gerecht.

Bei der Eintrittsvereinbarung zur Zuschussvereinbarung handelt es sich nach dem erklärten Willen der Vertragsparteien um einen Schuldbeitritt des Beklagten zu dem Vertragsverhältnis zwischen der ... GmbH und Herrn ....., der weiterhin für die Erfüllung des Vertrages haftbar sein sollte. Ein Schuldbeitritt ist kein Kreditvertrag, er wird ihm jedoch aufgrund wertender Betrachtung gleichgestellt (vgl. BGHZ 133, 31; BGH NJW 2006, 431). Ist der Beitretende ein Verbraucher oder ein Existenzgründer, finden die Vorschriften des VerbrKrG Anwendung. Auf einen solchen Vertrag findet, da er vor dem 01.01.2002 abgeschlossen wurde, gemäß EGBGB 229 § 5 das VerbrKrG Anwendung.

Bei der "Zuschussvereinbarung" mit Herrn... handelte es sich um einen gemischten Vertrag, der insbesondere Elemente des Kaufs (Bierlieferungsvertrag) und des Darlehens (Zuschussgewährung) enthält. Der Anspruch auf das Darlehen und die Ansprüche aus dem Kauf stehen miteinander in einem Gegenseitigkeitsverhältnis.

Der Frage, ob der Beklagte Verbraucher i.S. des § 1 VerbrKrG war, muss nicht nachgegangen werden. Hinsichtlich des Schuldbeitritts war er jedenfalls ein Existenzgründer i.S. des § 3 Abs. 1 Nr. 2 VerbrKrG. Unstreitig hatte er im September 1999 die Gaststätte, auf die sich die Zuschussvereinbarung bezog, von Herrn .... erworben. Der Schuldbeitritt diente für ihn der Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit, nämlich der Führung einer Gaststätte mit Namen ..... in den Räumlichkeiten der früheren Gaststätte .... . Dass die "Eintrittsvereinbarung" vom Beklagten erst einige Wochen nach dem Erwerb der Gaststätte unterzeichnet wurde, ist unschädlich. Das Geschäft, hier der Schuldbeitritt, muss nicht vor dem Beginn der Tätigkeit abgeschlossen sein, es muss nur mit der Aufnahme in Zusammenhang stehen (vgl. Schwintowski, jurisPK-BGB, § 507 BGB m.w.N.). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Beklagte zuvor schon eine Gaststätte geführt hatte oder aber gleichzeitig eine weitere Gaststätte führt. Entscheidend ist, dass er mit dem Kauf der Gaststätte des Herrn .... ein neues Geschäft aufgemacht hat.

Der Bierlieferungsvertrag mit Herrn .... unterfiel der Bestimmung des § 2 Nr. 3 VerbrKrG (vgl. BGHZ 109, 314; OLG Köln BB 1996, 2061) und damit den Formvorschriften des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 VerbrKrG. Der von Herrn .... unterzeichnete Vertrag wahrte diese Formvorschriften.

Bei der Gewährung des "Zuschusses" in Höhe von 10.000,00 DM an Herrn .... handelte es sich materiell um ein Darlehen und damit um einen Kreditvertrag i.S. des § 1 Abs. 2 VerbrKrG. Die Brauerei gewährte diesem - abweichend von der Wortwahl der Vereinbarung - keinen Zuschuss, sondern einen mit einer Rückzahlungsvereinbarung verbundenen Vorschuss zur Ausstattung der Gaststätte ..... in Stralsund. Der von der Brauerei gewährte Zuschuss war kein "verlorener" sondern ein solcher, der durch einen vertragsgemäßen Bezug von Bieren der Brauerei und einem Einbehalt von 16,70 DM pro bezogenem hl getilgt werden sollte. Die vereinbarte Gesamtabnahme von 600 hl und die vertraglich mit 16,70 DM pro bezogenem hl festgesetzte und einzubehaltende Gutschrift ergaben einen Gesamtwert von 10.020,00 DM, dieser überstieg den Zuschussbetrag (netto) sogar. Im Falle eines Minderbezuges oder eines Aufgebens der Gaststätte stand der Brauerei ein Kündigungsrecht zu, in diesem Fall sollte der gesamte danach noch offene Zuschussrestbetrag fällig werden. Die damit vorliegende Kreditgewährung war entgeltlich, da sie in einem Gegenleistungsverhältnis mit der Verpflichtung zum ausschließlichen Bierbezug bei der Brauerei stand.

Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit dieser Kreditvereinbarung mit Herrn .... gemäß §§ 6 Abs. 1 i.V.m. 4 Abs. 1 VerbrKrG können im Ergebnis dahinstehen. Auch wenn dieses Vertragsverhältnis den Formvorschriften entsprochen haben sollte, wäre der Beklagte diesem nicht wirksam beigetreten.

Die Klägerin hat keine Urkunde vorgelegt, die die in § 4 Abs. 1 VerbrKrG geforderten Angaben enthält und die vom Beklagten unterzeichnet wurde. Die Bestimmung des § 4 VerbrKrG ist auf einen Schuldbeitritt anwendbar (vgl. BGH NJW 1997, 3169). Eine von dem Beklagten zu unterzeichnende Urkunde musste gemäß § 4 Abs. 1 VerbrKrG zumindest die Höhe des ursprünglichen Kreditbetrages, die Höhe der bisher erfolgten Verrechnungen, die Höhe des noch offenen Kreditbetrages und die Regelungen hinsichtlich der Rückzahlung des Zuschussrestes enthalten. Die von der Klägerin vorgelegte und vom Beklagten unterzeichnete "Eintrittsvereinbarung" enthält solche Angaben nicht.

Eine Heilung des unwirksamen Vertrages gem. § 6 Abs. 2 VerbrKrG ist nicht erfolgt, da der Beitretende bei einem Schuldbeitritt den Kredit nicht empfangen hat (vgl. OLG Karlsruhe, WM 1999, 222).

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 91 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Wert des Streitgegenstandes beträgt 5.831,78 Euro.

Ende der Entscheidung

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