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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Urteil verkündet am 15.03.2000
Aktenzeichen: 2 U 87/98
Rechtsgebiete: ZPO, HOAI, BGB


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 S. 1
ZPO § 713
HOAI § 8 Abs. 1
HOAI § 62 Abs. 2 Nr. 1
HOAI § 66
HOAI § 22
HOAI § 62 Abs. 4
HOAI § 65
HOAI § 5 a
BGB § 281
BGB § 284 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

2 U 87/98 4 O 276/98 -LG Rostock-

verkündet am: 15.03.2000

Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock auf die mündliche Verhandlung vom 01. März 2000 durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts und die Richter am Oberlandesgericht und

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung - das Urteil des Landgerichts Rostock vom 23.10.1998 wie folgt abgeändert und neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 29.793,17 DM nebst 4% Zinsen seit dem 21.03.1999 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner; die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig. Der Kläger hat in erster Instanz einen Teilbetrag seiner Schlussrechnung vom 17.03.1996 eingeklagt. Er ist nicht gehindert, seiner Berufung eine neue Schlussrechnung zu Grunde zu legen und im Wege der Klageerweiterung den Schlussrechnungsbetrag in voller Höhe geltend zu machen.

II. Die zulässige Berufung und die Klage im erweiterten Umfang sind überwiegend begründet. Der Anspruch in der Hauptsache folgt aus dem geschlossenen Statikervertrag in Verbindung mit den Vorschriften der HOAI.

1. Die Schlussrechnung vom 06.03.1999 ist prüffähig i. S. d. § 8 Abs. 1 HOAI.

Zwar legt der Kläger auch bezüglich der Leistungsphase 4 nur eine Kostenberechnung vor und nicht - wie es § 62 Abs. 2 Nr. 1 HOAI im Grundsatz verlangt - eine Kostenfeststellung. Dies schadet aber nicht, weil das Bauvorhaben nicht realisiert worden ist. In diesen Fällen kann die Abrechnung nach der vorliegenden Kostenermittlungsart erfolgen. Zudem ziehen die Beklagten die Kostenberechnung nicht substantiiert in Zweifel, obwohl ihnen dies möglich wäre. Damit geben sie zu erkennen, dass sie keine besonderen Informations- und Prüfinteressen haben (vgl. hierzu zuletzt BGH MDR 2000, S.264 m.w.N.). Insbesondere können sie den Kläger nicht auf eine Auskunftsklage verweisen, um sich die für eine detailliertere Abrechnung erforderlichen Angaben zu verschaffen (vgl. BGH NJW 1995, S. 399, 401).

Für die Prüffähigkeit ist es ohne Belang, ob der Kläger zutreffend nach zwei Gebäuden abgerechnet hat oder nach einem Gebäude hätte abrechnen müssen. Dies ist eine Frage der Richtigkeit der Abrechnung (vgl. hierzu u.a. OLG Koblenz NJW RR 1999, S. 1250, 1251; Locher/Koeble/Frick HOAI 7. Aufl. § 8 Rdn. 20).

Schließlich wird die Prüffähigkeit auch nicht dadurch tangiert, dass der Kläger die Leistungsphase 3 nur zu 50 % abrechnet und dies nicht weiter begründet. Die Prüffähigkeit ist kein Selbstzweck und die Beklagten greifen diese für sie letztlich vorteilhafte Abrechnung auch nicht an.

2. Der Kläger kann indes nur nach den Kosten für ein Gebäude abrechnen und nicht nach den Kosten für mehrere Gebäude gem. § 66 HOAI.

Bei der Abgrenzung im Rahmen des § 66 HOAI kommt es nicht darauf an, ob mehrere Tragwerke geplant worden sind, sondern allein darauf, ob mehrere Gebäude vorliegen. Ein Gebäude kann durchaus mehrere Tragwerke haben, ohne dass damit der Anwendungsbereich des § 66 HOAI eröffnet würde. Bei der Abgrenzung kommt es maßgeblich darauf an, ob nach den Anschauungen des täglichen Lebens von einer Einheit im Sinne baulicher Selbständigkeit die Rede sein kann (vgl. u.a. Hesse/Korbion, HOAI 5. Auflage § 22 Rdn.5). Bei der Abgrenzung ist auf die Grundsätze zurückzugreifen, die zu § 22 HOAI entwickelt worden sind (allgm. Ansicht; vgl. u. a. Hesse/Mantscheff a.a.O. § 66 Rdn. 2). Bedeutsam ist u.a., ob die Gebäude durch einen Zwischenraum getrennt sind (vgl. Locher/Koeble/Frick HOAI 7. Auflage § 22 Rdn.4 m.w.N.), ob die Gebäudekomplexe über gemeinsame Versorgungsanlagen verfügen (Locher/Koeble/Frick a. a. O; OLG Hamm NJW-RR 1990 S. 522), ob die Gebäude in gleicher Art und Weise genutzt werden (vgl. OLG Köln Baurecht 1980 S. 282, 283) und ob es sich um einen Anbau größerer oder kleinerer Art handelt (vgl. OLG Düsseldorf Baurecht 1996, S. 288).

Unter Zugrundelegung dieser Gesichtpunkte ist der Senat der Auffassung, dass von nur einem Gebäude i.S.d. HOAI auszugehen ist. Entscheidend für diese Wertung ist vor allem, dass die Gebäude über gemeinsame Versorgungsanlagen haben verfügen sollen, wie der vorgelegte Kellergrundriss zeigt, dass die Gebäudekomplexe in gleicher Art und Weise genutzt haben werden sollen und dass sie miteinander durch Gänge und Flure haben verbunden sein sollen, wobei es sich nicht nur um Not- bzw. Fluchtwege hat handeln sollen. Auch die vorgelegten Außenansichten legen den Schluss nahe, dass nach Realisierung des Bauvorhabens der unbefangene Betrachter nur von einem großen Hotelgebäude würde ausgehen können. Der Anbau ist derart in die vorgegebene Architektur des Altgebäudes eingepasst, dass der Anbau im Nachhinein nicht mehr als solcher ohne weiteres hat erkennbar sein sollen.

3. Damit ist die Abrechnung des Klägers wie folgt zu korrigieren:

- Anrechenbare Kosten Altbau insgesamt 891.482,85 DM netto

- Anrechenbare Kosten Anbau insgesamt 1.779.010,92 DM netto

Summe 2.670.493,77 DM netto

x 55 % gem. § 62 Abs. 4 HOAI = 1.468.771,53 DM netto

Bei Honorarzone III unter Zugrundelegung der entsprechenden Mindestsätze ergibt sich gem. § 65 HOAI Stand 1994 i.V.m. § 5 a HOAI folgendes Honorar für 100 %:

90.870,00 DM|abzügl. 65.820,00 DM|:|500.000,00 DM|x|468.771,53 DM|zuzügl.|65.820,00 DM|=|89.305,45 DM netto.

Soweit der Altbau betroffen ist, muss ein Umbauzuschlag i.Hv. 20 % berücksichtigt werden. Dieser Zuschlag ist ausgehend von den den Altbau betreffenden anrechenbaren Kosten (891.482,85 DM netto) zu errechnen (vgl. hierzu Hesse/Korbion, HOAI, 5. Aufl., § 24 Rdn.1 a.E.). Es ergibt sich folgende Rechnung:

Anrechenbare Kosten Altbau insgesamt 891.482,85 DM netto x 55 gem. § 62 Abs.4 HOAI = 490.315,56 DM netto. Gem. § 65 HOAI Stand 1994 i.V.m. § 5 a HOAI beläuft sich das Honorar für 100 auf 37.333,44 DM netto. Der Umbauzuschlag beträgt 20 % x 37.333,44 DM netto = 7.466,69 DM netto.

Das Gesamthonorar für 100 % beläuft sich auf 96.772,14 DM netto.

Für die Leistungsphasen 1 bis 4 ergibt sich ein Betrag i.H.v. 49 % x 96.772,14 DM = 47.418,35 DM netto.

Zuzügl. Nebenkosten i.H.v. 1.097,45 DM netto (vgl. "Abrechnung der Lichtpausen und Kopien") errechnen sich

|48.515,80 DM netto|=|55.793,17 DM brutto|abzügl. Abschlagszahlung i.H.v.|26.000.00 DM|=|29.793.17 DM.

III. Nebenentscheidungen

Zinsen stehen dem Kläger dem Grunde nach gem. §§ 281, 284 Abs. 1 BGB ab Zustellung der korrigierten Schlussrechnung vom 06.03.1999 in Verbindung mit der Berufungsbegründung vom 20.03.1999 zu. Denn erst mit Zugang hat eine prüffähige Abrechnung vorgelegen und ist eine Fälligkeit gegeben gewesen. Die vorherige Schlussrechnung vom 07.03.1996 hat den Anforderungen an eine prüffähige Abrechnung nicht genügt. Die Zinshöhe folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.

Die Kosten des Berufungsverfahrens muss der Kläger nicht nur insoweit tragen, als seine Klage und Berufung unbegründet ist (§ 97 mAbs.1 ZPO), sondern auch insoweit, als er 11.500,00 DM verlangt hat. Dies führt zur ausgesprochenen Kostenaufhebung (§ 92 Abs. 1 ZPO). Seine Klage ist in erster Instanz zu Recht mangels Fälligkeit abgewiesen worden, was bei der Kostenentscheidung gem. § 97 Abs.2 ZPO zu berücksichtigen ist. Die Kosten erster Instanz müssen die Beklagten in voller Höhe tragen, da sie zu mehr als 11.500,00 DM zu verurteilen sind (§ 91 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 ZPO. Die Beschwer für den Kläger und für die Beklagten beläuft sich auf jeweils weniger als 60.000,00 DM. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beläuft sich auf 36.949,70 DM.

Ende der Entscheidung

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