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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 21.11.2003
Aktenzeichen: 3 U 208/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 269
ZPO § 522 Abs. 2
1. Die Berufung gegen ein Versäumnisurteil bestätigendes Urteil hat auch dann keine Aussicht auf Erfolg, wenn das Versäumnisurteil zwar prozesswidrig erlassen war, das Landgericht jedoch bei gebotener Aufhebung des Versäumnisurteils in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtsfehlerfrei zum selben Ergebnis gelangt wäre.

2. Nimmt der in erster Instanz obsiegende Kläger im Berufungsrechtzug die Klage wegen eines Teils der ihm zu Unrecht zuerkannten Zinsen zurück, so ist der Widerspruch des Beklagten (= Berufungskläger) gegen die teilweise Klagerücknahme rechtsmissbräuchlich, wenn er damit die mündliche Verhandlung über die Berufung insgesamt erzwingen will.


Oberlandesgericht Rostock Beschluss

Geschäftsnummer 3 U 208/03

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eckert, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Jedamzik und die Richterin am Landgericht Gombac

am 21.11.2003 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.05.2003 verkündete Vorbehalts-Urteil des Landgerichts Schwerin (Az.: 4 O 471/02) wird unter Berücksichtigung der wirksamen teilweisen Klagerücknahme mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt gefasst wird:

Das Versäumnisurteil vom 14.03.2003 wird in Höhe von 7.493,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank

auf 153,39 € seit dem 05.03.2002

auf 153,39 € seit dem 05.04.2002

auf 579,04 € seit dem 05.05.2002

auf 579,04 € seit dem 05.06.2002

auf 1.004,69 € seit dem 04.07.2002

auf 1.004,69 € seit dem 04.08.2002

auf 1.004,69 € seit dem 05.09.2002

auf 1.004,69 € seit dem 05.10.2002

auf 1.004,69 € seit dem 05.11.2002

auf 1.004,69 € seit dem 05.12.2002

aufrechterhalten und im Übrigen aufgehoben.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 3.014,07 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank

auf 1.004,69 € seit dem 05.01.2003

auf 1.004,69 € seit dem 05.02.2003

auf 1.004,69 € seit dem 05.03.2003

zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Klägerin kann die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil, soweit es aufrechterhalten wird, gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 8.500,00 € fortsetzen. Im Übrigen ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt vorbehalten, ihre Rechte im Nachverfahren geltend zu machen. Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Streitwert der Berufung: 10.570,07 €.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte im Urkundenprozess auf Zahlung rückständiger Mieten und Nebenkosten in Anspruch. Mit der Klageschrift machte sie 7.493,00 € nebst Zinsen geltend, und zwar

für März und April 2002 die Nebenkosten (jeweils 153,39 €),

für Mai und Juni 2002 einen Teil der Grundmiete und die Nebenkosten (jeweils 579,04 €) sowie

für Juli bis Dezember 2002 die Grundmiete und Nebenkosten (jeweils 1.004,69 €).

Mit Schriftsatz vom 04.03.2003, der der Beklagten am 07.03.2003 zugestellt wurde, erweiterte die Klägerin die Klage um die Mieten zuzüglich Nebenkosten für die Monate Januar bis März 2003 (jeweils 1004,69 €). In der mündlichen Verhandlung am 14.03.2003 erging gegen die Beklagte Versäumnisurteil über 10.507,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz auf Teilbeträge hierauf jeweils seit dem 4. Tag der Monate März 2002 bis März 2003.

Nach Einspruch verhandelte das Landgericht am 09.05.2003. Ausweislich des Sitzungsprotokolls beantragte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, in das Protokoll aufzunehmen, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vom Urkundenprozess Abstand genommen habe. Diesen Antrag wies das Landgericht mit Beschluss vom 14.05.2003 zurück. Mit Urteil vom 15.05.2003 hielt das Landgericht das Versäumnisurteil vom 14.03.2003 aufrecht und behielt der Beklagten die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vor.

Hiergegen richtet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Mit Schreiben vom 11.08.2003, das auf den Beschluss vom selben Tag Bezug nahm, wies der Senatsvorsitzende darauf hin, dass die Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO erwogen werde. Nach weiterem gerichtlichen Hinweis nahm die Klägerin die Klage hinsichtlich eines Teils der Zinsforderung zurück; sie begehrt auf die aus dem Tenor ersichtlichen monatlichen Teilbeträge mit Ausnahme der Monate Juli und August 2002 Verzinsung nur noch seit dem 5. Tag des jeweiligen Monats. Die Beklagte stimmt der teilweisen Klagerücknahme nicht zu.

II.

Nachdem die Klägerin die Klage hinsichtlich eines geringfügigen Teils der Zinsforderung wirksam zurückgenommen hat (dazu unter III.), ist die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

1.

Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

a)

Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass der Vermieter Mietforderungen gem. § 592 ZPO im Urkundenprozess verfolgen und der beklagte Mieter seine Einwendungen gegen den Klageanspruch nur gem. § 598 ZPO erheben kann. An einer Entscheidung im Urkundenprozess war das Landgericht nicht gehindert. Ergänzend zu den Ausführungen des Beschlusses vom 15.05.2003 ist anzumerken, dass die Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der Erörterung am 09.05.2003, er nehme vom Urkundenprozess Abstand, in prozessualer Hinsicht noch nicht bindend war. Sie bedurfte der Protokollierung gem. § 162 Abs. 1 i. V. m. § 160 Abs. 3 Nr. 3 ZPO. Die Äußerung, nicht mehr im Urkundenprozess zu klagen, ist eine wesentliche, die Verfahrensart bestimmende Erklärung, die gem. § 160 Abs. 3 Nr. 3 ZPO im Protokoll festzuhalten ist. Dies erfordert wiederum die Genehmigung der Protokollierung gem. § 162 Abs. 1 ZPO durch den Erklärenden; sie liegt nicht vor.

b)

Der Beklagten ist zuzugeben, dass das Landgericht das Versäumnisurteil vom 14.03.2003 insofern prozessual fehlerhaft erlassen hat, als es die Beklagte auch nach dem Antrag des klageerweiterenden Schriftsatz vom 04.03.2003, der ihr am 07.03.2003 zugestellt wurde, verurteilt hat. Dies ist rechtfehlerhaft, weil hinsichtlich der Klageerweiterung die gem. § 274 Abs. 3 ZPO ZPO einzuhaltende zweiwöchige Einlassungsfrist, die auch im Urkundenprozess gilt, nicht gewahrt war. Bei Beachtung der prozessualen Regeln hätte das Landgericht - seiner Einschätzung der Rechtslage folgend - nämlich nach entsprechenden Hinweisen an die Parteien auf die mündliche Verhandlung vom 09.05.2003 das Versäumnisurteil aufheben müssen, soweit darin die Beklagte zur Zahlung von mehr als 7.493,00 € nebst Zinsen verurteilt wurde, es im Übrigen in Höhe von 7.493,00 € nebst Zinsen aufrechterhalten und die Beklagte zur Zahlung weiterer 3.017,07 € nebst Zinsen gem. Antrag des Schriftsatzes vom 04.03.2003 verurteilen müssen.

Dieser Verfahrensmangel wirkte sich nicht zum Nachteil der Beklagten aus, denn inhaltlich entspricht die gebotene richtige Tenorierung dem Vorbehaltsurteil vom 15.05.2003.

Die Änderung des Tenors bedeutet keinen Erfolg des Rechtsmittels. Erfolg hat ein Rechtsmittel nur, wenn das Berufungsgericht das angefochtene Urteil derart zu Gunsten des Berufungsklägers ändert, dass seine Beschwer geringer ist als zuvor (OLG Rostock [3. Zivilsenat] NJW 2003, 1676 = MDR 2003, 1073; OLG Rostock [6. Zivilsenat] MDR 2003, 828). Ist dieses auszuschließen, so sprechen der Zweck des § 522 Abs. 2 ZPO, nicht unnötig richterliche Arbeitskraft durch intensive Befassung mit substanzlosen Berufungen zu binden (BT-Drucksache 14/4722 S. 97), und das anerkennenswerte Interesse beider Parteien an einer schnellen und kostengünstigen Erledigung einer unbegründeten Berufung für den Beschluss.

Das Berufungsgericht kann den Tenor des angefochtenen Urteils ohne Änderung der materiellen Beschwer durch Beschluss neu fassen. Wenn dies durch Urteil geschehen kann, so kann dies auch durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zulässig, denn der Beschluss tritt an die Stelle des Berufungsurteils (OLG Rostock MDR 2003, 828).

c)

Im Übrigen lässt das angefochtene Urteil keine das Ergebnis zum Nachteil der Beklagten beeinflussende Rechtsfehler erkennen.

aa)

Die eingeklagten Mietforderungen hat die Klägerin durch Vorlage des Mietvertrages urkundlich belegt. Die Miethöhe ergibt sich aus der Staffelmietvereinbarung in § 6 des Mietvertrages. Danach betrug die monatliche Miete ab 01.07.2001 1.665,00 DM = 851,30 €. Hinzukommen Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von monatlich 300,00 DM = 153,39 €. Mit der weiteren Vereinbarung zur Staffelmiete in § 19 Abs. 4 des Mietvertrages hat sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt. Nach dieser Vertragsklausel gilt die Staffelmiete bis zum 01.07.2002 und wird dann an die Vergleichsmiete bzw. die Lebenshaltungskosten angeglichen. Da das Landgericht diese Vertragsklausel nicht ausgelegt hat, ist der Senat an der eigenen Auslegung nicht gehindert.

Diese ergibt, dass die Parteien mit dieser Vereinbarung nicht bezweckten, das Mietverhältnis nach dem 01.07.2002 ohne Vereinbarung der Miethöhe oder mit der nicht erhöhten Anfangsmiete vom monatlich 1.500,00 DM fortzuführen. Sinn der Klausel ist es vielmehr, den Automatismus der Mietanhebungen nach der Erhöhung zum 01.07.2001 nicht fortzusetzen. Wenn es unter § 19 des Mietvertrages heißt, die Staffelmiete werde an die Vergleichsmiete angegeglichen, so bedeutet dies, dass die Staffelmiete solange weiter gilt, bis die Parteien eine neue Miethöhe, angepasst an die Miete für vergleichbare Objekte, vereinbaren; diese kann höher oder niedriger als die ab 01.07.2001 geschuldete Staffelmiete sein. Eine Mietanpassung gemäß dieser Vertragsklausel ist nicht vorgetragen.

Demgemäß kann die Klägerin für die Zeit ab 01.07.2002 weiterhin die vor diesem Termin geltende Miete fordern.

bb)

Die Höhe der Nebenkostenvorauszahlungen ergibt sich ebenfalls aus der Mietvertragsurkunde. Die Klägerin kann sie weiterhin fordern, denn hinsichtlich der in den Jahren 2002 und 2003 fälligen Vorauszahlungen ist Abrechnungsreife noch nicht eingetreten.

cc)

Ein Leistungsverweigerungsrecht hat die Beklagte nicht mit den gem. § 598 ZPO zulässigen Mitteln belegt. Eidesstattliche Versicherungen von Zeugen sind keine im Urkundenprozess geeignete Urkunden.

dd)

Wendet der Mieter gegenüber der im Urkundenprozess eingeklagten Mietforderungen Mietminderung gem. § 536 BGB ein, so hat er, der insoweit die Darlegungslast trägt, die die Mietminderung begründenden Tatsachen urkundlich zu belegen. Diesen Beweis kann die Beklagte mit den von ihr eingereichten Urkunden - ihre Mängelanzeige vom 12.03.2002 und die Erwiderung der Klägerin vom 22.04.2002 - nicht führen.

Nur wenige der Mängel, die die Beklagte mit Schreiben an die Klägerin vom 12.03.2002 angezeigt hat, sind unstreitig. Zu Punkt 2 und 11 (feuchte Wände) ist zweifelhaft, ob Mietminderung nicht deswegen ausgeschlossen ist, weil der Beklagten diese Mängel als auf ihrem Mietgebrauch beruhend (§ 538 BGB) zuzurechnen ist. Mit Urkunden ist dies nicht zu klären. Dasselbe gilt für Punkt 5 (Ungeziefer im WC) und für Punkt 10 (Steckdosen lose). Die vorgelegte Urkunde besagt hierzu nichts. Auch wenn die Klägerin die Notwendigkeit der Insektenbekämpfung zugesteht, so folgt hieraus nicht, dass die Beklagte als Mieterin diesen Mangel nicht zu verantworten hat. Als unstreitige, nicht von der Beklagten zu verantwortende Mängel verbleiben Punkt 3 (Risse im Putz), Punkt 4 (Geruch im WC), Punkt 9 (Schornsteinwand blüht) und Punkt 12 (Regenwasserrinne tropft). Diese Mängel sind bislang nur stichwortartig ohne nähere Angaben beschrieben, so dass das Gericht nicht in der Lage ist abzuschätzen, ob diese den Mietgebrauch erheblich beeinträchtigen und in welchen Ausmaß die Miete gemindert ist.

ee)

Aus den vorgenannten Erwägungen lässt sich mit den von der Beklagten eingereichten Urkunden nicht abwägen, ob die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zum 30.06.2002, die die Beklagte mit Schreiben vom 21.04.2002 erklärte, gem. § 543 Abs. 1, 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB gerechtfertigt ist. Wie erwähnt, kommen insoweit ohnehin nur Punkt 3 (Risse im Putz), Punkt 7 (Geräusche in der Heizung), Punkt 9 (Schornsteinwand blüht) und Punkt 12 (Regenwasserrinne tropft) in Betracht. Insoweit hatte die Klägerin Abhilfe zugesagt. Da besondere Dringlichkeit nicht ersichtlich ist, war der Beklagten zuzumuten, vor Ausspruch der fristlosen Kündigung - sofern die vorhandenen Mängel diese überhaupt rechtfertigen konnte - abzuwarten, ob die Klägerin ihre Zusagen einhält. Wenn die Klägerin nach der Kündigung von weiterer Mängelbeseitigung absah, ist dies kein Indiz dafür, dass sie hierzu generell nicht bereit war, denn nach der mit der außerordentlichen Kündigung dokumentierten Weigerung der Beklagten, den Mietvertrag weiterhin zu erfüllen, war die Klägerin ihrerseits nicht mehr gehalten, die angezeigten Mängel beheben zu lassen.

ff)

Die mangelnde Nachvollziehbarkeit der Nebenkostenabrechnungen für die zurückliegenden Jahre berechtigte die Beklagte nicht zur außerordentlichen Kündigung gem. § 543 Abs. 1 BGB. Der Verzug des Vermieters mit der Betriebskostenabrechnung lässt die Fortführung des Mietverhältnisses für den Mieter nicht unzumutbar werden, denn seine Rechte sind hinreichend gewahrt. Er kann auf Rechnungslegung klagen und insbesondere, um Druck auf den Vermieter auszuüben, die laufenden Nebenkostenvorauszahlungen zurückbehalten.

d)

Nachdem die Beklagte die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils in der Berufungsbegründung nicht angegriffen hat, ist zweifelhaft, ob sie dies mit dem vom 27.10.2003 datierenden Schriftsatz nachholen kann, der am 19.11.2003 per Telefax eingegangen ist. Dies kann dahinstehen, denn die Kostenentscheidung ist nicht rechtsfehlerhaft. Zwar bemerkt die Beklagte zu Recht, dass sie nicht verpflichten sein könne, die durch ihre Säumnis veranlassten Kosten nach einem Gegenstandswert von 10.507,07 € zu tragen. Dieser Gesichtspunkt ändert nichts an der Kostengrundentscheidung, dass ihr die durch ihre Säumnis veranlassten Kosten aufzuerlegen sind. Ihrem Einwand ist im Kostenausgleichsverfahren nachzugehen, in dem die Klägerin die Gebühr für die nicht streitige Verhandlung nur nach einem Gegenstandswert von 7.493,00 € ansetzen darf.

III.

Der Senat kann abschließend entscheiden, denn die teilweise Klagerücknahme ist wirksam. Der Widerspruch der Beklagten innerhalb der durch § 269 Abs. 2 Satz 4 ZPO gesetzten Frist ist rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich.

1.

Ohne die teilweise Klagerücknahme wäre der Senat nicht gehindert, die Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, soweit sie keine Erfolgsaussicht hat, also die Berechtigung der Mietforderung und des Zinsanspruchs dem Grunde und der Höhe nach festzustellen, und die Entscheidung über die Berufung offen zu lassen, soweit sie Erfolgsaussicht bietet. In dem Rahmen, in dem die ZPO ein Teilurteil zulässt (§ 301 ZPO), ist eine teilweise Zurückweisung der Berufung durch Beschluss angezeigt (OLG Rostock [3. Zivilsenat] NJW 2003, 1676 = MDR 2003, 1073).

a)

Die Möglichkeit einer Teilentscheidung sieht das Gesetz nicht vor. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 14/4722, S. 97) heißt es hierzu lediglich: "Der Entwurf sieht dabei bewusst davon ab, eine Teilzurückweisung zuzulassen." Dem folgend spricht sich Meyer-Seitz (in Hannisch/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 522 Rz. 18) gegen eine teilweise Zurückweisung durch Beschluss aus. Der Gesetzeswortlaut spricht indessen auch nicht gegen die Teilentscheidung. Dass das Gesetz sie nicht ausdrücklich vorsieht, bedeutet nicht, dass sie unzulässig wäre. Die Erwägungen der Referenten des Gesetzesentwurfs bieten zwar im Rahmen der Gesetzesauslegung beachtliche Hinweise, binden indessen die Gerichte nicht bei der Rechtsanwendung, soweit sich diese Vorstellungen nicht im Gesetz niederschlagen (vgl. BGH NJW 2003, 2739 [2741]).

b)

Das den Konditionalsatz einleitende Wort "wenn" schließt nicht die Teilentscheidung aus. Auch § 114 ZPO sieht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vor, wenn die Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht aus Erfolg hat. Gleichwohl ist Prozesskostenhilfe nur zu gewähren, soweit hinreichende Erfolgsaussicht besteht.

c)

Der Normzweck spricht für die Zurückweisung einer teilweise aussichtslosen Berufung durch Beschluss. Anliegen des Gesetzes ist es gerade, nicht unnötig richterliche Arbeitskraft durch Befassung mit substanzlosen Berufungen zu binden. Das Berufungsgericht soll nur über einen Prozessstoff verhandeln, der verhandlungsbedürftig ist (BT-Drucksache 14/4722, S. 97). Da die Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO im Interesse beider Parteien liegt, lässt das Gesetz sie nicht fakultativ zu, vielmehr ist das Berufungsgericht verpflichtet, bei Vorliegen der Voraussetzungen in der Weise zu verfahren (vgl. BT-Drucksache 14/4722, S. 97). Dem Berufungsgegner ist daran gelegen, möglichst bald zu erfahren, in welchem Umfang das angefochtene Urteil rechtskräftig ist. Auch dem Berufungsführer ist mit einer Verhandlung über eine aussichtslose Berufung nicht gedient. Schließlich liegt es im Interesse beider Parteien, die durch die Berufung ausgelösten Kosten niedrig zu halten. Demgemäß würde eine Verhandlung über ein weitgehend aussichtloses Rechtsmittel dem Gesetzeszweck widersprechen. In äußerster Konsequenz würde dies bedeuten, dass über eine Berufung insgesamt zu verhandeln wäre, wenn zwar nicht zur Hauptforderung, aber wegen des Zinsausspruchs Erfolgaussicht besteht. Der vorliegende Fall zeigt anschaulich, dass dies nicht Sinn des Gesetzes sein kann.

d)

Aus § 301 ZPO, der auch im Berufungsrechtszug gilt und ein Teilurteil zulässt, ist nicht im Umkehrschluss die Unzulässigkeit einer Teilentscheidung gem. § 522 Abs. 2 ZPO herzuleiten. Vielmehr umschreibt § 301 ZPO die grundsätzlichen Voraussetzungen einer Teilentscheidung, so dass diese Bestimmung auch im Rahmen des § 522 Abs. 2 ZPO zu beachten ist (Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 522 Rz. 41).

2.

Da der Senat nicht gehindert ist, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, soweit sie keine Erfolgsaussicht bietet, kann die Beklagte das mit dem Widerspruch gegen die teilweise Klagerücknahme verfolgte Ziel, die mündliche Verhandlung über die Berufung insgesamt zu erzwingen, nicht erreichen. Um die Abwehr einer Beschwer geht es ihr nach der teilweisen Klagerücknahme ohnehin nicht. Dann aber ist es rechtsmissbräuchlich, wenn die Beklagte der teilweisen Klagerücknahme nicht zustimmt. Die Zinsbeträge, um die es letztlich geht, liegen unter 2,00 €. Bei mündlicher Verhandlung würden gem. § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO für jeden Prozessbevollmächtigten eine nach dem niedrigsten Wert berechnete Verhandlungsgebühr von jeweils 29,25 € zzgl. Umsatzsteuer entstehen. Bei nicht streitiger Verhandlung fällt die halbe Gebühr an, die ebenfalls deutlich über dem Wert des Streitgegenstandes liegt. Zusätzlich erwachsen den Prozessbevollmächtigten Kosten für die Reise von Schwerin nach Rostock, die gem. § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO von der Gegenseite nicht als notwendige Auslagen zu erstatten sind. Ein derartiges Prozessverhalten, das nur Kosten verursacht, der Partei aber nichts nützen kann, ist unbeachtlich. Sinn der Reform des Berufungsrechts ist es gerade, nicht unnötig richterliche Arbeitskraft zu binden. Die mündliche Verhandlung mit nachfolgendem Urteil über Zinsen in Höhe von weniger als 2,00 € wäre ein extremer Fall der Vergeudung richterlicher Arbeitskraft, im Übrigen auch der der Prozessbevollmächtigten.

3.

Von einem vorherigen Hinweis auf die Rechtsmissbräuchlichkeit des Widerspruchs gegen die teilweise Klagerücknahme sieht der Senat bewusst ab, weil dieser mit weiterem überflüssigen Zeit- und Kostenaufwand verbunden wäre.

IV.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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