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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 11.05.2009
Aktenzeichen: 3 W 102/08
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG § 33 Abs. 1
Wird im PKH-Verfahren ein Streitwert festgesetzt, dient dieses aufgrund der Gebührenfreiheit des Verfahrens allein der Bestimmung der Anwaltsgebühren. Die Beschwerde gegen die Streitwertentscheidung ist daher gem. § 33 RVG zu behandeln.
Oberlandesgericht Rostock

Beschluss

3 W 102/08

9 O 251/07 LG HRO

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 11.05.2009 beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde der ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers gegen die im Beschluss des Landgerichts vom 24.01.2008 erfolgte Festsetzung des Streitwertes für das Prozesskostenhilfeverfahren wird als unzulässig verworfen.

2. Die ehemalige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die beim Amtsgericht Rostock eingereichte Auskunftsklage verbunden mit einem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist vom Amtsgericht als unter der Voraussetzung der Gewährung von Prozesskostenhilfe erhoben behandelt und dementsprechend nur eine einfache Abschrift an die Antragsgegnerin formlos zur Stellungnahme übersandt worden. Nach Abgabe der Sache an das sachlich zuständige Landgericht hat dort zwecks einvernehmlicher Regelung des Streits ein gerichtliches Mediationsverfahren stattgefunden, das jedoch ergebnislos verlaufen ist. Da die Antragsgegnerin in der Folgezeit dem Auskunftsbegehren des Antragstellers dennoch entsprochen hat, haben die - inzwischen neuen - Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers "Erledigung erklärt".

Die ehemalige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers hat sodann mit Schriftsatz vom 22.10.2007 um Festsetzung des Streitwertes gebeten. Mit Schriftsatz vom 26.11.2007 haben die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin gleichermaßen beantragt, den Gegenstandswert des Verfahrens zwecks Abrechnung gegenüber ihrer Mandantin festzusetzen.

Mit Beschluss vom 24.01.2008, ergänzt um den Beschluss vom 16.04.2008 hinsichtlich der Rechtsanwaltsbeiordnung, hat das Landgericht dem Antragsteller nachträglich - teilweise - Prozesskostenhilfe für die erste Instanz bewilligt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Gleichzeitig hat es den Wert des Streitgegenstandes des Prozesskostenhilfeverfahrens auf 8.000,00 EUR festgesetzt. Der Beschluss ist u. a. der ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 30.01.2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden.

Unter dem 15.05.2008 hat die ehemalige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers die Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung beantragt und hierbei u. a. eine Verfahrensgebühr nach einem Gegenstandswert von 30.000,00 EUR und eine Terminsgebühr nach einem Gegenstandswert von 38.000,00 EUR geltend gemacht. Nach Hinweis des Gerichts auf den festgesetzten Streitwert hat die ehemalige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers beantragt, den Streitwertbeschluss zu ergänzen, da im Rahmen der Mediation auch der Zugewinnausgleich erörtert worden sei, was streitwerterhöhend zu berücksichtigen sei. Mit Schreiben vom 05.06.2008 hat ihr das Landgericht mitgeteilt, dass kein Anlass zur Ergänzung oder Änderung der Streitwertfestsetzung bestehe. Der festgesetzte Wert entspreche den Anträgen im Prozesskostenhilfeverfahren, die beschieden worden seien. Dass im Mediationsverfahren möglicherweise auch andere Ansprüche erörtert worden seien, habe auf den Verfahrensstreitwert keinen Einfluss. Dies wäre allenfalls dann hinsichtlich des (Mehr-) Wertes des Vergleichs anders, wenn ein solcher Vergleich zustande gekommen wäre; dies sei aber nicht der Fall. Gleichzeitig hat das Landgericht angefragt, ob der Schriftsatz der ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers als förmliche Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss verstanden werden solle. Daraufhin hat die ehemalige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 11.06.2008 mitgeteilt, dass ihr Schriftsatz als förmliche Beschwerde betrachtet werden solle. Hinsichtlich der Erörterung der Zugewinnansprüche in der Mediation sei von einem Streitwert von 30.000,00 EUR auszugehen. Gleichzeitig hat sie um Prüfung der Prozesskostenhilfebeiordnung für das Mediationsverfahren auch in diesem Umfang gebeten.

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 19.06.2008 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die Beschwerde der ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers ist unzulässig und zu verwerfen, worauf sie am 30.06.2008 telefonisch hingewiesen worden ist.

a. Bei der Festsetzung des Streitwertes im Beschluss des Landgerichts vom 24.01.2008 handelt es sich in der Sache um eine solche nach § 33 Abs. 1 RVG für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren aufgrund der Anträge der ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 22.10.2007 und der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 26.11.2007. Dies folgt daraus, dass Gerichtskosten im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren, um das es hier allein geht, da die Klage zu keiner Zeit zugestellt worden ist, nicht anfallen und daher eine Wertfestsetzung für die nach einem bestimmten Wert zu erhebenden Gerichtsgebühren nach § 63 Abs. 2 S. 1 GKG, für die die Vorschrift nur gilt, keinen Sinn hatte und daher nicht veranlasst und zulässig war (vgl. nur Hartmann, KostG, 39. Aufl., § 63 GKG Rn. 16). Demgegenüber bedurfte es mangels eines für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wertes auf - hier vorliegenden - Antrag einer Wertfestsetzung gem. § 33 Abs. 1 RVG (vgl. nur Hartmann a. a. O., § 33 RVG Rn. 6), die dementsprechend auch erfolgt ist. Dies musste auch allen Verfahrensbeteiligten trotz der insoweit fehlerhaften Begründung des Landgerichs im Beschluss vom 24.01.2008 klar sein und war insbesondere auch für die ehemalige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers ersichtlich. Denn sie hat mit Schriftsatz vom 30.05.2008 ursprünglich lediglich die Ergänzung des Streitwertbeschlusses im Hinblick auf ihre anwaltliche Tätigkeit im Mediationsverfahren und ihre insoweit abrechenbaren Gebühren beantragt, ohne eine Gebührenwertfestsetzung für das gerichtliche Verfahren als solches in Frage zu stellen. Auf etwaige Gebühren für das gerichtliche Verfahren hätte eine anwaltliche Tätigkeit im Mediationsverfahren, in dem kein Vergleich zustande gekommen war, auch keinen Einfluss, worauf bereits das Landgericht im Schreiben vom 05.06.2008 insoweit zutreffend hingewiesen hat. Lediglich auf ihre anwaltliche Vergütung hat sie dementsprechend auch im Schriftsatz vom 11.06.2008 abgestellt.

b. Gemäß § 33 Abs. 3 S. 3 RVG ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung eingelegt wird. Da der ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers der angefochtene Beschluss vom 24.01.2008 ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 30.01.2008 zugestellt worden ist, konnte mit ihren Schriftsätzen vom 30.05.2008 bzw. 11.06.2008 diese Frist bei Weitem nicht gewahrt werden. Ein Wiedereinsetzungsantrag gem. § 33 Abs. 5 S. 1 RVG ist weder gestellt noch ist ein offenkundiger Wiedereinsetzungsgrund ersichtlich. Die Beschwerde ist demgemäß als unzulässig zu verwerfen.

2. Selbst wenn es sich bei der Streitwertfestsetzung im Beschluss des Landgerichts vom 24.01.2008 um einen sinnlosen und überflüssigen Beschluss gem. § 63 Abs. 2 GKG handeln würde, wäre die Beschwerde der ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers unzulässig, denn ein entsprechendes Rechtsschutzinteresse kann nicht festgestellt werden. Die ehemalige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers zieht gerade nicht die Wertfestsetzung für die im gerichtlichen Verfahren zu erhebenden Gebühren, wenn sie denn anfallen würden, in Zweifel, sondern begehrt eine gesonderte und ergänzende Wertfestsetzung im Hinblick auf ihre anwaltliche Tätigkeit im Mediationsverfahren. Da diese - mangels Zustandekommens eines Vergleichs - keine Auswirkungen auf etwaige Gerichtsgebühren haben kann, bliebe eine Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG ohnehin unberührt.

Im Übrigen wäre die Beschwerde gegen einen Beschluss gem. § 63 Abs. 2 GKG auch unbegründet, denn die Festsetzung des Wertes für die im Verfahren zu erhebenden Gerichtsgebühren, sofern solche angefallen wären und wofür § 63 Abs. 2 GKG allein dient, entspricht dem am Interesse des Antragstellers ausgerichteten billigem Ermessen i. S. v. § 3 ZPO. Mangels Zustandekommens eines Vergleichs im Mediationsverfahren spielt hierfür auch ein etwaiger (Mehr-)Wert der dortigen Erörterung - wie bereits mehrfach ausgeführt - keine Rolle.

3. Es kann offenbleiben, ob der Antrag der ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers im Schriftsatz vom 30.05.2008 in Verbindung mit ihrer Erklärung im Schriftsatz vom 11.06.2008 als gesonderter Antrag i. S. v. § 33 Abs. 1 RVG angesehen werden kann, der vom Landgericht mangels vorheriger Kenntnis eines etwaigen höheren Wertes der anwaltlichen Tätigkeit im Mediationsverfahren ergänzend hätte beschieden werden müssen. Gleichermaßen können die Fragen offenbleiben, ob die Mitteilung des Landgerichts mit Schreiben vom 05.06.2008 als abschließende Ablehnung jenes Antrages angesehen werden kann und daher als solche bereits eine gesondert beschwerdefähige Entscheidung darzustellen vermag, sowie, ob die ehemalige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers eine entsprechende Beschwerde auch eingelegt hat, etwa durch ihre - insoweit nicht vollends klaren - Erklärungen im Schriftsatz vom 02.07.2008 gegenüber dem Oberlandesgericht. Jedenfalls ist dem Senat eine solche Beschwerde nicht vorgelegt worden und zur Entscheidung angefallen. Das Landgericht hat die ehemalige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers ausdrücklich gefragt, ob ihr Schriftsatz vom 30.05.2008 als förmliche Beschwerde gegen den - allein vorliegenden - Streitwertbeschluss vom 24.01.2008 verstanden werden solle. Dies hat sie mit Schriftsatz vom 11.06.2008 bejaht. Nur diesbezüglich hat das Landgericht daraufhin die Abhilfeprüfung vorgenommen, der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht vorgelegt.

Zwar ist es dem Beschwerdegericht nicht verwehrt, im Einzelfall auch ohne die gesetzlich gem. § 572 Abs. 1 ZPO vorgesehene Abhilfeprüfung des Ausgangsgerichts unmittelbar über eine Beschwerde zu entscheiden. Dies hält der Senat im vorliegenden Fall jedoch nicht für angezeigt. Zum einen erscheint es durchaus zweifelhaft zu sein, ob das Landgericht den Antrag vom 30.05.2008 als gesonderten Antrag gem. § 33 Abs. 1 RVG hinsichtlich der anwaltlichen Tätigkeit im Mediationsverfahren erfasst und verstanden hat und seine Mitteilung vom 05.06.2008 dementsprechend als endgültige Ablehnung eines solchen Antrages angesehen werden kann. Vielmehr kommt nach entsprechender Klarstellung ohne weiteres in Betracht, dass sich das Landgericht mit dem Antrag erneut sachgerecht befasst, der im Hinblick auf Nr. 3101 Ziff. 2 VV-RVG bzw. Nr. 3104 Anm. Abs. 2 VV-RVG nicht von vornherein von der Hand zu weisen wäre. Zum anderen dürften die bisherigen - unsubstanziierten - Angaben zum angeblichen (Mehr-)Wert der anwaltlichen Tätigkeit im Mediationsverfahren weiter aufklärungsbedürftig sein. Der Senat hält es nicht für angezeigt, dies erstmals im Beschwerdeverfahren vorzunehmen, zumal derzeit auch diesbezüglich ein Rechtsschutzbedürfnis für einen entsprechenden Antrag zweifelhaft erscheint. Mittels einer auf Antrag erfolgten Wertfestsetzung gem. § 33 Abs. 1 RVG soll der Rechtsanwalt grundsätzlich in die Lage versetzt werden, seine Gebühren gegenüber seinem Mandanten abzurechnen. Dies beabsichtigt die ehemalige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers aber bislang offenbar gerade nicht, denn sie begehrt Vergütungsfestsetzung gegenüber der Staatskasse aufgrund der Prozesskostenhilfebewilligung (Antrag vom 15.05.2008), was sie mit Schriftsätzen vom 11.06.2008 und 24.06.2008 bekräftigt hat. Jene Prozesskostenhilfebewilligung geht aber bislang hinsichtlich der Tätigkeit im Mediationsverfahren ins Leere, da Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeverfahren - und nur in diesem Rahmen fand das Mediationsverfahren statt - grundsätzlich nicht gewährt werden kann und vorliegend bisher auch nicht gewährt wurde. Ob ausnahmsweise auch für das - ganze - Prozesskostenhilfeverfahren Prozesskostenhilfe gewährt werden könnte oder ob dies nur für einen auf vergleichsweise Einigung abzielenden Erörterungstermin und dann auch nur im Falle des Zustandekommens eines Vergleichs für diesen selbst in Betracht kommt (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 08.06.2004, VI ZB 49/03, NJW 2004, 2595; OLG Naumburg, Beschl. v. 11.02.2008, 8 WF 25/08, OLGR Naumburg 2008, 719), hat an dieser Stelle genauso unentschieden zu bleiben, wie die Frage, ob Prozesskostenhilfe auch auf entsprechenden - hier hinsichtlich der nicht verfahrensgegenständlichen Streitigkeiten - nachträglichen, d. h. - wie hier - nach Abschluss des Verfahrens, gestellten Antrag gewährt werden könnte.

4. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. Nr. 1812 KV-GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG wird anders als das Verfahren über den Antrag von § 33 Abs. 9 S. 1 und 2 RVG nicht gebührenfrei gestellt. Auch die Regelung des § 68 Abs. 3 GKG findet vorliegend keine Anwendung, so dass Gerichtsgebühren gem. GKG für eine erfolglose Beschwerde anfallen (vgl. LAG Hamm, Beschl. v. 23.03.2009, 10 Ta 83/09, zitiert nach Juris; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 16.01.2009, 1 Ta 229/08, zitiert nach Juris; LAG Köln, Beschl. v. 07.09.2007, 10 Ta 224/07, zitiert nach Juris m. w. N.; Beschl. v. 06.08.2007, 11 Ta 210/07, NZA-RR 2007, 660 m. w. N.; Hartmann a. a. O., § 33 RVG, Rn. 26). Außergerichtliche Kosten sind gem. § 33 Abs. 9 S. 2 RVG nicht zu erstatten.



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