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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 07.08.2007
Aktenzeichen: 3 W 108/07
Rechtsgebiete: FEVG


Vorschriften:

FEVG § 7
FEVG § 16
1. Wird die amtsrichterliche Anordnung der Ingewahrsamnahme durch das Landgericht in der Hauptsache ohne Kostenerstattung aufgehoben, ist die Anfechtung dieser Entscheidung über den Kostenpunkt mit der weiteren sofortigen Beschwerde unzulässig, weil der Betroffene nicht in der Hauptsache beschwert ist. Eine isolierte Kostenbeschwerde sieht § 7 FEVG nicht vor.

2. Ein außerordentliches Beschwerderecht unter dem Gesichtspunkt "greifbarer Gesetzwidrigkeit" ist ganz ausnahmsweise gegeben, wenn die angefochtene Entscheidung mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist.

Dies ist nicht der Fall, wenn das Rechtsmittelgericht gem. § 16 FEVG davon absieht, der Gebietskörperschaft die Auslagen des Betroffenen aufzuerlegen.


Oberlandesgericht Rostock Beschluss

3 W 108/07

In dem Freiheitsentziehungsverfahren betreffend

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 07.08.2007 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Betroffene erstrebt die Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Freiheitsentziehung.

Der Betroffene, der im wesentlichen helle Kleidung trug, hielt sich am 07.06.2007 um 19.30 Uhr in der T. Straße/St. P. Straße in Rostock auf dem Parkplatz der Firma N. auf. Dort sammelte sich eine Gruppe Rechtsorientierter, die der Betroffene zwei Mal aufsuchte, während die Polizei bereits vor Ort war. Nach den Erkenntnissen der Polizei hatten Gewalttäter aus der rechtsgerichteten Szene verabredet, sich auf zwei N.-Parkplätzen in R.-E. zu treffen, um dann mit Gewalt gegen die andersdenkenden, linksgerichteten G 8-Gegner vorzugehen. Die Polizei hielt vor allem das in unmittelbarer Nähe in der E.-W.-Schule befindliche Informations- und Logistikzentrum der G 8-Gegner für gefährdet. Bei den auf den beiden Parkplätzen angetroffenen Personen stellte die Polizei diverse Schutzbewaffnungsutensilien sicher, u. a. diverse Zahnschutzformen, Quarzsandhandschuhe, Reizgasbehälter, Sturmhaube, Schlaghölzer, Palästinensertuch sowie leere und gefüllte Glasflaschen. Die Polizei hatte Erkenntnisse, dass zu dem Treffen mit einer Ketten-SMS und E-Mail aufgerufen worden war, die nach den Feststellungen des Landgerichts wie folgt lautete:

"R. bewegt Euch und haltet die Stadt in Ehren! Lasst uns die Steineschmeißer holen, die unsere Stadt zerstören! Donnerstagabend 19.00 Uhr in E. am N. bei den Autohäusern. Seid pünktlich und helle Sachen! Schreibt allen!"

Nach mündlicher Anhörung des Betroffenen ordnete das Amtsgericht Rostock mit Beschluss vom 08.06.2007 die Fortdauer des amtlichen Gewahrsams bis zum 09.06.2007 um 22.00 Uhr und zugleich die sofortige Wirksamkeit dieser Entscheidung an. Die Kosten des Verfahrens erlegte das Amtsgericht dem Betroffenen auf.

Gegen diesen Beschluss legte der Betroffene sofortige Beschwerde ein, auf die das Landgericht nach mündlicher Anhörung des Betroffenen den amtsgerichtlichen Beschluss aufhob. Zugleich entschied die Kammer, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Zur Begründung führt das Landgericht aus, die Ingewahrsamnahme des Betroffenen sei rechtmäßig gewesen, um eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Sie sei indes aufzuheben gewesen, "da sie nicht mehr unerlässlich war".

Am 22.07.2007 hat der Betroffene gegen den Beschluss des Landgerichts sofortige (weitere) Beschwerde eingelegt, mit dem Antrag festzustellen, dass die Ingewahrsamnahme des Betroffenen nicht rechtmäßig war, mithin der Beschluss des AG Rostock vom 08.06.2007 nicht hätte erlassen werden dürfen.

Der Betroffene behauptet in der Beschwerdebegründung, er habe keinerlei Kontakt zur rechten Szene und sich von dieser auch völlig distanziert. Dass er mit seinem Freund Steffen Wagner in der T. Straße in der Kaufhalle gewesen sei, rechtfertige nicht den Schluss der Kontaktaufnahme zur rechten Szene. Er habe mit niemandem gesprochen und keinen gekannt. Dass dort eine Ansammlung der Rechten geplant war, sei ihm nicht bekannt gewesen. Die SMS-Nachricht habe sich auf dem Handy seines Freundes S. W. befunden. Auch dieser habe keine Verbindung zur rechten Szene. Die SMS, von der er, der Betroffene, selbst keine Kenntnis gehabt habe, sei wahllos verschickt worden.

Aus den Beschlüssen des Amts- und Landgerichts ergäben sich Kosten, die er nicht tragen müsse.

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen ist nicht statthaft. Der Betroffene ist nicht in der Hauptsache, sondern lediglich durch die Kostenentscheidung des Landgerichts beschwert. Eine isolierte Kostenbeschwerde sieht § 7 FEVG jedoch nicht vor (BGHZ 131, 185; Senatsbeschluss vom 16.07.2007 - 3 W 79/07, S. 10; Marschner/Volkert, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl., F zu § 7 FEVG, Rdn. 6).

Nach §§ 29 Abs. 4, 20 a Abs. 1 S. 1 FGG ist die Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Diese Regelung soll verhindern, dass das Gericht bei der Überprüfung der Kostenentscheidung erneut die Hauptsache beurteilen muss, obwohl diese nicht angefochten worden ist. Sie schließt eine Anfechtbarkeit auch dann aus, wenn der Anfechtende nur durch die Kostenentscheidung beschwert ist. So liegt der Fall hier. Die Entscheidung des Landgerichts ist in der Hauptsache und im Kostenpunkt ergangen. Allein die Kostenentscheidung belastet den Betroffenen.

2. Es besteht auch kein außerordentliches Beschwerderecht unter dem Gesichtspunkt "greifbarer Gesetzwidrigkeiten" der angefochtenen Entscheidung.

Ein solches - außerhalb der gesetzlich vorgesehenen Rechtsmittel stehendes - Anfech-tungsrecht ist nur ausnahmsweise gegeben, wenn die angefochtene Entscheidung mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist (vgl. BGHZ 131, 185). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Kostenentscheidung des Landgerichts ist durch die gesetzlichen Vorschriften der §§ 14, 15 FEVG gedeckt, denn die Annahme der Kammer, dass die polizeiliche Ingewahrsamnahme des Betroffenen ursprünglich rechtmäßig war, ist nicht zu beanstanden. Deswegen bestand begründeter Anlass zur Stellung des Antrages auf Freiheitsentziehung (§ 16 FEVG).

III.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 7 FEVG.

Ende der Entscheidung

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