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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 23.12.2004
Aktenzeichen: 3 W 111/04
Rechtsgebiete: ZVG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ZVG § 57a
ZVG § 133
ZVG § 118
ZVG § 57c Abs. 1 Nr. 2
ZVG § 57c Abs. 1
ZPO § 91a Abs. 2
ZPO § 91a Abs. 1
ZPO § 91a
ZPO § 257
ZPO § 259
ZPO § 265
BGB § 546 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

Geschäftsnummer 3 W 111/04

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eckert, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Jedamzik und die Richterin am Oberlandesgericht Bartmann

am 23.12.2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 30.09.2004 - 4 O 11/04 - wie folgt geändert:

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: bis 3.500,00 €

Gründe:

I.

Die Beklagte mietete mit Vertrag vom 30.08.2000 von den damaligen Grundstückseigentümern M. und M. H. Gewerberäume in W., A.W. Weg 2. Das Grundstück wurde im Jahre 2003 zwangsversteigert (AG H. 4 K 19/02). Der Kläger erwarb das Grundstück mit Zuschlag vom 15.09.2003. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 26.09.2003 übte er gegenüber der Beklagten zum 31.03.2004 das Sonderkündigungsrecht gem. § 57a ZVG aus. Da er bis zum Verteilungstermin am 28.10.2003 das Meistgebot nicht gezahlt hatte, ordnete das Amtsgericht die Wiederversteigerung gem. den §§ 133, 118 ZVG an. Mit Schreiben vom 19.02.2004 teilte das Amtsgericht H. mit, dass in dem Zwangsversteigerungsverfahren gegen den Kläger (4 K 110/03) Versteigerungstermin anberaumt werde.

Der Kläger erhob am 02.01.2004 Klage gegen die Beklagte mit dem Antrag, festzustellen, dass sie verpflichtet sei, das von ihr gepachtete Objekt A. W. Weg 2 in W. zum 31.03.2004 zu räumen. Diesen Antrag stellte er mit Schriftsatz vom 07.04.2004 um und beantragte, die Beklagte zur Räumung zu verurteilen.

Nachdem die Geschäftsführerin der Beklagten am 23.06.2004 in dem zweiten Versteigerungsverfahren den Zuschlag erhalten hatte, erklärten die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Das Landgericht erkannte mit dem angefochtenen Beschluss, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe, da dem Kläger der geltend gemachte Räumungsanspruch zugestanden habe. Seine Kündigung sei wirksam gewesen; das Kündigungsrecht sei nicht wegen eines verlorenen Baukostenzuschusses gem. § 57c Abs. 1 Nr. 2 ZVG entfallen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, zu deren Begründung sie vorträgt, das Sonderkündigungsrechts sei gem. § 57 c Abs. 1 ZVG ausgeschlossen gewesen. Außerdem sei die Kündigung rechtsmissbräuchlich, da der Kläger das Grundstück ersteigert habe, obwohl er nachhaltig zahlungsunfähig gewesen sei. Er habe sich sein Sonderkündigungsrecht erschlichen.

II.

Die gem. § 91a Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig und begründet. Gem. § 91a Abs. 1 ZPO hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

a) Im Rahmen der Billigkeitserwägung gem. § 91a ZPO ist in der Regel der bisherige Sach- und Streitstand in der Weise zu berücksichtigen, dass das Gericht summarisch den voraussichtlichen Prozessausgang prüft und danach die Kostenlast ausrichtet. Hiervon ausgehend war die von dem Kläger zunächst angestrengte Feststellungsklage unzulässig; auch wenn der Kündigungstermin noch nicht erreicht war, hätte er gem. § 257 ZPO auf Räumung am 31.03.2004 klagen können. Zudem lagen die Voraussetzungen des § 259 ZPO vor, da die Beklagte ihre Räumungspflicht bestritt. In solchen Fällen ist das erforderliche Feststellungsinteresse nicht gegeben (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., Rn 7a zu § 256).

b) Zulässig war somit erst die mit Schriftsatz vom 07.04.2004 auf Verurteilung zur Räumung umgestellte Klage. Ob sie begründet war, kann dahinstehen, denn die summarische Prüfung des voraussichtlichen Prozessausgangs ist nicht das einzige und maßgebliche Kriterium, das das Gericht bei der Kostenverteilung nach billigem Ermessen zu würdigen hat. § 91a ZPO hat vor allem den Zweck, den Kläger zu schützen. Die Vorschrift soll verhindern, dass er mit Kosten belastet wird, weil sein zunächst zulässiges und begründetes Klagebegehren durch ein nicht von ihm zu vertretendes Ereignis unzulässig oder unbegründet wird (Lindacher in MünchKomm zur ZPO, 3. Auflage, Rn. 1 zu § 91 a ZPO). Hat er selbst das den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigende Ereignis zu verantworten, so besteht kein Grund, ihn vor der Kostenlast zu bewahren (Musielak/Wolst, ZPO, 4. Auflage, Rn. 23 zu § 91 a ZPO). Steht bereits bei Klageerhebung mit hinlänglicher Sicherheit fest, dass sich der Rechtsstreit vorzeitig erledigen werde, so hat der Kläger gem. § 91a ZPO die Kosten zu tragen, ohne dass es darauf ankommt, ob seine Klage bei Klageerhebung begründet gewesen wäre (OLG Hamm NJW-RR 1993, 1279).

Ähnlich liegen die Dinge hier. Das erledigende Ereignis beruht auf dem Verhalten des Klägers. Bei Ankündigung des Räumungsantrages stand schon fest, dass er nicht Inhaber des Räumungsanspruchs bleiben wird. Die Wiederversteigerung des Grundstückes war angeordnet; er wusste oder konnte wissen, dass er wegen seines Zahlungsverzuges und seines Zahlungsunvermögens nicht Eigentümer des Grundstücks, auch nicht Inhaber des Rückgabeanspruchs, bleiben und dass ein auf Räumung erkennendes Urteil nicht zu seinen Gunsten wirken werde. Bei Eigentumswechsel nach Beendigung des Mietverhältnisses steht nämlich der Rückgabeanspruch gem. § 546 Abs. 1 BGB dem Ersteigerer in der Zwangsversteigerung ebenso zu wie dem rechtsgeschäftlichen Erwerber des Mietgrundstückes (BGHZ 72, 147). Bei dieser Sachlage bestand nach Anordnung der weiteren Versteigerung kein vernünftiger Grund, die zulässige Räumungsklage zu erheben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Mieterin, ihre Geschäftsführerin oder ein Dritter das Grundstück ersteigerte.

An dieser Beurteilung ändert auch § 265 ZPO nichts. Nach dieser Bestimmung wird der Veräußerer kraft Gesetzes Prozessstandschafter des Rechtsnachfolgers; sie betrifft auch die Veräußerung durch Zwangsversteigerung (BGH NJW 2002, 2101). Ungeachtet des Eigentumsverlustes durch Zwangsversteigerung kann der frühere Eigentümer den Prozess fortführen, allerdings muss er seinen Antrag auf Leistung an den Erwerber umstellen. Indem der Kläger dies nicht tat, nahm er hin, dass seine Räumungsklage unbegründet wurde. Im Übrigen wäre ein auf Verurteilung der Beklagten zur Räumung und Herausgabe an die Geschäftsführerin der Beklagten umgestellter Antrag ohne deren Einverständnis mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig gewesen.

III.

Die Kostenentscheidung ergeht gem. § 91 Abs. 1 ZPO.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht.



Ende der Entscheidung

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