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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 30.09.2008
Aktenzeichen: 3 W 117/08
Rechtsgebiete: GVG, ZPO, VZOG, KonzentrationsVO


Vorschriften:

GVG § 17
GVG § 17 a
GVG § 17 a Abs. 2 Satz 1
GVG § 17 a Abs. 4
GVG § 17 a Abs. 4 Satz 3
GVG § 17 b
GVG § 17 b Abs. 2
GVG § 17 b Abs. 2 Satz 1
ZPO § 74 Abs. 1
ZPO § 67
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
VZOG § 2 Abs. 1 Satz 6
VZOG § 6 Abs. 1 Satz 1
KonzentrationsVO § 13 b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

3 W 117/08

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock den Richter am Oberlandesgericht B. am 30.09.2008 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Nebenintervenienten zu 2. wird der Rechtsstreit unter Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Rostock vom 19.05.2008 ( 10 O 35/08) an das Verwaltungsgericht Greifswald verwiesen.

2. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der der Nebenintervenienten; im Übrigen ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 5.000,00 €.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht Zahlungsansprüche aus einem Einigungsprotokoll im Rahmen einer Vermögenszuordnung (§ 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG) in Verbindung mit einer Nachtragsvereinbarung geltend. Mit Beschluss vom 19.05.2008 hat das Landgericht Rostock seine Zuständigkeit bejaht. Es handele sich nicht um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, weil der Gegenstand des Vertrages nicht dem öffentlichen Recht zuzuordnen sei. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Nebenintervenienten zu 2.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG in Verbindung mit § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Dem Vermögenszuordnungsgesetz kann kein Verbot der sofortigen Beschwerde entnommen werden unabhängig davon, ob dieses Gesetz Anwendung findet, wenn das Zivilgericht zu entscheiden hat (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 3 VZOG). Die sofortige Beschwerde des Nebenintervenienten zu 2. ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Nebenintervenient gem. §§ 74 Abs. 1, 67 ZPO befugt, die Beschwerde einzulegen, und ist die Beschwerdefrist gewahrt, weil eine Zustellung des angegriffenen Beschlusses an die Beklagte als Hauptpartei unterblieben ist und deshalb die Beschwerdefrist nicht in Lauf gesetzt worden ist. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Mit dem Einigungsprotokoll vom 31.08.1998 haben die Parteien eine öffentlich-rechtliche zu qualifizierende Frage geregelt; damit ist streitentscheidend ein öffentlich-rechtlicher Vertrag und die hieraus resultierende Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur.

1.

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. u.a. BVerwG, Beschl. v. 08.08.2007, 3 B 19/07, DVBl 2007, 1512) ist die Sonderzuweisung in § 6 Abs. 1 Satz 1 VZOG schon dem Wortlaut nach nicht nur auf Verfahren beschränkt, bei denen um die Zuordnung eines Vermögensgegenstandes gestritten wird; die gesetzliche Formulierung lautet nicht etwa nur "Zuordnungsstreitigkeiten nach diesem Gesetz". Eine Streitigkeit nach dem Vermögenszuordnungsgesetz im Sinne dieser Rechtswegzuweisung liegt daher außer bei einem Streit über die Zuordnungs- bzw. Restitutionsberechtigung als solche auch dann vor, wenn sich die - oder jedenfalls eine (vgl. § 17 Abs. 2 GVG) - Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch aus dem Vermögenszuordnungsgesetz ergeben kann.

2.

Ausgehend von diesem Grundsatz muss sich die Frage des Rechtswegs entsprechend entscheiden, wenn sich die Parteien auf der Grundlage des Vermögenszuordnungsgesetzes geeinigt haben und über den Inhalt dieser Einigung streiten. Denn ein Streit, der seine Grundlage in einer solchen Einigung hat, ist eng und untrennbar verknüpft mit der grundsätzlichen Frage, in welcher Höhe bzw. in welchem Umfang Ansprüche nach dem Vermögenszuordnungsgesetz bestehen. Dieser enge und untrennbare Zusammenhang gebietet es, eine solche Einigung öffentlich-rechtlich zu qualifizieren und hieraus resultierende Streitigkeiten wie auch sonstige zugehörige Ansprüche in ein und denselben Rechtsweg zu verweisen.

Für diese Qualifizierung des Einigungsprotokolls in Verbindung mit der Nachtragsvereinbarung spricht des Weiteren, dass auf beiden Seiten Träger der öffentlichen Verwaltung beteiligt sind, die sich auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Vorschriften über das Eigentum an Gegenständen des öffentlichen Vermögens und damit zusammenhängende Fragen geeinigt haben, und dass eine Einigung gem. § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG auch der Vorbereitung eines den Inhalt der Einigung nachvollziehenden Bescheides dient (vgl. hierzu auch VG Gera, Urt. v. 20.09.2001, 5 K 1238/98; VG Berlin, Beschl. v. 25.03.2004, 27 A 32.04 m.w.N.).

Die Verweisung hat gem. § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG an das Verwaltungsgericht Greifswald zu erfolgen. Seine Zuständigkeit folgt - worauf die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 01.09.2008 zutreffend hingewiesen hat - aus § 13 b der Konzentrationsverordnung vom 28.03.1994 (GVOBl M-V 1994, S. 514 ff.) in der durch die sechste Verordnung zur Änderung der Konzentrationsverordnung vom 16.12.2004 (GVOBl M-V 2004, S. 570) geänderten Fassung. Es handelt sich um ein Verfahren aus dem Recht der offenen Vermögensfragen im Sinne von § 13 b der Konzentrationsverordnung.

3.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der der Nebenintervenienten folgt aus §§ 91, 101 Abs. 1 ZPO. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist über die Kosten eines Rechtsmittels im Vorabverfahren über die Zulässigkeit des Rechtsweges nach den §§ 91 ff. ZPO zu entscheiden (BGH, Beschl. v. 17.06.1993, V ZB 31/92, NJW 1993, 2541, 2542). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Dem Verfahren über die Beschwerde nach § 17 a GVG kommt eine eigenständige Bedeutung zu, weshalb auch eine gesonderte Kostenentscheidung zu treffen ist (vgl. BSG, Beschl. v. 09.07.1997, 3 BS 3/96, MDR 1997, 1066). Eine solche ist insbesondere im Hinblick auf § 17 b Abs. 2 GVG nicht entbehrlich. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht Teil der Kosten, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wird. § 17 b Abs. 2 Satz 1 GVG gilt im Fall der Verweisung nur für die Kosten im "Verfahren vor dem angegangenen Gericht". Dies ist das Gericht erster Instanz, was sich daraus ergibt, dass nach der Neuregelung in §§ 17 bis 17 b GVG bereits in der ersten Instanz über den zulässigen Rechtsweg und damit ggf. über eine Verweisung entschieden wird. Insoweit ist zu unterscheiden zwischen den Kosten des Hauptsacheverfahrens, die Gegenstand der Regelung des § 17 b Abs. 2 GVG sind und den Kosten eines in einem Verweisungsstreit erhobenen Rechtsmittels (entsprechend OLG Brandenburg, Beschl. v. 24.07.2007, 12 W 25/07, Juris Rn. 20; OLG Köln, Beschl. v. 25.01.1999, 5 W 132/98, OLGR 1999, 145; BayVGH, Beschl. v. 27.06.2007, 24 C 07.1315, Juris Rn. 10; anderer Ansicht OLG Köln, Beschl. v. 08.12.1992, 2 W 160/92, NJW-RR 1993, 639, 640; Thomas-Putzo-Hüßtege, ZPO, 29. Aufl., § 17 a GVG Rn. 19; Kissel-Mayer, GVG, 5. Aufl., § 17 Rn. 27).

4.

Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren setzt der Senat gem. § 3 ZPO unter Heranziehung der Leitentscheidung in § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG auf 5.000,00 € fest und nicht auf 1/3 bis auf 1/5 des geltend gemachten Zahlungsanspruchs, wie es die Rechtsprechung grundsätzlich im Rahmen von Beschwerdeentscheidungen gem. § 17 a Abs. 4 GVG macht (vgl. zu dieser Streitwertfestsetzung u.a. BGH, Beschl. v. 19.12.1996, III ZB 105/96, MDR 1997, 386, 387: 1/5 bis 1/3 des Hauptsachestreitwertes; OLG Schleswig, Beschl. v. 28.02.2008, 16 W 122/07, OLGR 2008, 623, 625: 1/3 des Hauptsachestreitwertes). Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung spricht dafür, den Streitwert entsprechend § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG zu bestimmen. Es kann keinen Unterschied machen, ob der Rechtswegstreit seinen Ausgang im Verwaltungsrechtsweg nimmt oder im Zivilrechtsweg.

5.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Die Frage, ob die Geltendmachung eines Anspruchs aus einer Einigung gem. § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich zu qualifizieren ist, ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden.

Ende der Entscheidung

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