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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 21.06.2006
Aktenzeichen: 3 W 12/06
Rechtsgebiete: FGG, BGB


Vorschriften:

FGG § 27
FGG § 29
FGG § 20
FGG § 69g
FGG § 69i
FGG § 69g Abs. 1
BGB § 1908b
BGB § 1897 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock

Beschluss

3 W 12/06

In der Betreuungssache

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht E., die Richterin am Oberlandesgericht B. und den Richter am Oberlandesgericht B.

am 21.06.2006 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Rostock vom 04.01.2006 wird auf Kosten der Beschwerdeführerin als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

Der Betroffene erlitt 1980 bei einem Motorradunfall ein schweres Schädelhirntrauma. Seitdem liegt eine spastische rechtsseitige armbetonte Hemiparese und ein hirnorganisches Psychosyndrom vor. Als Folge der erlittenen Schädelhirnverletzung entwickelte sich zudem ein epileptisches Anfallsleiden, das heute medikamentös behandelt wird.

Mit Beschluss vom 28.05.1993 ordnete das Amtsgericht Schöneberg auf Anregung der Landesversicherungsanstalt Berlin vom 22.10.1992 für den Betroffenen eine Betreuung an und bestellte das Bezirksamt Marzahn zum Betreuer mit den Aufgabenkreisen der Vermögenssorge, Vertretung gegenüber Behörden und Wahrnehmung der Rechte bei einer Heilbehandlung. Zu dieser Zeit lebte der Betroffene in einem Krankenpflegeheim in Berlin-Marzahn. Mit Beschluss vom 29.07.1998 ordnete das Amtsgericht Hohen Schönhausen die Verlängerung der Betreuung und die Erweiterung derselben um den Aufgabenkreis Aufenthalts- und Heimangelegenheiten an. Mit Beschluss des Amtsgerichts Berlin-Mitte vom 19.02.1999 wurde Rechtsanwalt K. aus Berlin zum Berufsbetreuer bestellt. Mit Beschluss vom 22.05.2003 verlängerte das Amtsgericht Berlin-Mitte die Betreuungsanordnung bis zum Jahre 2008 und erweiterte sie um den Aufgabenkreis der Vertretung vor Einrichtungen.

Seit dem 17.09.2004 wohnt der Betroffene nach Absprache mit dem Betreuer im Hause seiner Schwester, der Beschwerdeführerin, in einer eigenen Wohnung. Mit Schreiben vom 05.10.2004 beantragte Frau K. die Übertragung der Betreuung auf sich. Dem Schreiben war eine vom Betroffenen unterzeichnete Vollmacht des Betroffenen, die auf die Beschwerdeführerin ausgestellt war, beigefügt. Er selbst beantragte mit weiterem Schreiben vom 15.10.2004, den bisherigen Betreuer zu entlassen und die Beschwerdeführerin statt dessen zu bestellen. Im Rahmen eines vom nunmehr zuständigen Amtsgericht Güstrow durchgeführten Anhörungstermins beantragten der Betroffene und die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die erteilte Vollmacht an die Beschwerdeführerin die Aufhebung der Betreuung. Das Amtsgericht lehnte den Aufhebungsantrag nach Einholung eines fachärztlichen Gutachtens mit Beschluss vom 22.06.2005 ab. Auf dessen Gründe wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 29.06.2005 lehnte es weiterhin den Antrag des Betroffenen vom 15.10.2004 auf Betreuerwechsel ab. Auf dessen Gründe wird Bezug genommen. Gegen diesen Beschluss erhob der zuvor zum Verfahrenspfleger bestellte Rechtsanwalt O. für den Betroffenen am 15.07.2005 Beschwerde und führte aus, die Beschwerdeführerin sei als Betreuerin geeignet. Eventuelle Zweifel hinsichtlich des Aufgabenkreises der Vermögenssorge ließen sich durch Auflagen beheben. Das Amtsgericht wies auch diese Beschwerde zurück. Hiergegen erhob der Verfahrenspfleger erneut Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abhalf. Das Landgericht änderte mit Beschluss vom 04.01.2006 die amtsgerichtliche Entscheidung dahin ab, dass der Berufsbetreuer Rechtsanwalt K. als Betreuer entlassen und die Beschwerdeführerin als ehrenamtliche Betreuerin für die Aufgabenkreise

- Vertretung gegenüber Behörden,

- Wahrnehmung der Rechte bei einer Heilbehandlung,

- Aufenthalts- und Heimangelegenheiten,

- Vertretung vor Einrichtungen

bestellt wurde. Die weitergehende Beschwerde wies es ab. Dabei legte es die Entscheidung des Amtsgerichts vom 16.08.2005 als Nichtabhilfeentscheidung aus. Während es die Bestellung der Beschwerdeführerin im Umfang der Abänderung für geboten und die Beschwerdeführerin für diese Aufgabenkreise auch als geeignet erachtete, hielt es sie für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge für nicht geeignet. Wegen der dieser Entscheidung zugrundegelegten Erwägungen wird auf die Begründung des Beschlusses verwiesen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 27.01.2006, welche diese im eigenen Namen eingelegt hat. Angegriffen wird der Beschluss insoweit, als Rechtsanwalt K. als Betreuer für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge beibehalten wird. Sie hält diesen wegen der räumlichen Entfernung zum Betroffenen und seiner bisherigen Betreuungsführung für ungeeignet und wendet sich im Übrigen gegen die Bedenken des Beschwerdegerichts betreffend ihre eigene Eignung für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge.

II.

Die weitere Beschwerde der Schwester des Betroffenen als Beschwerdeführerin ist unzulässig und daher zu verwerfen.

1. Zwar ist gegen den Beschluss des Landgerichts als Beschwerdegericht grundsätzlich das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde nach §§ 27, 29 FGG gegeben.

Die weitere Beschwerde ist jedoch deshalb unzulässig, weil sie nicht in der nach § 29 FGG vorgeschriebenen Form eingelegt wurde. Gem. § 29 FGG kann die weitere Beschwerde durch den Beschwerdeführer selbst zu Protokoll der Geschäftsstelle (Rechtspfleger) des Amts-, Land- oder Oberlandesgerichts erklärt werden. Wird sie dagegen durch Einreichung eines Schriftsatzes erklärt, besteht hierfür Anwaltszwang. Die Beschwerde muss also durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet werden (Keidel/Kuntze/Winkler, Kommentar zum FGG, 15. Aufl., § 29 Rn. 11; Bumiller/Winkler, FGG, 7. Aufl., § 29 Rn. 5). Ein handschriftliches Schreiben des Beschwerdeführers, welches auch nur von ihm unterzeichnet ist, genügt diesen Formvorschriften nicht. Werden diese aber nicht beachtet, ist die Beschwerde nicht in der zulässigen Weise eingelegt. Zweck dieser Regelung ist es, dem juristisch nicht vorgebildeten Beschwerdeführer eine Hilfe bei der Abfassung der Beschwerdeschrift zur Seite zu stellen, da das Gericht der weiteren Beschwerde keine weitere Tatsacheninstanz ist und sich die weitere Beschwerde somit darauf stützen muss, dass der angefochtene Beschluss auf einer Verletzung des Rechts beruht.

Vorliegend hat die Beschwerdeführerin selbst die Beschwerde abgefasst und unterzeichnet.

Der Senat war nicht gehalten, auf diesen Umstand vor seiner Entscheidung hinzuweisen und der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zu eröffnen, diesen Formmangel der Beschwerdeschrift zu heilen, denn die weitere Beschwerde ist auch im Übrigen unzulässig.

2. Die Beschwerdeführerin ist nicht beschwerdeberechtigt.

Grundsätzlich bestimmt § 20 FGG, welche Personen im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit beschwerdeberechtigt sind. Dieser Personenkreis wird für spezielle Rechtsbereiche durch besondere Vorschriften erweitert. Für Beschwerden in Betreuungssachen finden sich derartige Erweiterungen in den §§ 69g und 69i FGG.

So räumt § 69g Abs. 1 FGG gegen Entscheidungen über die Bestellung eines Betreuers einem erweiterten Personenkreis ein Beschwerderecht ein. Die Beschwerdeberechtigung naher Angehöriger des § 69g Abs. 1 FGG, zu denen auch Geschwister als in der Seitenlinie im dritten Grad verwandte Personen gehören, richtet sich nicht nur gegen die Bestellung eines Betreuers an sich, sondern auch gegen die Auswahl des Betreuers und kann dabei das Ziel verfolgen, die Bestellung der eigenen Person als Betreuer zu erwirken (Bumiller/Winkler, a.a.O., § 69 Rn. 2). Das Beschwerderecht besteht ungeachtet dessen, ob der Beschwerdeführer selbst durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist (Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 69 Rn. 9). Dies beschränkt sich allerdings auf den Fall, dass ein naher Angehöriger Beschwerde gegen die erstmalige Bestellung des Betreuers mit dem Ziel einlegt, die eigene Person oder einen Dritten an die Stelle des ausgewählten Betreuers zu setzen, weil es sich dabei um die zulässige Teilanfechtung der die Bestellung und die Auswahl umfassenden Einheitsentscheidung handelt (BGH, Beschl. vom 06.03.1996 - XII ZB 7/96 - BGHZ 132, 157 = NJW 1996, 1825 = FamRZ 1996, 607 = FGPrax 1996, 107 = MDR 1996, 714). Gleiches gilt, wenn ein bestellter Betreuer aus wichtigem Grunde entlassen worden ist, das Vormundschaftsgericht aber bei der Auswahl des neuen Betreuers den Beschwerdeführer übergangen hat (BGH a.a.O.). Nicht erfasst wird der Fall, dass der Beschwerdeführer die vom Vormundschaftsgericht abgelehnte Entlassung eines bestellten Betreuers und die Bestellung eines neuen Betreuers mit dem Rechtsmittel weiterverfolgt (BGH a.a.O.; BayObLG Beschl. vom 31.08.1995 - 3Z BR 239/95 - BayObLGZ 1995, 305 = FamRZ 1996, 508; vgl. insgesamt auch Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 69 Rn. 13). Bei der Ablehnung der Entlassung des Betreuers nach § 1908b BGB richtet sich die Beschwerdebefugnis nach § 20 FGG, nicht nach § 69g Abs. 1 FGG, da die hierfür einschlägige Vorschrift des § 69 Abs. 7 FGG auf § 69g Abs. 1 FGG nicht verweist. Nach § 20 FGG besteht ein Beschwerderecht jedoch nur dann, wenn der Beschwerdeführer in einem eigenen Recht berührt wird. Begehrt ein naher Angehöriger, statt eines Berufsbetreuers zum Betreuer bestellt zu werden, macht er von dem Vorrangrecht des § 1897 Abs. 5 BGB Gebrauch. Dies aber kann er nur ausüben, wenn ein Betreuer nicht oder nicht mehr bestellt ist und es einen neuen Betreuer auszuwählen gilt. Ist der Betreuer dagegen noch im Amt und seine Entlassung vom Gericht abgelehnt worden, besteht das Vorrangrecht noch nicht, der Beschwerdeführer ist daher nicht von der Beschwerdeentscheidung unmittelbar betroffen (vgl. hierzu ausführlich BGH a.a.O.).

Diese Grundsätze sind mangels eigener Regelungen auf das Verfahren der weiteren Beschwerde zu übertragen.

Die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin kann auch nicht dahin ausgelegt werden, dass sie diese in ihrer Funktion als Betreuer für den Betroffenen eingelegt hat. Zum einen ist der Begründung zu entnehmen, dass sich die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen insbesondere gegen die Bedenken des Landgerichts betreffend ihre Eignung zu einer Betreuung in Vermögensfragen in persönlicher Weise wendet. Zum anderen ist aber auch der Betreuer nur befugt, für den Betroffenen in dessen Namen Beschwerde einzulegen, soweit die Entscheidung seinen Aufgabenkreis betrifft (§ 69g Abs. 2 FGG). Die Beschwerde richtet sich allein gegen die Nichtbestellung der Beschwerdeführerin für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge. Dieser aber ist ihr gerade nicht übertragen worden. Zudem setzt die Beschwerdebefugnis des Betreuers voraus, dass dessen Bestellung rechtskräftig ist. Dies ist aufgrund des weiteren Beschwerdeverfahrens ebenfalls nicht der Fall.

III.

Da die weitere Beschwerde bereits unzulässig ist, ist der Senat daran gehindert, darüber zu befinden, ob die Entscheidung des Landgerichtes in dem angegriffenen Umfang auf einer Rechtsverletzung beruht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 FGG.



Ende der Entscheidung

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