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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 27.03.2009
Aktenzeichen: 3 W 18/09
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127
ZPO § 139
ZPO § 567
BGB § 2042
BGB § 2042 Abs. 1
BGB § 2048
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

3 W 18/09

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 27.03.2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg, mit dem dieses dem Antragsteller die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagt hat, aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

Die gem. §§ 127, 567 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Gem. § 114 ZPO ist einer Partei Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn sie nicht in der Lage ist, die Kosten ihrer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ganz oder teilweise selbst aufzubringen und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Es muss aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird (Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 114 Rn. 19 m.w.N.; Zimmermann, ZPO, 8. Aufl., § 114 Rn. 9).

Ob eine solche hinreichende Erfolgsaussicht besteht, vermag der Senat derzeit nicht hinreichend zu beurteilen.

1.

Begehrt ein Mitglied einer Erbengemeinschaft die Erbauseinandersetzung oder aber eine unmittelbare Leistung aus dem Nachlass an sich, muss er auch im Klagewege sämtliche Miterben auf Zustimmung oder Leistung in Anspruch nehmen (Palandt/Edenhofer, BGB, 68. Aufl., § 2042 Rn. 18) Hiervon abweichend kann er sich nur dann auf die Inanspruchnahme eines Miterben auf Zustimmung zur Auseinandersetzung bzw. Leistung - hier Auflassung von Grundstücken - verklagen, wenn die übrigen Miterben ihre Zustimmung zur Auseinandersetzung bzw. Leistung außergerichtlich bereits erklärt haben.

Ob diese Voraussetzungen vorliegend gegeben sind, ist zwischen den Parteien streitig. Der Antragsteller hat behauptet, die übrigen Miterben hätten bereits ihre Zustimmung erteilt, der Antragsgegner hat dies bestritten. Das Landgericht hat dies in dem angefochtenen Beschluss offen gelassen, da es die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung des Antragstellers aus anderen Gründen verneint hat.

Soweit es im weiteren Verfahren hierauf ankommt, wird dem Antragsteller auf richterlichen Hinweis nach § 139 ZPO Gelegenheit zu geben sein, hierzu weiter vorzutragen und Beweis anzutreten. Auf das Bestreiten des Antragsgegners hin hat der Antragsteller bislang die Ansicht vertreten, dass es für diesen Rechtsstreit auf das Vorliegen der Zustimmungen der übrigen Miterben nicht ankomme. Ebenso sei es, so meinte er, ohne Belang, ob das Vormundschaftsgericht eine für den Erben M. T. durch dessen Betreuerin abgegebene Zustimmungserklärung genehmige.

2.

a.

Will ein Miterbe Nachlassgegenstände in sein Alleineigentum überleiten, ist er gem. § 2042 BGB grundsätzlich auf die Erbauseinandersetzung verwiesen. Der so geltend zu machende Auseinandersetzungsanspruch ist auf die vollständige Auseinandersetzung des Nachlasses gerichtet (Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2042 Rn. 3). Unter der Auseinandersetzung im Sinne des § 2042 Abs. 1 BGB ist die Verteilung der Nachlassgegenstände unter den Miterben nach Tilgung der Nachlassverbindlichkeiten zu verstehen. Der Begriff umfasst sowohl ihre schuldrechtliche Vereinbarung als auch deren dinglichen Vollzug (Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2042 Rn. 1).

b.

Trifft der Erblasser etwa durch testamentarische Verfügung eine Teilungsanordnung i.S.d. § 2048 BGB wird hierdurch die Auseinandersetzung nicht schon entbehrlich. Die Teilungsanordnung ersetzt lediglich die schuldrechtliche Vereinbarung der Erben (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 21.10.1976, 6 U 106/75, NJW 1977, 253). Die dingliche Teilung wird hierdurch grundsätzlich nicht ersetzt.

c.

Eine Teilungsanordnung berechtigt daher nicht ohne weiteres dazu, eine Teilauseinandersetzung zu verlangen und diese unmittelbar gerichtlich durchzusetzen. Die Teilauseinandersetzung bleibt auch in diesem Fall die Ausnahme. Gegen den Willen eines Miterben kann eine gegenständlich beschränkte Teilauseinandersetzung nur verlangt werden, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen und dadurch die Belange der Erbengemeinschaft und der anderen Miterben nicht beeinträchtigt werden (BGH, Urt. v. 13.03.1963, V ZR 208/61, MDR 1963, 578). In diesem Ausnahmefall kann eine teilweise Auseinandersetzung unter vorläufigem Ausscheiden bestimmter Nachlassteile durchgesetzt werden (Staudinger-BGB/Olaf Werner, 2002, § 2042 Rn. 30 m.w.N.).

d.

Als besonderer Grund im vorgesagten Sinne kommt etwa in Betracht, dass ein Miterbe einen Teil des Nachlasses begehrt, der ihm bei endgültiger Auseinandersetzung ohnehin zufallen würde. Dies kann etwa für den Gewinn eines von einem Miterben fortgeführten zum Nachlass gehörenden Betriebs der Fall sein (BGH, Urt. v. 13.03.1963, a.a.O.). Ebenso hat der BGH (Urt. v. 28.06.1963, V ZR 15/62, NJW 1963, 1611 = MDR 1963, 832) es ausreichen lassen, wenn kein Streit mehr darüber besteht, dass dem Miterben der herausverlangte Teil auch zustehen wird. Das OLG Frankfurt (a.a.O.) lässt es für die Annahme eines solchen besonderen Grundes auch ausreichen, wenn sich der herausverlangte Erbteil aus der Teilungsanordnung des Erblassers ergibt und der klägerische Anspruch nicht dadurch gehindert ist, dass zumindest Verbindlichkeiten bestehen, die aus dem verbleibenden Nachlass befriedigt werden müssen und sich im Falle einer Befriedigung vor der Teilauseinandersetzung auch der Erbteil des Klägers nicht verändern würde. Es ist also erforderlich, dass für eine solche Befriedigung der herausverlangte Erbteil nicht in Anspruch zu nehmen ist, denn auch im Rahmen der Teilauseinandersetzung verbleibt es bei dem Grundsatz, dass vor der Verteilung des Nachlasses zwischen den Erben aus dem Nachlass die Nachlassverbindlichkeiten zu bedienen sind.

e.

Ob diese vom OLG Frankfurt aufgezeigten Voraussetzungen für einen Teilauseinandersetzungsanspruch gegeben sind, vermag der Senat nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht zu beantworten.

Der Antragsgegner hat hierzu vorgetragen, erhebliche Investitionen in das von der Erblasserin bewohnte Wohngrundstück getätigt zu haben, zu deren Beweis er dem Antragsteller entsprechende Belege übersandt habe. Es seien hierdurch vorrangig zu befriedigende Nachlassverbindlichkeiten entstanden. Diese könnten nach Ansicht des Senates einer Teilauseinandersetzung jedenfalls dann entgegenstehen, wenn der übrige Nachlass nicht ausreicht, diese zu befriedigen und deshalb auch das herausverlangte Grundstück zu verwerten wäre.

Das vermag der Senat derzeit nicht zu beurteilen. Der Antragsgegner hatte bislang umfangreiche Investitionen als unstreitig dargestellt, der Antragsteller hat diese bestritten. Der Antragsteller, der die vom Regelfall abweichende Teilauseinandersetzung begehrt, wird daher die Voraussetzungen derselben weiter darzulegen und zu beweisen haben. Dem Antragsgegner wird es bei entsprechendem Sachvortrag des Antragstellers dann obliegen, im Rahmen einer subsidiären Vortragslast zu den von ihm eingewandten Nachlassverbindlichkeiten weiter vorzutragen.

Der Senat hält es für erforderlich, die Parteien im Rahmen des § 139 ZPO hierauf hinzuweisen und ihnen Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag zu geben, da der Antragsteller die ihm obliegende Vortrags- und Beweislast bislang verkannt hat. Er hat sich bislang darauf beschränkt, die vom Antragsgegner als unstreitig dargestellten Investitionen mit einem ca. zwei Wochen vor Erlass des angefochtenen Beschlusses bei Gericht eingegangenem Schriftsatz zu bestreiten.

3.

In Anbetracht der auch für eine summarische Prüfung der Erfolgsaussicht erforderlichen weiteren Sachaufklärung hält es der Senat für geboten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur weiteren Behandlung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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