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Gericht: Oberlandesgericht Rostock
Beschluss verkündet am 13.10.2008
Aktenzeichen: 5 W 147/08
Rechtsgebiete: GKG, GVG


Vorschriften:

GKG § 62
GKG § 62 Satz 1
GKG § 63 Abs. 3
GKG § 68 Abs. 1
GVG § 23
GVG § 23 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Rostock Beschluss

5 W 147/08

In dem Rechtsstreit (einstweiliges Verfügungsverfahren)

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 13.10.2008 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Verfügungsklägers gegen die Streitwertfestsetzung in dem Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Schwerin vom 10.01.2008 - 3 O 500/07 - wird zurückgewiesen. Gründe:

I.

Die gem. § 68 Abs. 1 GKG statthafte Beschwerde ist auch im übrigen zulässig. Da die Verfahrensbevollmächtigten des Verfügungsklägers mit ihrem im eigenen Namen eingelegten Rechtsmittel eine ihrer Ansicht nach zu niedrige Festsetzung des Gebührenstreitwertes rügen, sind sie beschwert (§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG; vgl. Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage, Rdnr. 5 zu § 68 GKG).

Die Beschwerde ist auch innerhalb der gesetzlich hierfür vorgesehenen Frist von 6 Monaten (§§ 68 Abs. 1 Satz 3, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) angebracht worden. Dabei kann dahinstehen, ob die Auffassung der Beschwerdeführer, in einem einstweiligen Verfügungsverfahren beginne diese Frist erst mit endgültiger Erledigung des Hauptsacheprozesses durch die sog. Abschlusserklärung, auch dann zutrifft, wenn es - wie hier - zu einem "Hauptsacheprozess" nicht gekommen ist. Denn jedenfalls ist das die endgültige Wertfestsetzung enthaltende Urteil des Landgerichts Schwerin vom 10.01.2008 trotz Nichterreichens der Berufungssumme nach h.M. (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl. Rdnr. 5 und 6 zu § 705 m.w.N.) nicht bereits mit seiner Verkündung, sondern erst mit Ablauf der Rechtsmittelfrist am 14.02.2008 rechtskräftig geworden. Dementsprechend konnte durch die am 22.07.2008 beim Landgericht eingegangene Beschwerdeschrift die Rechtsmittelfrist gewahrt werden.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht den Wert für das einstweilige Verfügungsverfahren aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles auf lediglich 300,00 € festgesetzt.

1. Dabei geht auch der Senat in Übereinstimmung mit der überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung davon aus, dass in den Fällen der unzulässigen Telefax-Werbung im Geschäftsverkehr der Gegenstandswert auch im einstweiligen Verfügungsverfahren 7.500,00 € betragen kann, wie vom Landgericht bei Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung zunächst angenommen. Die besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalles gebieten indes eine deutlich niedrigere Wertfestsetzung.

Das Landgericht weist in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 02.09.2008 zutreffend darauf hin, dass die von dem Verfügungskläger beanstandete Telefax-Werbung nicht an ihn selbst bzw. an das von ihm betriebene Ingenieurbüro gerichtet war, sondern an seine Ehefrau, die - insoweit unstreitig - das Fax-Gerät des Verfügungsklägers für Zwecke der von ihr betriebenen gynäkologischen Praxis verwendet bzw. seinerzeit verwendet hat. In Streit stand mithin ein sog. Irrläufer; die Verfügungsbeklagte wollte ersichtlich nicht den Verfügungskläger bewerben und insbesondere auch nicht in dessen Gewerbebetrieb bzw. Eigentum eingreifen. Zudem hat die Verfügungsbeklagte nach Erhalt der Abmahnung vom 23.10.2007 umgehend erklären lassen, sie werde den Telefax-Anschluss des Verfügungsklägers nicht mehr für derartige "Werbeinformationsschreiben" verwenden. Wenngleich diese Zusage, weil ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt, der daraufhin beantragten und erlassenen einstweiligen Verfügung nicht entgegenstand, wurde dadurch das "Abschreckungsinteresse" des Verfügungsklägers, welches allein die von der Rechtsprechung angenommenen höheren Gegenstandswerte rechtfertigen würde, erheblich verringert. Zudem handelte es sich bei dem inkriminierten Telefax unstreitig um das erste derartige Werbeschreiben an die Ehefrau des Verfügungsklägers. Wenn das Landgericht den Wert des Verfahrensgegenstandes in seiner abschließenden Entscheidung vornehmlich nach dem Interesse des Verfügungsklägers an der Vermeidung der unerwünschten Inanspruchnahme von Faxpapier und Toner sowie einer zeitweiligen Blockade des Faxanschlusses bestimmt und die ansonsten im Vordergrund stehende Wiederholungs- und Nachahmungsgefahr weitgehend unberücksichtigt gelassen hat, ist dies unter diesen Umständen rechtlich nicht zu beanstanden. Jedenfalls ist es unter Berücksichtigung der Besonderheiten des hier zu beurteilenden Einzelfalls entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht gerechtfertigt, die Verfügungsbeklagte für die "Gesamtwirkung" unerbetener Telefax-Werbung verantwortlich zu machen. Von einer "Willkürentscheidung" oder einer "greifbaren Gesetzeswidrigkeit", auf die sich die Beschwerdeführer wiederholt und nachdrücklich berufen haben, kann keine Rede sein.

2. Soweit die Beschwerdeführer in ihrem Schriftsatz vom 08.10.2008 meinen vortragen zu müssen, die von ihnen angegriffene Entscheidung des Landgerichts sei von "sachfremden Erwägungen" bestimmt und von einem "offenkundigen Begehren getragen, wegen derartiger Rechtsverstöße geführte Verfahren - koste es was es wolle - unwirtschaftlich zu machen und den Rechtsverstoß der 'Beklagten' entgegen der 'einhelligen Rechtsprechung' und den Wertungen des Gesetzes zu bagatellisieren", gibt es hierfür keine Grundlage. Die Beschwerdeführer lassen die Besonderheiten des vorliegenden Falles außer Betracht. Im Übrigen kann es bei der Bestimmung des Streitwertes nicht darauf ankommen, ob die Rechtsverfolgung unwirtschaftlich ist und welche wirtschaftlichen Interessen der Verfahrensbevollmächtigten berührt sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht die eigenen Interessen des Verfügungsklägers im Vordergrund standen, sondern Belange des verwandtschaftlich verbundenen Verfahrensbevollmächtigten. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus der bemerkenswerten Art der Verfahrensführung, ihren zahlreichen Kostennoten und nicht zuletzt aus den nicht nur standesrechtlich bedenklichen Ausfällen in dem Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten ... an die Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten vom 15.02.2008.

3. Das Landgericht war weder durch die Zuständigkeitsbestimmung des § 23 GVG noch durch seine Wertfestsetzung in der einstweiligen Verfügung vom 08.11.2007 auf 7.500,00 € daran gehindert, den Wert des Verfahrensgegenstandes endgültig auf nunmehr 300,00 € herabzusetzen.

a) § 23 Nr. 1 GVG verhält sich ausschließlich zur sachlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts und damit zum sog. Zuständigkeitsstreitwert, nicht aber zum Gebührenstreitwert. Aus dieser Zuständigkeitsbestimmung folgt nicht, dass selbst dann, wenn die Parteien eine an sich in die Zuständigkeit des Amtsgerichts fallende Sache - wie hier - rügelos vor dem Landgericht verhandeln und damit dessen Zuständigkeit unabhängig vom Streitwert begründen (§ 39 Satz 1 ZPO), dieses daran gehindert wäre, den Streitwert auf unter 5.000,00 € zu bemessen. Die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführer sind vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.

b) Auch die Streitwertfestsetzung in der einstweiligen Verfügung vom 08.11.2007 steht einer Korrektur der Streitwertfestsetzung nicht entgegen. Dies folgt bereits aus § 63 Abs. 3 GKG, wonach das Gericht seine Streitwertfestsetzung innerhalb von 6 Monaten nach Rechtskraft der 'Hauptsache' oder anderweitiger Erledigung von Amts wegen ändern kann. Aus § 62 Satz 1 GKG ergibt sich nichts anderes, denn das Landgericht hat im vorliegenden Fall den Zuständigkeitsstreitwert nicht festgesetzt. Im Übrigen findet die Regel des § 62 GKG im Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung keine Anwendung (vgl. Hartmann, a.a.O., Rdnr. 8 zu § 62 GKG).

4. Eine Kosten- und Auslagenentscheidung war nicht veranlasst (§ 68 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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